08.00 Uhr Ich hüpfe kraftstrotzend aus dem Bett und freue mich über einen weiteren Sonnentag in Florida. Weil ich längst nicht zum alten Eisen zähle, schlendere ich mit einer stimmungsvollen Melodie auf den Lippen nach draussen und führe an Hund Dixons Seite die Morgengymnastik durch. Leider wird die himmlische Ruhe bald durch das laute Schrillen meiner Schwarzbeere unterbrochen. Zu allem Überfluss meldet sich mein Bruder in der Leitung und gibt vor, das es aus unserer Verabredung nichts wird. Georg seufzt laut und erzählt, dass im Laufe des Vormittages der Pool-Boy (löblich: Schwimmbecken Junge) vorbeikommen wird, um die in die Jahre gekommene Wasserpumpe in Augenschein zu nehmen. Darüber hinaus sagt Georg, dass wir uns eventuell morgen zum Mittagessen treffen könnten – dazu sage ich nicht nein.
Meine Schwarzbeere
08.30 Uhr Um nicht alleine zum Einkaufen fahren zu müssen, kontaktiere ich kurzerhand den Professor und lade ihn ein, mich gegen 10 Uhr vor dem PUBLIX Supermarkt zu treffen. Edelbert willigt prompt ein und verspricht, pünktlich vor Ort zu sein. Danach beende ich das Telefonat und ziehe mich zufrieden ins Bad zurück, um mich ordentlich zu waschen. Natürlich rasiere ich mir auch die Bartstoppeln ab und vergesse auch nicht, mir die Haare zu waschen.
09.30 Uhr Sechzig Minuten später sitze ich am Küchentisch und spüle meine trockne Kehle mit brühfrischen Bohnentrunk durch. Dazu lasse ich mir Rühreier mit Schinken munden und lese in der Tageszeitung, dass in einem örtlichen Lichtspielhaus am Wochenende ein Dokumentarfestival stattfinden wird. Ich mache grosse Augen und lerne, dass auch etliche Filme des aus Österreich stammenden Künstlers Ulrich Seidl gezeigt werden – das ist prima.
10.00 Uhr Redlichst gestärkt klatsche ich in die Hände und lasse den Vierbeiner wissen, dass im Eiskasten gähnende Leere vorherrscht. Um nicht Hunger leiden zu müssen, lotse ich das störrische Haustier zum Chevrolet und kruse zielstrebig zum Supermarkt meines Vertrauens.
10.30 Uhr Mit dreissigminütiger Verspätung erreiche ich mein Ziel und gebe Edelbert zu verstehen, dass ich in einen Stau geraten bin. Ich winke demonstrativ ab und schimpfe, weil die Stadtoberen nichts gegen das herrschende Verkehrschaos unternehmen. Auch mein Bekannter ist ausser sich und meint, dass wir unsere Zelte in Südflorida abbrechen und nach Alaska auswandern sollten – papperlapapp.
11.00 Uhr Nachdem wir einer blauhaarigen Seniorin einen Einkaufswagen streitig gemacht haben, nehmen wir uns das Recht heraus, Waren des täglichen Bedarfs auszuwählen. Ausserdem schiebe ich den klapprigen Wagen in die Süssigkeitenabteilung, um drei Tüten Kartoffelchips aus dem Hause Lay’s, diverse Schokoriegel, OREO Kekse, Minzdragees, Bonbons sowie Zuckerstangen von Hersheys vom Regal zu nehmen – wie aufregend.
Lay’s Schips schmecken prima
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagzeit werden wir an der Kasse vorstellig und zücken unsere praktischen Kreditkarten. Während die Marktmitarbeiterin den Bezahlvorgang einleitet, deute ich nach nebenan und gebe vor, dass eine reichhaltige Brotzeit im “Dairy Queen” (löblich: Molkerei Königin) Schnellgasthaus nicht schaden kann.
12.30 Uhr Völlig verschwitzt kehren wir in die gutbesuchte Wirtschaft ein und ordern an der Essensausgabe gesunde Cheeseburger (löblich: Käseburger) mit Fritten und Krautsalat. Anschliessend lassen wir uns an einem Fenstertisch nieder und tratschen über dies und das. Unter anderem kommt Edelbert auf den Abend zu sprechen und beteuert, dass er mit dem Gedanken spielt, eine Lesung in der örtlichen “Collier County Library” zu besuchen. Bevor ich Worte finde, plappert der schlaue Mann munter weiter und beteuert, dass einer aus Georgia stammender Entomologe über das Leben des asiatischen Marienkäfers referieren wird – gleich platzt mir der Kragen.
13.30 Uhr Nach der Stärkung kehren wir gesättigt zu den Autos zurück und wünschen einander schöne Abende. Im Anschluss lasse ich den Motor des PS-strotzenden SUVs aufheulen und gleite zufrieden nach Hause.
14.15 Uhr Zurück im Willoughby Drive, räume ich die Lebensmittel in den Kühlschrank ein und mache es mir zur Aufgabe, Dixons Näpfe mit Wasser und ROYAL CANIN Trockenfutter aufzufüllen. Danach falle ich gähnend aufs Kanapee und döse schnell ein.
15.15 Uhr Ich erwache ausgeruht und nutze die Nachmittagsstunden, um die Pflanzen im Garten zu giessen. Zudem tratsche ich mit Herrn Booth und berichte, dass man als Hausbesitzer stets etwas zu tun hat. Mein Nachbar gibt mir Recht und entgegnet, dass er in der kommenden Woche den Rasen mähen muss – jaja.
Mein Zuhause unter Palmen
16.15 Uhr Schnaufend beende ich die Arbeit und unternehme mit Dixon einen Spaziergang durchs Wohngebiet. Ich werfe dem Rüden Stöckchen zu und ermutige ihn, die vorlauten Nachbarskinder anzubellen – immerhin hat im Willoughby Drive Ruhe und Frieden zu herrschen.
17.00 Uhr Endlich kann ich die Haustüre zur kleinen Villa aufstossen und mich in den wohlverdienten Feierabend verabschieden. Ich wische mir die Schweissperlen von der Stirn und komme zu dem Schluss, dass mich diese Affenhitze bald ins Grab bringen wird. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und bereite das Abendessen vor. Um nicht stundenlang am heissen Herd stehen zu müssen, backe ich eine Tiefkühlpizza im Ofen auf und fresse dazu einen gesunden Tomatensalat mit Oliven – schmeckt gar nicht schlecht.
18.00 Uhr Ein nervenaufreibender Tag neigt sich langsam seinem Ende zu. Um endlich zur Ruhe zu kommen, schalte ich die Glotze ein und gebe mich den Abendnachrichten auf FOX hin – immerhin muss man stets auf dem neuesten Stand gebracht werden.
19.00 Uhr Zur Prime Time (löblich: beste Sendezeit) nehme ich mit dem NETFLIX Internetzprogramm Vorlieb und schaue mir den kanadischen Gruselfilm “Summer of 84” an. Die Produktion aus dem letzten Jahr handelt von vier Freunden, die einem Serienmörder auf die Schliche kommen – wie aufregend.
21.00 Uhr Als nach zwei Stunden der Abspann über den Flachbildschirm flimmert, atme ich tief durch und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und gehe zu Bett. Gute Nacht.