4. Oktober 2017 – Der lachende Apfel

08.00 Uhr Ich werde durch lautes Geplapper geweckt. Missmutig stehe ich auf und treffe Sandra in einem knappen Nachthemd in der guten Stube an. Das Kind plärrt ohne Unterlass in ihr strahlendes Handtelefon und scheint mit Mitbewohnerin Bärbel über die verheerende Schiesserei in Las Vegas zu diskutieren – wo soll das noch hinführen.
08.30 Uhr Nachdem ich die Morgengymnastik absolviert habe, kehre ich ins Wohnzimmer zurück und halte die Maid an, zur frühen Stunde etwas leiser zu sein. Anstatt sich die Bitte zu Herzen zu nehmen, versorgt mich Sandra mit Infos und behauptet, dass der Massenmörder ein steinreicher Millionär und Waffenliebhaber war. Ich rolle mit den Augen und vernehme weiter, dass Stephen Paddock die Tat anscheinend lange vorbereitet hat. Während Sandra weiter tratscht, verabschiede ich mich ins Bad und lasse die Wirbelwanne mit Wasser volllaufen.
09.30 Uhr Betörend nach Mandelöl duftend, beende ich den Badespass und stelle mit Freuden fest, dass mein Hausgast in der Zwischenzeit das Frühstück vorbereitet hat. Weil auch Frau Pontecorvo anwesend ist, setze ich mich sogleich dazu und vernehme von Sandra, dass sie heute die nagelneue Cat Stevens Kompaktscheibe “The Laughting Apple” (löblich: Der lachende Apfel) kaufen wird. Ich mache grosse Augen und weise auf die Tatsache hin, dass der Sänger in den 1970er Jahre dem Islam beigetreten ist und mit grösster Vorsicht zu geniessen ist.


Cat Stevens – The Laughing Apple

10.15 Uhr Nach der Mahlzeit scheuche ich Hund Dixon in den Garten und werfe ihm einen Tennisball zu. Wenig später schlendert Fernsehkoch Wayne Gregor an der kleinen Villa vorbei und wünscht mir einen schönen Morgen. Ich erwidere den Gruss und stelle fest, dass wir uns seit Monaten nicht mehr gesehen haben. Herr Gregor nickt eifrig und erzählt, dass er sich ein Appartement in Knoxville in Tennessee zugelegt hat und dort viel Zeit verbringt. Weil ich über alles informiert sein muss, lade ich den guten Mann auf die Terrasse ein und erhalte die Auskunft, dass er für den in Knoxville beheimateten “Cooking Channel” (löblich: Kochkanal) seit Jahresanfang eine neue Kochschau produziert – wie aufregend.
11.00 Uhr Als sich Sandra kaugummikauend zu uns gesellt, halte ich sie an, ein Autogramm von Herrn Gregor herauszufordern. Die Maid zuckt gelangweilt mit den Schultern und sagt, dass sie jetzt ins Stadtzentrum krusen wird. Ich seufze laut und spendiere meinem Tischnachbarn ein perfekt eingeschenktes Weissbier – das tut gut.


Ich habe grossen Durst

12.00 Uhr Nach der dritten Halbe tippt Herr Gregor auf seine sündteure PATEK Uhr und unterbreitet, dass er sich nun nach Hause verabschieden und seine Koffer packen wird. Darüber hinaus gibt der Fernsehstern zu Protokoll, dass er am Abend nach Knoxville ausfliegen und bereits Morgen wieder vor der Kamera stehen wird – wie schön.
12.30 Uhr Im Anschluss rufe ich bei Edelbert an und erfahre, dass der Professor grossen Hunger hat und ein Restaurant besuchen möchte. Ich schlage in die gleiche Kerbe und merke an, dass wir uns im “New York Pizza & Pasta” Gasthaus treffen könnten. Mein Bekannter ist begeistert und verspricht, in dreissig Minuten vor Ort zu sein.
13.15 Uhr Alsbald betrete ich die Wirtschaft am Tamiami Trail und treffe den Professor an einem Fenstertisch an. Um nicht Hunger leiden zu müssen, winke ich einem Kellner zu und order eine vitaminreiche Salamipizza sowie einen lustigen Beilagensalat – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
13.45 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, komme ich auf Sandra zu sprechen und berichte, dass das dumme Kind am gestrigen Tag heimlich auf der Terrasse geraucht hat. Um meinen Aussagen Nachdruck zu verleihen, präsentiere ich eine Photografie auf meiner Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und erörtere, dass ich auf der Wiese einen Zigarettenstummel entdeckt habe. Der schlaue Mann schimpft wie ein Rohrspatz und legt mir nahe, den Frechdachs noch heute vor die Türe zu setzen – das ist eine hervorragende Idee.


