5. Januar 2017 – Abschied

08.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und freue mich, als Hund Dixon schwanzwedelnd ans Bett kommt. Natürlich streichle ich dem Racker über den Kopf und informiere, dass wir Morgen der grössten Stadt Kanadas Lebewohl sagen und in Richtung Florida aufbrechen werden – das wird eine Gaudi.


Hund Dixon wedelt mit der Rute

08.30 Uhr Nachdem sich der Rüde nach unten verabschiedet hat, hole ich meinen DELSEY Koffer aus dem Schrank hervor und lege eine Tschienshose sowie etliche Hemden hinein. Anschliessend verschwinde ich in der Nasszelle und läute den jungen Morgen mit einem erquickenden Vollbad ein – das tut gut.
09.30 Uhr Als der Minutenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf halb Zehn zugeht, geselle ich mich zu meinen Verwandten in die Küche, um mir ein nahrhaftes kanadische Frühstück schmecken zu lassen. Bei dieser Gelegenheit verweise ich auf die unmittelbar bevorstehende Abreise und lasse Edelbert und Sandra wissen, dass wir in 24 Stunden bereits auf der Autobahn sein und nach Hamilton rasen werden.
10.00 Uhr Während Maria in der Küche schuftet, folge ich Georg in die Bibliothek und erkundige mich, ob am Abend eine Abschiedsfeier ansteht. Mein Bruder steckt sich eine Zigarre an und sagt, dass die Kinder um 17 Uhr zum Abendessen vorbeikommen wollen. Ich werde sogleich hellhörig und bringe auf Anfrage heraus, dass sich Maria abermals in der Küche beweisen und ein Geschnetzeltes zaubern wird – das hört sich verlockend an.


Bitte nicht rauchen

11.00 Uhr Da Dixon langsam unruhig wird, schlüpfe ich in die Winterjacke und fordere Edelbert auf, mich zur “Centerpoint Mall” zu begleiten. Der Professor lässt sich nicht zweimal bitten und folgt mir zigarrepaffend an die frische Luft. Während Dixon durch den Schnee flitzt und aus dem Schnüffeln gar nicht mehr herauskommt, merke ich an, dass wir im Kaufhaus etliche Flaschen Rotwein für die Abschiedsfeier einkaufen sollten. Der Professor nickt eifrig und verspricht, dass er sich nicht lumpen lassen und zwei besonders teure Rebensäfte aussuchen wird.
11.45 Uhr Am Ziel angekommen, eilen wir mit Dixon im Schlepptau ins erstbeste Alkoholgeschäft und nehmen die feilgebotenen Weine in Augenschein. Prompt gesellt sich ein Fachverkäufer an unsere Seite und stellt die Behauptung auf, dass zu einem Abendessen ein Lafite Cuvee aus dem Hause Rothschild nicht fehlen darf. Obgleich ein Humpen mit 20 Dollars zu Buche schlägt, gehen wir auf den Handel ein und bitten den Knecht, zwei Flaschen zu berechnen.
12.15 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten setzen wir unseren Bummel fort und lachen über die aktuelle Herrenmode des kommenden Sommers. Ich deute stirnrunzelnd zum Schaufenster der “Bluenotes” Filiale und erkläre dem Professor, dass Hüte und lange Mäntel in diesem Jahr sehr angesagt sind.
13.00 Uhr Nachdem wir bei “Piccle Barrel” Kaffee getrunken und Waffeln gefressen haben, verlassen wir die Mall und spazieren bei einsetzendem Schneefall zum Stadthaus zurück. Unterdessen blicke ich skeptisch zum Himmel und kann es kaum noch erwarten, in wenigen Tagen den Winter hinter mir lassen zu können.
13.45 Uhr Zuhause angekommen, treffen wir Georg und Maria suppelöffelnd in der Küche an. Die Dame des Hauses versorgt uns ebenfalls mit einer klaren Brühe und beteuert, dass ich am Nachmittag unbedingt Hund Dixon in die Badewanne stecken sollte. Als ich genauer nachfrage, rümpft Maria ihre Nase und meint, dass der Vierbeiner eigenartig riecht. Selbstverständlich winke ich augenblicklich ab und verweise auf die Tatsache, dass man Hunde mit krausem Fell nicht baden darf – wo kämen wir denn da hin.


Naples wir kommen …

14.30 Uhr Da die Abschiedsfeier noch auf sich warten lässt, sehe ich in Sandras Zimmer nach dem Rechten und werde Zeuge, wie das Kind Kleidungsstücke in eine Reisetasche steckt. Ausserdem vernehme ich, dass die Maid ihren Heimflug auf den 4. Februar gelegt hat und sich auf entspannte Tage im sonnigen Naples freut – wie schön.
15.15 Uhr Nach der Plauderei kehre ich ins Wohnzimmer zurück und bette mich auf dem Kanapee zur Ruhe. Während die Lichter am Christbaum leuchten und stimmungsvolle Carpenters Klänge aus der Musikanlage dröhnen, schliesse ich die Augen und bald prompt ein.
16.00 Uhr Ich öffne die Augen und ziehe es vor, mich zu Maria und Sandra in die Küche zu gesellen. Während die Beiden mit den Kochtöpfen und Pfannen hantieren, frage ich nach Dixon und erfahre, dass Georg und Edelbert mit dem Rüden im Garten spielen. Ich zucke mit den Schultern und hole mir ein Bier aus dem Kühlschrank.


Bier ist sehr gesund

17.00 Uhr Wenig später klingelt es an der Pforte und ich kann die Kinder herzlich begrüssen. Wie es sich gehört, winke ich die jungen Leute zuvorkommend herein und helfe ihnen aus den Jacken. Danach nehmen wir am festlich eingedeckten Esstisch platz und führen uns ein schmackhaftes Putengeschnetzeltes an Bandnudeln zu Gemüte.
17.30 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse, lasse ich die letzten Tage noch einmal Revue passieren und stelle klar, dass es ein grosses Vergnügen war, die staade Zeit in Kanada zu verbringen. Georg schenkt mir ein Lächeln und kündigt an, dass wir uns spätestens im März im Sonnenscheinstaat wiedersehen werden – wie schön.
18.00 Uhr Als meine Schwägerin Kaffee und Kuchen auffährt, bringe ich noch einmal den anstehenden Abschied zur Sprache und gebe zu Protokoll, dass wir mindestens zwei Wochen unterwegs sein werden. Georg tippt mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte und legt uns nahe, grösste Vorsicht an den Tag zu legen und achtsam mit der serienmässig eingebauten Unterhaltungselektronik umzugehen – das ist doch eine Selbstverständlichkeit.


Unser Wohnmobil verfügt über eine Küche – wie aufregend

19.00 Uhr Ein schöner Abend neigt sich langsam seinem Ende zu. Weil wir morgen zeitig aufstehen müssen, verabschieden wir die Kinder händeschüttelnd und versprechen, im Laufe unserer Reise zu telefonieren.
20.00 Uhr Nachdem die jungen Leute das Weite gesucht haben, beschliessen wir den Tag mit einem letzten Glas Rotwein. Nebenher folgen wir den Nachrichten und lernen, dass Morgen den Heiligen Drei Königen gedacht wird, die einst von Saba auszogen, um dem Jesukind Weihrauch und Gold vor die Füsse zu legen – wie schön.
21.00 Uhr Schlussendlich klatsche ich in die Hände und fordere Dixon auf, mir ins Gästezimmer zu folgen. Ausserdem wünsche ich den Anderen eine ruhige Nacht und falle fix und foxi ins Bett. Gute Nacht.

