6. August 2016 – Reinhard Pfaffenbergs Forschungsreise

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Hallo Freunde der Nacht,

vor sieben Tagen sind Reinhards Verwandte nach Toronto zurückgekehrt. Seitdem machen die Pfaffenbergs im familieneigenen Ferienhaus in Gilford Beach Urlaub. Gestern habe ich mit Amanda telefoniert und erfahren, dass es ihr am Lake Simcoe an nichts fehlt. Natürlich ist das Urlaubsdomizil der Pfaffenbergs mit allem Schnickschnack ausgestattet. Ausserdem liegt ein 5 Meter langes Stingray Motorboot und neuerdings auch ein sogenannter Seascooter vor Anker. Mit dem Scooter kann man sich mit einer Geschwindigkeit vor bis zu 4 Stundenkilometer durchs Wasser ziehen lassen und auch bis in eine Tiefe von 10 Meter auf den Grund des Sees tauchen 🙂

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Reinhard fliegt nach Minneapolis

Reinhard ist seit letztem Samstag wieder alleine und hat die Zeit genutzt, um Pläne bezüglich seiner bevorstehenden “Forschungsreise” nach Minnesota zu schmieden. Mittlerweile hat der Rentner herausgefunden, dass es rund um Minneapolis zahlreiche Wanderwege gibt, die zu den schönsten des Landes zählen. Weil Reinhard sehr gerne im Grünen unterwegs ist, hat er einen Ausflug zum “Minneopa State Park” ins Auge gefasst. Der Staatspark bietet Besuchern tolle Wasserfälle und wunderschöne Wanderwege entlang des Minnesota Rivers 🙂

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Ich will nach Florida !!!

Naja, ein Urlaub würde mir auch mal wieder ganz gut tun.
Ich schufte täglich bis zu 9 Stunden im Kreisverwaltungsreferat und finde kaum noch Freizeit. Aber eins ist klar, spätestens zum Jahresende werde ich wieder in den Sunshine State fliegen und dem deutschen Winter entfliehen !

Jetzt will ich ins Kino gehen und mich mit Cousin Bernd und Donutladenbesitzerin Simone treffen.
Morgen hört ihr wieder von mir.
Eure Sandra

5. August 2016 – Hochsommer

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08.15 Uhr Ich werde durch sehr aggressives Telefonläuten geweckt und ärgere mich, weil ich den Wecker überhört habe. Trotz allem nehme ich das Gespräch an und freue mich, die Stimme meines Bruders zu hören. Georg begrüsst mich herzlich und berichtet, dass er sich vor wenigen Minuten am Lake Simcoe niedergelassen und seine Angel ausgeworfen hat. Ich atme tief durch und entgegne, dass es in Naples wegen der grossen Hitze nicht anzuraten ist, sich im Freien aufzuhalten. Georg lacht laut und schlägt vor, dass ich noch heute mein Ränzlein schnüren und nach Kanada ausfliegen könnte – papperlapapp

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Der Lake Simcoe

08.30 Uhr Nachdem ich meinem Verwandten viel Vergnügen beim Angeln gewünscht habe, begebe ich mich nörgelnd auf die Terrasse und führe bei schweisstreibenden 89°F (32°C) die Morgengymnastik durch. Nebenbei plaudere ich mit Frau Pontecorvo und gebe zu Protokoll, dass ich heute keine Lust habe, zuhause zu frühstücken. Die Dame reibt sich die Hände und meint, dass wir ins Zentrum krusen und in eine Wirtschaft einkehren könnten – das hört sich verlockend an.
09.00 Uhr Bevor wir losfahren, entspanne ich mich bei einem erfrischenden Wirbelbad. Ferner rufe ich bei Edelbert an und gebe zu Protokoll, dass er mich in eineinhalb Stunde im “Cafe Luna” treffen kann. Der schlaue Mann ist hellauf begeistert sich und verspricht, gegen halb 11 Uhr vor Ort zu sein – das klappt wieder wie am Schnürchen.
10.00 Uhr Nach der Morgenwäsche scheuche ich Hund Dixon nach draussen und lasse es mir nicht nehmen, am Nachbarhaus zu klingeln. Frau Pontecorvo lässt nicht lange auf sich warten und hüpft ausgelassen in den Chevrolet. Ich tue es der Perle gleich und fröne während der Ausfahrt dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land). Währenddessen erfahre ich, dass die Südstaaten Combo “The Cadillac Three” just heute ihr zweites Studioalbum “Bury Me In My Boots” (löblich: Begrabe mich in meinen Stiefeln) auf den Markt bringen werden. Ich schnalze mit der Zunge und erkläre meiner Begleiterin, dass die aus Nashville, TN stammende Formation bereits im Jahre 2012 mit ihrem Erstlingswerk für Furore gesorgt haben.


The Cadillac Three – Bury Me In My Boots

10.30 Uhr Pünktlich auf die Minute betreten wir das klimatisierte Restaurant und treffen Edelbert an einem Fenstertisch an. Weil mein Magen knurrt, winken wir spornstreichs einer feschen Bedienung mit grosser Oberweite zu und ordern drei grosse Frühstücke. Dazu gibt es Kaffee sowie süffigen Orangensaft mit Eiswürfeln – das tut gut.
11.15 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse, verweise ich auf die prima Radiosendung und lasse meine Tischnachbarn wissen, dass wir im Anschluss einen Kompaktscheibenmarkt aufsuchen und uns den nagelneuen “Cadillac Three” Silberling zulegen sollten. Der Professor schüttelt jedoch den Kopf und beteuert, dass er sein hartverdientes Geld ausschliesslich in klassische Musik investiert – so ein Schmarrn.
11.45 Uhr Nach der Mahlzeit folgen wir der 5th Avenue South gen Westen und kommen überein, dass die vielen Touristen, die Naples im Winter und Frühling heimgesucht haben, längst abgereist sind. Edelbert wischt sich demonstrativ über die nasse Stirn und meint, dass das subtropische Klima im Hochsommer kaum auszuhalten ist. Ich gebe dem Professor recht und lotse die lieben Leute in den erstbesten Musikladen. Nach kurzer Suche werde ich fündig und lese auf dem Preisschild, dass “Bury Me In My Boots” 12 Dollars und 95 Cents kosten soll.
12.30 Uhr Um keinen Hitzeschlag zu riskieren, wünschen wir Edelbert einen geruhsamen Nachmittag und ziehen es vor, die Heimreise anzutreten. Ich beschleunige den Chevrolet auf schwindelerregende 30 Meilen pro Stunde und kann es kaum noch erwarten, endlich zu Hause anzukommen.
13.00 Uhr Nachdem ich mich von Frau Pontecorvo verabschiedet habe, schleppe ich mich mit letzter Kraft ins Haus und stelle die Klimaanlage auf die höchste Stufe. Ferner beschalle ich die kleine Villa mit handgemachter Musik und nehme mir das Recht heraus, ein Bier aus dem Hause Anheuser & Busch zu trinken – das schmeckt.

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Budweiser – schmeckt gar nicht schlecht

14.00 Uhr Um etwas Entspannung zu bekommen, schlüpfe ich aus den schweren Kuhjungenstiefeln und falle fix und foxi aufs Kanapee. Bereits nach wenigen Atemzügen döse ich ein und träume von unserer anstehenden Forschungsreise nach Minnesota – das wird spannend.
15.00 Uhr Ich öffne die Augen und nehme pflichtbewusst am Schreibtisch Platz, um Anschnur zu gehen. Auch heute rufe ich Hilferufe besorgter Erziehungsberechtigter ab und stosse auf die Depesche eines 53jährigen Vaters aus Bayreuth. Herr F. schreibt, dass sein Sohn Markus (13) elektronischen Plauderkanälen verfallen ist und die Abende in einschlägigen Schätts verbringt. Ich lege meine Stirn in Falten und rate, dem Rüpel die Leviten zu lesen und seinen Heimrechner in den Schrank zu sperren.
16.00 Uhr Nachdem ich die neuesten Niederschriften im Gästebuch überflogen habe, beende ich die Arbeit und mache es mir zur Aufgabe, die Pflanzen im Garten mit Wasser zu versorgen. Darüber hinaus stelle ich auch den Rasensprenger an und vergesse auch nicht, Hund Dixon einen Kauknochen ins Maul zu stecken.