Meine praktische Schwarzbeere

14.30 Uhr Nachdem wir die Rechnung beglichen und dem Vierbeiner etwas Auslauf verschafft haben, hüpfe ich in den PS-strotzenden Chevrolet und trete die Heimreise in den Willoughby Drive an.
15.00 Uhr Zuhause angekommen, falle ich fix und foxi aufs Kanapee und lege die Beine hoch. Ich döse prompt ein und träume von letztjährigen Weihnachtsfest im fernen Toronto – das war eine Gaudi.
16.00 Uhr Ich öffne die Augen und werde Zeuge, wie Sandra in der Küche mit den Kochtöpfen hantiert. Als ich das Mädchen zur Rede stelle, präsentiert sie eine Stange Lauch und setzt mich darüber in Kenntnis, dass wir am Abend eine leckere Porreesuppe essen werden. Ich fahre mir entnervt durchs Haar und mache es mir zur Aufgabe, eine Tischdecke aus dem Wohnzimmerschrank hervorzuholen und den Tisch mit dem besten Geschirr einzudecken. Währenddessen redet Sandra weiter auf mich ein und kündigt an, dass sie am Abend mit Carol Wang eine Bar an der 5th Avenue besuchen wird – das soll mir auch Recht sein.


Auch Dixon kann der Suppe nichts abgewinnen

17.00 Uhr Endlich füllt Sandra die Teller mit dem Süppchen auf und ich muss erkennen, dass dem Abendessen eine Fleischbeilage fehlt. Trotz aller Widrigkeiten greife ich zum Löffel und komme schnell zu dem Schluss, dass aus meiner Mieterin niemals eine Meisterköchin werden wird – was muss ich denn noch alles ertragen.
18.00 Uhr Nach dem Abwasch wünscht mir die Maid einen schönen Abend und sichert zu, spätestens um 23 Uhr zurück zu sein. Ich drücke Sandra zum Abschied eine Dollarnote in die Hand und fordere sie auf, nicht mit fremden Männern zu reden. Danach verabschiede ich mich in den Feierabend und fröne an Dixons Seite den Abendnachrichten auf FOX. Natürlich wird ausführlich über den Anschlag auf das “Route 91 Harvest” Musikfest in Las Vegas berichtet und neue Erkenntnisse über den Täter preisgegeben – das ist ja allerhand.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit schalte ich auf HBO um und erfreue mich an den zwei ersten Episoden der preisgekrönten Serie “Big Little Lies” (löblich: Grosse kleine Lügen). Das siebenteilige Fernsehspiel erzählt die Geschichte dreier Mütter, die plötzlich in einem Mord verwickelt werden – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Hochspannung betätige ich den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und lösche sämtliche Lichter. Anschliessend reguliere ich die Klimaanlage und lege mich schlafen. Gute Nacht.

