7. Mai 2018 – Micro Bikinis und Fussball WM

08.00 Uhr Der Radiowecker springt an und reisst mich aus einem schönen Traum. Wie es sich für einen sportlichen Rentner gehört, rolle ich mich ruckzuck aus dem Bett und bemerke beim Blick nach draussen, dass es während der Nacht geregnet hat. Trotz alledem öffne ich die Terrassentüre und scheuche Dixon in den Garten hinaus.


Der Radiowecker springt an

08.30 Uhr Nach der schweisstreibenden Morgengymnastik begebe ich mich in die Nasszelle und erfrische mich bei einem Wirbelbad mit Eukalyptusöl. Ausserdem rasiere ich mir die Bartstoffeln ab und entschliesse mich, das Frühstück bei Frau Pontecorvo einzunehmen – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
09.30 Uhr Nachdem ich ein Hawaiihemd sowie eine legere Bermudahose angezogen habe, statte ich meiner Nachbarin einen Besuch ab. Die kleine Frau begrüsst mich überschwänglich und lotst mich plappernd in die gute Stube, um mich mit einem Kaffee sowie lustigen Rühreiern zu verwöhnen. Ferner fährt die Perle eine Schüssel mit Griesbrei auf und möchte wissen, ob ich dazu eine Honigmelone essen möchte. Da man einem geschenkten Gaul sprichwörtlich nicht in Maul schauen sollte, stimme ich prompt zu und beisse kraftvoll zu – das schmeckt.
10.00 Uhr Während ich die wichtigste Mahlzeit des Tages einnehme, lädt mich Frau Pontecorvo plötzlich ein, sie zu den “Miromar Outlet Stores” (löblich: Miromar Auslassgeschäften) zu begleiten. Natürlich winke ich sogleich ab und entgegne, dass ich Hund Dixon ausführen muss. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, wechsle ich ganz schnell das Thema und spüle meinen ausgetrockneten Hals mit brühfrischem Bohnentrunk durch.
10.30 Uhr Wenig später wünsche ich meiner Bekannten einen angenehmen Schoppingausflug und ziehe es vor, den Rüden zum Auto zu scheuchen. Danach lasse ich den Wählhebel der Automatikschaltung in der “D” Stellung einrasten und gleite zu stimmungsvoller WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Radiomusik vom Grundstück.
11.00 Uhr Nach einer kurzweiligen Ausfahrt komme ich mit quietschenden Reifen am “Lowdermilk Park” zum halten und lasse Dixon von der Ladefläche springen. Im Anschluss schlendere ich mit einem lustigen Lied auf den Lippen zum Strand und stelle fest, dass heute besonders viele Badegäste den Strandabschnitt am Coquina Sound bevölkern. Missmutig ziehe ich mir die NY YANKEES Mütze ins Gesicht und mache es mir zur Aufgabe, meine Füsse im Golf von Mexiko zu baden – da kommt besonders grosse Freude auf.


Bald wird in Russland Fussball gespielt

11.30 Uhr Kurz vor der Mittagszeit bette ich mich unter einer Palme zur Ruhe und animiere Dixon, sich selbständig zu beschäftigen und Möwen zu jagen. Das Haustier gehorcht mir aufs Wort und ich nutze die Ruhe, um mit Edelbert zu telefonieren. Der schlaue Mann meldet sich nach dem zweiten Tuten und setzt mich darüber in Kenntnis, dass er sich gerade im Internetz über die Fussball Weltmeisterschaft in Russland informiert. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und lerne, dass beim weltgrössten Fussballturnier mit Spielmanipulationen zu rechnen ist. Edelbert zitiert aus einer aufschlussreichen Anschnurreportage und behauptet, dass einzelne Partien laut angesehener Experten auf dem Wettmarkts bis zu drei Milliarden Euros bewegen können. Ich mache grosse Augen und antworte, dass mir die Fussball Weltmeisterschaft in der ehemaligen Sowjetunion gestohlen bleiben kann.
12.15 Uhr Da mein ausgetrockneter Hals dringend geölt werden muss, setze ich meinen Spaziergang fort und kehre alsbald ins luxuriöse “Naples Beach Hotel” ein. Zielsicher steuere ich die hauseigene Pool Bar an und nehme mir das Recht heraus, einen Pitcher (löblich: Krug) Bier sowie vitaminreiche Chickenfingers (löblich: Hühnerfinger) mit Fries (löblich: Kartoffelstäben) zu ordern. Ausserdem tratsche ich mit dem Schankknecht und bringe heraus, dass in Naples bestem Hotel derzeit ein waschechter Scheich aus Abu Dhabi logiert – das soll mir auch Recht sein.


