28. September 2017 – Marco Island nach dem Hurrikan Irma

08.00 Uhr Ein neuer Tag beginnt und ich bemerke beim Blick nach draussen, dass sich dicke Regenwolken vor die Sonne geschoben haben. Laut seufzend öffne ich die Terrassentüre und halte Hund Dixon an, brav zu sein und nicht im Teich zu baden. Anschliessend führe ich die Morgengymnastik durch und spiele mit der Idee, einen Ausflug nach Marco Island zu unternehmen – das wäre eine Gaudi.


Hund Dixon ist brav

08.30 Uhr Während des Badevergnügens telefoniere ich mit Edelbert und lade ihn ein, mich nach Süden zu begleiten. Unter anderem komme ich auf die Sturmschäden in Marco Island zu sprechen und informiere, dass die Transit Authority (löblich: Verkehrsbehörde) des Collier County gestern die durch Hurrikan Irma in Mitleidenschaft gezogene “S.S. Jolley Brücke” neueröffnet hat. Anstatt hellauf begeistert zu sein, windet sich der schlaue Mann aus der Verantwortung und setzt mich darüber in Kenntnis, dass er leider zum Frisör gehen wird – wie unlöblich.

09.30 Uhr Just als der Minutenzeiger meiner ROLEX auf halb 10 zugeht, hüpfe ich aus der Wanne und fasse den Entschluss, eine WRANGLER Tschiens sowie ein kurzärmliges Holzfällerhemd anzuziehen. Ferner steige ich in die schweren Schlangenlederstiefel und mache es mir zur Aufgabe, echten Bohnenkaffee aufzubrühen und Rühreier mit Speck zu zaubern – wie gut das duftet.
10.15 Uhr Als ich mich an den Esstisch setze und kraftvoll zubeisse, kommt der Vierbeiner von seinem Ausflug zurück und fordert ebenfalls eine Brotzeit heraus. Ich stecke Dixon ein Stück Weissbrot (unlöblich: Toast) ins Maul und gebe bekannt, dass wir gleich nach Marco Island krusen werden. Das Haustier spitzt prompt die Ohren und rennt ausgelassen zur Haustüre – da kommt Freude auf.
10.45 Uhr Wenig später gleiten wir im Chevrolet Suburban auf der Immokalee Road gen Osten und fahren alsbald auf die Interstate 75 auf, die uns direkt ans Ziel bringen wird. Während ich das KFZ auf 50 Meilen pro Stunde beschleunige, fröne ich dem Programm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und erinnere, dass viele Grundstücke in den Stadtteilen Lely und Naples-Manor noch bis vor einer Woche überflutet waren. Ich wische mir demonstrativ über die Stirn und stelle wohlwollend fest, dass mittlerweile fast alle Sturmschäden beseitigt wurden.


Willkommen in Marco Island, FL

11.30 Uhr Nach 22 zurückgelegten Meilen erreichen wir die in den 1960er Jahren erbaute “S.S. Jolley Bridge” und haben das Vergnügen, ohne grössere Probleme nach Marco Island übersetzen zu können. Danach folge ich dem North Collier Boulevard zur Westseite der Insel und registriere, dass an der Küste zahlreiche Hotels geschlossen sind und renoviert werden müssen. Darüber hinaus fallen mir ausserdem entwurzelte Palmen und zerstörte Strassenzüge ins Auge – das ist ja kaum zu glauben.


Der Hurrikan Irma wütete auch über Marco Island

12.30 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit parke ich den SUV vor dem einladenden “Cocomo’s Grill” und freue mich auf eine warme Mahlzeit. Eine zuvorkommende Bedienung namens Kaylee begrüsst mich überschwänglich und lotst mich zu einem Tisch am Fenster. Ich fackle nicht lange und bitte die 23jährige, vitaminreiche Tuna Nachos (löblich: Tunfisch Maisscheiben) mit Beilagensalat aufzutischen. Zudem verwickle ich das junge Ding in ein Gespräch und erfahre, dass sie den verheerenden Wirbelsturm Irma in ihrem Zuhause an der Yellowbird Strasse miterlebt hat. Fräulein Kaylee versorgt mich mit Fakten und berichtet, dass der Tropensturm mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 150 Meilen über die Insel gefegt ist und sogar ihren neuen Chevrolet Sonic umgeworfen hat – wie schrecklich.
13.30 Uhr Nach der Jause vertrete ich mir die Beine und schlendere mit Dixon zur nahegelegenen Smokehouse Bucht, um die vor Anker liegenden Jachten zu begaffen. Ich lasse meinen Blick über die Anlegestelle schweifen und komme zu dem Schluss, dass Irma auch hier gewütet und etliche Motorboote beschädigt hat.


