08.00 Uhr Die Amazon ECHO Musiksäule weckt mich pünktlich um Null-acht-hundert mit stimmungsvoller Landmusik (unlöblich: Country Music). Während Gesangsstern Carrie Underwood ihren neuen Schlag (unlöblich: Hit) trällert, hüpfe ich aus dem Bett und greife zur Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry). Laut gähnend tippe ich Georgs Rufnummer ein und habe das Vergnügen, nach dem zweiten Tuten die Stimme meines Bruders zu hören. Der gute Mann plappert ohne Unterlass und beteuert, dass er gerade damit beschäftigt ist, seine Reisetasche mit Anziehsachen zu befüllen. Ferner bringe ich heraus, dass meine Verwandten ein weiteren Ausflug in Angriff nehmen und mit dem WINNEBAGO Wohnmobil nach Miami krusen wollen. Ich mache grosse Augen und lasse Georg wissen, dass ich wichtigen Verpflichtungen nachkommen muss und mich der Reise leider nicht anschliessen kann. Anstatt traurig zu sein, bricht mein Bruder in lautes Gelächter aus und meint, dass er alsbald losfahren und spätestens am Donnerstag zurück sein wird – das soll mir auch Recht sein.
Die Echo Musiksäule
09.00 Uhr Nach der anstrengenden Morgengymnastik ziehe ich mich in die Nasszelle zurück, um mich bei einem Wirbelbad zu entspannen. Ich schliesse die Augen und ärgere mich, weil ich keine Millionen auf dem Konto habe und auf Luxusreisen leider verzichten muss – wie ungerecht.
10.00 Uhr Pünktlich zum Zehnuhrläuten beende ich den Waschvorgang und läute den Tag mit einem prima Frühstück ein. Leider wird die Ruhe zeitnah durch Frau Pontecorvo gestört. Meine Nachbarin stösst gutgelaunt die Terrassentüre auf und erzählt, dass sie am kommenden Donnerstag nach Jacksonville rasen und ihre Freundin Blanche besuchen wird. Ich nicke eifrig und lade die Perle ein, mir Gesellschaft zu leisten. Meine Nachbarin nimmt die Einladung freudestrahlend an und ermutigt mich, sie kurzerhand nach Jacksonville zu begleiten – papperlapapp.
10.30 Uhr Während ich mir Rühreier mit gebratenen Schinkenstreifen schmecken lasse, redet mein Hausgast weiter auf mich ein und unterbreitet, dass die Heimatstadt ihrer besten Freundin allerhand Sehenswürdigkeiten bietet. Ich winke demonstrativ ab und entgegne, dass Jacksonville lediglich mit hässlichen Industrieanlagen und einer hohen Kriminalitätsrate überzeugen kann. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, wechsle ich ganz schnell das Thema und merke an, dass meine Verwandten heute zur Ostküste krusen und dem Schoppingwahnsinn verfallen werden – wo soll das noch hinführen.
11.30 Uhr Nachdem sich Frau Pontecorvo verabschiedet hat, räume ich den Esstisch ab und erkläre Dixon, dass wir nun an den Golf krusen werden. Der Vierbeiner ist ganz ausser sich und rennt kläffend an die frische Luft.
12.15 Uhr Nach einer kurzweiligen Reise im PS-strotzenden SUV erreiche ich den “Clam Pass” und schlüpfe aus den modischen Flip Flops, um meine Füsse im kühlen Nass zu baden. Ausserdem telefoniere ich mit Edelbert und berichte, dass ich mich just im Moment am Strand tummle. Der schlaue Mann freut sich und sagt, dass Frau Pontecorvo angerufen und ihm einen Ausflug nach Jacksonville schmackhaft gemacht hat. Ich seufze laut und gebe zu Protokoll, dass wir ganz bestimmt nicht zu Frau Blanche reisen werden – wo kämen wir denn da hin.
Am Golf von Mexiko
13.00 Uhr Während Dixon den Möwen hinterher jagt, vertrete ich mir die Beine und fasse den Entschluss, wegen der grossen Hitze in eine klimatisierte Strandgaststätte einzukehren. Fix und foxi lasse ich mich am Tresen nieder und halte eine leichtbekleidete Kellnerin namens Fabienne (30) an, mir ein eiskaltes Rolling Rock (löblich: rollender Felsen) Bier aufzufahren. Darüber hinaus werfe ich prüfende Blicke in die Tageskarte und ordere einen saftigen Käseburger (unlöblich: Cheeseburger) mit Fritten und Krautsalat.
13.30 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse, spült das Mädchen Gläser und fragt nach, ob ich ein Tourist bin. Natürlich erhebe ich augenblicklich Einspruch und gebe der Maid zu verstehen, dass ich ein “local Guy” (löblich: lokaler Bursche) bin, der schon seit vielen Jahren seinen Lebensabend im Sonnenscheinstaat ausklingen lässt. Die Maid wird sogleich hellhörig und sagt, dass sie an der örtlichen Universität Meeresbiologie studiert und eine Wohnung sucht. Obgleich ich ein stolzer Eigenheimbesitzer bin, nehme ich dem Kind spornstreichs den Wind aus den Segeln und gebe vor, kein Zimmer frei zu haben.
Fabienne bekommt ein Trinkgeld
14.00 Uhr Nachdem ich Fabienne ein stattliches Trinkgeld zugesteckt habe, verlasse ich mit Dixon im Schlepptau die Wirtschaft und schlendere mit einem lustigen Lied auf den Lippen zum Auto.
14.45 Uhr Zurück im Willoughby Drive, falle ich aufs Kanapee und döse prompt ein, um von meiner unterbelichteten Mieterin Sandra zu träumen – wie furchtbar.
15.45 Uhr Ich erwache ausgeruht und registriere, dass es für das Abendessen noch zu früh ist. Um die Zeit sinnvoll zu überbrücken, geselle ich mich zu Dixon in den Garten und jäte Unkraut. Darüber hinaus kehre ich die Einfahrt und nehme mir das Recht heraus, den verlotterten Nachbarskinder zu erklären, dass man die Nachmittage dazu nutzen sollte, um die Hausaufgaben zu erledigen und für das Leben zu lernen.
16.45 Uhr Sechzig Minuten später werfe ich die Pforte ins Schloss und giesse mir ein erfrischendes bayerisches Vollbier ein. Ausserdem bereite ich das Abendessen vor und entschliesse mich, mit einem gebratenen T Knochen Schnitzel (unlöblich: T Bone Steak) sowie einem gemischten Salat mit Thousand Island Dressing (löblich: 1.000 Insel Sauce) Vorlieb zu nehmen – immerhin darf das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen.
18.00 Uhr Nach dem Abwasch beginnt endlich der wohlverdiente Feierabend. Ich kippe mir eine weitere Hopfenkaltschale hinter die Binde und gebe mich auf FOX den Abendnachrichten hin.
19.00 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, wechsle ich auf den Premiumkanal HBO, wo gerade der Vorspann zum Kriminalfilm “A Beautiful Day” anläuft. Ich lehne mich entspannt zurück und lerne einen Kriegsveteranen kennen, der es sich auf die Fahnen schreibt, Kinderschänder zu ermorden – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzel beende ich den Fernsehabend und putze mir die Zähne. Im Anschluss reguliere ich die Klimaanlage und lege mich schlafen. Gute Nacht.