Bier ist sehr gesund

13.00 Uhr Nach der zweiten Hopfenkaltschale beschere ich dem Kellner ein stattliches Trinkgeld und kehre schnaufend zum SUV zurück. Ferner nehme ich die leichtbekleideten Badegäste am Lowdermilk Park ins Visier und komme zu dem Schluss, dass sogenannte Micro-Bikinis verboten werden sollten – wo kommen wir denn da hin.
14.00 Uhr Während der erquickenden Heimreise drehe ich die Fensterscheibe nach unten und lasse mir den milden Fahrtwind durchs Haupthaar wehen. Nebenher lasse ich Dixon wissen, dass wir uns glücklich schätzen können, in den Vereinigten Staaten eine neue Heimat gefunden zu haben.
14.30 Uhr Zuhause angekommen, schlüpfe ich aus den Schuhen und falle erschöpft aufs Kanapee. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und sehe mich im Traum auf die Pfade des Appalachian Trails versetzt.


Ich träume vom Appalachian Trail

15.30 Uhr Ich öffne die Augen und brühe spornstreichs Kaffee auf. Anschliessend nehme ich am Schreibtisch platz und kümmere mich am Anfragen besorgter Heimseitenbesucher. Ich schufte hart und animiere leidgeprüfte Erziehungsberechtigte, mit der garstigen Jugend nicht zu zimperlich umzugehen.
16.30 Uhr Nach getaner Arbeit fahre ich das Windows (löblich: Fenster) Betriebssystem mausdrückend herunter und verabschiede mich in den Garten, um den Rasensprenger in Betrieb zu setze. Ausserdem zupfe ich Unkraut aus dem Petersilienbeet und verscheuche kreischende Ajaja Vögel – gleich platzt mir der Kragen.
17.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 5 zugeht, kehre ich ins Haus zurück und bereite das Abendessen vor. Um nicht stundenlang am Herd stehen zu müssen, schiebe ich eine Thunfischpizza ins vorgeheizte Backrohr und zaubere einen Tomatensalat mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen.


Ich beisse kraftvoll zu

18.00 Uhr Nachdem ich in der Küche für Sauberkeit und Ordnung gesorgt habe, beginnt endlich der wohlverdiente Feierabend. Um etwas Abwechslung zu bekommen, nehme ich mit dem NETFLIX Programm Vorlieb und erfreue mich am Serienschmankerl “Love” (löblich: Liebe). Das mehrteilige Fernsehspiel handelt von einer schrulligen Maid, die sich Hals über Kopf in einen depressiven Lehrer verliebt – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach sechs Episoden, vier Flaschen Bier und einer Tüte Lay’s Kartoffelchips beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und gehe zu Bett. Gute Nacht.

4. Mai 2017 – Cinco de Mayo

mexiko

Sehr verehrte Damen und Herren, hochgeschätzte Tagebuchleser,

im Nachbarstaat Mexiko wird Morgen der “Cinco de Mayo” gefeiert.
Dieser Feiertag soll an die Schlacht von Puebla erinnern. Am 5. Mai 1862 errang die mexikanische Armee unter der Führung des unerschrockenen Generals Ignacio Zaragoza einen Sieg gegen die überlegene französische Expeditionsarmee.

IgnacioZaragoza
Ignacio Zaragoza

Wie jedes Kind weiss, schickte der französische Kaiser Napoleon III. im Sommer 1861 schwerbewaffnete Soldaten nach Mexiko, um Schulden von der Regierung einzutreiben. Am 8. Dezember 1861 besetzten sie die wichtige Hafenstadt Veracruz am Golf von Mexiko. Während die Truppen in Richtung Puebla weiterzogen, gab General Zaragoza den Befehl, Schutzgräben entlang des Weges auszuheben. In Folge dessen konnte der Vorstoss abgewendet und die Franzosen am 5. Mai 1862 in die Flucht geschlagen werden – wie schön.

Der “Cinco de Mayo” erfreut sich mittlerweile auch in den Vereinigten Staaten grösster Beliebtheit. In vielen Städten versammeln sich am 5. Mai lustig gekleidete Feierwillige in den Zentren, um literweise Bier zu trinken und mexikanischer Volksmusik zu lauschen – da kommt Freude auf.

Auch im sonnigen Naples wird Morgen “Cinco de Mayo” gefeiert.
Wie es sich gehört, werde ich die mexikanische Wirtschaft “Tijuana Flats” aufsuchen, um mich an köstlichem Tex Mex Essen und süffigem “Negra Modelo” (löblich: Dunkles Modell) zu laben. Wie jedes Kind weiss, wird dieser dunkle Malzsaft seit 1926 in Mexiko nach dem bayerischen Reinheitsgebot gebraut und zählt zu den beliebtesten Biermarken in Mittel- und Nordamerika.

Ich wünsche allen Heimseitenbesuchern einen schönen Cinco de Mayo
Reinhard Pfaffenberg

3. Mai 2018 – National Day of Prayer

08.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und erfahre beim Blick auf den Wandkalender, dass heute der “Nationale Tag des Gebets” (unlöblich: National Day of Prayer) ansteht. Ich kratze mich zufrieden an der Schläfe und lasse Hund Dixon wissen, dass dieses Fest bereits im 17. Jahrhundert von den ersten Siedlern begangen wurde. Ferner merke ich an, dass der Gebetstag im Jahre 1952 vom damaligen Präsidenten Harry S. Truman zu einem staatlichen Gedenktag ernannt wurde und alle gläubigen Menschen dazu animieren soll, für die Vereinigten Staaten zu beten – wie schön.


Meine praktische Schwarzbeere

08.30 Uhr Nach dem Frühsport nehme ich die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) zur Hand und lasse es mir nicht nehmen, bei Prof. Kuhn anzurufen. Ich erreiche meinen Bekannten in seiner schicken Stadtwohnung und vernehme, dass seine Magenverstimmung mittlerweile abgeklungen ist. Natürlich gebe ich mich erleichtert und rufe Edelbert auf, mich in Julies Restaurant zu treffen. Ausserdem bringe ich den “National Day of Prayer” zur Sprache und unterbreite, dass es angebracht wäre, ein Gotteshaus aufzusuchen.
09.00 Uhr Nachdem sich der schlaue Mann bereit erklärt hat, mich gegen halb 11 Uhr im Restaurant unseres Vertrauens zu treffen, beende ich das Telefonat und verabschiede mich in die Nasszelle. Wie es sich gehört, nehme ich mit einem erfrischenden Wirbelbad Vorlieb und vergesse auch nicht, mir die Haare zu waschen – wie aufregend.
10.00 Uhr Redlichst erfrischt schlüpfe ich in farbenfrohe Freizeitkleidung und halte den Vierbeiner an, von seinem quietschenden Spielzeug abzulassen und mir zum PS-strotzenden Chevrolet Suburban zu folgen. Dixon gehorcht mir aufs Wort und kommt während der kurzweiligen Reise in den Genuss, stimmungsvolle Radiomusik auf der Frequenz von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) zu lauschen – das macht Spass.
10.30 Uhr Pünktlich auf die Minute betrete ich die Gaststätte und freue mich, den Professor in bester Laune an unserem angestammten Tisch anzutreffen. Natürlich leiste ich Edelbert sogleich Gesellschaft und ordere ein grosses Frühstück mit Kaffee und O-Saft. Nebenher komme ich auf den “National Day of Prayer” zu sprechen und zeige auf, dass wir nach der Jause eine Kirche ansteuern könnten. Mein Tischnachbar nickt eifrig und berichtet, dass die “Oasis Church” an der 10. Strasse zu den schönsten nicht konfessionsgebundenen Gotteshäusern des ganzen Staates zählt. Ich mache grosse Augen und nippe zufrieden am würzigen Bohnentrunk – das tut gut.