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Hund Dixon bekommt einen Kauknochen

17.00 Uhr Schweissgebadet kehre ich in die Küche zurück und sorge für ein nahrhaftes Abendessen. Zu stimmungsvoller Cadillac Three Musik koche ich einen Beutel Reis auf und zaubere in Minutenschnelle ein vitaminreiches Risotto mit Erbsen, Zucchinis und Speck – wie das duftet.
18.00 Uhr Zum Abschluss des langen Tages sorge ich in der Küche für Ordnung und lege dann im Wohnzimmer die Beine hoch, um mir die FOX Nachrichten anzuschauen.
19.00 Uhr Nachdem ich mich über die tagesaktuellen Geschehnisse informiert habe, verweile ich weiter auf FOX und erfreue mich am Zeichentrickmärchen “Bob’s Burger”. Das mehrteilige Fernsehspiel handelt von der lustigen Familie Belcher, welche mit grosser Leidenschaft ein Restaurant bewirtschaftet – da kommt Freude auf.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Danach lösche ich sämtliche Lichter und lege mich schlafen. Gute Nacht.

3. August 2016 – Reiseplanung

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08.00 Uhr Ich rolle mich aus dem Wasserbett und werde Zeuge, wie sich Dixon einen meiner Hausschuhe schnappt. Selbstverständlich rufe ich den Rüden zur Ordnung und gebe zu Protokoll, dass ich ihn bei weiteren Verfehlungen in den Everglades aussetzen werde – alles kann man sich schliesslich auch nicht gefallen lassen.
08.30 Uhr Nach der Morgengymnastik kehre ich schwitzend in die kleine Villa zurück und komme zu dem Schluss, dass auch heute eine brütende Hitze vorherrscht. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und läute den Morgen mit einem erfrischenden Wirbelbad ein. Nebenher telefoniere ich mit Prof. Kuhn und erfahre, dass er am gestrigen Abend bei Familie Satesh eingeladen war. Edelbert schwärmt in den höchsten Tönen und berichtet, dass Frau Satesh ein indisches Reisgericht aufgetischt hat. Ferner lädt mich mein Bekannter ein, in die Stadt zu kommen, um in seiner Stadtwohnung das Frühstück einzunehmen – wie schön.
09.30 Uhr Um mich nicht zu verspäten, hüpfe ich aus der Wirbelbadewanne und erkläre dem Vierbeiner, dass wir nun die “Biscotti Farrugia” Italienbäckerei ansteuern und anschliessend Edelbert besuchen werde. Das lustige Haustier ist ganz aus dem Häuschen und rennt wie von der Tarantel gestochen zum Chevrolet Suburban.
10.00 Uhr Während der kurzweiligen Ausfahrt betätige ich den Scheibenwischer und ärgere mich über das verschmutzte Auto. Da ich jedoch keine Millionen auf dem Konto habe, verzichte ich auf eine Wagenwäsche und nehme mir vor, am Wochenende selbst zum Schwamm zu greifen – was muss ich denn noch alles ertragen.

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Cannolis schmecken prima

10.30 Uhr Nachdem ich in der Bäckerei vier Croissants (löblich: französische Hörnchen), zwei mit Erdbeeren und Sahne gefüllte Cannolis sowie eine Tüte Mandelmakronen eingekauft habe, setze ich die Reise fort und finde mich bald vor Edelberts Wohnhaus im Stadtzentrum wieder. Wie nicht anders zu erwarten, begrüsst mich der schlaue Mann herzlich und meint, dass wir wegen des subtropischen Klimas die wichtigste Mahlzeit des Tages in der guten Stube einnehmen sollten. Ich nicke eifrig und überreiche Edelbert die eingekauften Backwaren.

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Hurra, wir fliegen nach Minneapolis

11.00 Uhr Als ich kraftvoll zubeisse und meinen trockenen Hals mit Bohnentrunk durchspüle, kommt Edelbert auf unsere Forschungsreiche nach Minneapolis zu sprechen und beteuert, dass wir in der grössten Stadt des Bundesstaates Minnesotas unbedingt das im Jahre 2003 eröffnete “Mill City Museum” besichtigen sollten. Ich gebe mich ahnungslos und bringe heraus, dass Besucher in der Ausstellungshalle einen Einblick über die Geschichte des Mühlenwesens erlangen und landwirtschaftliche Maschinen beäugen können – das hört sich spannend an.
12.00 Uhr Wenig später wird Dixon unruhig und scharrt mit seinen Pfoten an der Haustüre. Ich nehme einen letzten Schluck Kaffee und lasse Edelbert wissen, dass der Hund einen Spaziergang unternehmen möchte. Der Professor freut sich und folgt uns spornstreichs nach draussen. Bei schweisstreibenden Temperaturen schlendern wir zur 5th Avenue South und nehmen uns das Recht heraus, zwei Weicheis in der Waffel zu kaufen – das tut gut.

