08.00 Uhr Ein neuer Tag bricht an und ich fühle mich blendend. Um mich in Form zu bringen, schlendere ich spornstreichs auf die Terrasse und schicke mich an, den schwülwarmen Morgen mit dem Frühsport einzuläuten.
08.30 Uhr Anschliessend ziehe ich mich schnaufend in die Nasszelle zurück und lasse die Wirbelbadewanne mit lauwarmen Wasser volllaufen. Während ich die Seele bei einem erfrischenden Wirbelbad baumeln lasse, fröne ich dem Radioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und lerne, dass in sechs Tagen der “Labor Day” gefeiert wird. In diesem Zusammenhang bringe ich ausserdem heraus, dass in der kommenden Woche landesweit das neue Schuljahr beginnen wird – das wurde auch langsam Zeit.
Meine praktische Schwarzbeere
09.30 Uhr Beschwingt beende ich den Waschvorgang und bemerke, dass während meines Badaufenthalts eine Sprachnachricht auf der Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) eingegangen ist. Da ich stets über alles informiert sein muss, betätige ich augenblicklich den Abspielknopf und vernehme, dass mich meine Verwandten pünktlich zur Mittagszeit zum Essen erwarten – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.
10.00 Uhr Weil ich bei den lieben Menschen nicht mit leeren Händen aufschlagen kann, fasse ich den Entschluss, vor meinem Besuch zum WAL MART zu krusen, um preiswerte Geschenke für Georg und Maria sowie die Kinder zu besorgen. Ruckzuck schnappe ich mir die Hundeleine und halte den Vierbeiner an, mir zum Auto zu folgen.
10.45 Uhr Kurz vor dem Elfuhrläuten betrete ich die klimatisierte Markthalle am Juliet Boulevard und spiele mit der Idee, meinem 12jährigen Grossneffen ein lustiges Federmäppchen zum Schulanfang zu schenken. Als ich jedoch in der Bürobedarf- und Schreibwaren Abteilung nach dem Rechten sehe, fällt mir auf, dass herkömmliche Federmäppchen gar nicht mehr feilgeboten werden. Stattdessen legt mir ein gestriegelter Verkäufer nahe, ein sündteures Lederetui mit Einschubmöglichkeiten für diverse Stifte, Geodreieck und Zirkel auszuwählen. Ich rümpfe skeptisch die Nase und lasse den Knecht wissen, dass ich mich ausser Stande sehe, 35 Dollars für diesen Tand auszugeben. Der Heini beruhigt mich sofort und weist auf eine 25% Rabattaktion des Herstellers hin – wie schön.
Ein Bourbon für James und Georg
11.30 Uhr Schlussendlich lege ich das Etui in den Einkaufswagen und ringe mich dazu durch, Tulpensträusse für Amanda und Maria, sowie eine Flasche Bourbon für James und Georg einzukaufen. Danach begebe ich mich zur Kasse und komme zu dem Ergebnis, dass ich in Bälde im Armenhaus landen werde – wie furchtbar.
12.00 Uhr Nachdem ich die Rechnung beglichen habe, setze ich meine Reise fort und lausche während der kurzweiligen Ausfahrt dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land). Darüber hinaus trete ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und komme mit wenigen Minuten Verspätung vor dem Ferienhaus meiner Familie zum stehen. An der Haustüre treffe ich auf Georg und vernehme, dass mein Bruder mit dem Gedanken spielt, das Anwesen während der Wintermonate renovieren zu lassen. Ferner deutet der gute Mann nach Oben und weist auf die Tatsache hin, dass sich sogenannte “Tern” Vögel (auf deutsch: Seeschwalben) zwischen dem Dach und der Regenrinne eingenistet haben. Zudem erwähnt Georg, dass er nicht nur die Dachrinne erneuern lassen, sondern auch die Fassade mit frischer Farbe bepinseln lassen möchte – das hört man gerne.
Das Ferienhaus meiner Verwandten
12.30 Uhr Weil ich hungrig bin, strebe ich in die gute Stube und freue mich, nicht nur die jungen Leute, sondern auch Herrn Wang am festlich gedeckten Tisch anzutreffen. Wie es sich gehört, gebe ich die Geschenke weiter und lasse David wissen, dass ich mich in Unkosten gestürzt und ihm ein sündteures Etui mitgebracht habe. Der Bube freut sich sehr und nimmt sich das Recht heraus, mich zu umarmen – wie schön.
13.00 Uhr Wenig später fährt meine Schwägerin das Mittagessen auf und verwöhnt uns mit einem eigenhändig eingelegten Rindsbraten. Dazu serviert die Perle vitaminreiche Kartoffelknödel mit Blaukraut – wie aufregend.
13.45 Uhr Während wir es uns schmecken lassen, komme ich auf die Abreise der jungen Leute zu sprechen und erhalte die Auskunft, dass uns James, Amanda und David am Samstag Lebewohl sagen werden. Mein Grossneffe nickt eifrig und erinnert, dass er ab kommenden Dienstag wieder die Schulbank drücken und für das Leben lernen wird. Ich schenke dem Buben ein Lächeln und gebe zu Protokoll, dass Bildung sehr wichtig ist.
14.30 Uhr Als ich in einem unbeobachteten Augenblick den obersten Knopf meiner Blautschiens öffne, tischt Maria weitere Speisen auf und erwähnt, dass wir uns jetzt auf einen Schweizer Apfelkuchen freuen dürfen. Ich lecke mir die Lippen und zögere nicht, mir ein besonders grosses Stück auf den Teller zu laden. Nebenher höre ich, dass Georg, James und David Morgen in die Everglades krusen und die “Sweetwater Bay” erkunden wollen. Mein Grossneffe ist ganz ausser sich vor Freude und mutmasst, dass er gefrässige Alligatoren sowie schnappende Sumpfschildkröten zu Gesicht bekommen wird – wie schrecklich.
15.15 Uhr Nachdem ich vier Tassen Kaffee getrunken habe, wische ich mir den Mund an einer Serviette ab und bedanke mich für die reichhaltige Mahlzeit. Im Anschluss schütteln wir Hände und ich ziehe es vor, den Rüden zum Auto zu scheuchen und die Heimfahrt in den Willoughby Drive anzutreten.
16.00 Uhr Dahoam angekommen, schlüpfe ich aus den Kuhjungenstiefeln (unlöblich: Cowboyboots) und fülle Trockenfutter in Dixons Napf. Danach falle ich gähnend aufs Kanapee und döse schnell ein.
17.00 Uhr Ich öffne die Augen und erkenne, dass es bereits 5 Uhr geschlagen hat. Selbstverständlich schwinge ich mich umgehend vom Kanapee und sorge für ein kleines Abendessen. Mit einer lustigen Melodie auf den Lippen koche ich Langnudeln mit Tomatensauce auf und nehme zudem mit einem farbenfrohen Tomatensalat Vorlieb.
Ich beisse kraftvoll zu
18.00 Uhr Als die Geschirrspülmaschine läuft, gehe ich zum gemütlichen Teil des Tages über. Ich mache es mir bierschlürfend vor der Glotze bequem und folge den Nachrichten, um zu erfahren, dass das amerikanische Unternehmen MONSANTO einem krebskranken Mann 285 Millionen Dollars Schmerzengeld bezahlen muss.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechsle ich auf AMC und gebe mich dem Krimi “Unsane” hin, der von einer Frau handelt, die ihre Heimatstadt verlässt, um einen neuen Tschob in einer psychiatrischen Einrichtung anzunehmen.
21.00 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, betätige ich gähnend den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und lege mich schlafen. Gute Nacht.