2. Januar 2017 – Reisevorbereitungen

08.00 Uhr Ich gähne wie ein Löwe und läute den zweiten Tag des jungen Jahres mit dem Frühsport am Fenster ein. Unterdessen spähe ich skeptisch in den Garten und werde Zeuge, wie Hund Dixon ausgelassen im Schnee spielt. Zudem werde ich auch auf Sandra aufmerksam und lasse es mir nicht nehmen, das Fenster zu öffnen und dem Kind klarzumachen, dass der Rüden keinen Schnee fressen darf.
09.00 Uhr Nachdem ich mich bei einem heissen Vollbad entspannt habe, rutsche ich auf dem Treppengeländer ins Parterre und leiste meinen Verwandten sowie Prof. Kuhn bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages Gesellschaft. Ich beisse kraftvoll in eine mit Käse belegte Weissbrotscheibe (unlöblich: Toast) und bringe heraus, dass sich Sandra entschlossen hat, das Frühstück sausen zu lassen und stattdessen mit Dixon einen Spaziergang zu unternehmen. Ich zucke mit den Schultern und lasse den Professor wissen, dass wir den Tag nutzen sollten, um das Wohnmobil für unsere Reise nach Florida startklar zu machen. Mein Bruder schlägt in die gleiche Kerbe und sagt, dass wir den Frischwassertank mit H²O befüllen und zum Tanken krusen sollten.


Bald krusen wir nach Florida

09.45 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten kommt Sandra von ihrer Wanderung zurück und klopft sich den Schnee vom Anorak. Natürlich streichle ich Dixon sogleich über den Kopf und erfahre, dass es angesichts des Sauwetters kein Vergnügen wird, den Kontinent zu durchqueren. Ich gebe Sandra Recht und merke an, dass wir erst am Freitag auf grosse Reisen gehen sollten. Maria fällt mir prompt ins Wort und meint, dass wir morgen sowieso meinen Geburtstag mit einem exquisiten Abendessen feiern werden – das ist phantastisch.
10.30 Uhr Während es sich Sandra im Wohnzimmer bequem macht und mit Mitbewohnerin Bärbel telefoniert, folge ich Georg und Edelbert in die Garage. Mein Bruder schraubt den Deckel des Frischwasserzulaufs auf der linken Seitenwand ab und berichtet, dass wir stets genügend Wasser mitführen sollten. Darüber hinaus macht uns Georg mit der eingebauten Küche vertraut und unterbreitet, dass Maria einige Kochtöpfe, Teller und Besteck in den Schränken verstaut hat. Ich melde spornstreichs Bedenken an und erwidere, dass ich während unserer beschwerlichen Reise ganz bestimmt nicht den Kochlöffel schwingen werde. Edelbert vertritt die gleiche Meinung und meint, dass es schlauer wäre, schicke Motels anzusteuern und in Restaurants zu speisen – wie wahr.
11.15 Uhr Zu guter Letzt öffnet Georg die Motorhaube des Travato und bittet uns, regelmässig die Zellenspannung der Batterie zu überprüfen. Anschliessend gleiten wir langsam aus der Doppelgarage und steuern die zwei Kilometer entfernte Tankstelle an der Steeles Avenue an, um 80 Liter Diesel in den Tank laufen zu lassen.


Zu Bezahlkarten sage ich NEIN

12.00 Uhr Zuhause angekommen, steckt mir Georg eine AMERICAN EXPRESS Kreditkarte zu und meint, dass er selbstverständlich für die Spritkosten aufkommen wird. Obgleich ich dankend ablehne, lässt mein Bruder nicht mit sich reden und wirft ein, dass er genug Geld auf seinem Konto hat und keine Diskussion führen möchte. Ich seufze laut und lasse das Plastikkärtchen nörgelnd in meiner Jackentasche verschwinden.
12.45 Uhr Als uns Maria zu Tisch ruft, meldet sich Sandra zu Wort und informiert, dass sie noch Pflegeprodukte in einer Drogerie besorgen muss. Weil ich nichts besseres zu tun habe, biete ich der Maid an, sie zur “Centerpoint Mall” zu begleiten. Auch Edelbert ist begeistert und meint, dass wir dann das “LOLCandy” Schokoladenfachgeschäft besuchen und uns mit Schmankerl eindecken könnten – das hört sich verlockend an.
13.15 Uhr Nachdem wir Apfelstrudel mit Vanillesosse gegessen haben, schlüpfen wir in unsere Jacken und brechen bei eisigen Temperaturen zu einer lustigen Wanderung auf. Mit Dixon an der Leine schlendern wir gen Westen und plaudern nebenher über Dies und Das. Sandra kommt aus dem Schmunzeln gar nicht mehr heraus und erzählt, dass der Rüde mittlerweile Gefallen an der weissen Pracht gefunden hat. Ich stimme zu und mache es mir zur Aufgabe, dem Mädchen eine Handvoll Schnee in den Kragen zu stopfen – da kommt besonders grosse Freude auf.
14.00 Uhr Nach einer dreiviertel Stunde finden wir uns in der “Centerpoint Mall” wieder. Sandra bekommt grosse Augen und verfällt prompt dem Konsumwahn. Als erstes lotst uns das Kind in den “Shoppers Drug Mart” und wirft Lippenbalsam, Handkreme, Schampu sowie andere Pflegeprodukte in einen Einkaufskorb.
15.00 Uhr Um etwa 100 Dollars erleichtert, können wir den Laden endlich verlassen und im “LOLCandy” Schokoladenparadies nach Süssigkeiten Ausschau halten. Ich lecke mir die Lippen und ringe mich dazu durch, Cadbury Schokolade, Reese’s Kekse, Lancaster Bonbons sowie Twizzlers Kirschriegel vom Regal zu nehmen.


Maren Morris – Hero

16.00 Uhr Nachdem wir in einem Musikgeschäft weitere Dollars in Maren Morris aktuelle Kompaktscheibe “Hero” investiert haben, treten wir den Heimweg an. Da es langsam dunkel wird und zu schneien beginnt, ziehe ich mir die NY YANKEES Mütze tief ins Gesicht und denke daran, wie schön es doch in Naples wäre.
17.00 Uhr Zurück im Stadthaus meines Bruders werden wir von Maria mit heissem Punsch und belegten Broten begrüsst. Zudem bringe ich heraus, dass die Gute morgen einen Schmorbraten auf den Tisch des Hauses bringen wird. Ich schnalze mit der Zunge und bitte Georg, mir ein Labatt Blau Bier zu kredenzen.


Zum Abendessen gibt es belegte Brote

18.00 Uhr Nach dem Nachtmahl lege ich in der guten Stube die Beine hoch und schaue in Gesellschaft meiner Liebsten fern. Um auf dem Laufenden zu bleiben, frönen wir den Nachrichten und lernen, dass Donald Trump in achtzehn Tagen zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten vereidigt wird – das ist prima.
19.00 Uhr Zur Hauptsendezeit wechseln wir auf HBO und erfreuen uns an der irisch/kanadischen Produktion “Room” (auf deutsch: Raum). Der Spielfilm erzählt die traurige Geschichte einer Mutter, die mit ihrem fünfjährigen Sohn viele Jahre von ihrem Entführer in einem düsteren Raum gefangen gehalten wird – wie schrecklich.
21.00 Uhr Zwei Stunden später kommt es doch noch zu einem glücklichen Ende (unlöblich: Happy End). Ich atme tief durch und reiche die Fernbedienung an Georg weiter. Danach verabschiede ich mich ins Gästezimmer und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.

30. Dezember 2016 – Feuerwerk

08.00 Uhr Pünktlich um Null-Acht-Hundert springt der Radiowecker an. Ich hüpfe juchzend aus dem Bett und freue mich, weil die Sonne durchs Fenster lacht. Als ich jedoch in den Garten spähe, stelle ich mit grosser Sorge fest, dass es während der Nacht erneut geschneit hat – wo soll das noch hinführen.


Der Radiowecker springt an

09.00 Uhr Nach der Morgenwäsche rutsche ich auf dem Treppengeländer nach unten und werde von Hund Dixon freudig begrüsst. Ausserdem treffe ich in der Küche nicht nur Georg und Maria, sondern auch Edelbert, Sandra sowie James, Amanda und den kleinen David an. Ich kneife meinen Grossneffen in die Backe und frage an, was heute auf dem Programm steht. Der Bube strahlt über das ganze Gesicht und ermutigt mich, mit ihm in die Stadt zu krusen und Silvesterraketen einzukaufen. Natürlich nicke ich eifrig und entgegne, dass wir in Chinatown bestimmt fündig werden. James kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und kündigt an, dass ich nach dem Abschoppen pleite sein werde. Ich winke demonstrativ ab und mache mich über ein leckeres Frühstück in Form von gebackenen Speckstreifen, Rühreiern und köstlichen Pfannkuchen her – schmeckt nicht schlecht.
10.00 Uhr Als ich auf den Tisch poche und Edelbert aufrufe, in die Gänge zu kommen, windet er sich aus der Verantwortung und meint, dass er nicht mitkommen wird. Darüber hinaus erfahre ich, dass mein Bekannter mit Sandra den CN Turm besichtigen wird – das ist ja allerhand.


Der CN Turm

10.30 Uhr Trotz alledem lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und eile mit Dixon im Schlepptau zu James TOYOTA. Mein löblicher Neffe reibt sich die Hände und plappert, dass sich der Vierbeiner die Rückbank mit David teilen muss. Ich stimme zu und vernehme ausserdem, dass Amanda bei Maria bleiben wird, um Vorbereitungen für die morgige Silvesterfeier zu treffen – wie schön.
10.45 Uhr Während wir bei -11°C auf der Yonge Street gen Süden preschen, nehme ich die Innenausstattung des PRIUS eingehend in Augenschein und komme zu dem Schluss, dass das Auto super ist. James lobt das KFZ ebenfalls über den Schellenkönig und beteuert, dass im Kofferraum genügend Stauraum vorhanden ist, um mehrere Gitarren sowie eine Verstärkereinheit zu transportieren. In diesem Zusammenhang kommt der Bube auf die NORTHSTAR Tournee zu sprechen und unterbreitet, dass seine Bande in diesem Jahr lediglich drei Dutzend Auftritte in Ontario sowie im amerikanischen Bundesstaat New York gespielt hat. Zudem lerne ich, dass er im kommenden Jahr viele Konzerte entlang der Ostküste bestreiten und womöglich auch in Miami pörformen wird.
11.30 Uhr Kurz vor dem Mittagsleuten schlittern wir durch Chinatown und haben das Glück, direkt vor dem “Chinatown Centre” an der Cameron Strasse einen Parkplatz zu ergattern. Wir hüpfen ausgelassen aus dem Auto und schicken uns an, mit Hund Dixon nach Böller Ausschau zu halten.
12.00 Uhr im “Ming Mine Shop” werden wir fündig und investieren ein kleines Vermögen in Bodenkreisel, Feuerwerkbatterien, Kugelkopfraketen, Feuerringe und Lanzenlichter. David ist ganz aus dem Häuschen und wirft ein, dass wir unbedingt ein Bleigiesset einkaufen sollten – das ist doch eine Selbstverständlichkeit.


Ich rücke mir die NY YANKEES Mütze zurecht

13.00 Uhr Nach einer Stunde stehen wir wieder auf der Strasse und James rechnet vor, dass ich für die Feuerwerksutensilien 250 Dollars ausgegeben habe. Ich rücke mir die NY YANKEES Mütze zurecht und informiere, dass ich genügend Geld habe und Gott sei Dank nicht auf den Taler achten muss. Meine Begleiter zucken mit den Schultern und sind einhellig der Meinung, dass ich sie jetzt in ein Chinarestaurant einladen könnte – wie unlöblich.
13.45 Uhr Missmutig lotse ich jungen Leute ins “Pho Ai My” und erkläre einem Kellner, dass Dixon seit vielen Jahren mein treuer Blindenhund ist. Nach langem Hin und Her willigt der Knecht ein und weist uns einen Tisch mit Ausblick auf die Sullivan Strasse zu. Hungrig schlagen wir die Tageskarte auf und ordern kurzerhand Chicken Curry sowie durstlöschende Diät Colas.