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Eine leckere Nachspeise

12.30 Uhr Nebenher werfen wir prüfende Blicke in die Schaufenster der Ladenketten und bemerken, dass viele Händler während der heissen Jahreszeit Preisrabatte bis zu 50% gewähren – das soll uns auch Recht sein.
13.15 Uhr Zurück am Auto, reiche ich Edelbert die Hand und bedanke mich artig für das reichhaltige Frühstück. Danach presche ich hupend von dannen und entschliesse mich, einen Abstecher zum PUBLIX Supermarkt zu machen, um Getränke, Obst sowie weitere Produkte des täglichen Bedarfs zu besorgen.
13.45 Uhr Kurz vor dem Zweiuhrläuten betrete ich die klimatisierte Markhalle und mache es mir zur Aufgabe, Waren in einen Einkaufswagen zu verfrachten. Darüber hinaus mache ich auch am DVD Regal halt und ringe mich dazu durch, 12 Dollars in den preisgekrönten Kriminalfilm “Bridge of Spies” (löblich: Brücke der Spione) zu investieren – man gönnt sich ja sonst nichts.

14.30 Uhr Endlich bin ich wieder zu Hause und kann die Lebensmittel in den Eiskasten räumen. Im Anschluss fülle ich Dixons Napf mit Trockenfutter auf und falle dann fix und foxi aufs Kanapee.
15.30 Uhr Leider wird die Ruhe bald durch einen Telefonanruf gestört. Ich nehme das Gespräch an und bin überrascht, Georg am Rohr zu haben. Mein Bruder wünscht mir einen guten Tag und plappert, dass er vor wenigen Minuten am Lake Simcoe eingetroffen ist. Mein Bruder versorgt mich mit Fakten und sagt, dass es in Gilford Beach mit 23°C angenehm warm ist und er den Nachmittag nutzen möchte, um mit James und David Fische zu fangen. Ich wische mir die Schweissperlen von der Stirn und entgegne, dass ich sogar im klimatisierten Haus aus dem Schwitzen kaum noch herauskomme.
16.00 Uhr Ich beende das Gespräch und nehme die DeLonghi Kaffeemaschine in Betrieb. Ausserdem setze ich mich an den Schreibtisch und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Während sich Dixon ausruht, studiere ich Anfragen besorgter Eltern und registriere, dass es die verlotterte Jugend immer bunter treibt.
17.00 Uhr Um keine viereckigen Augen zu bekommen, beende ich die Arbeit und sorge für ein nahrhaftes Abendessen. Zungeschnalzend erwärme ich gesundes Buttergemüse in einer teflonbeschichteten Pfanne und brate mit ein kleines Schnitzel (unlöblich: Steak) heraus – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nachdem ich die Geschirrspülmaschine eingestellt habe, mache ich es mir fernsehschauend im Wohnzimmer gemütlich. Ich folge den FOX Nachrichten und lerne, dass Präsident Barack Obama morgen seinen 55. Geburtstag mit einem Empfang in der Hauptstadt Washington DC feiern wird – das ist prima.

19.00 Uhr Da im Fernsehen nur Dummsinn gezeigt wird, verfrachte ich die DVD ins Abspielgerät und tauche in das gefährliche Leben des amerikanischen Anwalts James Donovan ein, der vom CIA beauftragt wird, sich um die Freilassung eines amerikanischen Piloten aus russischer Gefangenschaft zu kümmern – wie aufregend.
21.15 Uhr Nach einhundertdreissig Minuten flimmert der Abspann über die Mattscheibe. Ich zucke mit den Schultern und erkläre Dixon mit erhobenen Zeigefinger, dass dieser Streifen ganz und gar nicht nach meinem Geschmack war. Schlussendlich reguliere ich die Klimaanlage und lege mich schlafen. Gute Nacht.

1. August 2016 – Ich komme aus dem Schwitzen gar nicht mehr heraus

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08.00 Uhr Die 31. Woche des Jahres beginnt und ich bin traurig, weil sich gestern meine Verwandten verabschiedet haben. Ich seufze laut und greife zum Telefon, um bei meinem Bruder im fernen Toronto anzurufen. Georg meldet sich prompt und erzählt, dass der Direktflug aus Miami sehr angenehm war. Ferner erfahre ich, dass mein Grossneffe während der Reise durchgeschlafen und sogar auf das Abendessen verzichtet hat – wie schön.
08.30 Uhr Nachdem mir der gute Mann einen schönen Tag gewünscht hat, beende ich das Telefonat und nehme den futuristischen DeLonghi Vollautomaten in Betrieb. Da Dixon aus dem Fiepen gar nicht mehr herauskommt, fülle ich seinen Napf mit Wasser auf und stelle klar, dass wir erst in einer Stunde frühstücken werden.

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Ich rasiere mich redlichst

09.00 Uhr Endlich kann ich die Seele bei einem Wirbelbad baumeln lassen und mir die Bartstoppeln abrasieren. Nebenher mache ich mir meine eigenen Gedanken und komme zu dem Schluss, dass ich in 28 Tagen nach Minneapolis ausfliegen werde. Ich ziehe die Augenbrauen hoch und bin mir sicher, dass mich angesichts der subtropischen Temperaturen bis dahin der Schlag treffen wird – wie furchtbar.
10.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf 10 zugeht, steige ich aus der Wanne und komme trotz laufender Klimaanlage ins Schwitzen. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und nehme in Gesellschaft meines Haustieres die wichtigste Mahlzeit des Tages ein. Natürlich gebe ich dem Rüden etwas Rührei ab und vergesse auch nicht, ihm ausserdem eine kleine Portion Trockenfutter zu servieren.
10.30 Uhr Wenig später klingelt Edelbert an der Pforte und präsentiert eine nagelneue Kompaktscheibe. Der schlaue Mann plappert ohne Unterlass und setzt mich darüber in Kenntnis, dass er sich gerade das neue Studioalbum des aus Pennsylvania stammenden Organisten Cameron Carpenter gekauft hat. Bevor ich mich versehe, macht sich der Professor an der Musikanlage zu schaffen und beschallt die kleine Villa mit ekelhafter Orgelmusik. Mein Bekannter ist hellauf begeistert und unterbreitet, dass der 35jährige auf seinem Werk “All You Need is Bach” (löblich: Alles was du brauchst ist Bach) die bekanntesten Orgelstücke aus Johann Sebastian Bachs Schaffen veröffentlicht hat.


Cameron Carpenter – All You Need Is Bach

11.00 Uhr Um nicht am Gehirnbrand zu erkranken, betätige ich den OFF (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und lasse Edelbert wissen, dass diese Polka ganz und gar nicht nach meinem Geschmack ist. Darüber hinaus komme ich auf das heisse Wetter zu sprechen und erzähle, dass meine Verwandten heute zum Lake Simcoe krusen werden, um den August in der kanadischen Abgeschiedenheit zu verbringen.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit stattet uns Frau Pontecorvo einen Besuch ab. Die Dame von nebenan schnauft wie ein Walross und berichtet, dass sie einen Frisörtermin im Stadtzentrum wahrnehmen musste und nun eine Erfrischung vertragen könnte. Ich nicke eifrig und versorge die Gäste mit eisgekühltem Budweiser. Natürlich nehme ich ebenfalls einen kräftigen Schluck aus der Pulle und informiere, dass man bei Temperaturen jenseits der 90°F (32°C) sehr viel trinken sollte. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und prostet mir freundlich zu – wie schön.

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Bei dieser Hitze muss man viel trinken

13.00 Uhr Nachdem sich meine Freunde verabschiedet haben, lasse ich lauwarmes Wasser in das Jacuzzi (löblich: Aussenbadewanne) laufen und genehmige mir ein Bad unter freiem Himmel. Bei dieser Gelegenheit blättere ich in der Zeitung und lese, dass uns die brütende Hitze auch in den nächsten Tagen in Schach halten wird. Ich staune nicht schlecht und bemerke beim Blick auf die Wetterkarte, dass nicht nur in Florida, sondern auch an der Ostküste, dem amerikanischen Herzland (unlöblich: Heartland) sowie im goldenen Westen Rekordtemperaturen vorherrschen.
14.00 Uhr Nach der Abkühlung kehre ich ins Haus zurück und finde Dixon hechelnd vor der Klimaanlage vor. Ich streichle dem Rüden über den Kopf und gebe zu Protokoll, dass unser Nachmittagsspaziergang heute ausfallen wird. Der Vierbeiner atmet tief durch und legt seinen Kopf auf die Pfoten, um etwas zu schlafen. Währenddessen stelle ich die Klimaanlage eine Stufe höher und lösche meinen Durst mit süffigem Diät Cola.
14.45 Uhr Da ich nichts zu tun habe, greife ich erneut zum Telefon und kontaktiere diesmal meine unterbelichtete Mieterin. Sandra gähnt in einer Tour und macht mich auf den Umstand aufmerksam, dass es in Deutschland bereits halb 9 geschlagen hat. Natürlich klage ich dem Kind mein Leid und lege anschaulich dar, dass es mir heute nicht vergönnt ist, aus dem Haus zu gehen. Sandra plappert in einer Tour und animiert mich, nach Alaska umzuziehen.
15.15 Uhr Missmutig setze ich mich an den Heimrechner und versuche, Anfragen besorgter Erziehungsberechtigter abzuarbeiten. Doch wegen der Hitze fällt es mir sehr schwer, klare Gedanken zu fassen – wie furchtbar.