2. Oktober 2017 – Nur Ärger mit Sandra

08.00 Uhr Die 40. Woche des Jahres bricht an und ich rolle mich ausgeschlafen aus dem Bett. Als ich mir den Morgenmantel überwerfe, vernehme ich plötzlich eigenartige Geräusche aus der Küche. Natürlich sehe ich augenblicklich nach dem Rechten und werde Zeuge, wie sich Sandra ungeniert aus dem Kühlschrank bedient. Darüber hinaus plappert das Kind ohne Unterlass und beteuert, dass es während der Nacht geschwitzt hat. Ich nicke eifrig und rate dem Mädchen, den Schalter neben der Türe zu betätigen und die Klimaanlage einzuschalten.
08.30 Uhr Als ich kopfschüttelnd auf die Terrasse eile und meine Glieder lockere, kommt Frau Pontecorvo daher und möchte wissen, ob sich mein Hausgast gut eingelebt hat. Ich schüttle den Kopf und entgegne, dass Sandra mit dem falschen Bein aufgestanden ist und kaum zu ertragen ist. Meine Nachbarin beruhigt mich redlichst und nimmt sich das Recht heraus, Sandra beim Kaffeekochen beizustehen. Währenddessen ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und lasse die Seele bei einem erfrischenden Wirbelbad baumeln – das tut gut.


Sandra raubt mir den letzten Nerv

09.30 Uhr Wenig später kehre ich in die Küche zurück und treffe Sandra und Frau Pontecorvo tratschend am Tisch an. Natürlich setze ich mich dazu und bemerke, dass die Weibsbilder nicht nur das Toast (löblich: Weissbrot) sondern auch den Cheddarkäse aufgefressen haben. Trotz alledem bleibe ich freundlich und frage Sandra, ob sie zum Strand krusen möchte. Meine Tischnachbarin willigt prompt ein und meint, dass wir vorher zum Supermarkt fahren könnten – das hat gerade noch gefehlt.
10.15 Uhr Nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages verabschieden wir Frau Pontecorvo und fassen den Entschluss, im WAL MART Lebensmittel zu besorgen. Sandra hüpft in ihrem roten Strandkleid aufgeregt auf und ab und meint, dass sie mich barfuss zur Markthalle begleiten wird. Ferner erzählt meine Mieterin, dass sich in Las Vegas ein verheerender Terroranschlag ereignet hat. Um der Sache auf den Grund zu gehen, schalte ich den Fernseher ein und lerne, dass ein 64jähriger Rentner in der “Stadt der Sünde” wild um sich geschossen und 50 Besucher eines Musikfestivals ermordet hat. Ich fahre mir entsetzt durchs Haare und bin mir sicher, dass der Täter unter dem Einfluss von gefährlichen Drogen stand.

11.00 Uhr Nach einer kurzweiligen Reise im Chevrolet erreichen wir den WAL MART Supercenter am Juliet Boulevard und ich berichte, dass zahlreiche Supermärkte nach dem verheerenden Hurrikan Irma geschlossen blieben. In diesem Zusammenhang deute ich in Richtung eines grimmig dreinschauenden Puertoricaners und lege anschaulich dar, dass Ganoven den Tropensturm zum Anlass nahmen, um in verbarrikadierte Geschäfte einzubrechen. Sandra macht grosse Augen und schimpft, weil der Strassenbelag viel zu heiss ist – papperlapapp.


Während des Hurrikans Irma wurde geplündert

11.45 Uhr Während des Schoppingvergnügens stösst sich die Maid den grossen Zeh an einem Regal und meint, dass wir schnellstmöglich zum Auto zurückkehren sollten. Um mich nicht ärgern zu müssen, lotse ich das Kind zu einem Regal mit Gartenlatschen und ermutige es, ein Paar GLOGS auszusuchen. Nach kurzem Zögern kommt Sandra dem Ratschlag nach und sagt, dass sie sich in diesen Schuhen kaum in der Öffentlichkeit zeigen kann – jaja.
12.15 Uhr Pünktlich zum Mittagsläuten verlassen wir den Supermarkt mit prallgefüllten Tüten. Ich verlade die Waren skeptisch ins Auto und steuere im Anschluss eine SUBWAY Gaststätte an. Weil mein Magen knurrt, schlendere ich an Sandras Seite in die Wirtschaft und ordere ein grosses Schinkenbrot mit Gurke. Meine Begleiterin nimmt das Essensangebot ganz genau in Augenschein und wählt schlussendlich ein vegetarisches Brot mit Gemüse.
13.00 Uhr Kurze Zeit später erreichen wir den “Clam Pass Park” und bescheren dem Vierbeiner etwas Auslauf. Ferner folgen wir dem Strandweg zum azurblauen Golf und haben sogar das grosse Glück, einen eleganten Silberreiher im kniehohen Gestrüpp zu sehen.