Toby Keith – The Bus Songs

14.30 Uhr Nachdem ich alles gesehen habe, laufe ich zum Chevrolet zurück und trete die Heimreise an. Beschwingt durch wunderschöne Toby Keith Musik kehre ich aufs Festland zurück und lasse mir den Fahrtwind durchs Haar wehen – was kann es schöneres geben.
15.30 Uhr Zurück im Willoughby Drive, treffe ich Frau Pontecorvo auf der Einfahrt an und höre, dass die Perle am Abend ins Lichtspielhaus gehen und sich den Gruselfilm “Mother” (löblich: Mutter) anschauen wird. Ich gebe mich skeptisch und rate, zuhause zu bleiben und sich bei der Ratesendung “Jeopardy” zu amüsieren. Leider will meine Nachbarin nicht hören und entgegnet, dass sie mit Freundinnen verabredet ist – das ist wieder typisch.
16.00 Uhr Krachend werfe ich die Pforte ins Schloss und serviere meinem Haustier gesundes Trockenfutter aus dem Hause Royal Canin. Anschliessend falle ich gähnend aufs Wohnzimmersofa und entspanne mich redlichst.
17.00 Uhr Ich öffne die Augen und erkenne, dass es bereits 5 Uhr geschlagen hat. Selbstverständlich schwinge ich mich spornstreichs vom Kanapee und sorge für ein nahrhaftes Abendessen. Ruckzuck koche ich köstliche Langnudeln mit Tomatensauce auf und nehme zudem mit einem farbenfrohen Tomatensalat Vorlieb.


Ich beisse kraftvoll zu

18.00 Uhr Als die Geschirrspülmaschine endlich läuft, gehe ich zum gemütlichen Teil des langen Tages über. Ich mache es mir kartoffelchipsknabbernd vor dem Flachbildschirm bequem und folge den Nachrichten, um zu erfahren, dass die Verfilmung des erfolgreichen Stephen King Romans “It” (löblich: Es) aktuell sämtliche Kinorekorde bricht – das soll mir auch Recht sein.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf AMC und erfreue mich an der seichten Komödie “The Lonely Guy” (auf deutsch: Ein Single kommt selten allein). Ich klopfe mir erheitert auf die Schenkel und tauche in das Leben eines alleinstehenden Herren ein, der an seinem Leben gar keine Freude mehr findet.
21.00 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, betätige ich gähnend den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und lege mich schlafen. Gute Nacht.

15. September 2017 – Ein Geschenk für Edelbert

08.00 Uhr Auch heute läuft ein schönes “Old Dominion” Lied auf der Frequenz von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land). Ich rolle mich aus dem Bett und bemerke beim Blick auf den Wandkalender, dass Edelbert in zehn Tagen Geburtstag feiern wird. Weil sich am Himmel dunkle Wolken zusammengebraut haben, fasse ich den Entschluss, ein Schoppingzentrum anzusteuern und nach einem Geschenk Ausschau zu halten.
08.45 Uhr Während ich mich bei einem erfrischenden Wirbelbad entspanne, bimmelt plötzlich die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry). Zu meiner Freude meldet sich der Professor im Rohr und lädt mich ein, ihm beim Frühstück in Julies Restaurant Gesellschaft zu leisten. Natürlich sage ich sofort zu und gebe zu Protokoll, dass ich gegen 10 Uhr vor Ort sein werde – darauf freue ich mich jetzt schon.


