20. Februar 2013 – Auf Wiedersehen Toronto

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07.30 Uhr Der Wecker klingelt und ich hüpfe gutgelaunt aus dem Bett. Während Dixon mit der Rute wedelt, trete ich ans Fenster und strecke mich ausgiebig. Nebenbei erzähle ich dem Vierbeiner, dass uns James am Nachmittag zum “Lester B. Pearson” Flughafen bringen wird. Ich seufze laut und kündige an, dass wir uns gegen 16 Uhr in einem Luft Kanada (unlöblich: Air Canada) Stahlvogel wiederfinden und nach Florida ausfliegen werden.
09.15 Uhr Kurz nach dem Neunuhrläuten ziehe ich den Reissverschluss meines Rollkoffers zu und geselle mich zu meinen Verwandten, um mir das letzte kanadische Frühstück schmecken zu lassen. Bei dieser Gelegenheit plaudern wir angeregt und vereinbaren, dass wir das Mittagessen auswärts einnehmen sollten. Georg gibt sich uns als Feinschmecker zu erkennen und sagt, dass er einen Tisch im “Auberge Du Pommier” reserviert hat – wie schön.
10.15 Uhr Nach dem Frühstück folge ich meinem Bruder in die Bibliothek und spreche ihn bezüglich seines nächsten Abstechers nach Florida an. Der Gute zündet sich eine dicke Zigarre an und meint, dass er spätestens Mitte März nach Naples kommen wird, um unseren Verwandten Robert Pfaffenberg zu treffen. Ich versorge Georg mit Infos und erwähne, dass ich den Lenzmonat womöglich gar nicht in Florida verbringen werde. Zudem gebe ich zu Protokoll, dass ich mit Edelbert den Appalachian Trail von seinem Ursprung im Springer Mountain bis zum Mount Katahdin in Maine abwandern möchte. Mein Gegenüber hat nur Hohn und Spott über und mutmasst, dass wir am ersten Tag schlapp machen werden – papperlapapp.
11.15 Uhr Als der Minutenzeiger meiner goldenen ROLEX auf Viertel nach 11 deutet, klatscht Georg in die Hände und führt uns zum JEEP. Wir verladen das Reisegepäck auf die Ladefläche und fahren zügig zur 6 Kilometer entfernten Gaststätte. Georg kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und sagt, dass er uns nach dem Mittagessen zu den Kindern bringen wird – wie schön.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit betreten wir das noble “Auberge Du Pommier” und werden von einem gestriegelten Ober zu einem Ecktisch geführt. Der hochnäsige Knecht füllt die Gläser mit Tafelwasser auf und kredenzt Dixon etwas angebratenes Rindfleisch. Ich bedanke mich und werfe prüfende Blicke in die Mittagskarte. Anstatt aus Hunderten nummerierten Gerichten auswählen zu können, finde ich lediglich drei Hauptgerichte und zwei Vorspeisen vor. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und ordere Muscheln nach Art des Hauses.
12.45 Uhr Während wir die Meeresfrüchte kosten, berichten meine Verwandten, dass der Küchenchef zu den besten Köchen auf dem nordamerikanischen Kontinent zählt. Ich tunke etwas Knoblauchbrot in die Weissweinsauce und entgegne, dass man in der Pizzeria “La Casareccia” viel besser isst.
13.30 Uhr Nachdem Georg die Rechnung beglichen hat, fahren wir in den Stadtteil Markham weiter. Ich spähe auf meine Uhr und lasse meinen Bruder wissen, dass unser Flieger in zweieinhalb Stunden starten wird. Der gute Mann beruhigt mich redlichst und meint, dass wir den Direktflug nach Fort Myers bestimmt nicht verpassen werden.
14.00 Uhr Wir werden von den Kindern herzlich begrüsst. Während Edelbert mit Amanda tratscht, werfe ich die Koffer in James Auto. Darüber hinaus dränge ich den Buben zur Abfahrt und vergesse auch nicht, meinen Liebsten Lebewohl zu sagen.

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View of Toronto skyline from Toronto Harbour
Bild: John Vetterli

14.45 Uhr Nach einer Hochgeschwindigkeitsfahrt passieren wir das Willkommensschild des “Lester B. Pearson” Flughafens. James parkt den SUV vor dem International Terminal und ist so freundlich, uns zum AIR CANADA Schalter zu begleiten. Ich wische mir mit dem Handrücken über die Stirn und gebe der Dame hinter dem Tresen zu verstehen, dass wir eine lange Odyssee hinter uns haben. Die kleine Frau händigt uns lächelnd die Einsteigekarten aus und sagt, dass der Flieger wenige Minuten Verspätung haben wird – das ist wieder typisch.
15.30 Uhr Nachdem wir Dixon in eine Transportbox verfrachtet haben, schütteln wir James Hand und sichern zu, Morgen aus Naples anzurufen.
16.00 Uhr Völlig erschöpft finde ich mich im hinteren Teil des AIRBUS 320 ein und kann den Abflug kaum noch erwarten. Edelbert nörgelt währenddessen in einer Tour und setzt mich darüber in Kenntnis, dass ihm die Muscheln wie Steine im Magen liegen – wo soll das noch hinführen.
16.30 Uhr Nach 30 Minuten erhebt sich das Flugzeug in die Lüfte. Ich atme tief durch und ziehe es vor, die Augen zu schliessen und etwas zu dösen. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
18.30 Uhr Just als ich mich im Traum am zugefrorenen Lake Simcoe stehen sehe, stösst mich Edelbert in die Seite und behauptet, dass ich fast zwei Stunden geschlafen habe. Ausserdem erfahre ich, dass sich mein Bekannter in der Zwischenzeit drei Whiskeys bestellt hat und sich wie neugeboren fühlt. Ich nicke eifrig und ordere ebenfalls einen hochprozentigen Trunk aus Tennessee – schmeckt gar nicht schlecht.
19.30 Uhr Endlich setzt der Stahlvogel auf der Landebahn des “Southwest Florida International Airport” auf. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, laufe ich mit dem Handgepäck zum Ausgang. Obgleich mich eine vorlaute Flugbegleiterin auffordert, auf die Mitreisenden Rücksicht zu nehmen, lasse ich mich beirren und verlasse als einer der ersten Passagiere die Maschine.
20.15 Uhr Nachdem wir Hund Dixon abgeholt haben, schlendern wir ins Hauptgebäude und sehen uns mit Frau Pontecorvo konfrontiert. Die Dame reicht uns die Hand und sagt, dass sie seit zwei Stunden auf uns wartet. Danach lotst uns die kleine Frau zum Auto und prescht mit durchdrehenden Pneus gen Süden davon. Nebenbei löchert uns Frau Pontecorvo mit Fragen und wir sehen uns genötigt, den Urlaub in allen Einzelheiten Revue passieren zu lassen.
21.00 Uhr Ich stosse die Pforte zur kleinen Villa auf und stelle wohlwollend fest, dass Frau Gomez heute zugegen war, um den Haushalt auf Vordermann zu bringen. Da sich Dixon kaum noch auf den Beinen halten kann, stelle ich den DELSEY Rollkoffer im Gang ab und animiere den Vierbeiner, ins Wasserbett zu hüpfen und sich einzurollen. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und lege mich dann ebenfalls schlafen. Gute Nacht.

Ein lustiger AIR CANADA AIRBUS 320 landet auf dem Lester B. Pearson Flughafen:

14. Februar 2013 – Kaffeekränzchen bei Amanda

pfaffenbergkl

07.45 Uhr Ich werde durch lautes Bellen aus einem schönen Traum gerissen. Hund Dixon zerrt aufgeregt an der Bettdecke und nimmt sich das Recht heraus, mich in die Hand zu zwicken. Ich komme aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus und stehe dann auf, um meiner Familie einen schönen guten Morgen zu wünschen.
08.30 Uhr Weil Maria die wichtigste Mahlzeit des Tages vorbereitet, verabschiede ich mich in die Nasszelle und lasse die Seele bei einem Wirbelbad baumeln. Nebenher fröne ich dem Programm eines örtlichen Radiosenders und bringe heraus, dass heute der Valentinstag gefeiert wird. Obgleich sich eigentlich nur Liebespaare etwas schenken, fasse ich den Entschluss, Blumensträusse für Maria und Amanda zu besorgen.