Ich flehe den Herrgott an

11.15 Uhr Kurz nach dem Elfuhrläuten winken wir Bedienung Peggy an den Tisch und bezahlen die Zeche in Bar. Danach kehren wir zu den Autos zurück und schicken uns an, die 9 Meilen entfernte Kirche unweit des örtlichen Zoos anzusteuern. Währenddessen setze ich zu waghalsigen Überholmanövern an und schaffe es am Golden Gate Parkway, Edelberts schneeweissen JEEP zu überholen – das soll mir erst mal einer nachmachen.
11.45 Uhr Alsbald erreichen wir unser Ziel und finden uns in einem lichtdurchflutenden Neubau wieder. Wir staunen Bauklötze und kommen überein, dass der Eigentümer keine Mühen und Kosten gescheut und einen beeindruckenden Treffpunkt für gottesfürchtige Menschen geschaffen hat. Während Dixon im Auto wartet, nehmen wir auf einer Bank platz und zögern nicht, das Glaubensbekenntnis zu sprechen – da kommt Freude auf.
12.30 Uhr Fünfundvierzig Minuten später sitze ich wieder im Auto und fahre eine McDonalds Schnellgaststätte an, um am Drive Thru (löblich: Fahr Hindurch) Schalter zwei Quarter Pounder (löblich: Viertelpfünder), eine grosse Portion Kartoffelstäbe sowie einen Becher Diät Cola zu bestellen. Im Anschluss gleite ich zungeschnalzend in Richtung Willoughby Drive davon und freue mich auf einen ruhigen und besinnlichen Nachmittag.
13.00 Uhr Zuhause angekommen, fülle ich Dixons Napf mit ROYAL CANIN Trockenfutter auf. Darüber hinaus kippe ich mir ein Budweiser hinter die Binde und entschliesse mich, auf der schattigen Terrasse eine kleine Pause einzulegen. Ich döse schnell ein und träume von meinem letzten Aufenthalt in Toronto – das war ein Spass.


Ich tschille auf der Terrasse

14.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen Rolex auf zwei deutet, öffne ich die Augen und verspüre grosse Lust auf etwas Süsses. Ruckzuck schnappe ich mir ein Eis aus dem Kühlschrank und lasse mir das Schmankerl an der frischen Luft schmecken. Nebenher beobachte ich Hund Dixon, wie er am künstlich angelegten Teich spielt und die handzahme Echse Billy ärgert – diese Idylle muss man erlebt haben.
15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag untätig herumzusitzen, nehme ich am Schreibtisch Platz und beginne mit der Anschnurseelsorge. Auch heute finde ich zahlreiche Hilferufe im elektronischen Posteingang vor und sehe mich genötigt, verzweifelten Erziehungsberechtigten Ratschläge zum Umgang mit frechen Jugendlichen zu geben.
16.00 Uhr Nachdem alles abgearbeitet ist, gehe ich von der Leine und genehmige mir eine weitere Hopfenkaltschale. Zudem tratsche ich mit Frau Pontecorvo und bringe heraus, dass meine Nachbarin morgen nach Fort Myers krusen und im “Miromar Outlet Store” (löblich: Miromar Auslassgeschäft) abschoppen wird – das soll mir auch Recht sein.