Meine praktische Schwarzbeere

09.30 Uhr Ruckzuck beende ich das Badevergnügen und hole farbenfrohe Freizeitkleidung aus dem begehbaren Schrank. Danach werfe ich mich in Schale und halte Dixon an, mir zum Chevrolet Suburban zu folgen.
10.00 Uhr Pünktlich auf die Minute erreiche ich mein Ziel und bin überrascht, nicht nur Edelbert, sondern auch Herrn Wang im Gasthaus anzutreffen. Der Motelbesitzer begrüsst mich herzlich und berichtet, dass er Prof. Kuhn nach der Mahlzeit in einen Massagesalon begleiten wird. Der schlaue Mann nickt eifrig und ermutigt mich, kurzerhand mitzukommen und mich ebenfalls verwöhnen zu lassen. Weil ich nach einem Geburtstagsgeschenk suchen wollte, schüttle ich den Kopf und entgegne, dass ich wichtigen Terminen in der Stadt nachkommen muss.
10.30 Uhr Als ich kraftvoll zubeisse und meine staubtrockne Kehle mit Kaffee öle, kommt Herr Wang auf sein Motel in Naples-Manor zu sprechen und erzählt, dass während des Hurrikans Irma etliche Fensterscheiben zu Bruch gegangen sind. Der gute Mann reibt den Daumen am Zeigefinger und rechnet vor, dass er mittlerweile eine Fachfirma verständigt hat und mindestens 6.000 Dollars verlieren wird. Edelbert gibt sich deprimiert und erörtert, dass Präsident Trump am gestrigen Tag Fort Myers besucht und mit einem Hubschrauber auch über Naples geflogen ist. Ferner vernehmen wir, dass der weitsichtige Staatsmann allen Helfern herzlich gedankt und Florida Hilfszahlungen in Milliardenhöhe versprochen hat – das ist prima.


Präsident Trump war in Fort Myers

11.30 Uhr Nachdem ich aufgegessen habe, trommle ich mit den Fingern auf die Tischplatte und erwähne, dass nun die Zeit gekommen ist, um das Weite zu suchen. Meine Bekannten geben mir Recht und wünschen mir einen schönen Tag. Ich fackle nicht lange und scheuche Dixon zum SUV, um zur fünf Meilen entfernten Central Avenue zu rasen. Nebenher erzähle ich dem Haustier, dass in der erst heute wiedereröffneten “Treasure Island Mall” ein grosses Antiquariat zu finden ist. Während die aus Texas stammende Sängerin RaeLynn auf WCKT CAT COUNTRY ein belangloses Lied trällert, drücke ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und stelle wohlwollend fest, dass überall städtische Angestellte unter Hochdruck die Hinterlassenschaften des Tropensturms Irma beseitigen.


Irma wütete über Florida

12.00 Uhr Mit Dixon im Schlepptau schlendere ich in das Kaufhaus und komme wegen der grossen Anzahl an antiquarischen Romanen aus den Staunen nicht mehr heraus. Da Edelbert ein Bücherwurm ist, ziehe ich einen in Leder gebundenen Wälzer aus dem Regal und erfahre, dass es sich hierbei um die Erstausgabe des Hemingway Klassikers “To Have and Have Not” (auf deutsch: Haben und Nichthaben) aus dem Jahre 1937 handelt.
12.30 Uhr Kurze Zeit später gesellt sich ein Verkäufer an meine Seite und bietet mir seine Hilfe an. Ich bringe Edelberts Geburtstag ins Spiel und merke an, dass mein Bekannter die amerikanische Belletristik sehr schätzt. Mein Gegenüber überlegt nicht lange und rät, zu Philip Roths Geschichtensammlung “Goodbye Columbus” zu greifen.
13.00 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, gehe ich auf den Handel ein und überreiche dem Knecht zwei Geldscheine mit dem Konterfei des siebten Präsidenten der Vereinigten Staaten.


