25. Oktober 2018 – Halloweenunsinn und Strandspaziergang

08.00 Uhr Ich erwache redlichst ausgeruht und läute den sonnigen Donnerstag mit der Morgengymnastik ein. Als ich ein Rad schlage und die Melodie von der launischen Forelle summe, kommt Frau Pontecorvo daher und klagt über hämmernde Kopfschmerzen. Ich mustere die Perle skeptisch und frage nach, ob sie gestern zu viel Wein getrunken hat. Meine Nachbarin winkt verärgert ab und meint, dass es schlauer wäre, zwei ASPIRIN Tabletten einzunehmen und sich wieder zur Ruhe zu betten – dem ist nichts hinzuzufügen.
08.30 Uhr Nachdem sich die Dame verabschiedet hat, kehre ich ins klimatisierte Haus zurück und freue mich, als plötzlich Frau Gomez die Haustüre aufstösst. Ich begrüsse die Putzfrau per Handschlag und vernehme, dass sie gestern leider keine Zeit hatte, um in der kleinen Villa für Ordnung zu sorgen. Ich zucke mit den Schultern und bitte die Mexikanerin, augenblicklich in die Hände zu spucken und die Wäsche zu waschen.
09.00 Uhr Während die Putzkraft in die Gänge kommt, verabschiede ich mich in die Nasszelle und lasse lauwarmes Wasser in die Badewanne laufen. Nebenher nutze ich die Ruhe, um mit dem iPad durchs Internetz zu segeln und mich über die aktuellen Geschehnisse schlau zu machen – immerhin muss man stets über alles informiert sein.
10.00 Uhr Nach dem Waschvergnügen werfe ich mich in Schale und zögere nicht, die wichtigste Mahlzeit des Tages auf der Terrasse einzunehmen. Währenddessen blättere ich in der Tageszeitung und erfahre, dass der örtliche Rotary Club gestern eine sogenannte “Hallowine” Feier veranstaltet hat. Ich mache grosse Augen und lerne, dass im örtlichen Vereinsheim erlesene Weine an die Besucher ausgeschenkt wurden – das hat gerade noch gefehlt.


Halloween – Ich sage Nein

10.30 Uhr Just als ich die “Naples Daily News” (löblich: Naples tägliche Nachrichten) zur Seite lege, fährt der JEEP meiner Verwandten vor. Georg und Maria legen beste Laune an den Tag und fordern mich auf, mit an den Strand zu kommen. Obgleich ich wichtigeres zu tun hätte, lasse ich mich nicht zweimal bitten und folge den lieben Menschen zum nachtschwarzen Geländewagen. In meiner Funktion als Tierfreund, öffne ich die Heckklappe und vergesse auch nicht, Hund Dixon auf die Ladefläche zu helfen – da kommt besonders grosse Freude auf.
11.15 Uhr Während der kurzweiligen Reise zum Delnor Wiggins State Park, plappert mein Bruder ohne Unterlass und meint, dass der Aufenthalt im luxuriösen “Ritz-Carlton Resort” sehr angenehm ist. Maria teilt diese Meinung und kündigt grossspurig an, dass wir nun am Strand spazieren gehen und danach das Mittagessen im Restaurant des “Moraya Bay Beach Towers” geniessen werden – das kann mir nur Recht sein.
12.00 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, treffen wir am Ziel ein und schicken uns an, eine erquickende Wanderung entlang des azurblauen Golf von Mexiko zu unternehmen. Unterdessen tratsche ich angeregt mit meinen Verwandten und höre, dass mein Bruder am Nachmittag zum Ferienhaus rasen und die Umbauarbeiten vorantreiben wird.