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Bild: Janine from Mililani, Hawaii, United States

09.30 Uhr Nach der Morgenwäsche nehme ich am Esstisch Platz. Während ich kraftvoll zubeisse und meine Kehle mit heissem Tee spüle, spreche ich Georg bezüglich des JEEPS an. Mein Bruder schenkt mir ein Lächeln und meint, dass ich mir das Auto jederzeit ausborgen kann. Ich bedanke mich und entgegne, dass ich Besorgungen machen und ausserdem Amanda einen Besuch abstatten muss.
10.15 Uhr Als ich Edelbert einlade, mich zu begleiten, windet sich der schlaue Mann aus der Verantwortung und sagt, dass er den Tag nutzen möchte, um in der Bibliothek Fachliteratur zu studieren. Ich zucke mit den Schultern und lasse den Professor wissen, dass ich unter diesen Umständen den Vierbeiner zu Hause lassen werde.
10.45 Uhr Nachdem ich mir den Mund an einer Serviette mit Goldstickereien abgewischt habe, rase ich mit durchdrehenden Pneus von dannen. Gutgelaunt kruse ich durch das Wohngebiet und muss an einem Zebrastreifen anhalten, um plärrende Schulkinder über die Strasse zu lassen. Ich nehme die Meute argwöhnisch in Augenschein und komme zu dem Schluss, dass die kanadische Jugend auch vom Gehirnbrand befallen wurde.
11.30 Uhr Kurz nach dem Elfuhrläuten finde ich mich in der “Centerpoint Mall” wieder und suche als erstes ein Sportgeschäft auf. Ich winke eine däumchendrehende Verkäuferin herbei und erkläre ihr, dass ich morgen im “Air Canada Center” sein und mir ein Lacrosse Spiel der “Toronto Rocks” anschauen werde. Ferner frage ich nach einer passenden Garderobe und werde prompt zu einem Regal mit Vereinsdevotionalien geführt. Da uns David (7) begleiten wird, fackle ich nicht lange und kaufe auch ein Hemd für den Kleinen.
12.15 Uhr Um 98 Dollars ärmer, laufe ich in ein Blumengeschäft und erwerbe zwei Tulpensträusse für je 30 Dollars. Im Anschluss lege ich eine kleine Pause im KFC Hühnerrestaurant ein und verzehre vitaminreiche “Big Crunch” (löblich: Gross Knusprig) Burger mit Salat. Dazu gibt es einen halben Liter Diet Coke – das schmeckt.
13.00 Uhr Nachdem ich mir auf der Toilette die Hände gewaschen und einen Ketchupfleck von der Jacke gewischt habe, rase ich in den Stadtteil Markham weiter. Während der Reise lausche ich dem Landmusiksender KX96 und habe das Vergnügen, ein neues Emmylou Harris Lied zu hören – da kommt Freude auf.

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Das Haus der Kinder – Sommer 2012

13.45 Uhr Endlich komme ich mit quietschenden Bremsen vor dem Haus der Kinder zum Stehen. Ich gleite vom Fahrersitz und staune nicht schlecht, als mir James die Haustüre öffnet. Der junge Mann gibt sich jedoch kurzangebunden und sagt, dass er gleich wieder ins Studio fahren muss. Ich lobe den fleissigen Buben und informiere, dass ich nur vorbeigekommen bin, um Amanda Valentinsgrüsse auszurichten. James deutet zur Küche und unterbreitet, dass seine Alte gerade einen Kuchen aus dem Backofen holt – das ist phantastisch.
14.15 Uhr Ich werde von Amanda zum Kaffeekränzchen eingeladen und vernehme, dass es David kaum noch erwarten kann, ein Lacrosse Spiel zu sehen. Ich nicke eifrig und erörtere, dass sich ihr Sohn auch über ein “Toronto Rocks” Trikot freuen darf. Amanda ist begeistert und füllt meinen Becher mit Kaffee auf – wie schön.
15.00 Uhr Um keine Wurzeln zu schlagen, wünsche ich meiner Gastgeberin einen schönen Nachmittag und ziehe es vor, die Heimfahrt anzutreten. Ich lasse den Wählhebel der Automatikschaltung in die “D” Stellung einrasten und fahre auf der Steeles Avenue gen Westen davon.
15.45 Uhr Ich finde das Stadthaus verlassen vor und erfahre von Haushälterin Grace (48), dass die lieben Leute einen Spaziergang unternehmen. Ich gähne ausgiebig und lege mich dann auf Kanapee, um etwas zu schlafen – immerhin bin ich nicht mehr der Jüngste.
16.45 Uhr Wenig später kommen Edelbert, Georg und Maria mit Hund Dixon im Schlepptau nach Hause. Während meine Schwägerin den Blumenstrass in Empfang nimmt und sich in der Küche nützlich macht, leiste ich den Männern Gesellschaft und koste einen Whiskey aus Tennessee. Bei dieser Gelegenheit versorgt mit der Professor mit Fakten und plappert davon, dass es ein Spass war, im “Gouling Park” Stöckchen zu werfen. Ich falle Edelbert prompt ins Wort und berichte, dass ich währenddessen Amanda mit einem Besuch überrascht habe.
17.30 Uhr Als mein Magen laut knurrt, ruft uns Maria ins Esszimmer. Wir folgen dem Aufruf anstandslos und erfreuen uns an käseüberbackenen Macaronis und Tomatensalat – wie gut das duftet.
18.30 Uhr Nach der Hausarbeit legen wir in der guten Stube die Beine hoch und geben uns der Verbrecherschau COPS auf dem Spartenkanal truTV hin. Wir amüsieren uns köstlich und werden Zeugen, wie sich ein entlaufender Sträfling eine Verfolgungsjagd mit schwerbewaffneten Ordnungshütern liefert. Letztendlich macht einer der Polizisten kurzen Prozess und streckt den Ausbrecher mit einem Kopfschuss nieder – wie aufregend.
19.30 Uhr Zur besten Sendezeit schiebt Georg eine DVD ins Abspielgerät. Ich lehne mich kartoffelchipsknabbernd zurück und schaue mir den Western “The Outlaw Josey Wales” (auf deutsch: Der Texaner) mit Clint Eastwood an.
21.30 Uhr Als nach zweistündiger Spitzenunterhaltung der Abspann über die Mattscheibe flimmert, erhebe ich mich vom Sessel und begleite Dixon in den Garten. Danach hänge ich meine Kleidung über den Stuhl und gehe ins Bett. Gute Nacht.

COPS ist eine prima Sendung:

13. Februar 2013 – Aschermittwoch

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“Ash Wednesday” (1881) – Julian Falat

Sehr verehrte Damen und Herren,

in meiner bayerischen Heimat wird heute der Aschermittwoch begangen. Der Tag, an dem das unlöbliche Faschingstreiben sein Ende findet, markiert zugleich den Beginn der Fastenzeit. Das österliche Fasten endet nach 40 Tagen in der Karwoche und soll an die schwere Zeit erinnern, die Jesus einst in der Wüste verbringen musste.

Viele Gläubige pilgern am heutigen Mittwoch in die festlich geschmückten Kirchen, um sich eine Aschekreuz auf die Stirn zeichnen zu lassen. Obgleich der Aschermittwoch in Bayern kein offizieller Feiertag ist, müssen die Arbeitgeber ihren Angestellten den Besuch der heiligen Messe ermöglichen und sie für diese Zeit von der Arbeit freistellen – wie schön.

In den Vereinigten Staaten von Amerika sowie in Kanada ist Aschermittwoch nur wenigen Menschen bekannt. Trotzdem habe ich heute gemeinsam mit Prof. Kuhn und meinen Verwandten eine katholische Kirche in Barrie besucht. Danach wurde ich von meinem Bruder in ein zünftiges Gasthaus am Lake Simcoe eingeladen. Wir verbrachten wunderschöne Stunden und krusten anschliessend nach Toronto zurück.

Am Abend wurden wir von James und Amanda zum Essen ausgeführt. David war ganz aus dem Häuschen und wollte alles über unseren gestrigen Casinobesuch in Orillia wissen. Selbstverständlich habe ich dem Kleinen bereitwillig Auskunft erteilt und anschaulich dargelegt, dass Glücksspiele grossen Spass bereiten.

Ich möchte mich nun mit einem Zitat aus dem Buch Mose verabschieden und meinen treuen Lesern einen gesegneten Aschermittwoch wünschen: “Bedenke Mensch, dass du Staub bist, und zum Staub zurückkehrst”.

Mit freundlichen Grüssen
Reinhard Pfaffenberg

12. Februar 2013 – Casino Rama

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07.30 Uhr Ich stehe zeitig auf und nehme mir das Recht heraus, Georg und Maria zu wecken. Wild gestikulierend finde ich mich am Bett ein und gebe meinen Verwandten zu verstehen, dass ich heute nach Orillia fahren möchte. Mein Bruder beruhigt mich redlichst und meint, dass ich nicht so hektisch sein sollte. Bei dieser Gelegenheit erfahre ich, dass wir nach dem Frühstück losfahren und gegen 11 Uhr im “Casino Rama” sein werden – wie schön.
08.00 Uhr Während sich die lieben Leute um das Frühstück kümmern, ziehe ich mich ins Badezimmer zurück und entspanne mich bei einem wärmenden Vollbad. Nebenher segle ich mit dem iPad durchs Internetz und bringe heraus, dass das dem Casino angeschlossene “Lombardi’s” Italiengasthaus derzeit renoviert wird. Trotzdem lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und entschliesse mich, das Mittagessen stattdessen im “St. Germain’s Steakhouse” einzunehmen. HEUREKA – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
09.00 Uhr Wenig später setze ich mich an den Frühstückstisch und trinke eine Tasse Earl Grey (löblich: Graf Grau) Tee. Edelbert nimmt meine fesche Garderobe in Augenschein und mutmasst, dass es nicht angebracht ist, das Casino im Smoking zu besuchen. Ich erhebe den Zeigefinger und stelle klar, dass gutes Aussehen in der heutigen Zeit sehr wichtig ist. Nebenbei lasse ich Hund Dixon vom Wurstbrot abbeissen und erkläre ihm, dass er brav sein muss und Maria keine Sorgen bereiten darf.
09.45 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten verabschieden wir uns und hüpfe in den JEEP. Georg schiebt eine Kompaktscheibe mit den grössten Jackson Browne Schlägen in die Musikanlage und prescht mit durchdrehenden Reifen von dannen. Während der Autofahrt tratsche ich angeregt mit meinen Begleitern und kündige an, mich an den einarmigen Banditen vergnügen zu wollen.
11.00 Uhr Nach 80 Kilometern kommen wir vor dem “Casino Rama” Haupteingang zum Stehen und bitten einen Hotelknecht, das Auto in der Parkgarage abzustellen. Anschliessend geben wir unsere Mäntel am Empfang ab und eilen gutgelaunt in das Casino. Während Edelbert eine aufreizend gekleidete Blondine (24) mit barocken Formen betrachtet, setze ich mich an einen Spielautomaten und werfe funkelnde Toonies (= 2 kanadische Dollars) in den Geldschlitz – leider ohne Erfolg.

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Bild: en:User:Pcb21

11.30 Uhr Weil ich nach einer halben Stunde knapp 50 Dollars verloren habe, wechsle ich den Platz und fordere mein Glück an einem Kartenspielgerät aus dem Hause “Ballys” heraus. Leider ist es mir auch hier nicht möglich, vier Karten der gleichen Farbe in eine Reihe zu bekommen.
12.00 Uhr Nachdem ich 20 weitere Dollars verloren habe, stosse ich Edelbert in die Seite und frage nach Georg. Der schlaue Mann blickt gebannt auf die Glücksspielautomaten und entgegnet, dass er wichtigeres zu tun hat.
12.30 Uhr Missmutig stehe ich auf und schlendere durch die Casinohalle, um nach Georg Ausschau zu halten. Bald werde ich an einem Kartenspieltisch fündig und höre, dass mein Bruder in der letzten Stunde 150 Dollars gewonnen hat. Ich rolle entnervt mit den Augen und lade Edelbert ins Schnitzelgasthaus ein.
13.00 Uhr Wir nehmen an einem einladenden Fenstertisch Platz und bestellen bei einem hochnäsigen Kellner “Caesar Salads” sowie vitaminreiche “Porterhouse Steaks” mit Folienkartoffeln und Saisongemüse.
13.30 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen und Langgetränke (unlöblich: Longdrinks) schlürfen, blättere ich in einer Broschüre und lerne, dass im “Casino Rama” weltbekannte Stars (löblich: Sterne) pörformen. Edelbert deutet auf die Photografie des Sängers Michael Bolton und unterbreitet, dass der Mann am Samstag im “Auditorium” auftreten wird. Ich schnalze mit der Zunge und lasse meinen Bekannten wissen, dass wir sofort Billets kaufen sollten. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und sagt, dass wir dann aber die lange Anfahrt aus Toronto auf uns nehmen müssten.
14.45 Uhr Nachdem wir das Mittagessen mit Schaumkaffees abgerundet haben, kehren wir in die Spielhalle zurück und füttern die Maschinen mit Kleingeld. Schon bald gesellt sich Georg zu uns und schimpft, weil er 200 Dollars beim Black Jack verloren hat. Ich rücke meinem Verwandten einen Stuhl zurecht und animiere ihn, unserem Beispiel zu folgen und ausschliesslich um kleine Beträge zu spielen.

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Georg frönt dem Black Jack Kartenspiel

15.30 Uhr Als uns eine rothaarige Casinomaid mit Freigetränken versorgt, komme ich auf das Michael Bolton Konzert zu sprechen und erkläre, dass es seit vielen Jahren ein Wunschtraum ist, den Sänger auf der Bühne zu erleben. Mein Bruder macht grosse Augen und antwortet, dass seine Ehefrau eine glühende Verehrerin dieses Künstlers ist – wie schön.
16.15 Uhr Um Nägel mit Köpfen zu machen, suchen wir den Eintrittskartenschalter in der Lobby auf und fragen die Dame hinter dem Tresen, ob noch Plätze verfügbar sind. Die Maid lässt ihre Wurstfinger über eine Heimrechnertastatur sausen und bestätigt, dass nur noch 90 der 5.000 Sitzplätze frei sind. Wir nicken eifrig und machen es uns zur Aufgabe, 4 Karten zu je 65 Dollars zu kaufen.
17.00 Uhr Danach kehren wir in die “Sports Bar” ein und ordern süffige Coors Light (löblich: Leicht) Hopfenkaltschalen. Nebenbei lauschen wir den stimmungsvollen Klängen, die aus der Jukebox dröhnen und verzehren lustige Zwiebelringe – das tut gut.
18.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, dem Casino auf Wiedersehen zu sagen und nach Gilford zurückzufahren. Wir begleichen die Zeche und laufen dann zum Auto, um bei leichtem Schneetreiben die Heimfahrt anzutreten.
19.00 Uhr Nach einer sechzigminütigen Hochgeschwindigkeitsfahrt tut sich der Lake Simcoe vor uns auf. Wir verlassen die Schnellstrasse und krusen auf einem Feldweg zum Ferienhaus. Zuhause angekommen, werden wir von Maria und Hund Dixon freudig begrüsst. Ich streichle dem Rüden über den Kopf und vernehme, dass der Vierbeiner während meiner Abwesenheit sehr artig war. Nebenbei lotst uns Maria ins warme Haus und verwöhnt uns mit einem italienischen Nudelschichtgericht (unlöblich: Lasagne) – das schmeckt.
20.00 Uhr Wir lassen den nervenaufreibenden Tag in der guten Stube ausklingen und berichten von unseren Abenteuern in Orillia. Natürlich löchert uns Maria mit Fragen und möchte wissen, wie viel Geld wir verloren haben. Ich blicke deprimiert drein und verrate meiner Schwägerin, dass ich knapp 200 Dollars in den einarmigen Banditen gelassen hat. Zudem überreicht Georg seiner Frau die Michael Bolton Eintrittskarten und behauptet, dass wir am kommenden Freitag das Lacrosse Spiel der “Toronto Rocks” gegen die “Calgary Roughnecks” sehen und Tags darauf einen der grössten noch lebenden Entertainer (löblich: Unterhalter) erleben werden. Maria kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus und drückt Georg ein schmatzendes Bussi auf die Wange.
21.00 Uhr Zu guter Letzt führe ich Dixon um das Ferienhaus und werde Zeuge, wie er sein Beinchen an einem stattlichen Schneehaufen hebt. Im Anschluss ziehe ich den Smoking aus und gehe zufrieden ins Bett. Gute Nacht.