Wir blicken auf das Meer

13.30 Uhr Während wir uns auf eine Bank setzen und auf das Wasser spähen, kommt Sandra auf den Abend zu sprechen und erzählt, dass sie von John Avanzatti zum Essen eingeladen wurde. Ich spitze neugierig die Ohren und bringe heraus, dass sich die jungen Leute die Bäuche im “Sushi One” (löblich: Sushi Eins) vollschlagen wollen. Selbstverständlich winke ich schnell ab und gebe zu Protokoll, dass ich keinen rohen Fisch esse und zuhause bleiben werde.
14.15 Uhr Da die Sonne unbarmherzlich vom Himmel brennt und die Mosquitos um unsere Köpfe herumschwirren, brechen wir unsere Zelte am Meer ab und laufen zum Auto zurück. Ruckzuck helfe ich Dixon in den Laderaum und bitte Sandra, mich sicher in den Willoughby Drive zurück zu bringen.


Mein Zuhause unter Palmen

15.00 Uhr Zuhause angekommen, trage ich die Einkaufstüten in die Küche und zögere nicht, den zum Himmel stinkenden Porree in den Mülleimer zu stecken. Sandra schimpft wie ein Rohrspatz und macht mich auf den Umstand aufmerksam, dass sie Morgen eine kräftige Lauchsuppe zaubern wollte. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und flunkere, dass die Lauchstangen verschimmelt waren. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, stibitze ich mir ein Budweiser aus dem Eiskasten und mache es mir bierschlürfend auf dem Sofa gemütlich.


Lauch – Pfui Teufel

16.00 Uhr Sechzig Minuten später erwache ich redlichst ausgeruht und sehe, wie Sandra ihre Nase in den TV GUIDE (löblich: Fernsehführer) steckt. Darüber hinaus erfahre ich, dass morgen eine neue Serie namens “The Mayor” auf ABC anlaufen wird. Ich zucke mit den Schultern und begebe mich in den Garten, um Dixon einen Tennisball zuzuwerfen. Ausserdem stelle ich den Rasensprenger ein und halte mit Herrn Booth ein Kleingespräch (unlöblich: Smalltalk). Mein Nachbar kommt aus dem Schimpfen gar nicht mehr heraus und behauptet, dass Hund Dixon in seinem Rosenbeet gebuddelt hat – was muss ich denn noch alles ertragen.
17.00 Uhr Als ich mich in der Küche nützlich mache und Langnudeln mit Pesto zubereite, bimmelt es an der Türe. Ich öffne die Pforte und treffe Herrn Avanzatti in einem schicken Anzug vor der kleinen Villa an. Bevor ich mich versehe, flitzt Sandra an mir vorbei und sagt, dass sie gegen Mitternacht zurück sein wird – das ist mir Wurst.


Ich beisse kraftvoll zu

18.00 Uhr Ein langer und nervenaufreibender Tag neigt sich langsam seinem Ende zu. Um endlich zur Ruhe zu kommen, schalte ich die Glotze ein und gebe mich den FOX Abendnachrichten hin. Aus erster Hand informiere ich mich über den Terrorschützen, der in Las Vegas um sich geschossen hat und bringe heraus, dass mittlerweile 58 Menschen gestorben sind – das ist ja kaum zu glauben.
19.00 Uhr Zur Prime Time (löblich: Besten Sendezeit) fröne ich dem NETFLIX Programm und schaue mir das Fernsehspiel “The Deuce” an. Die Dramaserie ist in den späten 1970er Jahren angesiedelt und zeigt den Aufstieg der amerikanischen Sexindustrie – wie unlöblich.
21.00 Uhr Nach der zweiten Episode beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Anschliessend reguliere ich die Klimaanlage und falle gähnend ins Bett. Gute Nacht.