Eine Erstausgabe für Edelbert

14.00 Uhr Just als Petrus die Himmelspforten öffnet und es regnen lässt, treffe ich zu Hause ein. Mit letzter Kraft schleppe ich mich ins Haus und bereite mir unter Dixons fordernden Blicken ein Sandwich (löblich: Wurstbrot) zu. Dazu genehmige ich mir vitaminreiche LAYS Kartoffelchips sowie ein kühles Budweiser – das tut gut.
14.45 Uhr Während der Vierbeiner einen Kauknochen knabbert, bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe und spiele mit der Idee, Edelbert auch mit einer kleinen Grillfeier zu überraschen – das wird ein Spass.
15.45 Uhr Ich öffne die Augen und registriere, dass es immer noch wie aus Kübeln schüttet. Weil man bei diesem Sauwetter nicht aus dem Haus gehen kann, setze ich mich an den Schreibtisch und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Unter anderem überfliege ich die Depesche einer HARTZ IV Empfängerin aus Jena und lese, dass es sich der Trampel derzeit zur Aufgabe macht, AfD Wahlplakate in der Innenstadt der ostdeutschen Gemeinde zu zerstören. Ich klopfe mir auf die Schenkel und lasse die Frau in meinem Antwortschreiben wissen, dass die “Alternative für Deutschland” bei der Bundestagswahl mindestens 35% der Stimmen einheimsen wird.


Die Alternative für Deutschland bekommt 35%

16.45 Uhr Nach getaner Arbeit nehme ich das Telefon zur Hand und rufe in der alten Heimat an. Als sich Sandra nach dem dritten Tuten endlich meldet, erkundige ich mich nach meiner Wahlbenachrichtigung und bitte die Maid, in meinem Namen die Briefwahlunterlagen zu beantragen. Sandra hält Maulaffen feil und beteuert, dass ich die Papiere selbst Anschnur anfordern kann. Nörgelnd werfe ich den Hörer auf die Gabel und setze mich erneut an den Heimrechner, um einen elektronischen Brief an das Rathaus in meiner weissblauen Heimat zu senden.
17.30 Uhr Da mein Magen knurrt, begebe ich mich in die Küche und koche italienische Langnudeln auf. Dazu zaubere ich ein leckeres Tomatensösschen – wie gut das duftet.


Ich beisse kraftvoll zu

18.30 Uhr Redlichst gestärkt verabschiede ich mich in den Feierabend und mache es mir in der klimatisierten Wohnstube bequem. Während die Nachrichten laufen, telefoniere ich mit Edelbert und gebe vor, dass ich gerade die Briefwahlunterlagen für die Bundestagswahl geordert habe. Der Professor schmunzelt in einer Tour und unterbreitet, dass er die Unterlagen schon vor Wochen ausgefüllt und nach Deutschland zurückgeschickt hat.
19.30 Uhr Nach den Nachrichten gebe ich mich auf FOX einer Sondersendung hin und lerne, dass die amerikanische Regierung dem Bundesstaat Florida mehrere Milliarden Dollars zur Verfügung stellen und armen Menschen beim Wiederaufbau ihrer Häuser helfen wird – das hört man gerne.
21.00 Uhr Als die Nummer einer Spendenhotline (löblich: Spendenheissleine) eingeblendet wird, betätige ich den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und lösche sämtliche Lichter. Zu guter Letzt streichle ich Dixon über den Kopf und lege mich schlafen. Gute Nacht.

14. September 2017 – Es gibt immer noch viel zu tun …

08.00 Uhr Zur frühen Morgenstunde werde ich durch ein schönes Lied der aufstrebenden Combo “Old Dominion” geweckt. Ich kratze mich an der Schläfe und komme zu dem Ergebnis, dass die Komposition “No Such Thing as a Broken Heart” (löblich: Kein solches Ding wie ein gebrochenes Herz) sehr eingängig ist und das Zeug zu einem Nummer 1 Schlag hat – da kommt besonders grosse Freude auf

08.30 Uhr Nachdem ich meine Glieder auf der Terrasse gelockert habe, greife ich zum Telefon und rufe bei meiner unterbelichteten Mieterin an. Sandra meldet sich prompt und erzählt, dass sie Akten im KVR wälzen muss und kaum Zeit hat, um mit mir zu plaudern. Ich zucke mit den Schultern und informiere, dass ich heute die letzten Sturmschäden beseitigen werde. Ferner komme ich auf ihre Ankündigung zu sprechen, am 1. Oktober nach Florida auszufliegen und gebe bekannt, dass ich im kommenden Monat auch meinen Grosscousin Robert Pfaffenberg samt Ehefrau im Sonnenscheinstaat Willkommen heissen werde.
09.00 Uhr Im Anschluss ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln. Während ich mit dem Schwamm hantiere, vernehme ich, wie meine Zugehfrau die Haustüre aufstösst und von Hund Dixon kläffend begrüsst wird. Natürlich melde ich mich schnell zu Wort und gebe Frau Gomez zu verstehen, dass sie unter keinen Umständen das Badezimmer betreten darf – wo kämen wir denn da hin.
10.00 Uhr Sechzig Minuten später präsentiere ich mich in legerer Freizeitkleidung und erfahre von der Putzfrau, dass sie Waschpulver benötigt. Ich nicke eifrig und entgegne, dass ich gleich zum PUBLIX Supermarkt krusen werde. Zuvor verzehre ich jedoch ein kleines Frühstück und löchere meine Zugehfrau mit Fragen bezüglich des Tropensturms Irma. Frau Gomez schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und setzt mich darüber in Kenntnis, dass ihr verrosteter Kleinwagen von einer umstürzenden Palme beschädigt wurde – wie schrecklich.


Irma beschädigte Frau Gomez Kraftfahrzeug

11.00 Uhr Nachdem ich Dixons Napf ausgespült habe, scheuche ich den Rüden zum Chevrolet und schicke mich an, mit durchdrehenden Pneus zum Supermarkt meines Vertrauens zu rasen. Nebenher telefoniere ich mit Edelbert und höre, dass der schlaue Mann zum Mittagessen bei Familie Satesh eingeladen ist – das soll mir auch Recht sein.
11.30 Uhr Während Dixon artig im Auto wartet, schlendere ich an den leergefegten Regalen vorbei und erhalte von einer Marktmitarbeiterin die Auskunft, dass der Supermarkt erst Morgen mit frischen Lebensmitteln beliefert werden wird. Seufzend werde ich am dürftig bestückten Knabberregal vorstellig und überlege, ob ich CHEETOS oder FRITOS Kartoffelchips kaufen soll. Nach langem Hin und Her nehme ich mit beiden Produkten Vorlieb und lege ausserdem eine Tüte LAYS dazu – man gönnt sich ja sonst nichts.
12.30 Uhr Nachdem ich die wenigen Waren bezahlt habe, schleppe ich die Einkaufstüten zum PS-strotzenden SUV und gebe zu Protokoll, dass wir jetzt ein einladendes “Bob Evans” Restaurant ansteuern werden. Dixon legt augenblicklich den Kopf schief und kann es kaum noch erwarten, eine Brotzeit vorgesetzt zu bekommen.
13.00 Uhr Mit dem Vierbeiner im Schlepptau betrete ich die Wirtschaft an den Vineyards und bekomme von einer beschürzten Kellnerin einen Fenstertisch mit Ausblick zugewiesen. Ich fackle nicht lange und bitte das Mädchen, einen Farmhouse Salad (löblich: Bauernhaus Salat) sowie einen saftigen Baconburgern (löblich: Speckburger) aufzufahren. Dazu gibt es ein grosses Glas Eistee – schmeckt gar nicht schlecht.


Meine kleine Villa unter Palmen

14.00 Uhr Zuhause angekommen, finde ich die kleine Villa ordentlich aufgeräumt und verlassen vor. Ich gebe mich erleichtert und sortiere die Einkäufe in den Eiskasten ein. Wenig später stösst Frau Pontecorvo die Türe auf und möchte wissen, ob ich mit meinem neuen Warmwasserboiler zufrieden bin. Ich erhebe belehrend den Zeigefinger und stelle klar, dass ich mir keinen Boiler, sondern einen neumodernen Durchlauferhitzer gekauft habe.
14.30 Uhr Während des Kaffeekränzchens verrate ich meinem Hausgast, dass wir in 17 Tagen Sandra im Rentnerparadies begrüssen werden. Frau Pontecorvo ist ganz aus dem Häuschen und schlägt vor, dass wir eine Willkommensfeier ausrichten sollten – das werden wir erst noch sehen.


