8. Oktober 2015 – Reisevorbereitungen

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07.45 Uhr Weil ich am Freitag nach Atlantic City ausfliege, stehe ich heute etwas früher auf. Laut pfeifend hole ich meine Reisetasche aus dem begehbaren Schrank und mache es mir zur Aufgabe, Lackschuhe, den frisch aufgebügelten Smoking, Tschienshose, Hemden, Unterwäsche sowie Socken hineinzulegen. Ausserdem mache ich Hund Dixon auf die Tatsache aufmerksam, dass er mich nicht in die Spielerstadt am Atlantik begleiten kann. Stattdessen deute ich nach nebenan und stelle klar, dass er bis zum Sonntag bei Familie Crane bleiben muss. Der lustige Rüde ist ganz ausser sich und rennt kläffend zur Terrassentüre.

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Polierte Lackschuhe

08.30 Uhr Nachdem ich den Vierbeiner hinausgelassen und die Morgengymnastik absolviert habe, lasse ich die Wirbelbadewanne mit Wasser volllaufen. Während des Waschvorgangs telefoniere ich mit Georg und erfahre, dass mich meine Verwandten zum Frühstück erwarten. Mein Bruder plappert ohne Unterlass und kündigt an, dass seine Ehefrau Pfannkuchen mit kanadischem Ahornsirup auf den Tisch bringen wird – wie aufregend.
09.30 Uhr Sechzig Minuten später sitze ich im Chevrolet Suburban und kruse mit dem Haustier zum Ferienhaus. Unterdessen drehe ich beherzt am Frequenzknopf des Radios und habe das Vergnügen, auf WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) ein prima Lied der Carpenters zu hören. Darüber hinaus lerne ich, dass Richard Carpenter in 7 Tagen seinen 69. Geburtstag feiern wird – das ist phantastisch.
10.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 10 zugeht, komme ich mit quietschenden Bremsen vor dem Zuhause meines Bruders zum Stehen. Mit knurrendem Magen betätige ich die Klingel und erkläre meiner Schwägerin, dass ich grossen Hunger mitgebracht habe. Die kleine Frau lotst mich spornstreichs in die gute Stube und tischt neben vitaminreichen Pfannkuchen ausserdem eine stattliche Portion Rühreier auf.

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Morgen bin ich in Altantic City, NJ

10.30 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen, möchte Georg plötzlich wissen, wie viel Geld ich nach Atlantic City mitnehmen werde. Ich zucke mit den Schultern und weise auf den Umstand hin, dass ich nichts ausgeben, sondern ein kleines Vermögen gewinnen werde. Mein Bruder lacht frech und glaubt, dass ich auf jeden Fall als Verlierer das “Borgata Casino” verlassen werde – papperlapapp.
11.00 Uhr Nach der Jause machen wir es uns am Schwimmbecken (unlöblich: Pool) bequem. Ich lehne mich entspannt zurück und lasse meine Gastgeber wissen, dass ich den anstehenden Kurzurlaub in vollen Zügen geniessen werde. Bei dieser Gelegenheit verweise ich auch auf das für den Samstag geplante Frankie Valli Konzert und gebe zu Protokoll, dass es immer wieder eine Freude ist, den 81jährigen Sänger auf der Bühne zu erleben. Georg schlägt in die gleiche Kerbe und meint, dass ich im Casino mein Glück beim “Black Jack “versuchen sollte.
11.30 Uhr Im weiteren Gesprächsverlauf macht mich Georg mit den Spielregeln vertraut und verdeutlicht, dass man beim “Black Jack” direkt gegen das Haus spielt und so nahe wie möglich an einen Kartenwert von 21 kommen muss. Mein Bruder ist bestens informiert und rechnet vor, dass alle Karten von 2 bis 10 den besagten Wert besitzen. Ausserdem lerne ich, dass ein Bube, ein König sowie eine Dame mit 10 sowie das Ass mit 11 gewertet werden.
12.15 Uhr Kurz nach der Mittagszeit präsentiert Georg einen Stapel Spielkarten und zögert nicht, mir zwei Karten auszugeben. Ich decke das Blatt augenblicklich auf und habe ein Herz 10 sowie eine Pik 3 vor mir liegen. Im Anschluss nimmt mein Bruder zwei Karten und freut sich über zwei Damen. Ich lege meine Stirn in Falten und entschliesse mich kurzerhand, eine weitere Karte zu ziehen und die Partie mit einer Karo 8 für mich zu entscheiden – da kommt besonders grosse Freude auf.

