07.15 Uhr Ich werde durch ohrenbetäubendes Telefonklingeln geweckt. Zu allem Überfluss plärrt David in den Sprechapparat und erkundigt sich, wann das Christkind kommt. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und erwidere, dass die Geschenke bald durch den Kamin purzeln werden.
08.00 Uhr Nach der Morgengymnastik verabschiede ich mich in die Nasszelle und fröne während des Badevergnügens dem Weihnachtsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land). Ferner kontaktiere ich Prof. Kuhn und erfahre, dass der schlaue Mann ebenfalls zum Frühstück bei meinen Verwandten eingeladen ist.
08.30 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, beende ich den Waschvorgang und schlüpfe in legere Freizeitkleidung. Danach schleppe ich die Geschenke zum Chevrolet und gleite hupend von der Einfahrt.
09.00 Uhr Als ich zu einem Überholmanöver ansetze, verliere ich dummerweise die Kontrolle über den SUV und krache frontal in einen Wasserhydranten. In Folge dessen löst sich der Airbag (löblich: Luftsack) aus und ich habe grosse Schwierigkeiten, aus dem KFZ auszusteigen. Erst nach einigen Minuten kann ich die Türe öffnen und nach meinem Haustier sehen. Dixon schüttelt sich ausgiebig und hüpft elegant von der Ladefläche, um sein Beinchen an einer Palme zu heben. Anschliessend umrunde ich das Auto und registriere, dass die Stossstange zerbeult ist.
09.30 Uhr Just als ich mit dem Gedanken spiele, Fahrerflucht zu begehen, werde ich auf die Schaulustigen aufmerksam, die sich in der Zwischenzeit am Unfallort eingefunden haben. Ich kratze mich nachdenklich an der Schläfe und entschliesse mich, im Polizeipräsidium anzurufen und mich mit Scherriff Bradfort verbinden zu lassen. Leider teilt mit die Telefonistin mit, dass der Gesetzeshüter über die Feiertage verreist ist. Ich seufze laut und bitte die kleine Frau, einen Streifenwagen in die Livingston Road zu senden.
10.00 Uhr Nach einer halben Stunde sehe ich mich mit zwei Beamten konfrontiert und gebe vor, einen Fahrfehler begangen zu haben. Die Polizisten nehmen den Schaden argwöhnisch in Augenschein und knipsen Photos am laufenden Band – wie unlöblich.
10.30 Uhr Nachdem ich meine Unterschrift unter den Unfallbericht gesetzt habe, deute ich in Richtung der Weihnachtsgeschenke und gebe zu Protokoll, dass ich im zerbeulten Chevrolet unmöglich weiterfahren kann. Die Männer zeigen Verständnis und bieten an, einen Abschleppdienst zu verständigen und mich in den Lowbank Drive zu kutschieren – wie schön.
11.00 Uhr Mit zweistündiger Verspätung stehe ich vor dem Ferienhaus meiner Verwandten und betätige die Klingel. Maria öffnet besorgt die Pforte und möchte wissen, warum ich im Polizeiwagen vorfahre. Ich beruhige die Frau und mache mich daran, die Geschenke ins Haus zu schleppen und mich an den Küchentisch zu setzen.
11.30 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, klage ich den anderen mein Leid und unterbreite, dass ich einen Unfall hatte. Georg macht sich die grössten Sorgen und erwidert, dass ich mich glücklich schätzen kann, nicht verletzt worden zu sein – wie wahr
12.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 12 zeigt, tauschen wir in der guten Stube Geschenke aus. Während Alan Jackson besinnliche Weihnachtslieder trällert und David aus dem Schreien gar nicht mehr herauskommt, steckt mir Georg plötzlich ein Kuvert zu. Ich mache grosse Augen und finde im Inneren einen Urlaubsgutschein vor. Prof. Kuhn strahlt wie ein Honigkuchenpferd und sagt, dass wir bald in der Karibik sein werden. Maria schlägt in die gleiche Kerbe und bestätigt, dass ich mich über eine luxuriöse Erholungsreise nach Puerto Rico freuen darf. Ich wische mir die Tränen aus den Augen und erörtere, dass es schon immer mein Wunsch war, den schönen Inselstaat zu besuchen.
13.00 Uhr Nachdem sich mein Pulsschlag normalisiert hat, lasse ich mich auf dem Sofa nieder und studiere den Gutschein ganz genau. Schnell fällt mir auf, dass Edelbert und ich bereits am 14. Januar abfliegen und für sieben Tage im renommierten “Ritz Carlton Hotel” in San Juan unterkommen werden – das ist prima.
13.30 Uhr Zufrieden lösche ich meinen Durst mit einem Glas Eierpunsch und werde nebenher Zeuge, wie Amanda mein Weihnachtspräsent auspackt und sich über die schicken Sachen freut.
14.30 Uhr Im Anschluss serviert Maria Kaffee und Kuchen. Bei angenehmen Temperaturen nehmen wir am Schwimmbecken platz und laben uns an vitaminreichen Weihnachtsplätzchen. Unterdessen tratsche ich mit Prof. Kuhn und Herrn Peter und bringe in Erfahrung, dass die beiden morgen Naples für vier Tage auf Wiedersehen sagen und nach Atlanta krusen werden – das soll mir auch Recht sein.
16.00 Uhr Nach dem Kaffeekränzchen kehren wir ins Wohnzimmer zurück und köpfen eine Flasche Schaumwein. David begnügt sich mit einem Glas Orangensaft und macht sich daran, einige seiner neuen Videospiele auszuprobieren. Ich beobachte den Dreikäsehoch skeptisch und lasse James wissen, dass gewaltverherrlichende Fernsehspiele für Siebenjährige kaum geeignet sind.
17.00 Uhr Endlich ruft uns Maria zu Tisch und kredenzt hausgemachten Rinderbraten mit Spätzle. Ich lecke mir die Lippen und greife hungrig zum Besteck. Ausserdem komme ich erneut auf den Unfall zu sprechen und erläutere, dass die Reparatur ein Vermögen verschlingen wird. Georg nippt schmunzelnd am Weinglas und mutmasst, dass ich in den nächsten Tagen auch eine Rechung der Stadtverwaltung erhalten werde – das wird teuer.
19.00 Uhr Ein schöner Weihnachtsabend neigt sich seinem Ende zu und wir verabreden, dass wir morgen einen ausgedehnten Strandspaziergang mit Dixon unternehmen sollten. Ich streiche dem Vierbeiner über den Rücken und erkläre, dass es langsam Zeit wird, auf Wiedersehen zu sagen. Edelbert gibt mir Recht und sagt, dass es ihm eine Ehre wäre, mich nach Hause zu bringen.
20.00 Uhr Wieder zurück in der kleinen Villa, giesse ich mir ein kühles Budweiser ein und mache es mir im Wohnzimmer bequem. Während sich Dixon an mich schmiegt, rufe ich bei Frau Pontecorvo im fernen Jacksonville an und lasse meine Tageserlebnisse Revue passieren. Unter anderem erwähne ich, dass ich einen schweren Autounfall hatte. Meine Nachbarin ist den Tränen nahe und sagt, dass ich in Zukunft vorsichtiger sein sollte.
21.00 Uhr Nachdem ich ein eiskaltes Bier getrunken habe, ziehe ich mich ins Schlafzimmer zurück und blättere in der lesenswerten Arnold Schwarzenegger Biografie, die mir Prof. Kuhn überreicht hat. Danach lösche ich das Licht und schlummere bald ein. Gute Nacht.
HEUREKA – bald werde ich in San Juan, Puerto Rico sein: