08.00 Uhr Ich schwinge mich gähnend aus den Federn und freue mich, weil die Sonne vom Himmel lacht. Um mich in Form zu bringen, öffne ich die Terrassentüre und führe auf der schattigen Terrasse den Frühsport durch.
08.30 Uhr Danach lasse ich die Badewanne mit lauwarmen Wasser volllaufen und nehme mir das Recht heraus, den Morgen mit einem erquickenden Sprudelbad zu beginnen. Nebenher telefoniere ich mit Prof. Kuhn und erfahre, dass er im Internetz nach preiswerten Flügen Ausschau gehalten hat. In diesem Zusammenhang verweist der gute Mann auf das diesjährige Oktoberfest und meint, dass Hin- und Rückflüge nach Bayern kaum zu finanzieren sind. Ich atme tief durch und entgegne, dass wir unter diesen Umständen leider auf das weltgrösste Bierfest verzichten müssen. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und meint, dass wir stattdessen im Oktober nach Alaska ausfliegen und am reissenden Yukon Strom erquickende Wanderungen unternehmen könnten – das glaube ich kaum.
Hund Dixon ist brav
09.30 Uhr Nachdem ich eine Bermudahose sowie ein buntes Hawaiihemd angezogen habe, rufe ich Hund Dixon ins Haus und nehme das Frühstück ein. Dummerweise bimmelt alsbald das Telefon und ich habe das zweifelhafte Vergnügen, mit Frau Pontecorvo tratschen zu müssen. Meine Nachbarin schwärmt in den höchsten Tönen und beteuert, dass ihr Aufenthalt in Jacksonville sehr schön ist. Darüber hinaus kommt die Perle auf ihren gestrigen Theaterbesuch zu sprechen und erörtert, dass sie in einem heruntergekommenen Hinterhofschauspielhaus eine dreieinhalbstündiges Musical gesehen hat – diesen Schmarrn muss man gehört haben.
10.30 Uhr Als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf halb 11 zugeht, beende ich die Jause und lasse den Vierbeiner wissen, dass wir nun einen Ausflug unternehmen und zum Barefoot Beach (löblich: Barfussstrand) krusen werden.
10.45 Uhr Voller Elan lasse ich den Motor des PS-strotzenden SUVs aufheulen und rase mit durchdrehenden Pneus gen Westen davon. Unterdessen stelle ich den Radio lauter und erfreue mich an einer Komposition der Frauenbande “Court House Hounds” (löblich: Gerichtsgebäude Hunde). Der WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Moderator ist bestens informiert und erzählt, dass die beiden Schwestern Martie Maguire und Emily Robison zwischen 2010 und 2013 zwei Studioalben in den landesweiten Hitparaden platzieren konnten – wie aufregend.
Court Yard Hounds
11.15 Uhr Nach siebzehn Meilen kann ich das Auto endlich auf einem “Disabled parking space” (löblich: Behindertenparkplatz) unweit des Strandabschnitts abstellen und mit dem Haustier im Schlepptau zum azurblauen Meer laufen. Weil es angenehm warm ist, schlüpfe ich aus den Flip Flops und bade meine Füsse im Golf von Mexiko. Mein tierischer Begleiter ist ebenfalls ganz aus dem Häuschen und schreckt nicht davor zurück, kreischende Möwen hinterher zu jagen – da kommt besonders grosse Freude auf.
11.45 Uhr Während der lustigen Wanderung werfe ich Dixon Stöckchen zu und rufe in der alten Heimat an. Mieterin Sandra meldet sich nach dem dritten Tuten und berichtet, dass sie die Osterzeit ausgenutzt hat, um das Wohnzimmer sowie das Schlafzimmer zu renovieren. Ich schnalze mit der Zunge und halte das unterbelichtete Kind an, auch den Garten auf Vordermann zu bringen.
Ich beisse kraftvoll zu
12.45 Uhr Da mir die Sonne Schweissperlen auf die Stirn treibt, entschliessen ich mich, in eine Strandgaststätte einzukehren. Mit letzter Kraft schleppe ich mich an die Bar und bitte die Kellnerin, eine süffige Hopfenhaltschale sowie einen saftigen Cheeseburger (löblich: Käseburger) aufzutischen. Die Dame macht grosse Augen und mutmasst, dass ich aus dem alten Europa stamme. Während die Dirne meiner Bitte nachkommt und mich mit einem Kaltgetränk und der gewünschten Brotzeit verwöhnt, verrate ich, dass ich ursprünglich aus Bayern stamme. Frau Mary-Ann freut sich sehr und entgegnet, dass sie in den späten 1990er Jahren in der Armee gedient und in der oberpfälzischen Militärbasis Grafenwöhr stationiert war – das hört man gerne.
13.45 Uhr Nach der Tratscherei zücke ich meine prallgefüllte GOLDEN HEAD Geldbörse und ziehe es vor, die Rechnung in Bar zu begleichen und meine NY YANKEES Kappe zu lüften Danach kehre ich pfeifend zum Auto zurück und freue mich auf ruhige Stunden in der kleinen Villa.
14.45 Uhr Zurück im Willoughby Drive, stelle ich fest, dass Frau Gomez in der Zwischenzeit mein kultiviertes Zuhause auf Vordermann gebracht hat. Ich seufze laut und bette mich auf dem Kanapee zur Ruhe – das tut gut.
Mein Zuhause unter Palmen
15.45 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, komme ich in die Gänge und kümmere mich um die Anschnurseelsorge. Ruckzuck rufe ich Depeschen besorgter Heimseitenbesucher ab und nehme mich der Probleme einer 47jährigen Mutter aus dem ostdeutschen Bischofswerda an. Die kleine Frau berichtet schier unglaubliches und schreibt, dass ihr erst 6jähriger Sohn Tobias den Wunsch geäussert hat, in den Sommerferien nach Disney World (löblich: Disney Welt) zu reisen. Ich komme aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus und rate, dem Frechdachs diese Flausen ganz schnell auszureden – wo kämen wir denn da hin.
16.45 Uhr Schlussendlich fahre ich das Betriebssystem mausdrückend herunter und verabschiede mich in den Feierabend. Weil mein Magen knurrt, eile ich mit schnellen Schritten in die Küche und richte mir einen Wurstplatte an. Dazu gibt es ein Gläschen Rotwein aus dem goldenen Kalifornien – das schmeckt.
Ein edler Rebentrunk aus Kalifornien
17.45 Uhr Als die Geschirrspülmaschine läuft, stelle ich die Klimaanlage höher und lasse den Tag in der Wohnstube ausklingen. Interessiert folge ich den FOX Nachrichten und lerne, dass die afghanische Hauptstadt Kabul von einem verheerenden Selbstmordanschlag heimgesucht wurde – wie schrecklich.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit (unlöblich: Prime Time) wechsle ich auf NETFLIX, um dem spannenden Spielfilm “Annihilation” zu frönen. Die amerikanische Produktion erzählt von schlauen Forscherinnen, die auf eine geheime und todbringende Expedition geschickt werden – wie unheimlich.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung schalte ich den Flachbildschirm aus und begleite Dixon in den Garten. Zu guter Letzt öle ich meine Kehle mit einem Schluck Muhmilch und lege mich schlafen. Gute Nacht.