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21 – Hurra, ich habe gewonnen

13.00 Uhr Nach weiteren verlorenen Spielen fährt sich mein Bruder entnervt durchs Haar und behauptet, dass ich echt Talent besitze. Ich nicke eifrig und kann es gar nicht mehr erwarten, morgen den Kartenausgeber des “Borgata Hotels” herauszufordern – das wird aufregend.
14.00 Uhr Nachdem wir Kaffee getrunken habe, wünsche ich meinen Verwandten einen schönen Tag und ziehe es vor, den Heimweg anzutreten. Ich scheuche Hund Dixon zum Auto und erinnere Georg, dass er Frau Pontecorvo, Edelbert und mich morgen gegen 7 Uhr zum Flughafen kutschieren muss. Mein Bruder reibt sich die Hände und sichert zu, zuerst den Professor in der Stadt abzuholen und dann in den Willoughby Drive zu kommen – wie schön.
15.00 Uhr Daheim angekommen, schlüpfe ich aus den Kuhjungenstiefeln und vergesse auch nicht, Dixons Napf mit Trockenfutter aufzufüllen. Anschliessend lasse ich mich schnaufend auf dem Kanapee nieder und döse schnell ein.
16.00 Uhr Ich öffne die Augen und registriere, dass sich dunkle Gewitterwolken vor die Sonne geschoben haben. Da es bald regnen wird, rufe ich Dixon ins Haus und nehme am Heimrechner platz. Pflichtbewusst studiere ich Anfragen besorgter Heimseitenbesucher und stosse dabei auf die Depesche eines 79jährigen Rentners aus Bad Homburg. Herr K. beklagt sich über die vielen Flüchtlinge, die derzeit nach Europa einfallen und meint, dass es schlauer wäre, Deutschland den Rücken zu kehren. Ich setze sogleich ein Antwortschreiben auf und rate Herr K., meinem Beispiel zu folgen und in die USA zu emigrieren.

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Ich lausche Katze Land

17.00 Uhr Weil mein Magen laut knurrt, beende ich die Anschnurseelsorge und mache mich in der Küche nützlich. Zu stimmungsvollen WCKT CAT COUNTRY Klängen richte ich eine Wurstplatte mit luftgetrockneter Salami, Gewürzgurken und vitaminreichem Capocollo an – das gibt ein Festessen.
18.00 Uhr Zum Abschluss des nervenaufreibenden Tages lege ich in der Wohnstube die Beine hoch und telefoniere mit Edelbert. Ich lasse meine Tagesaktivitäten Revue passieren und erinnere daran, dass er morgen früh von Georg abgeholt wird. Der Professor ist begeistert und freut sich auf die anstehende Reise in den Norden.

19.00 Uhr Zur besten Sendezeit schalte ich auf ABC um und lasse beim abendfüllenden Spielfilm “Con Air” die Seele baumeln. Der Streifen aus dem Jahre 1997 handelt von einem hochrangigen Soldaten, der nach sieben langen Jahren endlich aus der Haft entlassen wird – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Fernsehabend und lösche sämtliche Lichter. Danach streichle ich Dixon über den Kopf und lege mich schlafen. Gute Nacht.