Die Petersilie wurde durch Irma zerstört

15.15 Uhr Nachdem sich die kleine Frau winkend verabschiedet hat, eile ich mit Dixon nach draussen, um im Garten zu arbeiten. Selbstverständlich sehe ich auch nach der Petersilie und ärgere mich, weil der verheerende Tropensturm die ganze Ernte zerstört hat – wie schade.
16.00 Uhr Mit hängendem Kopf schwinge ich den Gartenrechen und mache es mir zur Aufgabe, die vom Hurrikan entwurzelnden Mangroven auf einem Haufen zusammenzutragen. Darüber hinaus plaudere ich mit Herrn Booth und erfahre, dass Morgen die Müllabfuhr mit zwei Lastwagen anrücken und die Hinterlassenschaften des Hurrikans abtransportieren wird – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.
17.00 Uhr Zum Abschluss des Tages mache ich mich in der Küche nützlich und brate ein vitaminreiches Schnitzel im heissen Fett heraus. Ausserdem fülle ich den Napf meines Haustieres mit Trockenfutter auf und wünsche dem Rüden einen guten Appetit.
18.00 Uhr Nach dem Nachtmahl schalte ich die Glotze ein und schaue fern. Unter anderem bringe ich bei den FOX Nachrichten heraus, dass es in den von Irma heimgesuchten Gebieten in Südwestflorida zu Plünderungen kam. Ich mache grosse Augen und lerne, dass unter anderem in Marco Island organisierte Banden von Haus zu Haus zogen und wertvolle Einrichtungsgegenstände sowie Bargeld entwendeten – das ist ja kaum zu glauben.

19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechsle ich auf AMC und erfreue mich an der neuen Staffel der preisgekrönten Serie “Halt and Catch Fire”. Während ich FREETOS Chips fresse und gesundes Budweiser schlürfe, werde ich Zeuge, wie schlaue Heimrechnerexperten in den 1980er Jahren das Internetz gesellschaftsfähig machen.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.

13. September 2017 – Aufräumarbeiten

08.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und bin glücklich, am gestrigen Abend wohlbehalten in Naples eingetroffen zu sein. Weil es viel zu tun gibt, rolle ich mich aus dem Bett und scheuche Hund Dixon auf die verschmutzte Terrasse.
08.30 Uhr Während sich die letzten dunklen Regenwolken nach Norden verziehen und die Mangroven im Wind wehen, lockere ich meine Glieder und registriere, dass etliche Palmen am künstlich angelegten Teich vom Hurrikan entwurzelt wurden. Ich kratze mich nachdenklich an der Schläfe und greife zum Besen, um den Schlamm von der Terrasse zu fegen. Unterdessen stattet mir Frau Pontecorvo einen Besuch ab und gibt sich erleichtert, weil Hurrikan Irma im Stadtgebiet nur geringen Schaden angerichtet hat. Ich blicke deprimiert drein und erinnere, dass die Menschen an der Küste leider nicht so glimpflich davon gekommen sind. In diesen Zusammenhang verweise ich auf den Stadtteil Naples-Manor und erörtere, dass dort zahlreiche Gebäude und Brücken zerstört und viele Grundstücke überflutet wurden. Frau Pontecorvo nickt eifrig und bittet mich, ihr beim Frühstück Gesellschaft zu leisten – das ist doch eine Selbstverständlichkeit.


Ich sorge auf der Terrasse für Ordnung

09.00 Uhr Zuvor lasse ich die Seele bei einem Wirbelbad baumeln und bemerke, dass aus dem Hahn kaum heisses Wasser fliesst – wie unlöblich.
10.00 Uhr Als ich nach dem Badespass in die Garage eile und den Heisswasserboiler in Augenschein nehme, fällt mir auf, dass die Steuereinheit durchgeschmort ist. Ich lege meine Stirn in Falten und bin mir sicher, dass ein Überdruck in der Wasserzuleitung den Schaden verursacht hat – gleich platzt mir der Kragen.
10.30 Uhr Trotz aller Nackenschläge lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und statt Frau Pontecorvo einen Besuch ab. Die Dame überrascht mich mit Pfannkuchen und gibt Anekdoten von ihrem Aufenthalt im Schutzraum der örtlichen Schule preis. Ich winke demonstrativ ab und lasse die kleine Frau wissen, dass ich einen Installateur verständigen muss. Meine Nachbarin überreicht mir die Gelben Seiten (unlöblich: Yellow Pages) und informiert, dass ich unter dem Begriff “Plumber” bestimmt fündig werde. Ich fackle nicht lange und rufe kurzentschlossen bei “Bob Hill Plumbing” an, um zu erfahren, dass sämtliche Mitarbeiter ausser Haus sind. Die Telefonistin seufzt laut und entgegnet, dass sie erst in zwei bis drei Wochen einen Handwerker in den Willoughby Drive schicken kann.
11.15 Uhr Missmutig beende ich das Gespräch und erkläre meiner Tischnachbarin, dass ich ein begnadeter Heimwerker bin und nun zu “Home Depot” krusen werde. Frau Pontecorvo wünscht mir viel Vergnügen und kündigt an, währenddessen im Garten zu arbeiten und die Sturmschäden zu beseitigen – jaja.
11.45 Uhr Während der Reise zum Baumarkt meines Vertrauens, telefoniere ich mit Prof. Kuhn und erzähle, dass ich während der Nachmittagsstunden einen neuen Boiler installieren werde. Edelbert wird augenblicklich hellhörig und verspricht, zuerst die Fenster zu putzen und dann in den Willoughby Drive zu kommen.


Im Home Depot Baumarkt

12.15 Uhr Zur Mittagszeit betrete ich den überlaufenen Flachbau an der Airport Pulling Road und zögere nicht, an der Information vorstellig zu werden und mich nach den Boilern zu erkundigen. Ein dunkelhäutige Servicemitarbeiter wünscht mir einen schönen Tag und legt mir nahe, dem Hauptgang bis zum Ende des Gebäudes zu folgen. Ohne Umschweife komme ich dem Ratschlag nach und stelle fest, dass neben althergebrachten Speicheröfen auch neumoderne Durchlauferhitzer feilgeboten werden.
13.00 Uhr Fünfundvierzig Minuten später fälle ich eine Entscheidung und ringe mich dazu durch, ein Gerät aus dem Hause “Stiebel Eltron” für 629 Dollars zu erwerben. Ein Marktmitarbeiter beglückwünscht mich zu meiner Wahl und animiert mich, die Rechnung an der Kasse zu begleichen – das hat gerade noch gefehlt.
13.30 Uhr Nach dem Bezahlvorgang presche ich mit durchdrehenden Pneus von dannen und passiere während der Heimreise umgestürzte Bäume, im Mitleidenschaft gezogene Wohnhäuser und sogar ein abgebranntes Delikatessengeschäft – wie schrecklich.
14.15 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive, treffe ich den Professor auf der Terrasse an. Der gute Mann deutet in Richtung einer fetttriefenden Tüte und sagt, dass er Hamburger mitgebracht hat. Ich stibitze mir eine belegte Semmel aus dem Beutel und flitze dann in die Garage, um den Hauptwasserhahn abzudrehen.


Ich beisse kraftvoll zu

15.00 Uhr Während Dixon durch den überschwemmten Garten streift und mit einer verendeten Möwe spielt, löse ich unter Edelberts skeptischen Blicken die Verschraubungen des Wasserzulaufs. Anschliessend hieve ich den in die Jahre gekommenen Boiler von der Wand und komme zu dem Ergebnis, dass nicht nur die elektronische Steuereinheit durchgeschmort, sondern auch der Wassertank verrostet ist. Unter Edelberts Mithilfe schleppen wir den Tand vor die kleine Villa und dübeln dann das Neugerät an die Wand – das soll uns erst mal einer nachmachen.
16.00 Uhr Zu guter Letzt stelle ich den Stromanschluss her und vergesse auch nicht, den Erhitzer mit dem Wasserzulauf zu verbinden – da kommt besonders grosse Freude auf.
16.45 Uhr Nach getaner Arbeit drehe ich den Hauptwasserhahn auf und lotse Edelbert in die Küche, um die Mischbatterie an der Spüle zu betätigen. Im Handumdrehen schiesst kochend heisses H²O aus dem Hahn und ich berichte meinem Bekannten, dass man nicht immer eine Fachfirma verständigen muss. Der Professor schlägt in die gleiche Kerbe und kredenzt mir ein eiskaltes Budweiser aus dem Kühlschrank – das schmeckt.