 

20. September und 1. Oktober 2017 – Die Koffer sind gepackt!

Hallo Freunde,

die Koffer sind längst gepackt und der Abflug nach Florida steht kurz bevor.
Morgen am späten Abend werde ich in Fort Myers eintreffen und Reinhard sowie Frau Pontecorvo wiedersehen. Die Nachbarin meines Vermieters hat mich gestern angerufen und versprochen, dass sie am Sonntag Abend eine kleine Feier veranstalten wird. Neben Salaten und edlen Longdrinks möchte Frau Pontecorvo gegrilltes Gemüse und Tofu auftischen. Ich glaube aber, dass Reinhard an gegrilltem Tofu keinen Gefallen finden wird 😉

Tags darauf geht es mit Carol Wang und John Avanzatti an den Strand.
Ich kann es kaum noch erwarten, meinen neuen Bikini anzuziehen und im Golf von Mexiko zu baden. Übrigens werde ich auch das amerikanische Fernsehen in vollen Zügen geniessen. NETFLIX, HBO, AMC und natürlich die angesagten Talkshows wie “Jimmy Kimmel Live!”, die “Late Show with Stephen Colvert” und “Jimmy Fallon’s Tonight Show” werden mir die Nächte versüssen. Im Internet habe ich übrigens gelesen, dass spannende neue Serien wie “Ghosted”, “Mindhunter” und das Reboot von “Dynasty” (Denver Clan) während meines Aufenthalts anlaufen werden 🙂


Ich möchte in Miami abshoppen

Natürlich steht auch Sightseeing auf dem Programm. Unter anderem möchte ich ein Indianerreservat in den Everglades besuchen und in Miami abshoppen …

Okay, jetzt muss ich aber mit Mitbewohnerin Bärbel Abschied feiern. Ich wünsche euch allen eine tolle Zeit.
Eure Sandra

28. September 2017 – Marco Island nach dem Hurrikan Irma

08.00 Uhr Ein neuer Tag beginnt und ich bemerke beim Blick nach draussen, dass sich dicke Regenwolken vor die Sonne geschoben haben. Laut seufzend öffne ich die Terrassentüre und halte Hund Dixon an, brav zu sein und nicht im Teich zu baden. Anschliessend führe ich die Morgengymnastik durch und spiele mit der Idee, einen Ausflug nach Marco Island zu unternehmen – das wäre eine Gaudi.


Hund Dixon ist brav

08.30 Uhr Während des Badevergnügens telefoniere ich mit Edelbert und lade ihn ein, mich nach Süden zu begleiten. Unter anderem komme ich auf die Sturmschäden in Marco Island zu sprechen und informiere, dass die Transit Authority (löblich: Verkehrsbehörde) des Collier County gestern die durch Hurrikan Irma in Mitleidenschaft gezogene “S.S. Jolley Brücke” neueröffnet hat. Anstatt hellauf begeistert zu sein, windet sich der schlaue Mann aus der Verantwortung und setzt mich darüber in Kenntnis, dass er leider zum Frisör gehen wird – wie unlöblich.

