08.00 Uhr Beschwingt von der Kenny Chesney Komposition “Songs for the Saints” (löblich: Lieder für die Heiligen) hüpfe ich aus dem Bett und lerne, dass der Landmusiksänger Ende des Monats ein neues Studioalbum herausbringen wird. Ich reibe mir die Hände und vernehme weiter, dass der 50jährige mit dieser Veröffentlichung an den schrecklichen Hurrikan “Irma” erinnern möchte, der im letzten Jahr über die Karibik hinwegfegte.
09.00 Uhr Nachdem ich auf der Terrasse den Frühsport absolviert und mich abgeduscht habe, kehre ich in die Küche zurück und sehe mich mit Sandra konfrontiert. Mein Hausgast fuchtelt mit einem scharfen Messer vor meiner Nase herum und möchte wissen, ob ich auch ein Stück Honigmelone essen möchte. Natürlich schüttle ich spornstreichs mit dem Kopf und entgegne, dass ich mit Deftigerem Vorlieb nehmen werde. Bevor das Mädchen antworten kann, schlage ich fünf Eier in eine Pfanne und zaubere vitaminreiche Rühreier mit Speck und Käse.
09.30 Uhr Wenig später leiste ich der Maid am Küchentisch Gesellschaft und nehme die wichtigste Mahlzeit des Tages ein. Nebenher tratsche ich angeregt mit Sandra und bringe heraus, dass die Lebensmittelvorräte langsam aber sicher zur Neige gehen. Meine Tischnachbarin blickt traurig drein und ruft mich auf, sie in den Supermarkt zu begleiten. Ferner kündigt meine Mieterin an, etliche Flaschen Aperol kaufen zu wollen – das ist mir Wurst.
10.15 Uhr Weil Sandra mit den örtlichen Gegebenheiten nicht vertraut ist, lasse mich schlussendlich doch überreden, sie zum PUBLIX zu begleiten. Augenrollend scheuche ich den Vierbeiner zum Chevrolet und helfe ihm auf die Ladefläche. Anschliessend presche ich hupend von Dannen und gebe zu Protokoll, dass ich nicht gewillt bin, ein kleines Vermögen in Schminke und anderen Tand zu investieren. Meine Begleiterin beruhigt mich redlichst und sichert zu, die Rechnung aus der eigenen Tasche zu bezahlen – wie schön.
10.45 Uhr Kurz vor dem Elfuhrläuten betreten wir den Supermarkt meines Vertrauens und zögern nicht, einer störrischen Seniorin mit hellblauen Haaren einen Einkaufswagen streitig zu machen.
11.00 Uhr Während wunderschöne Musik des aus Seattle, WA stammenden Sopransaxophonist Kenny G aus den Supermarktlautsprechern dröhnt, schieben wir das klapprige Gefährt durch die breiten Gänge und wählen unter anderem vegane Kartoffelchips, Gemüse, Tiefkühlkost sowie allerhand Konservendosen aus. Unterdessen erfahre ich, dass Sandra mit dem Gedanken spielt, am Wochenende Frau Pontecorvo zum Essen einzuladen. Ich werde augenblicklich hellhörig und höre, dass meine Mieterin eine Spinatlasagne zubereiten wird – Pfui Teufel.
Spinat – Nein Danke
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit werden wir an der Kasse Nummer 7 vorstellig und Sandra rechnet vor, dass eine Flasche Aperol in Deutschland lediglich 10 Euros kostet. Ich zucke gelangweilt mit den Schultern und merke an, dass ich kein Freund dieses Likörs bin. Um mir nicht noch länger die Beine in den Bauch stehen zu müssen, werfe ich die anderen Produkte aufs Band und dränge Sandra dazu, ihre Geldbörse hervorzuholen – immerhin habe ich meine Zeit nicht gestohlen.
12.30 Uhr Da das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, schlendern wir nach dem Schoppingvergnügen in die benachbarte Dairy Queen (löblich: Molkereikönigin) Gaststätte. Während ich ein Ham & Cheese Sandwich (löblich: Schinken und Käse Brot) fresse, begnügt sich Sandra mit einem kleinen Salat. Trotz alledem lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und erinnere daran, dass Morgen der 4. Juli ansteht. Sandra nickt eifrig und sagt, dass sie anlässlich des Feiertages die grosse Parade entlang der 5th Avenue besuchen und am Abend das Feuerwerk am Hafen anschauen will – das hört sich verlockend an.
13.30 Uhr Endlich sind wir wieder zu Hause und können den Eiskasten auffüllen. Sandra hilft tatkräftig mit und fasst nach der Arbeit den Entschluss, ein Aperol Spritz Mischgetränk zu trinken und sich faul in die Händematte zu legen. Ich seufze laut und kippe mir ein eisgekühltes Budweiser hinter die Binde – das tut gut.
Ich trinke Bier
14.15 Uhr Nach der Erfrischung bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe und schliesse die Augen. Prompt döse ich ein und träume vom Münchner Oktoberfest.
15.15 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, hüpfe ich vom Sofa und gehe Anschnur. Im Rahmen der Internetzseelsorge nehme ich mich der Sorgen eines 59jährigen Automobilverkäufers aus Speyer an und lese, dass er grosse Probleme mit seinen marodierenden Nachbarn hat. Ich schlage entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen und rate, sich nichts gefallen zu lassen und gegebenenfalls mit Waffengewalt gegen die ostdeutsche Familie vorzugehen – wo kämen wir denn da hin.
16.15 Uhr Nach einer Stunde schalte ich den Heimrechner aus und geselle mich zu Sandra auf die schattige Terrasse. Mein Hausgast legt ihre Sonnenbrille beiseite und berichtet, dass sie sich gleich mit John Avanzatti zum Eisessen treffen wird. Ich werfe dem Kind skeptische Blicke zu und animiere es, nicht auf die Annäherungsversuche des Italo-Amerikaners einzugehen. Meine Mieterin gibt mir Recht und verspricht, spätestens um 22 Uhr zurück zu sein – wie beruhigend.
17.00 Uhr Nachdem sich Sandra verabschiedet hat, schlendere ich in die klimatisierte Küche und bereite das Nachtmahl vor. Unter Dixons fordernden Blicken brate ich ein Schnitzel heraus und koche gesunde Nudeln auf.
Der Independence Day erinnert an die amerikanische Unabhängigkeit
18.15 Uhr Nach der Hausarbeit gehe ich zum gemütlichen Teil des Tage über und fröne den FOX Nachrichten. Unter anderem wird ausführlich über den morgigen Nationalfeiertag berichtet und der Moderator erzählt, dass sich Präsident Donald Trump mit Familienmitgliedern zu einem Picknick treffen wird – wie schön.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf HBO und lasse die Seele beim Westernfilm “Open Range” (auf deutsch: Weites Land) baumeln. Der Lichtspielhauserfolg aus dem Jahre 2003 erzählt aus dem Leben eines Rinderzüchters, der sich mit einem Grossgrundbesitzer anlegt – wie aufregend.
21.30 Uhr Nach zweieinhalbstündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Fernsehabend und begleite Dixon noch einmal in den Garten. Danach verschliesse ich Fenster und Türen sorgsam und lege mich schlafen. Gute Nacht.