08.00 Uhr Ich rolle mich zufrieden aus dem bequemen Wasserbett und bemerke beim Blick aus dem Fenster, dass uns Petrus heute gar nicht wohlgesonnen ist. Anstatt mit Sonnenschein zu verwöhnen, beschert uns der Hüter der Himmelspforte stetigen Regen und sehr kühle Temperaturen – wo soll das noch hinführen.
08.30 Uhr Nachdem ich die Morgengymnastik in der trocknen Stube absolviert habe, bitte ich die AMAZON Echo Musiksäule, stimmungsvolle Jimmy Buffett Klänge anzustimmen. Das technische Wunderwerk setzt meinen Befehl prompt in die Tat um und beschallt die kleine Villa mit dem Gassenhauer “Margaritaville” aus dem Jahre 1977.
Hallo Alexa
09.00 Uhr Während ich die Seele bei einem Wirbelbad baumeln lasse, telefoniere ich mit Georg und vernehme, dass meine Verwandten bald nach Fort Myers krusen und die “Bob Rauschenberg Gallery” besuchen wollen. Ich lache laut und mutmasse, dass Maria ein Vermögen in eine lächerliche Vase investieren möchte. Mein Bruder belehrt mich jedoch eines Besseren und unterbreitet, dass in der Galerie lediglich Kunstwerke ausgestellt werden. Da ich nichts besseres zu tun habe, fordere ich den guten Mann auf, gegen 10 Uhr vorbeizukommen und mich abzuholen.
09.45 Uhr Wenig später steige ich aus der Wanne und nehme mir das Recht heraus, eine frischaufgebügelte Tschiens sowie einen Pullover mit Rentieraufdruck anzuziehen. Danach fülle ich gesundes Trockenfutter in Dixons Napf und nehme selbst mit einem Apfel sowie einem reichbelegten Schinkenbrot Vorlieb – das schmeckt.
Ich beisse kraftvoll zu
10.15 Uhr Just als ich das Geschirr in die Spüle stelle und mir Gedanken bezüglich des Mittagessens mache, kommt der JEEP meiner Verwandten hupend vor dem Eigenheim zum stehen. Natürlich fackle ich nicht lange und scheuche den Vierbeiner nach draussen, um die lieben Leute herzlich zu begrüssen. Georg tippt entnervt auf seine BREITLING Armbanduhr und ermutigt mich, schnell zuzusteigen und mich anzuschnallen – jaja.
10.45 Uhr Während der kurzweiligen Reise kommt meine Schwägerin auf ihre bevorstehende Abreise zu sprechen und beteuert, dass sie am Mittwoch nach Toronto ausfliegen wird. Ferner lädt mich die Perle ein, anlässlich Georgs Geburtstag im März nach Kanada zu kommen – das hört sich verlockend an.
11.00 Uhr Nach einer Stunde kommen wir vor der Kunsthalle zum halten und registrieren, dass das “Bob Rauschenberg Museum” dem “South Western State College” angeschlossen ist. Wie es sich gehört, nehme ich Dixon an die Leine und folge meinen Verwandten zum Eingang, um dem übergewichtigen Pförtner klarzumachen, dass ich erblindet bin und auf meinen tierischen Begleiter nicht verzichten kann. Der Knecht nickt eifrig und wünscht uns viel Vergnügen – das werden wir erst noch sehen.
11.30 Uhr Während Dixon aus dem Schnüffeln gar nicht mehr herauskommt, nehmen wir die Schmierereien in Augenschein und finden uns prompt vor einem Werk der aus Tokio stammenden Kunstschaffenden Yoko Ono wieder. Georg ist bestens informiert und setzt mich darüber in Kenntnis, dass die Frau viele Jahre mit dem Musikanten John Lennon liiert war. Ich winke demonstrativ ab und entgegne, dass ich mich mit dem Begriff “Kunst” sehr schwer tue. Maria gibt mir Recht und schlägt vor, dass wir ganz schnell weitergehen sollten – wie wahr.
12.15 Uhr Kurz nach der Mittagszeit finden wir uns vor einer Erinnerungstafel ein und lernen, dass Robert Rauschenberg anno 1925 in Texas das Licht der Welt erblickt hat und einer der Wegbereiter der sogenannten Pop Art (löblich: Populären Kunst) war. Darüber hinaus erfahren wir, dass der Heini den Siebdruck revolutioniert hat und auch als Photograph grosse Erfolge feiern konnte – das soll mir auch Recht sein.
Eine Stärkung darf nicht fehlen
13.00 Uhr Nachdem wir alles gesehen haben, verlassen wir die Galerie und schicken uns an, in die benachbarte “Dunkin’ Donuts” Filiale einzukehren. Bei Kaffee und Schokoladenkringel lassen wir den Museumsbesuch Revue passieren und vereinbaren ausserdem, dass wir am Wochenende eine Abschiedsfeier im Lowbank Drive veranstalten sollten. Georg ist hellauf begeistert und verspricht, nicht nur Herrn Wongler und Herrn Wang, sondern auch Prof. Kuhn sowie Frau Pontecorvo einzuladen – wie schön.
13.30 Uhr Redlichst gestärkt treten wir die Heimreise an und entschliessen uns, am Meer entlang nach Naples zurückzufahren. Während der Ausfahrt krusen wir auf dem Estero Boulevard auf die vorgelagerte Insel und haben sogar das Vergnügen, lustige Delphine im azurblauen Ozean zu sehen – das macht Spass.
14.15 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive, genehmige ich mir ein Glas selbstzubereitete Cola und falle dann aufs Kanapee. Nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von schönen Stunden auf dem Appalachian Trail.
Ich träume vom Appalachian Trail
15.15 Uhr Ich erwache ausgeruht und fülle meine Hahn und Henne Tasse mit echtem Bohnenkaffee auf. Danach setze ich mich an den Schreibtisch und komme meinen Pflichten als staatlich anerkannter Anschnurseelsorger nach. Während der Regen gegen die Fensterscheiben hämmert, rufe ich elektronische Depeschen ab und helfe verzweifelten Menschen bei schwerwiegenden Problemen.
16.30 Uhr Nachdem ich die Arbeit beendet habe, lösche ich meinen Durst mit einem Budweiser und rufe Dixon auf, selbständig Gassi zu gehen. Unterdessen nehme ich die Geschirrspülmaschine in Betrieb und lausche handgemachter Landmusik auf der Frequenz von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) – wie aufregend.
17.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf 5 zugeht, begebe ich mich fingerschnippend in die Küche und schiebe eine Thunfischpizza in den Backofen. Dazu gibt es einen vitaminreichen Tomatensalat mit Oliven und perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen – das keusche Auge isst bekanntlich stets mit.
17.45 Uhr Nach der Brotzeit telefoniere ich mit dem Professor und merke an, dass ich mich heute der Kunst hingegeben und ein Museum in Fort Myers besucht habe. Ferner verrate ich, dass Georg und Maria am Sonntag zu einer zünftigen Grillfeier einladen werde. Der schlaue Mann schnalzt mit der Zunge und verspricht, etliche Flaschen Schaumwein beizusteuern – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.
Ich fröne den Abendnachrichten auf FOX
18.15 Uhr Endlich kann ich es mir in der klimatisierten Stube bequem machen und den Abendnachrichten frönen. Der gestriegelte Moderator versorgt mich mit wissenswerten Fakten und meldet, dass Morgen mit wärmeren Temperaturen zu rechnen ist – wie beruhigend.
19.00 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen, nehme ich zur besten Sendezeit mit dem NETFLIX Programm Vorlieb und schaue mir die Eigenproduktion “Bright” an, die von einer Welt erzählt, in der Elfen, Feen und Orks gemeinsam an der Seite von Menschen leben – wie lächerlich.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Langeweile schalte ich die Glotz aus und unternehme mit Dixon einen kleinen Spaziergang durch den Garten. Zu guter Letzt verriegle ich die Haustüre und lege mich ins Bett. Gute Nacht.