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Handtelefone sind unlöblich

16.15 Uhr Nachdem ich einer alleinerziehenden Mutter aus dem oberfränkischen Ansbach geraten habe, ihrem verlotterten Sohn das Handtelefon abzunehmen, beende ich die Arbeit und gönne mir das zweite Bier des Tages. Zudem lasse ich Dixon in den Garten hinaus und werde Zeuge, wie er ausgelassen in den Teich hüpft und sich redlichst abkühlt – da kommt besonders grosse Freude auf.
17.00 Uhr Um nicht Hunger leiden zu müssen, begebe ich mich in die Küche und mache mich nützlich. Ferner fröne ich dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und vernehme, dass es im Collier County wegen der Hitze zu Stromausfällen kommen kann. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und entschliesse mich, den Ofen aus zu lassen und herzhafte Wurstbrote vorzubereiten.
18.00 Uhr Nachdem ich mich gestärkt und zwei Gläser Rotwein getrunken habe, beginnt der wohlverdiente Feierabend. Ich setze mich zu Dixon aufs Kanapee und folge interessiert den FOX Abendnachrichten.

19.00 Uhr Zur sogenannten Hauptfernsehzeit wechsle ich auf den Bezahlsender HBO und gebe mich dem preisgekrönten Gruselfilm “The Witch” (löblich: Die Hexe) hin. Die Hollywoodproduktion aus dem Jahre 2015 handelt von einer puritanischen Familie, die um das Jahr 1630 auf der Mayflower nach Amerika immigriert. In der “Neuen Welt” angekommen, siedelt sich die Familie am Rande eines düsteren Waldes an und erlebt unheimliche Dinge – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzen schalte ich die Glotze mit zitternder Hand aus und verschliesse die Haustüre besonders sicher. Danach verabschiede ich mich ins Schlafzimmer und ziehe mir die Bettdecke über den Kopf. Gute Nacht.

30. Juli 2016 – Eine Party in Naples

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Hallo Freunde der Nacht,

in Naples steigt heute Abend bei 40° C eine grosse Party, denn Morgen werden sich Reinhards Verwandte verabschieden und nach Toronto zurückfliegen. Georg, Maria, James, Amanda und David waren nun etliche Woche im Sunshine State und haben ordentlich Sonne getankt. Am Montag werden die Leute dann nach Gilford Beach fahren und den halben August am Lake Simcoe verbringen. In der kanadischen Wildnis werden die Männer Fische fangen und die Frauen an ihrer Sommerbräune arbeiten 🙂

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Am Sonntag gehts zurück nach Toronto

Heute habe ich bereits mit Reinhard telefoniert und erfahren, dass er ziemlich traurig ist. Am Liebsten würde er nach Kanada mitkommen und sich ebenfalls am Lake Simcoe ausspannen. Aber mein Vermieter wird sowieso bald nach Minnesota reisen und die Twin-City-Region (Minneapolis und Saint Paul) besuchen. Ausserdem wollen Edelbert und Reinhard mit einem Mietauto nach Walnut Grove fahren. Dort verbrachte nämlich die amerikanische Schriftstellerin Laura Ingalls ihre Jugend.

Die 1000 Einwohner zählende Gemeinde im Westen von Minnesota wurde 1870 gegründet und war ab 1874 die Heimat von Laura Ingalls. 20 Jahre später siedelte sie mit ihrem Mann Almanzo Wilder und ihrer Tochter Rose nach Missouri und arbeitete an ihren Memoiren, die 1932 mit grossem Erfolg veröffentlicht wurde. Die achtteilige Buchserie war in den 1970er Jahren übrigens Vorbild der beliebten TV Serie “Unsere kleine Farm” :-

Jetzt werde ich mich ins Kino verabschieden und mir den neuen Tarzan Film in 3D anschauen.
Eure Sandra