Ein Spaziergang am Strand

13.00 Uhr Sechzig Minuten später stehen wir vor dem im vergangenen Jahr eröffneten “Moraya Bay Beach Tower” und kehren in das hauseigene “Grotto Restaurant” ein, um das Mittagessen mit “Aperol Spritz” Mischgetränken zu beginnen. Ferner werfen wir prüfende Blicke in die Tageskarten und ringen uns nach kurzem Zögern dazu durch, vitaminreichen Lobster (löblich: Hummer) an Bandnudeln und Zitronensauce zu ordern. Dazu gibt es einen schönen französischen Chardonnay aus dem Nordwesten des Burgund – schmeckt gar nicht schlecht.
13.30 Uhr Als ich kraftvoll zubeisse und meine staubtrockne Kehle öle, meldet sich Maria erneut zu Wort und lädt mich ein, am Abend mit ins Lichtspielhaus zu kommen. Ich schüttle entschieden den Kopf und gebe vor, am spanischen Drama “Loving Pablo” (löblich: Verliebt in Pablo) nicht interessiert zu sein.
14.30 Uhr Nachdem wir das Essen mit hausgemachtem Pfirsichkuchen abgerundet haben, laufen wir zum Auto zurück und vereinbaren, dass wir uns Morgen in Julies Restaurant zum Frühstück treffen sollten. Ich nehme die Einladung mit Freude an und beauftrage Georg, mich schnellstmöglich in den Willoughby Drive zurück zu bringen.
15.30 Uhr Zuhause angekommen, schlüpfe ich schnaufend aus den Flip Flops und fülle Dixons Napf mit Trockenfutter auf. Danach kredenze ich dem Rüden etwas Wasser und falle erschöpft aufs Kanapee.


Ich beisse kraftvoll zu

16.30 Uhr Ich öffne die Augen und verspüre grossen Durst. Um nicht zu dehydrieren, kippe ich mir ein eiskaltes Bier hinter die Binde und mache mich in der Küche nützlich. Um nicht stundenlang am heissen Herd stehen zu müssen, nehme ich mit mehreren Wurstbroten sowie Gewürzgurken aus dem Glas Vorlieb.
17.30 Uhr Gestärkt setze ich mich ins Wohnzimmer und nehme den neumodernen Flachbildschirm in Betrieb. Während die FOX Nachrichten laufen, schlage ich den TV GUIDE (löblich: Fernsehratgeber) auf und bringe heraus, dass in wenigen Minuten auf dem CW Kanal eine neue Serie anlaufen wird – wie schön.

18.30 Uhr Da keine brechenden Neuigkeiten (unlöblich: Breaking News) vorliegen, wechsle ich den Sender und fröne auf dem der CBS Corporation angehörigen CW Kanal dem mehrteiligen Fernsehspiel “Legacies”. Die Eigenproduktion spricht ein jüngeres Fernsehpublikum an und erzählt von heranwachsenden Rabauken, die übernatürliche Fähigkeiten mitbringen – so ein Schmarrn.
21.00 Uhr Nach der dritten Episode beende ich den langweiligen Fernsehabend und rufe den Vierbeiner ins Haus. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und falle gähnend ins Bett. Gute Nacht.

23. Oktober 2018 – Frühstück im Ritz-Carlton

08.00 Uhr Bei strahlendem Sonnenschein trete ich auf die Terrasse und schicke mich an, den vorletzten Dienstag des Weinmonats mit der Morgengymnastik zu beginnen. Während ich graziös auf und ab hüpfe, gesellt sich plötzlich Herr Booth an die Grundstücksgrenze und fragt nach, wann Frau Pontecorvo aus Jacksonville zurück kommen wird. Ich stehe dem Heini artig Rede und Antwort und verrate, dass ich die kleine Frau am Abend herzlich Willkommen heissen werde – darauf freue ich mich jetzt schon.
08.30 Uhr Nachdem ich ausgiebig mit dem hochdekorierten Vietnamveteran geplaudert habe, kehre ich in die klimatisierte Villa zurück und lasse Hund Dixon wissen, dass ich mich nun bei einem Wirbelbad entspannen werde. Der Vierbeiner wird augenblicklich hellhörig und zieht es vor, sich einen Tennisball zu schnappen und in den Garten zu traben. Unterdessen ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und lasse es mir nicht nehmen, während des Waschvergnügens mit Georg zu telefonieren. Mein Bruder freut sich über den Anruf und lädt mich ein, zum Frühstück ins Ritz-Carlton Resort zu kommen – das hört man gerne.
09.30 Uhr Um meine Verwandten nicht warten zu lassen, hüpfe ich aus der Wirbelbadewanne und greife zum Handtuch, um mich ordentlich trocken zu reiben. Danach trage ich eine pflegende Lotion auf meine sonnengebräunte Haut auf und wähle einen schönen hellblauen Anzug aus dem begehbaren Kleiderschrank.
10.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 10 zugeht, sitze ich im geräumigen Chevrolet Suburban und kruse entspannt gen Süden davon. Dank des serienmässig eingebauten GARMIN Navigationssystems erfahre ich, dass das luxuriöse Resort lediglich 3 Meilen entfernt liegt – wie schön.