Bald reise ich nach Florida

14.15 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, bringe ich meine Abreise in der kommenden Woche zur Sprache und stelle klar, dass es ein Spass werden wird, mit dem WINNEBAGO nach Florida zu krusen. James schlägt in die gleiche Kerbe und ermutigt mich, einige Tage in New York zu bleiben und Thomas Kronach zu besuchen – jaja.
14.45 Uhr Nun ist die Zeit gekommen, um nach Hause zu fahren. Ich winke den Kellner an den Tisch und begleiche die Rechnung mit bunten Scheinen. Anschliessend verlassen wir die Wirtschaft und laufen zum Auto zurück.
15.30 Uhr Im Stadtteil York angekommen, schleppen wir die Einkaufstüten ins Zuhause meines Bruders und lassen Maria und Amanda wissen, dass einem erquickenden Silvesterfeuerwerk nun nichts mehr im Wege steht. Meine Schwägerin schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und erinnert, dass wir morgen einen waschechten Politiker sowie den stellvertretenden Scheff der “Toronto Transit Commission” (löblich: Toronto Verkehrsausschuss) zu Gast haben werden – das ist mir Wurst.
16.15 Uhr Nachdem ich mit den Kindern Kaffee getrunken und Kuchen gegessen habe, falle ich erschöpft aufs Kanapee und schliesse die Augen. Ich döse bald ein und sehe mich im Traum an den Barefoot Beach (löblich: Barfuss Strand) nach Naples versetzt – da kommt besonders grosse Freude auf.


Ich träume von Naples

17.15 Uhr Leider ist mir die Ruhe nicht lange vergönnt. Als der Minutenzeiger meiner ROLEX auf Viertel nach 5 zugeht, weckt mich Sandra und teilt mir mit, dass es ein einmaliges Erlebnis war, von der Aussichtsplattform des CN Turms auf die Stadt zu blicken. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und erwidere, dass ich währenddessen ordentlich abgeschoppt und ein extraordinäres Mittagessen in einem chinesischen Restaurant genossen habe.
17.45 Uhr Wenig später ruft uns Maria in die Küche und verwöhnt uns mit einem vegetarischen Nudelauflauf. Ich probiere vorsichtig und gebe meiner Schwägerin mit erhobenem Zeigefinger zu verstehen, dass der Jause die Fleischeinlage fehlt. Sandra rollt mit den Augen und belehrt, dass übermässiger Fleischgenuss zu Fettleibigkeit und Gehirnbrand führen kann – so ein Schmarrn.

18.30 Uhr Nachdem die Kinder das Weite gesucht haben, mache ich es mir neben Sandra auf dem Wohnzimmersofa bequem und vernehme, dass HBO heute den nervenaufreibenden Kriegsfilm “Eye in the Sky” (löblich: Auge im Himmel) zeigen wird. Ich mache der Maid die Fernbedienung streitig und fröne als erstes den Nachrichten auf CBC.
19.15 Uhr Zur sogenannten Prime Time (löblich: Hauptfernsehzeit) leisten uns Maria, Georg und Edelbert Gesellschaft. Bei süffigem Rotwein und schmackhaftem Christstollen wechsle ich auf HBO und gebe mich den Abenteuern eines Drohnenpiloten hin, der mit der Aufgabe betraut wird, Terroristen im kenianischen Nairobi zur Strecke zu bringen – da kommt Spannung auf.
21.15 Uhr Nach einhundertzwanzigminütigem Nervenkitzel flimmert der Abspann über den Bildschirm. Ich atme tief durch und komme zu dem Ergebnis, dass ich selten einen spannenderen Film gesehen habe. Danach nippe ich ein letztes Mal am Weinglas und wünsche den anderen süsse Träume. Gute Nacht.

19. Dezember 2016 – Von Fort Myers nach Toronto

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen 11:00 Uhr werde ich mit Edelbert eine lustige Boeing 737-800 besteigen und nach Toronto ausfliegen. Selbstverständlich habe ich bereits vorab im Internetz zwei schöne Sitzplätze in der Reihe 27 des Stahlvogels reserviert – wie aufregend.


Bald sind wir in Toronto – wie aufregend

Weil sämtliche Plätze mit hochauflösenden Bildschirmen ausgestattet sind, wird es uns möglich sein, während des dreistündigen West-Jet Direktflugs spannende Filme zu sehen. Leider ist dieser Luxus nur uns Menschen vorbehalten. Hund Dixon wird die Reise leider in einer beheizten Transportbox im Frachtraum erleben. Da mir das Wohl des Tieres sehr am Herzen liegt, habe ich heute Morgen einen ausgedehnten Spaziergang mit dem Lausbuben unternommen und ihm ausserdem ein grosses Stück Pansen serviert.

Westjet Boeing 737-700 (W) (7055257257)Foto: By BriYYZ from Toronto /  CC SA 2.0

Gegen 14:20 Uhr steht die Ankunft auf dem “Toronto Pearson International Airport” auf dem Plan. Mein löblicher Neffe James hat versprochen, uns vom Flughafen abzuholen und zum Stadthaus meines Bruders zu kutschieren. Ferner haben meine Verwandten für den Abend eine kleine Willkommensfeier geplant. Haushälterin Grace hat gestern extra ein Kürbisbrot gebacken und wird uns heute mit einer hausgemachten Fleischpastete an Wildreis verwöhnen – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.

Der Christbaum im Eaton Centre:

Für den Dienstag ist ein Abstecher ins Zentrum geplant.
An Marias, Georgs, Amandas, James und Davids Seite wollen wir letzte Einkäufe im “Eaton Centre” tätigen und die weihnachtliche Atmosphäre im grössten Kaufhaus der Stadt geniessen.

Hochachtungsvoll
Reinhard Pfaffenberg

15. Dezember 2016 – Reisevorbereitungen

07.45 Uhr Obgleich ich erst in vier Tagen nach Toronto ausfliegen werde, stehe ich zeitig auf und mache es mir zur Aufgabe, warme Winterkleidung aus dem Schrank zu holen. Während Dixon grosse Augen macht, nehme ich die gefütterte Winterjacke in Augenschein und informiere, dass uns in Kanada eiskalte Temperaturen erwarten werden.
08.15 Uhr Neben ein Dutzend Hemden, zwei Krawatten, Kniestrümpfen und Unterwäsche, lege ich ausserdem meinen Smoking samt Fliege in den DELSEY Hartschalenkoffer. Danach schlendere ich badebemäntelt in die Garage, um die Mondstiefel (unlöblich: Moonboots) vom Regal zu nehmen. Ruckzuck verstaue ich auch die Schneesschuhe im Koffer und komme zu dem Schluss, dass kaum noch Platz für die Weihnachtsgeschenke bleibt. Um nicht mit leeren Händen in Ontario anzukommen, ringe ich mich dazu durch, auch die Reisetasche hervorzuholen – mir bleibt wirklich gar nichts erspart.


Die Mondstiefel dürfen nicht fehlen

08.00 Uhr Nach einer geschlagenen Stunde rolle ich den Koffer in den Gang und scheuche Dixon nach draussen. Bei angenehmen 76°F (24°C) lockere ich meine eingerosteten Glieder und nehme mir ausserdem das Recht heraus, meiner Nachbarin freundlich zuzuwinken. Frau Pontecorvo wünscht mir ebenfalls einen schönen Morgen und lädt mich ein, in einer Stunde nach nebenan zu kommen – das lasse ich mir nicht zweimal sagen.
08.15 Uhr Weil man sich nicht ungewaschen an einen Esstisch setzen darf, verabschiede ich mich nach dem Frühsport in die Nasszelle. Wie es sich gehört, lasse ich mir ein prima Wirbelbad einlaufen und nutze die Gelegenheit, um mit Edelbert zu telefonieren. Mein Bekannter gibt sich jedoch kurzangebunden und sagt, dass er gleich zum Frisör gehen und sich aufsteilen lassen wird – wie schade.
09.15 Uhr Kurz nach dem Neunuhrläuten statte ich meiner Nachbarin einen Besuch ab und werde mit einem Gläschen Schaumwein begrüsst. Natürlich proste ich Frau Pontecorvo redlichst zu und erwähne, dass ich während der Morgenstunden mein Reisegepäck zusammengestellt habe. Die Perle nickt eifrig und erinnert, dass sie sich bereits in zwei Tagen in Richtung Jacksonville verabschieden wird. Ich zucke mit den Schultern und lasse mich am Frühstückstisch nieder, um mich über köstliche Rühreier mit Speckstreifen herzumachen.


Wir schlürfen Schaumwein

10.00 Uhr Während ich mir die wichtigste Mahlzeit des Tages schmecken lasse, bringe ich die Abreise am kommenden Montag zur Sprache und stelle klar, dass ich Herrn Wang anrufen und ihn bitten muss, uns zum Flughafen zu bringen. Meine Nachbarin gibt mir Recht und meint, dass sie in vier Tagen längst bei ihrer Freundin in Jacksonville sein wird. Ich seufze laut und schenke mir etwas Kaffee nach – schmeckt gar nicht schlecht.
11.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 11 zugeht, lege ich das Besteck beiseite und mache die Gastgeberin auf den Umstand aufmerksam, dass der Vierbeiner nun Gassi gehen möchte. Frau Pontecorvo zeigt Verständnis und wünsche mir einen schönen Nachmittag.
11.30 Uhr Während wir durch das Wohngebiet spazieren, lasse ich mir die Sonne auf den Kopf scheinen und denke daran, dass ich in den nächsten Wochen auf wärmende Sonnenstrahlen leider verzichten muss. Trotz alledem lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und überquere die Immokalee Road. Wenig später stehe ich vor der “Pelican Larry’s Raw Bar & Grill” Wirtschaft und entschliesse mich, eine kurze Pause einzulegen.
12.00 Uhr Der Wirt begrüsst mich überschwänglich und zögert nicht, mich zu einem Bier einzuladen. Darüber hinaus ordere ich einen Cheeseburger und gebe zu Protokoll, dass das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf. Herr Larry schlägt in die gleiche Kerbe und gibt die Bestellung lachend an das Küchenpersonal weiter.
12.45 Uhr Ich spüle meinen trocknen Hals mit köstlichem Hopfensaft durch und lasse den Wirt wissen, dass ich das diesjährige Weihnachtsfest bei meiner Familie im Toronto verbringen werde. Herr Larry winkt demonstrativ ab und beteuert, dass ihm Weihnachten gestohlen bleiben kann – wie unlöblich.
13.30 Uhr Nachdem ich die Zeche bezahlt und Herrn Larry alles Gute gewünscht habe, mache ich mich auf den Heimweg. Auf halbem Weg statte ich dem “Circle K” Supermarkt einen kurzen Besuch ab, um Softgetränke (unlöblich: Softdrinks) sowie ein Pfund Äpfel zu kaufen.


Mein Zuhause unter Palmen

14.15 Uhr Zuhause angekommen, lasse ich Dixon von der Leine und freue mich auf ruhige Stunden in der kleinen Villa. Ruckzuck falle ich aufs Kanapee und döse prompt ein – das tut gut.
15.15 Uhr Redlichst ausgeruht schwinge ich mich vom Kanapee und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Auch heute helfe ich leidgeprüften Menschen aus ausweglosen Situationen und rate, sich von der verlotterten Jugend nicht alles gefallen zu lassen – wo kämen wir denn da hin.
16.15 Uhr Nach sechzig Minuten gehe ich von der Leine und genehmige mir auf der Terrasse ein kühles Bier. Unterdessen rufe ich bei meinem Bruder an und bringe heraus, dass es am Ontariosee bitterkalt ist. Ausserdem kündigt Georg grossspurig an, dass er am Abend das “Air Canada Centre” besuchen und sich die Eishockeypartie zwischen den Toronto Maple Leafs” und den “Arizona Coyotes” anschauen wird – das soll mir auch Recht sein.
17.00 Uhr Zu guter Letzt wünsche ich Georg viel Vergnügen und beende das Telefonat. Danach schiebe ich eine Pizza ins Backrohr und zaubere einen farbenfrohen Beilagensalat mit perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen.


Pizza – schmeckt wirklich prima

18.00 Uhr Nach dem Abendessen rufe ich Dixon herein und gehe zum gemütlichen Teil des langen Tages über. Unter anderem schaue ich mir die FOX Nachrichten an und gebe mich ausserdem einer lehrreichen Ruf-Herein-Schau (unlöblich: Call-In Show) hin – da kommt Freude auf.
19.00 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, wechsle ich zur Hauptfernsehzeit auf den Bezahlsender AMC, wo just im Augenblick der spannende Krimi “Dirty Harry” anläuft. Ich lehne mich bierschlürfend zurück und tauche in die Abenteuer eines Inspektors ein, der einen brutalen Serienmörder zur Strecke bringen muss – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zwei Stunden schalte ich die Glotze aus und unternehme mit Dixon einen letzten Rundgang durch den Garten. Im Anschluss reguliere ich die Klimaanlage und gehe zu Bett. Gute Nacht.