6. Oktober 2015 – Der Smoking kommt in die Reinigung

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08.00 Uhr Der WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Morgenmoderator überrascht mich mit einer nagelneuen Don Henley Komposition. Ich hüpfe spornstreichs aus dem Bett und vernehme, dass der 68jährige Musikant ein neues Studioalbum herausgebracht und sogar ein Lied mit Dolly Parton eingesungen hat – das ist phantastisch.
08.30 Uhr Nach dem Frühsport verabschiede ich mich ins Badezimmer und entspanne mich bei einem Wirbelbad. Ferner telefoniere ich mit meinen Verwandten und schlage vor, dass wir in Julies Restaurant frühstücken könnten. Mein Bruder freut sich und verspricht, auch Edelbert Bescheid zu geben – wie schön.
09.30 Uhr Gutgelaunt beende ich die Morgenwäsche und werfe mich spornstreichs in Schale. Während ich legere Freizeitkleidung aus dem Schrank hole, fällt mein Blick auf den Smoking. Ich lege meine Stirn in Falten und komme zu dem Schluss, dass ich den edlen Anzug am kommenden Samstag beim Frankie Valli Konzert in Atlantic City tragen könnte. Ruckzuck hole ich die feine Garderobe hervor und erkläre dem Vierbeiner, dass ich den Smoking in einer Reinigung aufbügeln lassen werde. Der Rüde gähnt gleichgültig und folgt mir brav zum Chevrolet.

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Mein edler Smoking

10.15 Uhr Kurz nach dem Zehnuhrläuten finde ich mich in der Wirtschaft meines Vertrauens wieder und habe das Vergnügen, Georg, Maria sowie Edelbert begrüssen zu können. Die netten Menschen rücken mir einen Stuhl zurecht und unterbreiten, dass sie bereits vier Frühstücke bestellt haben. Wenig später kommt Wirtin Julie daher und erfreut uns mit stattlichen Portionen. Ich nehme zungeschnalzend das Besteck zur Hand und erwähne, dass ich im Anschluss eine der benachbarten Reinigungen aufsuchen und meinen Smoking abgeben werde. Edelbert reibt sich die Hände und sagt, dass er es kaum noch erwarten kann, am Freitag Nachmittag in Atlantic City anzukommen.

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Am Freitag bin ich in Atlantic City, NJ

11.00 Uhr Nachdem wir unsere Kaffeetassen geleert und Frau Julie ein stattliches Trinkgeld beschert haben, verlassen wir die Gaststätte und holen den Smoking aus dem Auto. Plaudernd schlendern wir gen Osten und halten nach einer seriösen Reinigung Ausschau. Selbstverständlich lasse ich die Geschäfte, die unter chinesischer Leitung stehen, links liegen und ziehe es vor, meinen Anzug in die Obhut eines koreanischen Fachmanns zu geben. Herr Lim (59) fährt mir der Hand über das Seidenjackett und sagt, dass er eine schonende Dampfreinigung für 59 Dollars empfiehlt. Ich nehme das Angebot sofort an und sichere dem Heini zu, morgen wieder zu kommen.
11.45 Uhr Weil die Sonne unbarmherzig vom Himmel strahlt, kehren wir zu den Autos zurück und vereinbaren, dass ein Abstecher ans Meer nicht schaden kann. Ich nicke eifrig und steuere den SUV zum Delnor Wiggins Staatspark.
12.30 Uhr Nach einer Hochgeschwindigkeitsfahrt erreiche ich den schönsten Strandabschnitt im Collier County und kann das Auto auf einem kostenpflichtigen Parkplatz abstellen. Danach folgen wir dem Strandweg und staunen nicht schlecht, als wir plötzlich lustige Delphine im Wasser entdecken. Mein Bruder zückt prompt seine Kamera und macht es sich zur Aufgabe, Photos am laufenden Band zu knipsen. Ich winke gelangweilt ab und erkläre meiner Schwägerin, dass man in Südflorida fast überall Delphine sehen kann.
13.00 Uhr Um nicht aus den Latschen zu kippen, kehren wir kurzerhand in eine Strandwirtschaft ein und ordern bei einer brünetten Schönheit namens Cheyenne (22) süffige Leichtbiere. Der Professor macht grosse Augen und mutmasst, dass die Barfrau indianische Wurzeln haben könnte. Ich nippe genüsslich an der Hopfenkaltschale und entgegne, dass die Maid ausserdem mit barocken Formen aufwartet.
14.00 Uhr Redlichst abgekühlt bezahlen wir die Zeche in Bar und kehren zum Strand zurück, um Dixon Stöckchen zuzuwerfen. Bei dieser Gelegenheit erfahre ich von meinen Verwandten, dass sie am Abend bei neu zugezogenen Nachbarn zum Dinner (löblich: Abendessen) eingeladen sind. Maria erhebt den Zeigefinger und informiert, dass Herr und Frau Smith (70 und 68) eine Modelagentur in Fort Myers leiten – das ist mir Wurst.
14.30 Uhr Zurück am Auto, wünsche ich meinen Begleitern einen schönen Abend. Im Anschluss schwinge ich mich winkend auf den Fahrersitz und rase zügig nach Hause. Nebenher fröne ich dem Programm von WCKT CAT COUNTRY und singe zu den angesagten Schlägen laut mit – was kann es schöneres geben.
15.15 Uhr Zurück im Willoughby Drive, falle ich erschöpft aufs Kanapee und döse prompt ein – das tut gut.