10.30 Uhr Wenig später finde ich mich mit Hund Dixon im Schlepptau in der Empfangshalle der angesehenen Herberge wieder und lerne beim Blick auf eine Informationstafel, dass dieses Haus über eine der weltbesten Golfanlagen verfügt. Ich staune nicht schlecht und bringe ausserdem heraus, dass auf dem hauseigenen Grün jedes Jahr mindestens zwei professionelle Golfturniere ausgetragen werden – das ist ja allerhand.
11.00 Uhr Weil mein Magen laute Knurrlaute von sich gibt, kehre ich kurzerhand in die “Bella Vista Lounge” ein und treffe Georg und Maria an einem schönen Tisch mit Ausblick auf den Golfparcour an. Mein Bruder rückt mir einen Stuhl zurecht und legt mir nahe, anstatt eines grossen Frühstück (unlöblich: Big Breakfast) ein vitaminreiches Lachsbagel mit Frischkäse zu ordern. Ich schüttle entschieden den Kopf und ziehe es vor, den Tag mit Rühreier und Speckstreifen zu beginnen. Nebenher sehe ich mich genötigt, mir Georgs Schwärmereien bezüglich der 8-Loch Anlage anzuhören. Mein Bruder kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und meint, dass ich endlich über meinen Schatten springen und ebenfalls dem Golfsport frönen sollten – das sehe ich ganz anders.


Das Ferienhaus wird umgebaut

11.45 Uhr Just als ich mir von einem hochnäsigen Kellner brühfrischen Kaffee nachschenken lasse, meldet sich Maria zu Wort und erzählt, dass sie gestern im Ferienhaus nach dem Rechten gesehen hat. Meine Schwägerin schenkt mir ein Lächeln und verdeutlicht, dass die muskelbepackten Handwerker mittlerweile den alten Parkettboden gegen echte Holzdielen ausgetauscht, die Wände mit Farbe bepinselt und ausserdem eine leistungsstärkere Klimaanlage installiert haben. Darüber hinaus vernehme ich, dass es den Beiden Mitte der kommenden Woche möglich sein wird, ihre Zelte im Ritz-Carlton abzubrechen – wie aufregend.
12.30 Uhr Nach einem kleinen Spaziergang durch den hauseigenen Rosengarten, lüfte ich meine NY YANKEES Kappe und entschliesse mich, die Heimreise anzutreten. Wie es sich gehört, reiche ich meinen Verwandten die Hand und kehre dann mit dem hechelnden Rüden zum Auto zurück.
13.15 Uhr Zuhause angekommen, falle ich fix und foxi aufs Kanapee und strecke gähnend die Füsse aus. Nach wenigen Atemzügen döse ich ein und sehe mich im Traum nach Puerto Rico versetzt – diese Forschungsreise werde ich so schnell nicht vergessen.


Ich träume von Puerto Rico

14.15 Uhr Nach einer Stunde werde ich durch aggressives Hupen geweckt. Als ich mir den Schlaf aus den Augen reibe und aus dem Fenster spähe, stelle ich fest, dass Frau Pontecorvos schnittiger MUSTANG auf der Nachbareinfahrt steht. Wildgestikulierend renne ich nach draussen und heisse meine Nachbarin herzlich Willkommen. Die kleine Frau wischt sich mit dem Handrücken demonstrativ über die Stirn und erzählt, dass sie für die 350 Meilen lange Wegstrecke nicht einmal 5 Stunden gebraucht hat. Ich mache grosse Augen und lade die Perle zu Kaffee und lustigen Donuts auf die schattige Terrasse ein – da kommt Freude auf.
15.00 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, lässt meine Bekannte ihren Aufenthalt in Jacksonville Revue passieren und berichtet, dass der Besuch des “Jacksonville Zoos” besonders schön war. Ich folge den Ausführungen mit grösstem Interesse und erkläre der Dame, dass meine Verwandten ihr Ferienhaus derzeit renovieren lassen.
16.00 Uhr Da Frau Pontecorvo müde ist, begleite ich sie nach nebenan und informiere, dass ich stets meinen Pflichten nachgekommen und regelmässig ihre Pflanzen gegossen habe. Meine Nachbarin nimmt eine verwelkte Zimmerpalme in Augenschein und wünscht mir einen schönen Abend – den werde ich hoffentlich haben.
17.00 Uhr Nachdem ich mit Hund Dixon im Garten gespielt habe, mache ich mich in der Küche nützlich und backe eine TOMBSTONE Tiefkühlpizza im Ofen auf. Dazu gibt es einen farbenfrohen Beilagensalat mit Thousand Island Dressing (löblich: Tausend Insel Sauce) – schmeckt gar nicht schlecht.


Ich beisse kraftvoll zu

18.00 Uhr Ich beende das Nachtmahl und lasse den langen Tag fernsehschauend in der guten Stube ausklingen. Weil ich über alles informiert sein muss, gebe ich mich den Nachrichten hin und mache mich über die anstehenden Zwischenwahlen schlau.
19.00 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen, wechsle ich bald auf AMC, wo just eine Folge der Gruselserie “The Walking Dead” (löblich: Der wandelnde Tod) anläuft. Während ich ein Bier schlürfe, folge ich den Geschehnissen auf dem Flachbildschirm und werde plötzlich Zeuge, wie einer der Hauptdarsteller einem geifernden Zombie den Schädel spaltet – gleich platzt mir der Kragen.
21.00 Uhr Nach einer weiteren Episode betätige ich den OFF (löblich: AUS) Knopf auf der neumodischen Fernbedienung und lege mich schlafen. Gute Nacht.

22. Oktober 2018 – Ron DeSantis und Andrew Gillum

08.00 Uhr Just als ich mich aus dem Bett rolle, schrillt das Handtelefon laut los und ich habe die Ehre, mit meinem Bruder sprechen zu dürfen. Georg legt beste Laune an den Tag und beteuert, dass er sich im luxuriösen “Ritz-Carlton Resort” pudelwohl fühlt. Darüber hinaus erhalte ich die Auskunft, dass die Umbauarbeiten im Lowbank Drive gut voranschreiten und voraussichtlich Ende kommender Woche beendet sein werden – wie schön.
08.30 Uhr Nachdem ich herausgebracht habe, dass meine Verwandten den Tag in der hoteleigenen Wohlfühloase verbringen wollen, beende ich das Gespräch und führe auf der Terrasse den Frühsport durch. Wie es sich gehört, lockere ich meine Glieder redlichst und vergesse auch nicht, ein Rad auf der grünen Wiese zu schlagen.
09.00 Uhr Anschliessend entspanne ich mich bei einem prima Wirbelbad und nutze die Gelegenheit, um bei Edelbert anzurufen und ihm einen Stadtbummel schmackhaft zu machen. Mein Bekannter ist hellauf begeistert und regt ausserdem ein gemeinsames Frühstück im “The Cafe” an der 5th Avenue an – das kann mir nur Recht sein.
10.00 Uhr Nach dem Waschvorgang werfe ich mich in Schale und lege dem Vierbeiner das schöne Lederhalsband um. Anschliessend scheuche ich Dixon zum PS-strotzenden Chevrolet und schicke mich an, ruckzuck aus dem Wohngebiet auszufahren. Während der Reise pfeife ich zum aktuellen Eric Church Schlag (unlöblich: Hit) laut mit und lasse mir den Fahrtwind durchs schüttere Haupthaar wehen – was kann es schöneres geben.


Hund Dixon schlabbert gesundes Wasser

10.30 Uhr Alsbald erreiche ich mein Ziel und treffe den Professor kaffeeschlürfend in besagtem Gasthaus an. Weil ich grossen Hunger mitgebracht habe, setze ich mich spornstreichs dazu und ordere bei einem gestriegelten Kellner ein grosses Frühstück mit Kaffee und O-Saft. Um auch meinem tierischen Begleiter etwas Gutes zu tun, stecke ich dem Knecht einen Dollar zu und bitte ihn, eine Schüssel Wasser aufzufahren.
11.00 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, berichte ich meinem Tischnachbarn vom Telefonat mit Georg und merke an, dass der Herr Bauunternehmer viel Geld in der besten Herberge der Stadt lässt. Naserümpfend reibe ich den Zeigefinger am Daumen und rechne ausserdem vor, dass die Renovierungsarbeiten im Ferienhaus bestimmt auch mehrere Zehntausende kosten werden. Edelbert rauft sich die Haare und entgegnet, dass er sich solche Sperenzchen leider nicht leisten kann – dem ist nichts hinzuzufügen.
12.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 12 zugeht, bezahlen wir die Zeche in Bar und ringen uns dazu durch, trotz der grossen Hitze einen Spaziergang durch die Innenstadt zu unternehmen. Unterdessen tratschen wir über die anstehenden Midterm Elections (auf deutsch: Zwischenwahlen) am 6. November und sind uns sicher, dass die republikanische Partei grosse Erfolge feiern wird. Darüber hinaus erinnert Edelbert, dass in Florida ein neuer Gouverneur gewählt werden wird. Ich nicke eifrig und merke an, dass der beliebte Republikaner Ron DeSantis sowie Andrew Gillum von den Demokraten zur Wahl stehen – das wird spannend.


Ein neuer Gouverneur für Florida

12.45 Uhr Nachdem wir die Auslagen in den Schaufenstern begutachtet haben, kehren wir zu meinem frisch aufpolierten SUV zurück und schütteln Hände. Der Professor gähnt in einer Tour und kündigt an, dass er sich nun zur Ruhe betten und etwas schlafen wird – das ist eine hervorragende Idee.
13.30 Uhr Zuhause angekommen, schleppe ich mich mit letzter Kraft in die gute Stube und falle erschöpft aufs Kanapee. Schon bald döse ich ein und träume von einem besinnlichen Weihnachtsfest im Kreise meiner Liebsten.
14.30 Uhr Leider wird mein Müssiggang kurze Zeit später durch sehr aggressives Telefonschellen gestört. Diesmal meldet sich Frau Pontecorvo im Rohr und gibt vor, erst Morgen Abend aus Jacksonville zurück zu kommen. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und antworte, dass ich sie mit einem Abendessen überraschen werde. Im Anschluss verfrachte ich den Hörer auf die Telefongabel und setze mich an den Heimrechner, um die Anschnurseelsorge zu erledigen. Im Posteingang stosse ich nicht nur auf Hilferufe besorgter Eltern, sondern auch auf eine Depesche meiner unterbelichteten Mieterin. Mit grossen Augen lese ich, dass Sandra mit dem Gedanken spielt, ein neues Auto aus dem Hause FORD zu kaufen – das ist mir Wurst.
15.30 Uhr Zu guter Letzt nehme ich die Einträge im Gästebuch in Augenschein und ärgere mich über garstige Jugendliche, die mich auf das Übelste beschimpfen. Bevor mir der Kragen platzt, fahre ich das Betriebssystem herunter und fasse den Entschluss, mit dem Vierbeiner einen Spaziergang zu unternehmen.
16.00 Uhr Mit einer lustigen Melodie auf den Lippen schlendere ich zum “La Playa” Golfplatz und habe das Vergnügen, auf halbem Weg Herrn Booth zu treffen. Mein Nachbar präsentiert eine Tüte mit “Circle K” Aufdruck und sagt, dass er in besagtem Supermarkt eine Sonnenlotion eingekauft hat. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und stelle klar, dass ich mittlerweile abgehärtet bin und auf einen Sonnenschutz getrost verzichten kann.


Ich sorge für ein leckeres Abendessen

16.45 Uhr Völlig verschwitzt treffe ich zu Hause ein und heize den Backofen vor. Danach hole ich eine TOMBSTONE Fertigpizza aus dem Kühlfach und vergesse auch nicht, als Beilage einen bunten Salat zu zaubern.
18.00 Uhr Nach dem Nachtmahl gehe ich zum gemütlichen Teil des langen Tages über und lasse mich neben Hund Dixon auf dem Kanapee nieder. Um auf dem Laufenden zu bleiben, fröne ich den FOX Nachrichten und mache mich über die tagesaktuellen Geschehnisse schlau.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit nehme ich mit dem AMAZON Videoangebot Vorlieb und gebe mich dem abendfüllenden Spielfilm “A Good Marriage” hin. Die Hollywoodproduktion aus dem Jahre 2015 handelt von einer Dame, die seit zwanzig Jahren mit einem landesweit gesuchten Serienmörder verheiratet ist – wie schrecklich.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzel schalte ich die Glotze ab und stelle das leere Bierglas in die Spüle. Anschliessend verriegle ich die Haustüre besonders sicher und lege mich ins Bett. Gute Nacht.

17. Oktober 2018 – Ich bin ein Herzspezialist

08.00 Uhr Der 290. Tag des Jahres beginnt und Petrus beschert uns auch heute einen sonnigen Morgen. Während sich die Palmen hinter meinem kultivierten Anwesen im Wind wiegen, trete ich auf die Terrasse und absolviere die Morgengymnastik. Der Vierbeiner folgt meinem Beispiel und streckt sich ebenfalls ausgiebig – das macht Spass.
08.30 Uhr Nach dem schweisstreibenden Frühsport entspanne ich mich bei einem Wirbelbad und freue mich, einen Telefonanruf von Edelbert zu erhalten. Der schlaue Mann legt beste Laune an den Tag und regt an, dass wir uns im Publix Supermarkt treffen könnten. Ich nicke eifrig und entgegne, dass langsam aber sicher die Lebensmittel- sowie Getränkevorräte zu Neige gehen – was muss ich denn noch alles ertragen.
09.30 Uhr Nach Rosenöl duftend, schlüpfe ich in legere Freizeitkleidung und rufe kurzerhand bei meinen Verwandten im Lowbank Drive an. Georg meldet sich nach dem zweiten Tuten und berichtet, dass er mittlerweile eine Suite im “Ritz-Carlton Resort” reserviert hat und bereits Morgen in besagte Luxusherberge umziehen wird. Darüber hinaus erhalte ich die Auskunft, dass bereits am Montag Morgen die Handwerker anrücken und den Fussboden im Ferienhaus herausreissen werden – das kann ja heiter werden.


