20. Mai 2013 – Pfingstmontag

bussbettag

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Tagebuchleser,

der löbliche Pfingstmontag ist ein offizieller Feiertag in Deutschland, Österreich und weiten Teilen der Schweiz. Auch die lustigen Belgier sowie die Luxemburger kommen in den Genuss, sich heute einen faulen Lenz machen zu dürfen. Seit 2005 treten jedoch einige Wirtschaftsverbände dafür ein, den freien Tag ersatzlos zu streichen. Die im Bundestag vertretenen Parteien stellen sich kategorisch gegen diesen Vorschlag und versprachen, den Pfingstmontag ohne Wenn und Aber als Feiertag beizubehalten – wie schön.

In der heiligen Bibel steht geschrieben, dass 49 Tage nach dem Ostersonntag der Heilige Geist auf die Apostel herabkam, als diese zum jüdischen Fest Schawuot versammelt waren. Pfingsten ist damit der “Geburtstag der Kirche” und wird seit Jahrhunderten als Hochfest gefeiert.

“Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sassen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen”

In den Vereinigten Staaten von Amerika wird selbstverständlich auch Pfingsten gefeiert. Obgleich der Feiertag im öffentlichen Leben kaum eine Rolle spielt, pilgern am Pfingstsonntag sehr viele Menschen in die Gotteshäuser. Ausserdem treffen sich die Christen nach der heiligen Messe, um gemeinsam eine reichhaltige Mahlzeit einzunehmen und/oder zu plaudern.

Selbstverständlich habe ich gestern mit Frau Pontecorvo und Prof. Kuhn auch den Gottesdienst in der “St. Agnes Catholic Church” besucht. Danach habe ich mich in der Küche nützlich gemacht und gemeinsam mit meinen Bekannten einen Truthahn zubereitet. Dazu gab es Kartoffeln, Maisbrot sowie eine vitaminreiche “bayerische Creme” mit Erdbeeren.

Ich wünsche allen Lesern einen schönen Pflichtmontag
Reinhard Pfaffenberg

17. Mai 2013 – Pfingsten steht vor der Türe

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07.30 Uhr Das Telefon klingelt und reisst mich aus einem schönen Traum. Verärgert nehme ich das Gespräch an und habe Edelberts Stimme im Rohr. Der Professor plappert in einer Tour und erinnert, dass in zwei Tagen Pfingsten gefeiert wird. Darüber hinaus erfahre ich, dass er gestern eine Truthahnfarm besucht und einen Braten eingekauft hat. Ich gebe mich skeptisch und antworte, dass es kein leichtes Unterfangen ist, einen Truthahn zuzubereiten. Edelbert beruhigt mich und beteuert, dass er Frau Pontecorvo gebeten hat, ihm zur Hand zu gehen.
08.00 Uhr Nachdem ich aufgelegt habe, lasse ich bei einem erfrischenden Wirbelbad die Seele baumeln. Ausserdem mache ich mir meinen eigenen Gedanken und fasse den Entschluss, zum Pfingstessen eine “bayerische Vanillecreme” beizusteuern – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
09.00 Uhr Weil man ohne ein reichhaltiges Frühstück nicht aus dem Haus gehen sollte, mache ich es mir auf der Terrasse bequem, um Kaffee zu trinken und Müsli zu fressen. Unterdessen beobachte ich Dixon, der ausgelassen mit dem Nachbarhund Joey über das satte Grün rennt. Ich seufze laut und denke an die vielen Rentner im kalten Europa, die nie die Möglichkeit haben werden, ein prima Leben unter Palmen zu führen.

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Mein Zuhause unter Palmen

09.45 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten scheuche ich den Vierbeiner zum Chevrolet und kruse zum Wynn’s Delikatessengeschäft an der 9th Street. Während ich zu waghalsigen Überholmanövern ansetze, kontaktiere ich Frau Pontecorvo und lasse sie wissen, dass ich zum Sonntagsessen eine Nachspeise zaubern werde. Die Perle ist begeistert und bittet mich, aus dem Feinkostladen Koriander sowie zwei Flaschen Rotwein mitzubringen.
10.30 Uhr Am Ziel angekommen, wende ich mich an einen gestriegelten Verkäufer und animiere ihn, mir bei der Auswahl der Rebensäfte zur Seite zu stehen. Der Schnösel macht sich sogleich ans Werk und meint, dass zu einem Truthahnbraten ein vollmundiger “Ridge Ponzo Zinfandel” perfekt passt. Zu allem Überfluss hält mir der Verkäufer eine Flasche unter die Nase und behauptet, dass besagter kalifornischer Rotwein 37 Dollars kosten soll.

