28. September 2015 – Ein Steinhaufen im Nachbargarten

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08.00 Uhr Die 40. Woche des Jahres bricht an und ich fühle mich richtig schlapp. Mit hämmernden Kopfschmerzen schleppe ich mich ins Bad und nehme zwei Aspirin Tabletten ein. Danach lasse ich mich im Wohnzimmer nieder und erkläre Hund Dixon, dass mir die gestrige Abschiedsfeier immer noch in den Knochen steckt. Trotzdem lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und läute den Tag mit dem Frühsport ein – da kommt Freude auf.
08.30 Uhr Im Anschluss befülle ich die Wirbelbadewanne mit Wasser und rufe kurzerhand bei meinem Bruder an. Georg meldet sich prompt und berichtet, dass er Robert und Jessica vor einer Stunde am Flughafen abgesetzt und ihnen eine schöne Rückreise nach Texas gewünscht hat. Ich seufze laut und entgegne, dass die letzte Woche viel zu schnell vergangen ist. Georg gibt mir Recht und versichert, dass wir unseren Grosscousin bald wiedersehen werden – wie schön.
09.30 Uhr Just als ich aus der Wanne hüpfe und mich anziehe, bimmelt es an der Haustüre. Zu meiner Freude steht Edelbert vor der kleinen Villa und überrascht mich mit einer prall gefüllten Gebäckschachtel. Ich winke meinen Bekannten spornstreichs herein und mache es mir zur Aufgabe, echten Bohnenkaffe mit dem futuristischen DeLonghi Vollautomaten aufzubrühen. Nebenher deckt der schlaue Mann den Küchentisch und meint, dass Robert und Jessicas Aufenthalt im Sonnenscheinstaat sehr schön war. Ich nicke eifrig und erwähne, dass die Texaner gerade einen Stahlvogel besteigen und die Heimreise antreten. Darüber hinaus komme ich auf die gestrige Grillfeier im Lowbank Drive zu sprechen und räume ein, dass ich zu tief ins Glas geschaut habe – wie unlöblich.

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Ich habe zu tief ins Glas geschaut

10.15 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, bringt Edelbert unsere bevorstehende Reise nach Atlantic City ins Spiel und sagt, dass es eine Gaudi werden wird, im Casino abzuhängen und Geldstücke in die Schlitze der “einarmigen Banditen” zu werfen. Ich schüttle entschieden den Kopf und gebe zu Protokoll, dass ich den dreitägigen Aufenthalt nutzen werde, um mich der Kultur hinzugeben.
10.45 Uhr Wenig später stösst Frau Pontecorvo zu uns und leistet uns bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages Gesellschaft. Die Alte folgt unserem Gespräch interessiert und setzt uns darüber in Kenntnis, dass das “Borgata Hotel” im Jahre 2003 eröffnet wurde und zu den grössten Casinos an der Ostküste zählt. Meine Nachbarin ist bestens informiert und behauptet, dass in besagtem Vier-Sterne Haus sogar ein Restaurant des aus Österreich stammenden Meisterkochs Wolfgang Puck zu finden ist – das ist phantastisch.
11.30 Uhr Kurz vor der Mittagszeit räume ich den Tisch ab und verabschiede die Gäste händeschüttelnd. Anschliessend greife ich zum Telefon und nehme mir das Recht heraus, im Ferienhaus meiner Familie anzurufen. Nach wenigen Augenblicken habe ich meine Schwägerin am Apparat und bringe heraus, dass sich mein Bruder schon wieder auf dem Golfplatz tummelt. Maria gibt sich deprimiert und meint, dass sie nun in die Stadt fahren und einen Schönheitssalon besuchen wird – das soll mir auch Recht sein.

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Meine goldene ROLEX

12.30 Uhr Als der Minutenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf halb Eins deutet, scheuche ich Dixon zum Chevrolet und schicke mich an, die nächstbeste McDonalds Schnellessgaststätte anzusteuern. Ich ordere am Drive-Thru (löblich: Fahr hindurch) Schalter zwei vitaminreiche Double Cheeseburger (löblich: Doppel Käseburger) mit Fritten und rase dann zum Clam Pass Park weiter, um das wohlverdiente Mittagessen am Golf von Mexiko einzunehmen.
13.15 Uhr Am Ziel angekommen, lasse ich mich auf einer Bank nieder und blicke seufzend auf das azurblaue Wasser. Bei dieser Gelegenheit telefoniere ich mit meiner unterbelichteten Mieterin und erfahre, dass das Kind wegen des Oktoberfests viel zu tun hat. Sandra plappert ohne Unterlass und unterbreitet, dass derzeit ein Paar aus Zürich das Pensionszimmer unter Beschlag hält.

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Das wunderschöne Pensionszimmer

14.00 Uhr Nach der Pause pfeife ich auf den Fingern und animiere Dixon, ins Auto zu hüpfen. Ruckzuck lasse ich den Wählhebel der Automatikschaltung in der “D” Stellung einrasten und gleite zu prima WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Radioklängen nach Hause.
14.45 Uhr Im Willoughby Drive angekommen, entledige ich mich des verschwitzten T Hemds und falle erschöpft aufs Kanapee. Schon bald döse ich ein und sehe mich im Traum nach Atlantic City versetzt.
15.45 Uhr Weil es für das Abendessen noch zu früh ist, mache ich mich im Garten nützlich und versorge die Radieschen sowie die Petersilie mit frischem Wasser. Unterdessen tratsche ich angeregt mit Herrn Booth und höre, dass der gute Mann mit dem Gedanken spielt, einen Steingarten hinter seinem Zuhause anzulegen. Ich gebe mich jedoch skeptisch und lasse den hochdekorierten Vietnamveteran wissen, dass der Steinhaufen womöglich gefährlichen Reptilien als Unterschlupf dienen könnte. Mein Gegenüber zuckt mit den Schultern und meint, dass er sich noch einmal mit seiner Frau beratschlagen wird.

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Meine Terrasse mit Blick auf den Garten

16.45 Uhr Verschwitzt kehre ich in die klimatisierte Villa zurück und fülle Dixons Napf mit Trockenfutter auf. Im Anschluss mache ich mich in der Küche nützlich und sorge für ein nahrhaftes Abendessen. Um nicht stundenlang am Herd stehen zu müssen, verfrachte ich kurzerhand eine Tiefkühlpizza in den Backofen – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nachdem ich in der Küche für Ordnung gesorgt habe, lehne ich mich im Wohnzimmer entspannt zurück und schaue fern. Als erstes folge ich den FOX Abendnachrichten und lerne, dass morgen der bekannte amerikanische Musikant Jerry Lee Lewis seinen 80. Geburtstag feiert – da kommt Freude auf.
19.00 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen wechsle ich zur besten Sendezeit auf ABC und fröne der neuen Dramaserie “Blood & Oil” (löblich: Blut und Öl), die von einem schwerreichen Ölmagnaten erzählt, der in North Dakota ein Ölfeld in Beschlag nimmt – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Nach der zweiten Episode schalte ich die Glotze aus und begleite Dixon noch einmal in den Garten. Zu guter Letzt verschliesse ich die Haustüre besonders sicher und lege mich schlafen. Gute Nacht.