Das Ferienhaus wird renoviert

10.00 Uhr Just als Frau Gomez die Türe aufstösst, beende ich das Telefonat und greife zum Autoschlüssel, Wie es sich gehört, begrüsse ich die Reinigungsfachfrau herzlich und gebe zu Protokoll, dass ich nun zum Einkaufen krusen werde. Die kleinwüchsige Mexikanerin erhebt den Zeigefinger und bittet mich, Spülmittel, Putzlappen sowie Waschpulver einzukaufen – das werden wir erst noch sehen.
10.30 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, scheuche ich Hund Dixon zum PS-strotzenden SUV und schicke mich an, hupend vom Grundstück zu brettern. Um für gute Laune zu sorgen, stelle ich das Radiogerät etwas lauter und singe zu angesagten Landmusikschlägen laut mit – da kommt besonders grosse Freude auf.
11.00 Uhr Am Ziel angekommen, reiche ich Edelbert die Hand und mache einer störrischen Rentnerin mit hellblauen Haaren einen Einkaufswagen streitig. Anschliessend schieben wir das klapprige Gefährt durch die breiten Gänge und wählen Produkte des täglichen Bedarfs aus. Da KRAFT-HEINZ Produkte im Angebot sind, ringen wir uns dazu durch, vitaminreichen Philadelphia Streichkäse, Jell-O Puddings, Capri Sun Limonade sowie original Heinz Ketschup zu den anderen Waren zu legen – wie schön.
12.00 Uhr Nachdem sich ein stattlicher Haufen angesammelt hat, schlendern wir zur Kasse und stellen mit grosser Sorge fest, dass sich eine lange Warteschlange gebildet hat. Weil ich meine Zeit nicht gestohlen habe, dränge ich mich wildgestikulierend vor und informiere die anderen Kunden, dass ich ein weltbekannter Herzspezialist bin und schnellstmöglich zum örtlichen “Naples Community Hospital” rasen muss.


Ich beisse kraftvoll zu

12.45 Uhr Nachdem wir die schweren Einkaufstüten zu den Autos geschleppt haben, kehren wir in die benachbarte “Dairy Queen” (löblich: Molkerei Königin) Gaststätte ein. Völlig erschöpft werde ich an der Essensaugabe vorstellig und ordere eine Diät Cola sowie zwei Käseburger mit Fritten. Edelbert folgt meinem Beispiel und ordert ausserdem einen leckeren Salat mit Oliven und perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen – das schmeckt.
13.30 Uhr Als meine wertvolle Armbanduhr auf halb Zweit zugeht, verlassen wir die Gaststätte und wünschen einander ruhige Nachmittage. Danach helfe ich Dixon auf die Ladefläche des frisch aufpolierten Chevrolet Suburbans und gleite ruckzuck in Richtung Willoughby Drive davon.
14.00 Uhr Wieder zurück in der kleinen Villa, räume ich die Lebensmittel sorgsam in den Kühlschrank ein und bette mich dann auf dem Kanapee zur Ruhe. Alsbald schlummere ich ein und träume von meiner spannenden Forschungsreise nach Puerto Rico im Januar 2013 – das waren noch bessere Zeiten.


Mein Zuhause unter Palmen

15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag zu vertrödeln, reibe ich mir den Schlaf aus den Augen und nehme am Schreibtisch Platz. Unter anderem überfliege ich die Niederschriften im Gästebuch und vergesse auch nicht, Hilferufe besorgter Erziehungsberechtigter zu beantworten – mir bleibt wirklich gar nichts erspart.
16.00 Uhr Laut seufzend gehe ich von der Leine und sehe im Garten nach dem Haustier. Um Dixon eine Freude zu bereiten, werfe ich ihm einen Tennisball zu und nehme ausserdem den Rasensprenger in Betrieb. Der Lausbube ist kaum zu bändigen und flitzt wie von einer Tarantel gestochen über das satte Grün – was kann es schöneres geben.
17.00 Uhr Nachdem ich die hochgewachsene Petersilie gegossen habe, begebe mich in die Küche und zaubere italienische Langnudeln mit Pesto. Dazu gibt es ein kühles Budweiser sowie als Nachspeise einen schmackhaften Donut mit Schokoladenüberzug – schmeckt gar nicht schlecht.