rotwein

11.15 Uhr Ausserdem erwerbe ich einen Liter frische Kuhmilch, einen Becher Sahne, Eier, das von Frau Pontecorvo gewünschte Gewürz, Vanilleschoten sowie Gelatine. Danach werde ich an der Kasse vorstellig und sehe mich genötigt, meine praktische Meisterkarte (unlöblich: Mastercard) mit 87 Dollars belasten zu müssen – wie unlöblich.
11.45 Uhr Um nicht stundenlang am heissen Herd stehen zu müssen, ziehe ich es vor, mir an der Fleischtheke eine kleine Brotzeit zu gönnen. Ich nehme die Auslagen zungeschnalzend in Augenschein und ordere zwei mit Schinken, Käse und Paprika belegte Sandwiches (löblich: Wurstbrote).
12.15 Uhr Während der Heimfahrt beisse ich kraftvoll zu und kann es gar nicht mehr erwarten, am Sonntag einen saftigen Braten zu essen. Voller Vorfreude betätige ich die Hupe und lasse Dixon vom Wurstbrot abbeissen.
13.00 Uhr Im Willoughby Drive angekommen, statte ich Frau Pontecorvo einen Besuch ab. Ich überreiche meiner Nachbarin die Weinflaschen und stelle klar, dass dieser Rebentrunk nicht billig war. Die kleine Frau schenkt mir ein Lächeln und entgegnet, dass sie zum Truthahn Folienkartoffeln sowie selbstgemachtes Maisbrot servieren wird.
13.30 Uhr Nachdem wir Kaffee getrunken haben, wünsche ich Frau Pontecorvo einen ruhigen Nachmittag und laufe nach nebenan. Wegen der Hitze stelle ich die Klimaanlage höher und mache es mir auf dem Kanapee bequem.
14.30 Uhr Redlichst ausgeruht schalte ich den Heimrechner ein und beginne mit der wichtigen Anschnurarbeit. Ich schufte hart und bemerke, dass es die junge Generation derzeit besonders bunt treibt. Unter anderem schildert mir Frau Beate W. aus Cottbus ihr Leid und schreibt, dass ihre Tochter Jessica seit mehreren Wochen die Schule schwänzt. Ich hämmere mit der Faust auf den Schreibtisch und rate in meinem Antwortschreiben, dem Kind diese Flausen unter keinen Umständen durchgehen zu lassen – wo kämen wir denn da hin.
15.30 Uhr Um keine runden Augen zu bekommen, fahre ich das Fenster (unlöblich: Windows) Betriebssystem mausdrückend herunter und trinke ein eiskaltes Bier auf der Terrasse. Ferner studiere ich die Tageszeitung und löse das Kreuzworträtsel auf der letzten Seite – das macht Spass.
16.15 Uhr Bevor der wohlverdiente Feierabend beginnt, unternehme ich mit dem Haustier einen Spaziergang. Wir schlendern an den gepflegten Nachbaranwesen vorbei und passieren bald das Eigenheim von Fernsehkoch Wayne Gregor. Zu meiner Freude treffe ich den Prominenten am Briefkasten an und lasse ihn wissen, dass ich am Sonntag zum Kochlöffel greifen und gemeinsam mit Prof. Kuhn und Frau Pontecorvo ein leckeres Menü zaubern werde. Mein Gegenüber ist hocherfreut und wünscht mir gutes Gelingen.
17.00 Uhr Wieder zurück in der kleinen Villa, eile ich in die Küche und sorge für ein nahrhaftes Abendessen. Ich koche Bandnudeln auf und verfeinere die Teigwaren mit handgeriebenem Parmesan und geschälten Tomaten aus dem Glas. Dazu gibt es einen Gurkensalat mit Dill mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen – das schmeckt.
18.00 Uhr Als der Stundenzeiger meines wertvollen Chronographens auf 6 zeigt, beende ich die Küchenarbeit und freue mich auf einen entspannten Fernsehabend. Ich rufe Dixon in die gute Stube herein und fröne der informativen FOX NEWS (löblich: Fuchs Nachrichten) Sendung.