09.30 Uhr Just als der Minutenzeiger meiner ROLEX auf halb 10 zugeht, hüpfe ich aus der Wanne und fasse den Entschluss, eine WRANGLER Tschiens sowie ein kurzärmliges Holzfällerhemd anzuziehen. Ferner steige ich in die schweren Schlangenlederstiefel und mache es mir zur Aufgabe, echten Bohnenkaffee aufzubrühen und Rühreier mit Speck zu zaubern – wie gut das duftet.
10.15 Uhr Als ich mich an den Esstisch setze und kraftvoll zubeisse, kommt der Vierbeiner von seinem Ausflug zurück und fordert ebenfalls eine Brotzeit heraus. Ich stecke Dixon ein Stück Weissbrot (unlöblich: Toast) ins Maul und gebe bekannt, dass wir gleich nach Marco Island krusen werden. Das Haustier spitzt prompt die Ohren und rennt ausgelassen zur Haustüre – da kommt Freude auf.
10.45 Uhr Wenig später gleiten wir im Chevrolet Suburban auf der Immokalee Road gen Osten und fahren alsbald auf die Interstate 75 auf, die uns direkt ans Ziel bringen wird. Während ich das KFZ auf 50 Meilen pro Stunde beschleunige, fröne ich dem Programm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und erinnere, dass viele Grundstücke in den Stadtteilen Lely und Naples-Manor noch bis vor einer Woche überflutet waren. Ich wische mir demonstrativ über die Stirn und stelle wohlwollend fest, dass mittlerweile fast alle Sturmschäden beseitigt wurden.


Willkommen in Marco Island, FL

11.30 Uhr Nach 22 zurückgelegten Meilen erreichen wir die in den 1960er Jahren erbaute “S.S. Jolley Bridge” und haben das Vergnügen, ohne grössere Probleme nach Marco Island übersetzen zu können. Danach folge ich dem North Collier Boulevard zur Westseite der Insel und registriere, dass an der Küste zahlreiche Hotels geschlossen sind und renoviert werden müssen. Darüber hinaus fallen mir ausserdem entwurzelte Palmen und zerstörte Strassenzüge ins Auge – das ist ja kaum zu glauben.


Der Hurrikan Irma wütete auch über Marco Island

12.30 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit parke ich den SUV vor dem einladenden “Cocomo’s Grill” und freue mich auf eine warme Mahlzeit. Eine zuvorkommende Bedienung namens Kaylee begrüsst mich überschwänglich und lotst mich zu einem Tisch am Fenster. Ich fackle nicht lange und bitte die 23jährige, vitaminreiche Tuna Nachos (löblich: Tunfisch Maisscheiben) mit Beilagensalat aufzutischen. Zudem verwickle ich das junge Ding in ein Gespräch und erfahre, dass sie den verheerenden Wirbelsturm Irma in ihrem Zuhause an der Yellowbird Strasse miterlebt hat. Fräulein Kaylee versorgt mich mit Fakten und berichtet, dass der Tropensturm mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 150 Meilen über die Insel gefegt ist und sogar ihren neuen Chevrolet Sonic umgeworfen hat – wie schrecklich.
13.30 Uhr Nach der Jause vertrete ich mir die Beine und schlendere mit Dixon zur nahegelegenen Smokehouse Bucht, um die vor Anker liegenden Jachten zu begaffen. Ich lasse meinen Blick über die Anlegestelle schweifen und komme zu dem Schluss, dass Irma auch hier gewütet und etliche Motorboote beschädigt hat.


Toby Keith – The Bus Songs

14.30 Uhr Nachdem ich alles gesehen habe, laufe ich zum Chevrolet zurück und trete die Heimreise an. Beschwingt durch wunderschöne Toby Keith Musik kehre ich aufs Festland zurück und lasse mir den Fahrtwind durchs Haar wehen – was kann es schöneres geben.
15.30 Uhr Zurück im Willoughby Drive, treffe ich Frau Pontecorvo auf der Einfahrt an und höre, dass die Perle am Abend ins Lichtspielhaus gehen und sich den Gruselfilm “Mother” (löblich: Mutter) anschauen wird. Ich gebe mich skeptisch und rate, zuhause zu bleiben und sich bei der Ratesendung “Jeopardy” zu amüsieren. Leider will meine Nachbarin nicht hören und entgegnet, dass sie mit Freundinnen verabredet ist – das ist wieder typisch.
16.00 Uhr Krachend werfe ich die Pforte ins Schloss und serviere meinem Haustier gesundes Trockenfutter aus dem Hause Royal Canin. Anschliessend falle ich gähnend aufs Wohnzimmersofa und entspanne mich redlichst.
17.00 Uhr Ich öffne die Augen und erkenne, dass es bereits 5 Uhr geschlagen hat. Selbstverständlich schwinge ich mich spornstreichs vom Kanapee und sorge für ein nahrhaftes Abendessen. Ruckzuck koche ich köstliche Langnudeln mit Tomatensauce auf und nehme zudem mit einem farbenfrohen Tomatensalat Vorlieb.