Auch am Abend beisse ich kraftvoll zu

18.00 Uhr Nach der reichhaltigen Jause lasse ich im klimatisierten Wohnzimmer die Seele baumeln und gebe mich den FOX Nachrichten hin. Ich informiere mich über die Geschehnisse in der Welt und lerne, dass in der kommenden Woche der “United Nations Day” (löblich: Tag der Vereinten Nationen) gefeiert wird – das soll mir auch Recht sein.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit nehme ich mit dem NETFLIX Angebot Vorlieb und schaue mir die Gruselserie “The Haunting of Hill House” (auf deutsch: Spuk in Hill House) an. Das 10teilige Fernsehspiel erzählt die Geschichte einer Familie, die in ihrem Zuhause von bösartigen Geistern terrorisiert wird – wie furchtbar.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzel schalte ich den neumodernen Flachbildschirm aus und lösche sämtliche Lichter. Danach wünsche ich Dixon angenehme Träume und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.

16. Oktober 2018 – Hausumbau

08.00 Uhr Ich werde durch besonders aggressives Telefonläuten geweckt und sehe mich genötigt, mit meinem Bruder sprechen zu müssen. Georg wünscht mir einen schönen Morgen und bittet mich, im Laufe des Vormittages in den Lowbank Drive zu kommen. Der gute Mann stellt mir ein reichhaltiges Frühstück in Aussicht und kündigt an, dass er mit der Idee spielt, das Ferienhaus in den kommenden Wochen mit einem neuen Holzboden sowie einer leistungsstärkeren Klimaanlage ausstatten zu lassen – das hört man gerne.


Das Ferienhaus meiner Verwandten

08.30 Uhr Nachdem ich die Morgengymnastik hinter mich gebracht habe, ziehe ich mich ins Bad zurück, um mich frisch zu machen. Während sich Hund Dixon in den Garten verabschiedet, lasse ich die Seele bei einem erfrischenden Wirbelbad baumeln und vergesse auch nicht, mir die Bartstoppeln abzurasieren – das macht Spass.
09.30 Uhr Frisch in Schale geworfen, kehre ich in die gute Stube zurück und ärgere mich, weil der Vierbeiner einen Ast ins Haus geschleppt hat. Ich erhebe sogleich den Zeigefinger und lasse das Haustier wissen, dass mir Ordnung und Sauberkeit sehr wichtig sind. Um meinen Aussagen Nachdruck zu verleihen, schleudere ich das Holzstück spornstreichs in den Teich und unterbreite, dass wir nun meinen Verwandten einen Besuch abstatten werden.
10.00 Uhr Wenig später lasse ich den PS-strotzenden Motor meines Chevrolet Suburban aufheulen und gleite hupend vom Grundstück. Während der Reise tippe ich Frau Pontecorvos Nummer in die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und nehme mir das Recht heraus, die Perle anzurufen. Bereits nach dem dritten Tuten meldet sich meine Nachbarin und beteuert, dass sie immer noch bei ihrer Freundin in Jacksonville verweilt und bis Montag bleiben wird. Die kleine Frau schwärmt in den höchsten Tönen und berichtet, dass sie gestern den “Jacksonville Zoo” besucht und dort lustige Giraffen aus nächster Nähe gesehen hat. Ich nicke eifrig und halte die Dame an, wegen der hohen Kriminalitätsrate in Floridas nördlichster Grossstadt grösste Vorsicht an den Tag zu legen.