19.00 Uhr Zur besten Sendezeit schalte ich auf HBO um und gebe mich dem spannenden Krimi “Zodiac” hin, der sich mit der Geschichte des weltbekannten Serienmörders beschäftigt. Ich lehne mich kartoffelchipsknabbernd zurück und lerne, dass Zodiac in den frühen 1970er Jahren mindestens 5 Menschen in San Franzisko ermordet hat. Ich kratze mich an der Schläfe und erfahre, dass der Mörder bis heute nicht gefasst werden konnte – wie eigenartig.
22.00 Uhr Nach dreistündiger Spitzenunterhaltung schalte ich ab und verschliesse sämtliche Fenster und Türen besonders sicher. Anschliessend lösche ich das Licht und gehe zu Bett.

10. Mai 2013 – Nylon Ties und Stadtbummel

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07.30 Uhr Ein neuer Tag im Rentnerparadies beginnt und ich fühle mich blendend. Bei strahlendem Sonnenschein führe ich die Morgengymnastik durch und freue mich, weil die Anzeige des Aussenthermometers bereits jetzt die 70°F (21°C) Grenze überschritten hat.
08.15 Uhr Im Anschluss verabschiede ich mich in die Nasszelle und wundere mich, weil aus dem Wasserhahn nur eine rostbraune Brühe tropft. Ich kratze mich nachdenklich an der Stirn und entschliesse mich, nach nebenan zu laufen und Frau Pontecorvo über den Makel in Kenntnis zu setzen. Meine Nachbarin bittet mich in die gute Stube herein und sagt, dass während der Vormittagsstunden Wartungsarbeiten am Wasserzulauf durchgeführt werden. Als ich nachfrage, präsentiert die Gute ein Informationsschreiben und behauptet, dass alle betroffenen Haushalte über die Instandsetzungsarbeiten in Kenntnis gesetzt wurden. Ich seufze laut und mutmasse, dass ich den Brief womöglich ungelesen in den Mülleimer gesteckt habe.
09.00 Uhr Da es der kleinen Frau auch nicht möglich ist, frischen Bohnentrunk aufzubrühen, ziehe ich es vor, die wichtigste Mahlzeit des Tages in Julies Restaurant einzunehmen. Ruckzuck schlüpfe ich in bequeme Freizeitkleidung und kruse mit Hund Dixon zum Restaurant meines Vertrauens.

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Clingmans Dome / Appalachian Trail

09.30 Uhr Die Wirtin begrüsst mich herzlich und meint, dass sie mich schon längere Zeit nicht mehr gesehen hat. Ich nicke eifrig und erzähle, dass ich die letzten Wochen auf dem Appalachian Trail verbracht habe. Frau Julie staunt Bauklötze und löchert mich mit Fragen. Obgleich ich der Dame keine Rechenschaft schuldig bin, gebe ich gerne Auskunft und unterbreite, dass ich mit Prof. Kuhn den Clingmans Dome bestiegen habe.
10.30 Uhr Nachdem ich mir den Mund fusselig geredet und der Wirtin ein stattliches Trinkgeld beschert habe, kehre ich zum Auto zurück. Zufrieden lasse ich den Wählhebel der Automatikschaltung in der “D” Stellung einrasten und gleite zu stimmungsvollen Radioklängen in Richtung Innenstadt davon. Unterdessen tippe ich Edelberts Nummer ins NOKIA Handtelefon und ärgere mich, den schlauen Mann nicht in seiner Stadtwohnung anzutreffen.
11.00 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und parke das KFZ kurzerhand an der 5th Avenue. Danach nehme ich Dixon an die Leine und spaziere eisschleckend durch das Zentrum. Unter anderem nehme ich die Schaufenster der Schuhgeschäfte in Augenschein und registriere, dass Flip Flops gar nicht mehr angesagt sind.

flipflop

11.45 Uhr Da ich stets mit der Mode gehe, laufe ich zielstrebig in “Bob Bakers” Schuhladen und lasse mich von einem Fachmann beraten. Ein Schnösel mit Dreitagebart nimmt sich meiner Probleme an und sagt, dass derzeit sogenannte “Nylon Tie’s” (löblich: Nylon Bandschuhe) reissenden Absatz finden. Der Knecht überreicht mir ein Paar und animiert mich, die Schuhe anzuprobieren.
12.30 Uhr Kurz nach der Mittagszeit verlasse ich das Geschäft tütenbepackt und erkläre Dixon, dass die neuen Schuhe 90 Dollars gekostet haben. Ich schubse einen trödelnden Touristen zur Seite und ziehe es vor, ins “Verginas Restaurant” einzukehren, um einen Seafood Salad (löblich: Meeresfrüchte Salat) sowie ein Diablo Sandwich (löblich: Teufelsbrot) zu fressen. Ausserdem lösche ich meinen Durst mit Dr. Pepper Limonade und versuche erneut, Edelbert zu erreichen – leider ohne Erfolg.
13.30 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, nach Hause zu fahren. Ich begleiche die Rechnung mit meiner praktischen Kreditkarte und rase dann zügig in Richtung Willoughby Drive weiter.
14.15 Uhr Daheim angekommen, schellt mein Handtelefon und ich kann mit Edelbert sprechen. Der Professor plappert ohne Unterlass und berichtet, dass er bei Familie Satesh zum Mittagessen eingeladen war. Bei dieser Gelegenheit höre ich, dass der gute Mann den Nachmittag am Golfplatz verbringen wird, um einige Bälle zu schlagen – wie unlöblich.
15.00 Uhr Nachdem ich Dixons Fell gebürstet habe, bette ich mich in der guten Stube zur Ruhe. Schon bald döse ich ein und träume vom letztjährigen Oktoberfestbesuch – das war phantastisch.
16.00 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vergeuden, raffe ich mich auf und nehme am Schreibtisch Platz. Pflichtbewusst schalte ich den Heimrechner ein und gebe mich den Hilferufen besorgter Heimseitenbesucher hin. Frau Evi. W. aus Burghausen berichtet schier Unglaubliches und schreibt, dass sich ihr unterbelichteter Sohn Peter (16) unsterblich in eine 25jährige Wurstverkäuferin verliebt hat. Ich fackle nicht lange und rate der Dame, vehement gegen diese Beziehung vorzugehen – wo kämen wir denn da hin.
17.00 Uhr Nachdem ich die neusten Einträge im Gästebuch überflogen habe, gehe ich von der Leine und bereite ein nahrhaftes Abendessen vor. Weil mir der Gusto nach etwas Saurem steht, schneide ich Capocollo in hauchdünne Scheiben und zaubere einen italienischen Wurstsalat mit Olivenöl und Essig. Dazu gibt es im Ofen aufgebackenes Knoblauchbrot sowie als Nachspeise etwas Schokoladeneis mit M&M’s und Sahne.
18.00 Uhr Während die Geschirrspülmaschine läuft und Dixon im Garten spielt, mache ich es mir im Wohnzimmer bequem. Ich schalte die Glotze ein und fröne den FOX Abendnachrichten. Dummerweise werde ich zeitnah durch Frau Pontecorvo gestört. Meine Nachbarin präsentiert eine Flasche Schaumwein und lotet aus, ob sie mir beim Fernsehschauen Gesellschaft leisten darf. Ich willige ein und wähle das Qualitätsprogramm von AMC aus.

19.00 Uhr Zur besten Sendezeit schenke ich mir etwas Sprudelsekt nach und folge gespannt der Reality Soap (löblich: Realitätsseife) “Small Town Security”, die von einem privaten Sicherheitsdienst in der Stadt Ringgold in Georgia erzählt – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Weil mir langsam die Augen zufallen, bringe ich Frau Pontecorvo zur Türe und bitte sie, die leere Sektflasche in den Garten von Familie Booth zu werfen. Anschliessend wünsche ich der Alten angenehme Träume und gehe ins Bett. Gute Nacht.