Ich beisse kraftvoll zu

17.00 Uhr Um keinen Hitzeschlag zu riskieren, kehre ich in die kleine Villa zurück und bereite zu den Klängen der aktuellen Ashley McBryde Kompaktscheibe “Girl Going Nowhere” das Nachtmahl vor. Ich stelle eine Pfanne auf den Herd und brate ein lustiges Minutenschnitzel heraus. Dazu gibt es Bratkartoffeln mit Spiegeleier – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nach der Mahlzeit rufe ich den Hund ins Haus und freue mich auf einen rentnergerechten Fernsehabend. Um auf den neuesten Stand zu kommen, gebe ich mich den FOX Nachrichten hin und fröne ausserdem einer aufschlussreichen Call In Show (löblich: Ruf herein Sendung).
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf FX und erfreue mich an der preisgekrönten Eigenproduktion “American Crime Story”, die vom Strafprozess gegen den ehemaligen Footballspieler und Schauspieler O.J. Simpson erzählt. Ich amüsiere mich köstlich und lerne, dass dem dunkelhäutigen Heini vorgeworfen wurde, seine Exfrau sowie deren Bekannten brutal ermordet zu haben – das ist ja kaum zu glauben.
21.00 Uhr Nach drei nervenaufreibenden Episoden schalte ich die Glotze ab und drehe mit Dixon eine letzte Runde durch den Garten. Anschliessend verschliesse ich die Haustüre und lege mich schlafen. Gute Nacht.

2. Mai 2018 – Ich habe die Haare schön

08.00 Uhr Ich öffne die Augen und mache es mir zur Aufgabe, die Klimaanlage etwas höher zu stellen. Danach eile ich schnaufend an die frische Luft und bemerke, dass es heute besonders schwül ist. Trotz alledem lockere ich meine Glieder und schlage sogar ein Rad – da kommt besonders grosse Freude auf.
08.30 Uhr Nach der Morgengymnastik schenke ich mir ein Glas Milch ein und gebe Hund Dixon zu verstehen, dass man bei diesen subtropischen Temperaturen viel Flüssigkeit zu sich nehmen sollte. Der lustige Rüde legt seinen Kopf schief und zieht es vor, zu seinem Napf zu traben und etwas Wasser zu schlabbern – wie schön.


Hund Dixon ist durstig

09.00 Uhr Als ich die Seele bei einem erfrischenden Wirbelbad baumeln lasse, schellt plötzlich das Telefon und ich habe das Vergnügen, mit Edelbert sprechen zu können. Der schlaue Mann gibt sich deprimiert und berichtet, dass er gestern Abend in einem indischen Restaurant gespeist hat. Darüber hinaus erfahre ich, dass mein Bekannter nun mit Magenschmerzen zu kämpfen hat. Natürlich schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen und entgegne, dass Inder keinen Wert auf Sauberkeit legen und die Speisen mit ranzigem Fett herstellen – wie furchtbar.
10.00 Uhr Nachdem wir ausgeplaudert haben, beende ich den Badespass und brühe Kaffee auf. Zudem hantiere ich mit einem Küchenmesser und zerteile eine Pfirsich aus dem Nachbarstaat Georgia in mundgerechte Stücke. Zu allem Überfluss stösst just in diesem Augenblick Frau Pontecorvo die Terrassentüre auf und erkundigt sich, ob sie mir beim Frühstück Gesellschaft leisten darf. Ich stimme zu und hole ein weiteres Gedeck aus dem Schrank.
10.30 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen und unsere ausgetrockneten Kehlen mit Bohnenkaffee durchspülen, erzählt meine Tischnachbarin, dass sie nun in die Stadt krusen und sich im Frisörladen ihren Vertrauens aufsteilen lassen wird. Ausserdem sagt die Perle, dass es angebracht wäre, ebenfalls ein Haarstudio aufzusuchen. Da gutes Aussehen heutzutage sehr wichtig ist, nehme ich mir den Ratschlag zu Herzen und fasse den Entschluss, nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages zum “Great Clips Hair Cut Salon” an der Pine Ridge Road zu rasen. Meine Tischnachbarin rollt mit den Augen und wirft ein, dass dieser Billigladen keinen guten Ruf geniesst – jaja
11.00 Uhr Nachdem ich Frau Pontecorvo per Zungenkuss verabschiedet habe, scheuche ich den Vierbeiner zum Zuhause von Familie Crane und bitte die Dame des Hauses, während der kommenden Stunden auf mein Haustier acht zu geben. Die ehemalige Olympiateilnehmerin nickt eifrig und verspricht, Dixon wie ihren Augapfel zu hüten. Im Anschluss hüpfe ich ausgelassen in den PS-strotzenden Chevrolet und gleite hupend vom Grundstück.
11.45 Uhr Kurz vor der Mittagszeit betrete ich den Frisörsalon und habe das grosse Glück, augenblicklich auf einem Schneidestuhl platz nehmen zu dürfen. Ein freundlicher Frisör (45) nimmt sich meiner Haarpracht an und beteuert, dass mir eine Tönung gut zu Gesicht stehen würde. Weil ich finanziell keineswegs auf Rosen gebettet bin, winke ich eindringlich ab und nehme lediglich mit einem einfachen Scherenschnitt Vorlieb.


Ich nehme mit einem Scherenschnitt Vorlieb

12.15 Uhr Der homosexuelle Barbier kommt der Aufforderung anstandslos nach und plappert, dass er gestern in einer zwielichtigen Kneipe abgefeiert und bis in die frühen Morgenstunden das Tanzbein geschwungen hat. Ich mache grosse Augen und ermutige den Heini, zur Löblichkeit zurückzukehren und seriös zu werden.
12.45 Uhr Dreissig Minuten später werde ich angehalten, 12 Dollars zu bezahlen. Ich atme tief durch und stecke dem Knecht ein kleines Trinkgeld zu. Danach verlasse ich den Saftladen und kehre in den benachbarten “Honey Baked Ham Store” (löblich: Honiggebackener Schinken Geschäft) ein, um einen “Bacon Burger” (löblich: Schinken Burger) zu ordern. Dazu gibt es ein grosser Glas Eistee sowie einen farbenfrohen Beilagensalat – das schmeckt.


Katze Land – der beste Radiosender

13.30 Uhr Mit vollem Magen klemme ich mich hinters Lenkrad und trete die Heimreise an. Unterdessen fröne ich dem Radioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und komme in den Genuss, eine nagelneue Komposition aus Mary Chapin Carpenter Feder zu hören – was kann es schöneres geben.
14.00 Uhr Zuhause angekommen, hole ich den Vierbeiner bei den Cranes ab und kann es kaum noch erwarten, mich von den Strapazen des Vormittages zu entspannen. Mit letzter Kraft schleppe ich mich in die kleine Villa und falle gähnend aufs Wohnzimmersofa – das tut gut.
15.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und stelle beim Blick auf meine goldene ROLEX fest, dass es mittlerweile drei Uhr geschlagen hat. Um nicht den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, setze ich mich spornstreichs an den Schreibtisch und arbeite Anfragen besorgter Heimseitenbesucher ab. Auch heute finde ich Dutzende elektronische Briefe im Posteingang vor und sehe mich genötigt, verzweifelten Eltern beim Umgang mit störrischen Jugendlichen zu helfen – gleich platzt mir der Kragen.
16.15 Uhr Ich beende die Anschnursitzung und mache es mir auf der Terrasse bequem, um etwas Radio zu hören. Nebenher lese ich aufschlussreiche Berichte in der Tageszeitung und lerne, dass morgen der “National Day of Prayer” (löblich: Nationaler Tag des Gebets) begangen wird – das ist prima.


Mein Zuhause unter Palmen

17.00 Uhr Da Dixon eigenständig Gassi gegangen ist, verzichte ich ausnahmsweise auf einen Spaziergang und kehre in die klimatisierte Wohnstube zurück. Wie es sich gehört, bestücke ich die leistungsstarke Spülmaschine mit dem schmutzigen Vormittagsgeschirr und vergesse auch nicht, mich um das Abendessen zu kümmern. Nach kurzem Zögern brate ich ein vitaminreiches Schnitzel an und bereite Kartoffelstäbe zu – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nach der reichhaltigen Mahlzeit verabschiede ich mich in den wohlverdienten Feierabend und schaue etwas fern. Unter anderem mache ich mich bei den FOX Nachrichten über die aktuellen Geschehnisse in der Welt schlau und informiere mich zudem über das Wetter der kommenden Tage.

19.00 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, wechsle ich bald auf den Bezahlkanal HBO und erfreue mich am abendfüllenden Spielfilm “Missing Boy” (löblich: Vermisster Junge). Die spanische Erfolgsproduktion aus dem Jahre 2016 handelt von einer Rechtsanwältin, dessen taubstummer Sohn entführt wurde – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Nach zwei nervenaufreibenden Stunden betätige ich den AUS Knopf auf der Fernbedienung und führe Hund Dixon noch einmal in den Garten. Anschliessend lösche ich sämtliche Lichter und lege mich ins Bett. Gute Nacht.

30. April 2018 – Schopping- und Gaumenfreuden

08.00 Uhr Ich rolle mich gähnend aus dem Wasserbett und bemerke, dass auch heute die Sonne vom Himmel lacht und für Rekordtemperaturen sorgt. Demonstrativ wische ich mir über die Stirn und entschliesse mich, die Morgengymnastik ausnahmsweise in der klimatisierten Stube zu absolvieren – wer rastet, der rostet.
08.30 Uhr Während ich mich bei einem erfrischenden Wirbelbad entspanne, greife ich kurzentschlossen zur Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und rufe bei Edelbert an. Mein Bekannter nimmt das Gespräch nach dem zweiten Tuten an und plappert, dass er heute unbedingt zum Supermarkt krusen muss. Ich seufze laut und entgegne, dass auch in meinem Zuhause langsam die Lebensmittel zur Neige gehen. Um nicht Hunger leiden zu müssen, lasse ich den Professor wissen, dass ich ihn begleiten werde.


Meine Schwarzbeere

09.30 Uhr Nach dem Badespass kehre ich in die Küche zurück und nehme die wichtigste Mahlzeit des Tages ein. Ausserdem werfe ich prüfende Blicke in die Tageszeitung und erfahre, dass bereits morgen der 1. Mai ansteht – kaum zu glauben, wie schnell die Zeit doch vergeht.
10.15 Uhr Nachdem der Vierbeiner eine Portion Trockenfutter verdrückt hat, nehme ich die leistungsstarke Geschirrspülmaschine in Betrieb und scheuche Dixon zum Auto. Ruckzuck lasse ich den Motor aufheulen und gleite radiohörend zur sieben Meilen entfernten Markthalle – da kommt besonders grosse Freude auf.
11.00 Uhr Am Ziel angekommen, schüttle ich Edelberts Hand und mache es mir zur Aufgabe, einer Seniorin mit hellblauen Haaren einen Einkaufswagen streitig zu machen. Danach schreiten wir lachend durch die breiten Gänge und kommen überein, dass man sich von frechen Tattergreisen nichts gefallen lassen darf. Edelbert legt beste Laune an den Tag und verfrachtet neben schmackhafter Hershey’s Schokolade, frischem Obst, gesundem Bier auch zwei Pfund Hackfleisch in den Einkaufswagen. Ich tue es meinem Bekannten gleich und merke an, dass mir beim Anblick der Wurstwaren das Wasser im Mund zusammenläuft.
12.00 Uhr Nach sechzig Minuten streben wir zum Ausgang und werden von einer unfreundlichen Kassiererin angehalten, knapp 100 Dollars für die Lebensmittel zu bezahlen. Ich gebe mich skeptisch und verrate, dass ich ein armer Rentner bin und auf einen 25%igen Rabatt hoffe. Der übergewichtige Trampel lässt jedoch nicht mit sich reden und bittet mich, in Bar zu bezahlen oder meine Kreditkarte vorzuzeigen – gleich platzt mir der Kragen.


Ich zücke meine Bezahlkarte

12.30 Uhr Nachdem wir die schweren Tüten zu den Autos geschleppt haben, kehren wir mit dem Rüden im Schlepptau in die benachbarte “Dairy Queen” (löblich: Molkerei Königin) Gaststätte ein. Schnaufend und völlig verschwitzt werden wir an der Essensausgabe vorstellig und ordern Diät Colas sowie lustige Käseburger.
13.15 Uhr Mit vollen Mägen verlassen wir die Wirtschaft und wünschen einander schöne Nachmittage. Im Anschluss hüpfe ich in den SUV und gleite radiohörend zum Willoughby Drive zurück. Währenddessen lausche ich einem Jamey Johnson Lied und erfahre, dass der Landmusiksänger eine bisher unbekannte Johnny Cash Komposition für das Tribute-Album “Johnny Cash: Forever Words” (löblich: Für immer Worte) eingesungen hat – wie aufregend.


Johnny Cash – The Music: Forever Words

14.00 Uhr Zuhause angekommen, räume ich die Lebensmittel in den Kühlschrank und bette mich dann auf dem Wohnzimmerkanapee zur Ruhe. Alsbald döse ich ein und sehe mich im Traum ins kalifornische Berkeley versetzt.
15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag zu vertrödeln, finde ich mich nach der Pause am Schreibtisch ein und kümmere mich um die Anschnurseelsorge. Unter anderem klagt mir eine alleinerziehende Mutter auf Fürth ihr Leid und berichtet, dass ihre Tochter Patrizia (16) Handtelefonen verfallen ist. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen und rate der Dame, ihrem Kind das strahlende Apfel iFon wegzunehmen – gleich platzt mir der Kragen.
16.00 Uhr Entnervt gehe ich von der Leine und geselle mich in den Garten, um mit Dixon Ball zu spielen. Darüber hinaus nutze ich die Gelegenheit, um mit Frau Pontecorvo zu plaudern. Die Dame von nebenan nippt genüsslich an einer Tasse Kaffee und kündigt an, dass sie am Abend ins Lichtspielhaus gehen wird – das soll mir auch Recht sein.
17.00 Uhr Nachdem ich den Rasensprenger eingestellt habe, begebe ich mich in die Küche, um italienische Langnudeln mit Tomatensauce vorzubereiten. Dazu gibt es einen farbenfrohen Beilagensalat mit Tomaten, Gurkenscheiben und Blattsalat – schmeckt gar nicht schlecht.
18.00 Uhr Nach dem Essen lasse ich in der Wohnstube die Seele baumeln und gebe mich den Nachrichten hin. Ich informiere mich über die aktuellen Geschehnisse in der Welt und bringe heraus, dass im Laufe der Woche mit dem “National Day of Prayer” (löblich: Nationaler Tag des Gebets) ein wichtiger Feiertag ansteht – das hört man gerne.

19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechsle ich auf AMC und schaue mir die aufschlussreiche Dokumentation “78/52” an. Die französische Produktion beschäftigt sich mit Alfred Hitchcocks Meisterwerk “Psycho” aus dem Jahre 1960 und schildert, wie es dem englischen Regisseur gelang, mit seiner berüchtigten Duschszene das Kino zu revolutionieren. Ich mache grosse Augen und lerne in diesem Zusammenhang, dass die Dreharbeiten für den inszenierten Mord an der Hauptdarstellerin eine ganze Woche in Anspruch genommen haben – das ist ja allerhand.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Fernsehvergnügen schalte ich den neumodernen Flachbildschirm aus und lösche sämtliche Lichter. Danach wünsche ich Dixon angenehme Träume und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.