Meine praktische Schwarzbeere

10.45 Uhr Kurze Zeit später erreiche ich mein Ziel und werde von Maria herzlich begrüsst. Meine Schwägerin führt mich plappernd ins Esszimmer und sagt, dass sich gegen halb 12 Uhr ein Innenarchitekt angekündigt hat. Georg schlägt in die gleiche Kerbe und verrät, dass er die alten Bodendielen im Esszimmer entfernen und gegen einen sündteuren Eichenboden austauschen lassen wird. Ferner vernehme ich, dass meine Verwandten nicht nur die Klimaanlage ersetzen, sondern auch eine neue Küchezeile einbauen lassen wollen. Natürlich reibe ich sogleich den Daumen am Zeigefinger und mutmasse, dass der Umbau ein kleines Vermögen verschlingen wird. Georg zuckt mit den Schultern und meint, dass er während der zweiwöchigen Umbauzeit ins renommierte “Ritz-Carlton Resort” umziehen und sich dort auf dem hauseigenen Golfplatz vergnügen wird – das ist ja allerhand.
11.30 Uhr Während ich mir die wichtigste Mahlzeit des Tages schmecken lasse, klingelt es plötzlich an der Pforte und wir können einen gestriegelten Knecht willkommen heissen. Herr Smith (53) gibt sich uns als Mitarbeiter der örtlichen “Smith & Hengstman Interior” Firma zu erkennen und zögert nicht, neugierig durchs Haus zu streifen und mit einem Massband zu hantieren. Unterdessen schenke ich mir brühfrischen Kaffee nach und ärgere mich, keine Unsummen in einen luxuriösen Hausumbau stecken zu können – immerhin habe ich keine Millionen auf dem Konto.


Georg investiert ein kleines Vermögen

12.15 Uhr Herr Smith gibt sich uns als erfahrener Architekt zu erkennen und erläutert, dass er bereits seit über 20 Jahren im Geschäft ist und bereits Wohnhäuser angesehener Prominenter auf Vordermann gebracht hat. Der Depp deutet zudem in Richtung der Zimmerdecken und gibt vor, dass es ein leichtes Unterfangen wäre, die Decken mit PVC zu bespannen und mit Zierleisten aufzuwerten – wo soll das noch hinführen.
13.00 Uhr Nachdem der Heini zwei Seiten seines Schreibblockes mit Notizen versehen hat, reicht er meinem Bruder die Hand und verspricht, dass in der kommenden Woche die Handwerker anrücken werden. Georg wischt sich über die Stirn und entgegnet, dass er sich zeitnah um eine Suite im Ritz bemühen wird – was das wieder kostet.
13.30 Uhr Schlussendlich wünsche ich meinen Verwandten ebenfalls einen schönen Tag und trete die Heimreise in den Willoughby Drive an. Deprimiert trete ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und stelle das Radio etwas lauter, um prima Landmusik auf der Frequenz von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) zu lauschen.
14.15 Uhr Zurück in der kleinen Villa, fülle ich Dixons Napf mit Trockenfutter auf und falle dann aufs Kanapee, um mich redlichst zu entspannen. Ich döse prompt ein und träume von meiner letzten Kanadareise – das war super.
15.15 Uhr Ich erwache ausgeruht und nutze die Nachmittagstunden, um an die Leine (unlöblich: online) zu gehen. Wie es sich für einen anerkannten Anschnurseelsorger gehört, gebe ich Ratschläge zum Umgang mit garstigen Jugendlichen und animiere eine Mutter aus dem ostdeutschen Eberswalde, ihrer 13jährigen Tochter keinen gefährlichen Hüpfstab zum Geburtstag zu schenken.
16.15 Uhr Nach sechzig Minuten fahre ich den Heimrechner mausdrückend herunter und komme zu dem Ergebnis, dass ich bei dieser Hitze unmöglich einen Spaziergang unternehmen kann. Um Dixon eine Abkühlung zu verschaffen, hole ich den Gartenschlauch hervor und spritze den kläffenden Vierbeiner redlichst ab – wie lustig.


Ich beisse kraftvoll zu

17.00 Uhr Nachdem ich die Pflanzen bewässert habe, schufte ich in der Küche und backe eine schmackhafte TOMBSTONE Fertigpizza heraus. Nebenher telefoniere ich mit Edelbert und verrate dem schlauen Mann, dass meine Verwandten den Verstand verloren haben und einen Grossteil ihres Vermögens in einen kostspieligen Hausumbau stecken wollen – wie schrecklich
18.00 Uhr Nach der Jause stelle ich die Klimaanlage höher und freue mich auf einen besinnlichen Fernsehabend. Ich leiste Dixon in der kühlen Wohnstube Gesellschaft und fröne den Nachrichten. Im Anschluss schalte ich auf HBO um und gebe mich dem Alfred Hitchcock Klassiker “Marnie” aus dem Jahre 1964 hin – da kommt Freude auf.
21.00 Uhr Zweieinhalb Stunden später flimmert der Abspann über die Mattscheibe und ich schalte die Glotze gähnend aus. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und lege mich schlafen. Gute Nacht.