Casino Rama in Orillia (Ontario):

11. Februar 2013 – Rosenmontag

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07.30 Uhr Die 7. Woche des Jahres beginnt und aus dem Radio dröhnt ein schönes Lied. Ich strecke mich ausgiebig und eile dann in die Küche, um Maria einen schönen guten Morgen zu wünschen. Meine Schwägerin erwidert den Gruss und meint, dass wir heute nicht nach Orillia krusen werden. Als ich genauer nachfrage, deutet die Gute zum Schlafzimmer und behauptet, dass Georg mit einem Schnupfen im Bett liegt – wie unlöblich.
08.00 Uhr Trotz der schlechten Nachrichten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und gönne mir eine heisse Dusche. HEUREKA – immerhin ist Ordnung und Sauberkeit das halbe Leben.
09.00 Uhr Nachdem ich mich angezogen habe, setze ich mich an den Frühstückstisch und werde Zeuge, wie mein Bruder aus dem Niesen gar nicht mehr herauskommt. Ferner schnäuzt der gute Mann in ein Taschentuch und sagt, dass er morgen wieder gesund sein und ein Mittagessen im “Casino Rama” spendieren wird. Ich nicke eifrig und entgegne, dass ich gleich einen ausgedehnten Spaziergang mit Hund Dixon und Edelbert unternehmen werde. Der Professor freut sich und füllt meine Kaffeetasse mit brauner Brühe auf – wie schön.
10.00 Uhr Nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages schlüpfe ich in die Winterjacke und nehme den Rüden an die Leine. Danach vertreten wir uns die Beine und folgen dem Wanderweg in Richtung Süden. Edelbert steckt sich eine stinkende Zigarre an und macht mich auf den Umstand aufmerksam, dass der kanadische Winter ziemlich hart ist. Ich nickt eifrig und erwähne, dass das Aussenthermometer immer noch – 5°C anzeigt.
10.30 Uhr Nach dreissig Minuten passieren wir ein Bootshaus und treffen auf einen älteren Herren, der just im Moment damit beschäftigt ist, einen Eisbohrer aus der Hütte zu schleppen. Wir lüften unsere Pelzhauben und erkundigen uns, ob sich der Heini im Eisfischen versuchen möchte. Der Unbekannte gibt sich uns als Park Ranger (löblich: Parkhüter) zu erkennen und plappert davon, dass er Wasserproben entnehmen und diese ins Labor bringen muss – wie aufregend.
11.15 Uhr Weil ein kühles Lüftchen aus nördlicher Richtung aufkommt, suchen wir Schutz im Wald und treten den Heimweg an. Edelbert redet unterdessen ohne Punkt und Komma auf mich ein und meint, dass uns Maria mit einem prima Mittagessen überraschen wird. Ich reibe mir den Bauch und entgegne, dass meine Schwägerin eine Meisterköchin ist und höchstwahrscheinlich einen vitaminreichen Braten auftischen wird.
12.30 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten sind wir wieder zu Hause und finden das Feriendomizil verlassen vor. Zu allem Überfluss liegt eine handschriftlich aufgesetzte Notiz auf dem Küchentisch und wir erfahren, dass meine Verwandten nach Gilford gefahren sind. Edelbert macht grosse Augen und setzt mich darüber in Kenntnis, dass Georg und Maria Hustensaft kaufen und anschliessend in die Sauna gehen wollen. Ich seufze laut und mache es mir zur Aufgabe, sechs Eier aufzuschlagen und Rühreier zu zaubern – wie gut das duftet.
13.15 Uhr Nach der Brotzeit falle ich erschöpft ins Bett und lasse die Seele baumeln. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von meiner kleinen Villa im fernen Naples.