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Mein Zuhause unter Palmen

15.45 Uhr Leider wird die himmlische Ruhe bald durch das freche Haustier gestört. Dixon leckt mir aufgeregt über die Hand und animiert mich, die Terrassentüre zu öffnen. Ich komme augenblicklich in die Gänge und bitte den Vierbeiner, in der Nähe der kleinen Villa zu bleiben und der handzahmen Echse Billy nicht zu nahe zu kommen.
16.30 Uhr Während Dixon mit einem Ball spielt, hole ich den Gartenschlauch hervor und versorge die hochgewachsene Petersilie mit frischem Wasser. Darüber hinaus zupfe ich Radieschen von den Stauden und nehme mir das Recht heraus, mit Frau Pontecorvo zu tratschen. Meine Nachbarin legt beste Laune an den Tag und erinnert daran, dass wir bereits in drei Tagen in Atlantic City sein werden – wie aufregend.
17.15 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, das Abendessen vorzubereiten. Ich verabschiede mich von Frau Pontecorvo per Handkuss und kehre schnurstracks ins Haus zurück. Fachmännisch gebe ich Butter in eine Pfanne und brate vitaminreiche Fischstäbe heraus. Dazu gibt es im Ofen aufgebackene Kartoffelspalten – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nach der Hausarbeit gehe ich zum gemütlichen Teil des langen Tages über und schaue mir die FOX Nachrichten an. Unter anderem lerne ich, dass vor 14 Jahren amerikanische Streitkräfte damit begannen, Afghanistan von den Taliban zu befreien.

19.00 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen, wähle ich zur besten Sendezeit den Filmkanal HBO aus und entspanne mich beim preisgekrönten Drama “Cry Freedom” (auf deutsch: Schrei nach Freiheit). Die Erfolgsproduktion aus dem Jahre 1987 erzählt die Lebens- und Leidensgeschichte des südafrikanischen Bürgerrechtlers Steve Biko, der anno 1977 zu Tode gefoltert wurde – wie schrecklich.
21.30 Uhr Nach 150 Minuten flimmert endlich der Abspann über den Bildschirm. Ich betätige nachdenklich den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und reguliere die Klimaanlage. Danach verschliesse ich die Haustüre sorgsam und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.

30. September 2015 – Arthur Fellig Ausstellung im Baker Museum

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08.00 Uhr Der neumodische Radiowecker springt an und ich lausche einer Komposition des aus Valdosta in Georgia stammenden Musikers Thomas Rhett. Beschwingt werfe ich die Bettdecke zur Seite und erfahre, dass Herr Rhett vor wenigen Tagen sein zweites Studioalbum veröffentlicht hat – das soll mir auch Recht sein.

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Der neumodische Radiowecker springt an

08.30 Uhr Nach dem Frühsport streichle ich Dixon über den Kopf und animiere ihn, brav vor der kleinen Villa auf die fleissige Zugehfrau zu warten. Anschliessend eile ich in die Nasszelle, um die Seele bei einem löblichen Wirbelbad baumeln zu lassen – das tut richtig gut.
09.30 Uhr Ich beende die Morgenwäsche und registriere, dass die Gomez mittlerweile zugegen ist und die gute Stube auf Vordermann bringt. Wie es sich gehört, begrüsse ich die kleinwüchsige Mexikanerin herzlich und gebe zu Protokoll, dass ich am übernächsten Freitag nach Atlantic City ausfliegen werde. Während die Putzfrau grosse Augen macht, reibe ich mir die Hände und stelle klar, dass ich viel Geld in die Münzspielautomaten werfen und höchstwahrscheinlich als reicher Mann aus New Jersey zurückkehren werde. Frau Gomez tippt sich an die Schläfe und sagt, dass es schlauer wäre, mein Glück beim “Black Jack” (löblich: Schwarzer Jakob) herauszufordern.

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Zerealien mit fischer Muh – das schmeckt

10.00 Uhr Als ich mich an den Küchentisch setze und mich über eine Schüssel Kelloggs Maisflocken mit frischer Muh hermache, klingelt es plötzlich an der Pforte. Zu allem Überfluss stehen Georg und Maria vor dem Haus und erkundigen sich, ob ich sie ins örtliche “Baker Museum” begleiten möchte. Bevor ich antworten kann, hält mir meine Schwägerin eine Hochglanzbroschüre unter die Nase und erzählt, dass in der besagten Ausstellungshalle derzeit Photografien des weltbekannten Kunstschaffenden Arthur Fellig zu sehen sind. Da ich nichts besseres zu tun habe, willige ich ein und bitte die lieben Leute auf einen Kaffee herein.
10.45 Uhr Fünfundvierzig Minuten später setze ich mir meine NY YANKEES Kappe auf und schlage vor, dass wir in Georgs JEEP in die Stadt rasen sollten. Mein Bruder ist einverstanden und zögert nicht, Dixon auf die Ladefläche zu helfen. Danach preschen wir hupend aus dem Wohngebiet und freuen uns auf eine prima Kunstausstellung.
11.30 Uhr Nach langer Suche finden wir am Laurel Oak Drive einen Stellplatz und unternehmen einen kleinen Spaziergang. Mit dem Vierbeiner im Schlepptau laufen wir zum “Baker Museum” und verabreden, dass wir nach der Ausstellung im benachbarten “Waterside Shop” Einkaufszentrum zu Mittag essen könnten.
12.00 Uhr Pünktlich zum Zwölfuhrläuten betreten wir das Museum und haben das zweifelhafte Vergnügen, eintönige Schwarz-Weiss Photografien zu sehen. Unter anderem nehme ich auch eine Informationstafel in Augenschein und lerne, dass Herr Fellig Anno 1899 in der Westukraine das Licht der Welt erblickt hat und bald nach Amerika emigrierte. Im zarten Alter von 18 Jahren begann er als selbständiger Pressefotograf für die Zeitschriften “P.N.” sowie “Vogue” zu arbeiten. Obgleich er zur Zeit seines Todes im Jahre 1968 weitgehend vergessen war, zählen seine Photografien in der heutigen Zeit längst zu den bekanntesten der 1930er und 1940er Jahre – wie schön.
13.00 Uhr Nachdem wir alles gesehen haben, verlassen wir den Museumsbau und schicken uns an, dem Mary Janco Daniels Boulevard gen Süden zu folgen. Unterdessen lasse ich kein gutes Haar an der langweiligen Schau und erkläre meinen Verwandten, dass sogar Edelbert bessere Photos knipst. Maria straft mich mit skeptischen Blicken und sagt, dass Arthur Fellig zu den bekanntesten Künstlern des 20. Jahrhunderts zählt – papperlapapp.
13.45 Uhr Endlich kehren wir ins “Brio Tuscan” Gasthaus ein und nehmen an einem schönen Tisch mit Ausblick Platz. Ein freundlicher Kellner serviert durstlöschendes Wasser und nimmt sich das Recht heraus, uns die Tageskarten zu überreichen. Weil mein Magen rebelliert, fackle ich nicht lange und ordere ein vitaminreiches Porterhouse Steak mit Bohnen und würzigen Kartoffelspalten – da kommt Freude auf.