29. April 2013 – Mit Hausgästen hat man es nicht leicht

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07.30 Uhr Eine neue Woche beginnt und ich höre Frau Pontecorvo in der Küche mit dem Geschirr klappern. Um einen genauen Überblick zu bekommen, hüpfe ich aus dem Gästebett und sehe nach dem Rechten. Die kleine Frau begrüsst mich überschwänglich und sagt, dass sie sich für meine Gastfreundlichkeit revanchieren und einen Kuchen backen wird – jaja.
08.00 Uhr Just als ich Hund Dixon einen Kaukochen ins Maul stecke, deutet Frau Pontecorvo zum Deckenventilator und unterbreitet, dass auf den Blättern fingerdick Staub liegt. Ich nicke eifrig und entgegne, dass ich eine leistungsstarke Klimaanlage besitze und den Ventilator nie einschalte. Trotzdem bleibt die Perle stur und sagt, dass sie nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages die Küche auf Vordermann bringen wird.
08.30 Uhr Während ich in der Wirbelbadewanne liege und mich wasche, bimmelt plötzlich das NOKIA Handtelefon. Edelbert meldet sich im Rohr und gibt zu Protokoll, dass er von einer Sommergrippe geplagt wird. Als ich meinem Bekannten anbiete, im Laufe des Vormittages vorbeizukommen, bedankt er sich artig und sagt, dass es schlauer wäre, im Bett zu bleiben – das soll mir auch Recht sein.
09.30 Uhr Frisch in Schale geworfen kehre ich in die Küche zurück und bemerke, dass die Pontecorvo mittlerweile den Tisch gedeckt hat. Die Frau rückt mir einen Stuhl zurecht und serviert Pfannkuchen mit CLOVER CREST Sirup. Darüber hinaus plappert die gute Seele ohne Unterlass und macht mich darauf aufmerksam, dass Handwerker in ihrem Zuhause den Fussboden erneuern. Ich beisse kraftvoll zu und höre, dass die Instandsetzungsarbeiten am Donnerstag abgeschlossen sein werden – das will ich doch hoffen.
10.30 Uhr Da mein Gast unentwegt tratscht, ziehe ich es nach dem Frühstück vor, meine NY YANKEES Kappe aufzusetzen und das Weite zu suchen. Ich helfe Dixon auf den Rücksitz des SUV und fahre die MOBILE Tankstelle an der Immokalee Road an, um den Chevrolet waschen zu lassen.

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11.15 Uhr Als ich radiohörend in die Waschstrasse gleite, erfahre ich auf WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land), dass zwischen dem 3. und 5. Mai ein Musikfest in Tampa stattfindet. Der Moderator überschlägt sich vor Freude und kündigt an, dass am 5. Mai nicht nur Kix Brooks und Josh Thompson, sondern auch Gary Allan auf der Bühne des “Funshine Music Festival” pörformen wird – das ist prima.
11.45 Uhr Nach dem Tankvorgang rase ich ins Zentrum und telefoniere erneut mit Edelbert. Natürlich komme ich auf das Konzertspektakel zu sprechen und lote aus, ob ich zwei Eintrittskarten besorgen soll. Der Professor hustet in einer Tour und antwortet, dass es ein Vergnügen wäre, Gary Allan zu sehen – wie wahr.
12.15 Uhr Nachdem ich das Auto vor dem “Mercato Shopping Center” abgestellt habe, eile ich in die klimatisierte Markthalle und suche den “Concert Ticket Shop” (löblich: Konzertkarten Geschäft) im ersten Stock auf. Ich fackle nicht lange und bitte die übergewichtige Dame, zwei Billetts für das “Funshine Music Festival” herauszurücken. Die Verkäuferin macht sich sogleich ans Werk und fordert mich auf, 115 Dollars zuzüglich Steuern zu bezahlen – wenn sich die Preisschraube weiter dreht, muss ich wohl bald ins Armenhaus umziehen.
13.00 Uhr Im Anschluss kehre ich ins “BRAVO! Cucina Italiana” Gasthaus ein und labe mich an “Meatball Manicottis” (löblich: Fleischballen Manicottis) und süffigem Eistee. Selbstverständlich gebe ich dem Vierbeiner etliche Nudeln ab und bitte den Kellner, eine Schüssel Wasser zu kredenzen.
13.45 Uhr Weil zuhause Frau Pontecorvo wartet, entschliesse ich mich, es mir im begrünten Innenhof bequem zu machen. Ich verschränke die Arme vor der Brust und lasse mein Haustier wissen, dass es keinen Spass macht, mit einem Frauenzimmer unter einem Dach zu leben – was muss ich denn noch alles ertragen.
15.00 Uhr Nachdem ich die Naples Daily News (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) ausgelesen und ein Eis gegessen habe, laufe ich verschwitzt zum Auto. Ruckzuck fahre ich vom Parkplatz und kruse ziellos durch die Innenstadt. Nebenher fröne ich den stimmungsvollen Klängen der aktuellen Gary Allan Kompaktscheibe und kann es kaum noch erwarten, in sechs Tagen ein Konzert des Künstlers zu sehen – das wird eine Gaudi.

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16.00 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive, treffe ich Frau Pontecorvo im Wohnzimmer an. Die Perle schuftet hart und schimpft, weil ich eine Dose Dr. Pepper Brause auf dem Tisch stehen gelassen habe. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, verabschiede ich mich ins Gästezimmer und bette mich zur Ruhe.
17.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und gehe Anschnur. Neben Dutzenden Depeschen besorgter Erziehungsberechtigter, finde ich im Posteingang auch mehrere Dankschreiben vor. Herr Kurt P. (33) aus Kiel bedankt sich für den Appalachian Trail Reisebericht und schreibt, dass er 2014 den Pfad ebenfalls abwandern wird.
18.00 Uhr Nachdem alles abgearbeitet ist, nehme ich die Einträge im beliebten Gästebuch in Augenschein. Dummerweise kommt just in diesem Moment Frau Pontecorvo daher und informiert, dass wir nun das Abendessen auf der fliegenvergitterten Terrasse einnehmen können.
18.30 Uhr Während ich ein Hühnerbrustfilet in Pilzsauce verzehre, kommt meine Tischnachbarin auf den Fernsehabend zu sprechen und lotet aus, ob wir den Spielfilm “Amelie” (auf deutsch: Die fabelhafte Welt der Amélie) auf CBS anschauen wollen. Da ich Frauenfilme nicht leiden kann, schüttle ich den Kopf und erwidere, dass mir der Gusto nach einem Kriminalfilm steht. Bevor Frau Pontecorvo antworten kann, schiebe ich mir den letzten Bissen in den Mund und eile ins Wohnzimmer, um das DVD Abspielgerät einzuschalten.

http://www.youtube.com/watch?v=USG0wDSdbrY

19.00 Uhr Zur besten Sendezeit geben wir uns der spannenden Hollywoodproduktion “Heat” hin, der aus dem Leben des Gangsters Neil McCauley erzählt. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und werde Zeuge, wie der Ganove einen Bankraub plant und sich mit der Polizei eine blutige Schiesserei liefert – wie schön.
21.45 Uhr Nach knapp dreistündiger Spitzenunterhaltung reiche ich die Fernbedienung an Frau Pontecorvo weiter. Danach scheuche ich Dixon durch den Garten und ziehe mich ins Gästezimmer zurück. Gute Nacht.

4. April 2013 – Ein Mäuschen, Focaccia und ein Strandbesuch

pfaffenbergkl

07.30 Uhr Der Radiowecker geht an und ich vernehme das unverständliche Gemurmel eines spanischsprechenden Radiomoderators. Ich drehe seufzend am Frequenzrad und erkläre Dixon, dass Frau Gomez schon wieder den Sender verstellt hat. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und absolviere auf der Terrasse die Morgengymnastik – wer rastet, der rostet.
08.45 Uhr Nach dem Badevergnügen schlüpfe ich in modische Freizeitkleidung und werde Zeuge, wie der Rüde eine tote Maus in die kleine Villa trägt. Natürlich erhebe ich augenblicklich den Zeigefinger und stelle klar, dass ekelerregende Nager in meinem kultivierten Zuhause nichts zu suchen haben. Dixon blickt traurig drein und macht prompt kehrt, um das Mäuschen im Garten zu vergraben – das ist ja allerhand.
09.30 Uhr Wenig später klingle ich am Nachbarshaus und werde von Frau Pontecorvo herzlich begrüsst. Die Dame führt mich ins Esszimmer und zögert nicht, Eierkuchen sowie einen italienischen Hefefladen zu kredenzen. Während ich kraftvoll zubeisse, versorgt mich die Frau mit Infos und erzählt, dass dies Brot auch Focaccia genannt wird. Ich nicke eifrig und erwidere, dass die italienische Küche prima ist. Frau Pontecorvo schlägt in die gleiche Kerbe und sagt, dass sie irgendwann nach Italien ausfliegen wird, um die Heimat ihrer Eltern zu sehen.

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10.15 Uhr Während des Frühstücks komme ich auf meine unzähligen Italienreisen zu sprechen und erwähne, dass ich anno 1958 gemeinsam mit Freunden nach Jesolo gefahren bin, um entspannte Tage im renommierten “Hotel Aurora” zu verbringen. Meine Tischnachbarin schwärmt in den höchsten Tönen und meint, dass wir im Herbst den Sprung über den grossen Teich wagen und Neapel besuchen sollten – wie aufregend.
11.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 11 deutet, bedanke ich mich für das reichhaltige Frühstück. Anschliessend scheuche ich Dixon zum PS-strotzenden SUV und schicke mich an, den “Vanderbilt Beach” (löblich: Vanderbilt Strand) anzusteuern. Nebenher fröne ich dem Programm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und lasse mir den Wind durch die Haare wehen – was kann es schöneres geben.
11.30 Uhr Nachdem ich Dixon an die Leine genommen habe, vertrete ich mir die Beine und blicke auf den azurblauen Ozean. Unterdessen lasse ich den Vierbeiner wissen, dass wir am Montag nach North Carolina krusen und die Great Smoky Mountains besuchen werden. Mein treuer Begleiter macht grosse Augen und nimmt sich das Recht heraus, federballspielende Jugendliche anzubellen.
12.15 Uhr Kurz nach der Mittagszeit kehren wir in eine TIKI Bar ein und ordern einen Pitcher (löblich: Krug) Bud Light (löblich: Leicht) sowie einen Korb Hühnerflügel (unlöblich: Chicken Wings) mit Chilisauce – das schmeckt.
13.00 Uhr Leider wird die Ruhe bald durch das ohrenbetäubende Schellen des NOKIA Handtelefons unterbrochen. Ich halte mir das neumoderne Kommunikationsgerät ans Ohr und freue mich, Edelberts Stimme zu hören. Der schlaue Mann kommt prompt auf den Grund seines Anrufs zu sprechen und erzählt, dass er am Nachmittag einen Stadtbummel unternehmen möchte. Ich wünsche dem Professor viel Vergnügen und entgegne, dass ich viel um die Ohren habe und nicht mitkommen werde. Danach beende ich das Gespräch und bitte den Kellner, ein Eis mit Schlagobers aufzufahren.
13.45 Uhr Da Dixon langsam unruhig wird, bezahle ich die Rechnung und laufe mit schnellen Schritten zum Auto. Mit durchdrehenden Pneus presche ich in Richtung Osten davon und kann es gar nicht mehr erwarten, mich aufs Sofa zu legen und etwas zu dösen.
14.30 Uhr Zuhause angekommen, entledige ich mich der verschwitzten Kleidung und bette mich im Wohnzimmer zur Ruhe. Schon bald schlummere ich ein und träume vom wunderschönen Weihnachtsfest im Kreise meiner Familie – das war phantastisch.
15.30 Uhr Ich öffne die Augen und bemerke, dass die Uhr mittlerweile auf halb Vier zeigt. Ich springe ruckzuck vom Sofa und mache es mir zur Aufgabe, den Heimrechner mausdrückend hochzufahren und Depeschen besorgter Heimseitenbesucher zu studieren. Während der Anschnursitzung fällt mir die Nachricht einer 52jährigen Hausfrau aus Eschweiler ins Auge. Frau H. berichtet schier Unglaubliches und schreibt, dass ihr Lebensgefährte (59) gewaltverherrlichenden Anschnurspielen verfallen ist. Ich staune Bauklötze und rate der Dame, meinen diesbezüglichen Bericht zu lesen und dem Heini Konsequenzen anzudrohen – wo soll das noch hinführen.
16.30 Uhr Nachdem alles abgearbeitet ist, gehe ich von der Leine und mache mich in der Küche nützlich. Unter den fordernden Blicken meines Haustieres, heize ich den Ofen vor und zaubere im Handumdrehen knusprige Fischstäbe. Dazu gibt es eine Portion Kartoffelbrei sowie vitaminreiches Karottengemüse – wie gut das duftet.

karotten
Karotten sind sehr gesund

17.15 Uhr Ich lasse mir das Nachtmahl bei angenehmen Temperaturen auf der Terrasse schmecken und löse nebenbei das Kreuzworträtsel in der Naples Daily News (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) – das macht Spass.
18.00 Uhr Zum Abschluss des Tages wische ich die Küche durch und falle dann völlig erschöpft aufs bequeme Sofa, um mir die Abendnachrichten auf FOX anzuschauen.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit schalte ich auf den Film- und Serienkanal AMC um und gebe mich den Abenteuern des Chemielehrers Walter White hin, der mit seinem Kompagnon gefährliche Drogen fabriziert. Ich komme aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und gebe Dixon zu verstehen, dass “Breaking Bad” eine prima Serie ist.
21.00 Uhr Da ich mich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann, schalte ich ab und unternehme einen Spaziergang durch den Garten. Im Anschluss verschliesse ich die Haustüre und gehe ins Bett. Gute Nacht.