Ich ertränke meinen Ärger im Alkohol

17.30 Uhr Schlussendlich räume ich bei einsetzendem Regen das Werkzeug beiseite und mache es mir zur Aufgabe, abgebrochene Palmwedel, zerdepperte Dachschindeln sowie anderes Geröll von der Einfahrt zu fegen. Bei dieser Gelegenheit spähe ich zum Hausdach und gebe zu Protokoll, dass es schlau wäre, die Leiter hervorzuholen. Ruckzuck setze ich meine Idee in die Tat um und stelle mit grosser Erleichterung fest, dass Hurrikan Irma keine Schäden am Giebel angerichtet hat – wie beruhigend
18.30 Uhr Nachdem der Professor das Weite gesucht hat, kehre ich ins Haus zurück und richte mir eine Wurstplatte an. Während des Nachtmahls lausche ich dem Programm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und lerne, dass gemeinnützige Organisationen dazu aufgerufen haben, den Menschen finanziell beizustehen, die vom Tropensturm Irma um Haus und Hof gebracht wurden. Da ich nicht auf den Taler achten muss, setze ich mich sogleich an den Heimrechner und spende einen hohen einstelligen Betrag für hilfsbedürftige Familien.

19.00 Uhr Im Anschluss nehme ich die Geschirrspülmaschine in Betrieb und verabschiede mich in den Feierabend. Wie es sich gehört, fröne ich den Nachrichten und informiere mich über die verheerenden Schäden, die der Hurrikan in der Karibik und in Florida verursacht hat. Zudem rufe ich bei meinen Verwandten im fernen Kanada an und erzähle, dass ich gestern Abend sicher in Naples eingetroffen bin. Selbstverständlich bringe ich auch das Ferienhaus ins Spiel und lege anschaulich dar, dass Irma im Lowbank Drive kaum gewütet hat. Mein Bruder atmet tief durch und wünsche mir alles Gute – wie schön.
20.30 Uhr Weil mir langsam die Augen zufallen, beende ich den Fernsehabend und ziehe mich gähnend ins Schlafzimmer zurück. Gute Nacht.

12. September 2017 – Hurrikan Irma

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie sie sicher wissen, tobte entlang der Westküste Floridas ein verheerender Tropensturm. Hurrikan “Irma” traf am Sonntag gegen 9:00 Uhr auf die Florida Keys und fegte mit 130 Meilen pro Stunde über Key West hinweg – wie schrecklich.


Hurrikan Irma

Im weiteren Verlauf näherte er sich dem amerikanischen Festland und erreichte gegen 16:00 Uhr Naples und Fort Myers. Weil Gouverneur Rick Scott bereits am Samstag alle Menschen aufrief, sich in Sicherheit zu bringen, entschlossen wir uns, noch einige Tage in Tallahassee zu verweilen. Währenddessen fanden Frau Pontecorvo, Herr und Frau Booth sowie Familie Connor in der Turnhalle der “Naples High School” (löblich: Naples Hochschule) am Golden Eagle Circle Schutz. Dort wurden meine Nachbarn samt der knapp 200 anderen Schutzsuchenden von freiwilligen Helfern, einer Ärztemannschaft sowie Mitarbeiter des örtlichen Fire Departments betreut.


Der Sturm fegt über Naples hinweg

Mittlerweile habe ich mit Frau Pontecorvo telefoniert und erfahren, dass am Sonntag Nachmittag im ganzen Stadtgebiet der Strom ausgefallen ist. Darüber hinaus kam es an der Küste zu verheerenden Verwüstungen und Überschwemmungen. Ferner wurden auch Miami und Jacksonville von einer Springflut mit massiven Überflutungen heimgesucht.


Überflutungen in Jacksonville

Frau Pontecorvo versicherte mir aber, dass der Sturm im Willoughby Drive nur kleinere Schäden angerichtet hat. Laut offiziellen Informationen der Polizei, hat die Stadtverwaltung inzwischen mit den Aufräumarbeiten begonnen und klargestellt, dass die Stromversorgung spätestens bis zum heutigen Abend wieder hergestellt sein wird.

Da die beiden Hauptverkehrsadern – die Interstate 75 sowie die Interstate 95 – endlich wieder passierbar sind, werden wir alsbald unsere Zelte in Tallahassee abbrechen und nach Naples zurückrasen. Die Ankunft ist für 19:00 Uhr geplant – wie aufregend.

Hochachtungsvoll
Reinhard Pfaffenberg