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Zu Mittag gibt es Schnitzel

14.30 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, kommt Georg auf morgen zu sprechen und kündigt an, dass er mit seiner Ehefrau nach Fort Myers krusen wird. Maria nickt eifrig und unterbreitet, dass sich mein Bruder in einem “BOSE” Geschäft eine sündteure Musikanlage anschauen möchte. Ferner bringe ich heraus, dass sich der erfolgreiche Unternehmer anschliessend im “Cole Haan” Geschäft neu einkleiden möchte – das ist ja allerhand.
15.15 Uhr Nachdem wir das Mittagessen mit Schaumkaffees und italienischem Kuchen (unlöblich: Zuccotto) abgerundet haben, kehren wir zum Auto zurück. Bei dieser Gelegenheit lasse ich meine Verwandten wissen, dass ich morgen viel um die Ohren habe und ganz bestimmt nicht nach Fort Myers fahren werde. Georg zuckt mit den Schultern und meint, dass ich am Abend gerne vorbeikommen und meine Lieblingskompaktscheibe auf seiner nagelneuen BOSE Stereoanlage anhören kann – wie unlöblich.
16.00 Uhr Zurück im Willoughby Drive winke ich den lieben Leuten freundlich hinterher. Im Anschluss werfe ich die Haustüre krachend ins Schloss und falle erschöpft aufs Kanapee.
17.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und bemerke, dass es sich gar nicht mehr lohnt, die Anschnurseelsorge in Angriff zu nehmen. Wegen der vorgerückten Stunde verzichte ich ausnahmsweise auf meine Tätigkeit als Anschnurseelsorger und nehme gähnend in der Hollywood Schaukel Platz. Während die Sonne vom Himmel lacht, schmökere ich in der Tageszeitung und lese, dass Jimmy Carter morgen seinen 91. Geburtstag feiert – wie schön.
18.00 Uhr Schlussendlich kehre ich in die klimatisierte Stube zurück und lasse den Tag wurstbrotverzehrend und biertrinkend vor dem überdimensionalen Farbfernsehgerät ausklingen. Um auf den neuesten Stand zu kommen, schaue ich mir die FOX Nachrichten an und informiere mich über die in Europa vorherrschende Flüchtlingskrise – wo soll das nur hinführen.

19.00 Uhr Anschliessend wähle ich den Premiumkanal von HBO aus und gebe mich dem abendfüllenden Kriminalfilm “Cold in July” hin. Die Erfolgsproduktion aus dem Jahre 2014 erzählt aus dem Leben eines Geschäftsmannes, der einen Einbrecher in Notwehr erschiesst und in eine Sinnkrise verfällt – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zwei nervenaufreibenden Stunden betätige ich den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und rufe den Vierbeiner ins Haus. Danach lösche ich sämtliche Lichter und gehe ins Bett. Gute Nacht.

28. September 2015 – Ein Steinhaufen im Nachbargarten

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08.00 Uhr Die 40. Woche des Jahres bricht an und ich fühle mich richtig schlapp. Mit hämmernden Kopfschmerzen schleppe ich mich ins Bad und nehme zwei Aspirin Tabletten ein. Danach lasse ich mich im Wohnzimmer nieder und erkläre Hund Dixon, dass mir die gestrige Abschiedsfeier immer noch in den Knochen steckt. Trotzdem lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und läute den Tag mit dem Frühsport ein – da kommt Freude auf.
08.30 Uhr Im Anschluss befülle ich die Wirbelbadewanne mit Wasser und rufe kurzerhand bei meinem Bruder an. Georg meldet sich prompt und berichtet, dass er Robert und Jessica vor einer Stunde am Flughafen abgesetzt und ihnen eine schöne Rückreise nach Texas gewünscht hat. Ich seufze laut und entgegne, dass die letzte Woche viel zu schnell vergangen ist. Georg gibt mir Recht und versichert, dass wir unseren Grosscousin bald wiedersehen werden – wie schön.
09.30 Uhr Just als ich aus der Wanne hüpfe und mich anziehe, bimmelt es an der Haustüre. Zu meiner Freude steht Edelbert vor der kleinen Villa und überrascht mich mit einer prall gefüllten Gebäckschachtel. Ich winke meinen Bekannten spornstreichs herein und mache es mir zur Aufgabe, echten Bohnenkaffe mit dem futuristischen DeLonghi Vollautomaten aufzubrühen. Nebenher deckt der schlaue Mann den Küchentisch und meint, dass Robert und Jessicas Aufenthalt im Sonnenscheinstaat sehr schön war. Ich nicke eifrig und erwähne, dass die Texaner gerade einen Stahlvogel besteigen und die Heimreise antreten. Darüber hinaus komme ich auf die gestrige Grillfeier im Lowbank Drive zu sprechen und räume ein, dass ich zu tief ins Glas geschaut habe – wie unlöblich.

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Ich habe zu tief ins Glas geschaut

10.15 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, bringt Edelbert unsere bevorstehende Reise nach Atlantic City ins Spiel und sagt, dass es eine Gaudi werden wird, im Casino abzuhängen und Geldstücke in die Schlitze der “einarmigen Banditen” zu werfen. Ich schüttle entschieden den Kopf und gebe zu Protokoll, dass ich den dreitägigen Aufenthalt nutzen werde, um mich der Kultur hinzugeben.
10.45 Uhr Wenig später stösst Frau Pontecorvo zu uns und leistet uns bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages Gesellschaft. Die Alte folgt unserem Gespräch interessiert und setzt uns darüber in Kenntnis, dass das “Borgata Hotel” im Jahre 2003 eröffnet wurde und zu den grössten Casinos an der Ostküste zählt. Meine Nachbarin ist bestens informiert und behauptet, dass in besagtem Vier-Sterne Haus sogar ein Restaurant des aus Österreich stammenden Meisterkochs Wolfgang Puck zu finden ist – das ist phantastisch.
11.30 Uhr Kurz vor der Mittagszeit räume ich den Tisch ab und verabschiede die Gäste händeschüttelnd. Anschliessend greife ich zum Telefon und nehme mir das Recht heraus, im Ferienhaus meiner Familie anzurufen. Nach wenigen Augenblicken habe ich meine Schwägerin am Apparat und bringe heraus, dass sich mein Bruder schon wieder auf dem Golfplatz tummelt. Maria gibt sich deprimiert und meint, dass sie nun in die Stadt fahren und einen Schönheitssalon besuchen wird – das soll mir auch Recht sein.

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Meine goldene ROLEX

12.30 Uhr Als der Minutenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf halb Eins deutet, scheuche ich Dixon zum Chevrolet und schicke mich an, die nächstbeste McDonalds Schnellessgaststätte anzusteuern. Ich ordere am Drive-Thru (löblich: Fahr hindurch) Schalter zwei vitaminreiche Double Cheeseburger (löblich: Doppel Käseburger) mit Fritten und rase dann zum Clam Pass Park weiter, um das wohlverdiente Mittagessen am Golf von Mexiko einzunehmen.
13.15 Uhr Am Ziel angekommen, lasse ich mich auf einer Bank nieder und blicke seufzend auf das azurblaue Wasser. Bei dieser Gelegenheit telefoniere ich mit meiner unterbelichteten Mieterin und erfahre, dass das Kind wegen des Oktoberfests viel zu tun hat. Sandra plappert ohne Unterlass und unterbreitet, dass derzeit ein Paar aus Zürich das Pensionszimmer unter Beschlag hält.

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Das wunderschöne Pensionszimmer

14.00 Uhr Nach der Pause pfeife ich auf den Fingern und animiere Dixon, ins Auto zu hüpfen. Ruckzuck lasse ich den Wählhebel der Automatikschaltung in der “D” Stellung einrasten und gleite zu prima WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Radioklängen nach Hause.
14.45 Uhr Im Willoughby Drive angekommen, entledige ich mich des verschwitzten T Hemds und falle erschöpft aufs Kanapee. Schon bald döse ich ein und sehe mich im Traum nach Atlantic City versetzt.
15.45 Uhr Weil es für das Abendessen noch zu früh ist, mache ich mich im Garten nützlich und versorge die Radieschen sowie die Petersilie mit frischem Wasser. Unterdessen tratsche ich angeregt mit Herrn Booth und höre, dass der gute Mann mit dem Gedanken spielt, einen Steingarten hinter seinem Zuhause anzulegen. Ich gebe mich jedoch skeptisch und lasse den hochdekorierten Vietnamveteran wissen, dass der Steinhaufen womöglich gefährlichen Reptilien als Unterschlupf dienen könnte. Mein Gegenüber zuckt mit den Schultern und meint, dass er sich noch einmal mit seiner Frau beratschlagen wird.

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Meine Terrasse mit Blick auf den Garten

16.45 Uhr Verschwitzt kehre ich in die klimatisierte Villa zurück und fülle Dixons Napf mit Trockenfutter auf. Im Anschluss mache ich mich in der Küche nützlich und sorge für ein nahrhaftes Abendessen. Um nicht stundenlang am Herd stehen zu müssen, verfrachte ich kurzerhand eine Tiefkühlpizza in den Backofen – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nachdem ich in der Küche für Ordnung gesorgt habe, lehne ich mich im Wohnzimmer entspannt zurück und schaue fern. Als erstes folge ich den FOX Abendnachrichten und lerne, dass morgen der bekannte amerikanische Musikant Jerry Lee Lewis seinen 80. Geburtstag feiert – da kommt Freude auf.
19.00 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen wechsle ich zur besten Sendezeit auf ABC und fröne der neuen Dramaserie “Blood & Oil” (löblich: Blut und Öl), die von einem schwerreichen Ölmagnaten erzählt, der in North Dakota ein Ölfeld in Beschlag nimmt – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Nach der zweiten Episode schalte ich die Glotze aus und begleite Dixon noch einmal in den Garten. Zu guter Letzt verschliesse ich die Haustüre besonders sicher und lege mich schlafen. Gute Nacht.

26. September 2015 – Kurzreisen und Oktoberfeststress

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Hallo Leute,

mein Vermieter hat es wirklich gut.
Während der Woche hat er einen Flug nach Atlantic City gebucht. Reinhard wird gemeinsam mit Prof. Kuhn und Frau Pontecorvo ein Wochenende in der Spielerstadt am Atlantischen Ozean verbringen. Die Rentner checken am 9. Oktober ins “Borgata Hotel Casino & Spa” ein und wollen Tags darauf sogar ein Frankie Valli Konzert im 2400 Zuschauer fassenden Ballsaal der Nobelherberge besuchen 🙂

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Atlantic City, New Jersey

Die Spielerstadt Atlantic City liegt zirka 200 Kilometer südlich von New York City im Bundesstaat New Jersey. Aber nicht nur wegen seiner unzähligen Casinos kommen jährlich fast 4.000.000 Touristen nach Atlantic City. Die Gäste können auch die neuerbaute “Boardwalk Hall” besuchen, Spaziergänge entlang der Strandpromenade unternehmen, in Erlebnisparks abhängen oder in einschlägigen Konzerthallen Auftritte bekannter Showacts verfolgen.

Von chilligen Kurzreisen kann ich nur träumen.
Derzeit läuft der Münchner Oktoberfest auf Hochtouren und wir armen Mitarbeiter im Kreisverwaltungsreferat haben sehr viel zu tun. Ausserdem ist das Pensionszimmer belegt und ich komme nicht darum herum, täglich zu putzen, Handtücher zu wechseln und die Minibar aufzufüllen. Aber trotz der vielen Arbeit bringt mir die Wiesn einen ordentlichen Batzen Geld ein. Nur dumm, dass ich die Hälfte meinem schrulligen Vermieter abgeben muss …

Heute will ich mich mit Bärbel und Cousin Bernd im Kino entspannen.
Wir werden uns die zweite Literaturverfilmung des Jugendromans “Maze Runner” anschauen.
Bis Morgen wünsche ich euch viel Fun !!!

Eure Sandra