Ich beisse kraftvoll zu

18.00 Uhr Als die Geschirrspülmaschine endlich läuft, gehe ich zum gemütlichen Teil des langen Tages über. Ich mache es mir kartoffelchipsknabbernd vor dem Flachbildschirm bequem und folge den Nachrichten, um zu erfahren, dass die Verfilmung des erfolgreichen Stephen King Romans “It” (löblich: Es) aktuell sämtliche Kinorekorde bricht – das soll mir auch Recht sein.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf AMC und erfreue mich an der seichten Komödie “The Lonely Guy” (auf deutsch: Ein Single kommt selten allein). Ich klopfe mir erheitert auf die Schenkel und tauche in das Leben eines alleinstehenden Herren ein, der an seinem Leben gar keine Freude mehr findet.
21.00 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, betätige ich gähnend den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und lege mich schlafen. Gute Nacht.

26. September 2017 – Bald kommt das Kind

08.00 Uhr Weil ich nicht zum alten Eisen zählen will, trete ich kurz nach dem Aufstehen auf die Terrasse und lockere meine eingerosteten Glieder bei der Morgengymnastik. Hund Dixon ist hellauf begeistert und nimmt sich das Recht heraus, mir einen Tennisball vor die Füsse zu werfen – das macht Spass.
08.30 Uhr Nachdem ich den Vierbeiner in den Garten gelassen habe, verabschiede ich mich schnaufend in die Nasszelle. Mit einer schönen Melodie auf den Lippen lasse ich die Badewanne mit Wasser volllaufen und spiele mit der Idee, nach dem Frühstück zum WAL MART zu krusen, um ein Willkommensgeschenk für Sandra zu besorgen – immerhin wird mir das Kind in fünf Tagen einen mehrwöchigen Besuch abstatten.


Bald kommt Sandra

09.30 Uhr Gutgelaunt beende ich das Badevergnügen und eile in die Küche, um die DeLonghi Kaffeemaschine in Betrieb zu nehmen. Just in diesem Augenblick stösst meine Nachbarin die Terrassentüre auf und begrüsst mich mit einem ohrenbetäubenden “Hello”. Ich winke die Alte spornstreichs herein und informiere, dass ich gerade frühstücken wollte. Frau Pontecorvo schnalzt mit der Zunge und zögert nicht, eine weitere Tasse aus dem Küchenschrank zu holen – wie unlöblich.
10.00 Uhr Während im Radio stimmungsvolle Lieder angesagter Interpreten laufen, fülle ich Frau Pontecorvos Becher mit würzigem Bohnentrunk auf. Zudem beisse ich kraftvoll in einen Muffin und erwähne, dass ich gleich zum WAL MART rasen werde. Meine Tischnachbarin wird augenblicklich hellhörig und vertellt, dass sie nichts besseres zu tun hat und mich begleiten wird – das hat gerade noch gefehlt.
10.45 Uhr Nach der Mahlzeit scheuche ich Dixon zum PS-strotzenden SUV und halte meiner Nachbarin als Kavalier der alten Schule die Beifahrertüre auf. Anschliessend zwänge ich mich hinters Lenkrad und schlittere mit durchdrehenden Pneus vom Grundstück – was kann es schöneres geben.
11.15 Uhr Kurz nach dem Elfuhrläuten betreten wir die Markthalle am Juliet Boulevard und schlendern entspannt durch die Gänge. Frau Pontecorvo redet währenddessen ohne Punkt und Komma auf mich ein und beteuert, dass sie Sandra selbstverständlich auch mit einem Präsent überraschen wird. Ich nicke eifrig und halte die Dame an, der Maid einen Salattrockner zu kaufen. Meine Begleiterin zeigt mir jedoch den Vogel und wendet sich den modischen Flip Flops zu.


Modische Schuhe für Sandra

11.45 Uhr Nachdem die gute Frau Strandschuhe aus dem Hause CLARK’S in den Einkaufswagen geworfen hat, sehe ich mich in der Geschenkabteilung um und ringe mich dazu durch, meinem Gast ein praktisches Strandtuch mit NAPLES, FLORIDA Aufdruck zu kaufen.
12.15 Uhr Schlussendlich landen wir in der Musikabteilung und begutachten die aktuellen Neuerscheinungen des Monats. Als mein Blick auf das erst kürzlich veröffentlichte Toby Keith Album “The Bus Songs” (löblich: Die Buslieder) fällt, fackle ich nicht lange und stecke ein Exemplar zu den anderen Waren.


Toby Keith – The Bus Songs

12.45 Uhr Um insgesamt 80 Dollars erleichtert, kehren wir mit Hund Dixon im Schlepptau zum Auto zurück und steuern eine McDonalds Schnellessgaststätte in der Nachbarschaft an. Hungrig und durstig werden wir an der Essensaugabe vorstellig und ordern vitaminreiche Burger mit Kartoffelstäben – das gibt ein Festessen.
13.15 Uhr Danach lassen wir uns an einem einladenden Tisch nieder und machen uns über die vitaminreiche Brotzeit her. Unterdessen komme ich auf Sandras Ankunft zu sprechen und schlage vor, dass wir das Kind am kommenden Sonntag gemeinsam am Flughafen in Empfang nehmen könnten. Meine Tischnachbarin willigt ein und kann es kaum noch erwarten, das unterbelichtete Frauenzimmer in die Arme zu schliessen.
14.00 Uhr Zurück im Willoughby Drive, verabschiede ich meine Nachbarin und ziehe mich erschöpft in die kleine Villa zurück. Während Dixon im Garten bleibt, falle ich aufs Kanapee und döse schnell ein.


Mein Zuhause unter Palmen

15.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und nutze die Nachmittagstunden, um an die Leine (unlöblich: online) zu gehen. Wie es sich für einen staatlich anerkannten Anschnurseelsorger gehört, gebe ich Ratschläge zum Umgang mit garstigen Jugendlichen und animiere eine alleinerziehende Mutter aus Mühlheim, ihrer 16jährigen Tochter das Handtelefon wegzunehmen.
16.00 Uhr Nach sechzig schweisstreibenden Minuten fahre ich den Heimrechner mausdrückend herunter und komme zu dem Ergebnis, dass ich bei dieser Affenhitze unmöglich einen Spaziergang mit dem Haustier unternehmen kann. Um Dixon eine Abkühlung zu verschaffen, hole ich den Gartenschlauch hervor und spritze den hechelnden Rüden redlichst ab – wie lustig.


Zum Abendessen gibt es Pizza

17.00 Uhr Nachdem ich die Pflanzen bewässert habe, schufte ich in der Küche und backe zu prima Toby Keith Musikuntermalung eine schmackhafte Fertigpizza heraus. Nebenher bereite ich einen gesunden Tomatensalat mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen zu und giesse mir ein prima Weissbier ein – das schmeckt.
18.00 Uhr Nach der Jause stelle ich die Klimaanlage höher und freue mich auf einen besinnlichen Fernsehabend. Ich leiste Dixon in der guten Stube Gesellschaft und fröne den FOX Nachrichten. Danach schalte ich auf HBO um und gebe mich dem Kriminalfilm “Nocturnal Animals” (löblich: Nachtaktive Tiere) hin. Ich mache grosse Augen und kann es kaum glauben, dass dieser haarsträubende Unsinn mit zahlreichen Kritikerpreisen und sogar mit einem “Golden Globe” bedacht wurde – wo soll das noch hinführen.
21.00 Uhr Zweieinhalb Stunden später flimmert der Abspann über die Mattscheibe und ich schalte die Glotze gähnend aus. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und lege mich schlafen. Gute Nacht.