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Meine kleine Villa unter Palmen

14.15 Uhr Just als ich mich im Traum mit Frau Pontecorvo auf der fliegenvergitterten Terrasse sitzen sehe, poltern meine Verwandten zur Türe herein. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und höre, dass die zwei einen schönen Vormittag in Gilford verbracht haben. Georg versorgt mich mit Infos und unterbreitet, dass ihm der Saunagang sehr gut getan hat. Zudem präsentiert mein Bruder ein Netz mit Erdäpfeln und sagt, dass wir am Abend Kartoffelsuppe essen werden. Ich winke ab und antworte, dass mir ein saftiges Schnitzel lieber wäre.
15.00 Uhr Während Maria die Knollen schält, lasse ich mich am Kamin nieder und segle mit dem iPad durchs Internetz. Unter anderem studiere ich die Nachrichten auf N-TV.de und lerne, dass heute in Deutschland Rosenmontag gefeiert wird – wie unlöblich.
15.45 Uhr Als ich eine elektronische Depesche meiner Mieterin studiere und erfahre, dass Papst Benedikt VXI. sein Pontifikat zum Monatsende aufgibt, bricht Dixon plötzlich in aggressives Bellen aus. Wir spähen neugierig aus dem Fenster und sehen einen grossen Hirsch, der ungeniert am Ferienhaus vorbeimarschiert – wie aufregend.

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Papst Benedikt XVI. kündigt seinen Rücktritt an

16.30 Uhr Nachdem der Wiederkäuer das Weite gesucht hat, schlendere ich mit Hund Dixon im Schlepptau zum Nebenhaus, um Brennholz zu holen. Nebenbei tratsche ich mit Edelbert und lasse ihn wissen, dass seit achthundert Jahren ein Papst nicht durch Tod, sondern durch Rücktritt aus seinem Amt ausscheiden wird. Der Professor blickt traurig drein und antwortet, dass der heilige Vater womöglich krank ist und keine Kraft mehr aufbringt, um den Petrusdienst auszuüben – wie wahr.
17.00 Uhr Im Anschluss verfrachte ich das Holz in den Kamin und freue mich, als uns Maria endlich zum Abendessen ruft. Bei Kerzenschein und romantischer Michael Bolton Musik beissen wir kraftvoll zu und verabreden, dass wir morgen gegen 10 Uhr nach Orillia fahren sollten. Maria ist jedoch gar nicht begeistert und sagt, dass sie mit Dixon am Lake Simcoe bleiben wird. Georg schenkt mir ein Lächeln und kündigt an, dass es ein Vergnügen werden wird, im “Casino Rama” ein kleines Vermögen zu verspielen.
18.00 Uhr Um endlich zur Ruhe zu kommen, machen wir es uns vor dem Fernseher gemütlich. Ich trinke einen Whiskey und drücke mich zufrieden durch die Satellitenprogramme. Nach kurzer Suche bleibe ich auf HBO hängen und fröne dem sehenswerten Spätwestern “Heavens Gate” (auf deutsch: Das Tor zum Himmel).
19.00 Uhr Während Georg gesalzene Pistazien knabbert und Weisswein schlürft, tauche ich in das Leben osteuropäischer Einwanderer ein, die sich um 1890 in Wyoming niederliessen – da kommt Spannung auf.
22.00 Uhr Nach dreistündiger Spitzenunterhaltung flimmert der Abspann über den Bildschirm und ich lasse Dixon noch einmal ins Freie hinaus. Anschliessend wünsche ich den Anwesenden angenehme Träume und gehe zu Bett. Gute Nacht.

Wir lauschen stimmungsvoller Michael Bolton Musik: