08.00 Uhr Ich werde durch lautes Telefonläuten aus einem angenehmen Traum gerissen. Zu allem Überfluss meldet sich mein Bruder in der Leitung und sagt, dass er gerne im Stadtzentrum frühstücken würde. Ich zucke mit den Schultern und schlage vor, dass wir uns gegen halb Elf im “Bistro 821” treffen könnten. Georg ist einverstanden und sagt, dass er nicht nur seine Gattin, sondern auch grossen Hunger mitbringen wird – das hört man gerne.
08.15 Uhr Anschliessend rufe ich bei Prof. Kuhn an und gebe zu Protokoll, dass ich heute doch kein opulentes Frühstück im Willoughby Drive auftischen werde. Stattdessen verweise ich auf das Telefonat mit meinem Bruder und informiere, dass mich meine Verwandten ins “Bistro 821” ausführen werden. Edelbert ist hellauf begeistert und verspricht, pünktlich vor Ort zu sein – wie schön.
08.45 Uhr Nachdem ich das Gespräch beendet habe, eile ich ins Badezimmer, um mich frisch zu machen. Ich entspanne mich bei einem löblichen Wirbelbad und fröne nebenbei dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) – da kommt Freude auf.
Mein Zuhause unter Palmen
09.45 Uhr Nach Rosenblüten duftend, scheuche ich den Vierbeiner zum Chevrolet und lasse ihn wissen, dass wir in Bälde eine reichhaltige Mahlzeit verzehren werden. Hund Dixon hüpft elegant auf die Ladefläche des PS-strotzenden SUVs und bricht in lautes Bellen aus, als ich mich am Wählhebel der Automatikschaltung zu schaffen mache. Ruckzuck brettere ich vom Grundstück und kruse zielstrebig in Richtung Stadtmitte davon.
10.30 Uhr Pünktlich auf die Minute betrete ich das Familienrestaurant an der 5th Avenue South und treffe den Professor sowie Georg und Maria an einem Fenstertisch an. Weil mein Magen knurrt, nehme ich umgehend Platz und winke eine Kellnerin herbei, um eine Kanne Bohnenkaffee sowie ein grosses Frühstück zu ordern.
11.00 Uhr Als ich mich über köstliche Rühreier hermache, erzählt Maria von ihrem gestrigen Ausflug nach Fort Myers und sagt, dass sie sich einen edlen Victoria’s Secret Bustier geleistet hat. Georg schlägt in die gleiche Kerbe und rechnet vor, dass er für dieses Korsett 170 Dollars hinblättern musste. Ich werfe Edelbert skeptische Blicke zu und erwähne, dass ich mir solch kostspieligen Anziehsachen kaum leisten kann. Mein Bruder bricht in schallendes Gelächter aus und meint, dass mir ein Bustier sowieso nicht stehen würde – gleich platzt mir der Kragen.
Hund Dixon darf am Strand spielen
11.30 Uhr Nach der reichhaltigen Brotzeit kehren wir zu den Autos zurück und kommen überein, dass wir nun zum Vanderbilt Strand krusen und einen Spaziergang unternehmen sollten. Ich reibe mir die Hände und lasse es mir nicht nehmen, Edelbert die Beifahrertüre aufzuhalten und Dixon auf die Rückbank springen zu lassen.
12.00 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, stellen wir die Personenkraftwagen auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz in Strandnähe ab. Danach streben wir mit schnellen Schritten zum azurblauen Ozean und freuen uns, nur wenige Badegäste anzutreffen. Wie es sich gehört, lasse ich Dixon von der Leine und schlüpfe aus den modischen Flipflops, um meine Füsse im kühlen Nass zu baden – was kann es schöneres geben.
13.00 Uhr Während der entspannten Wanderung entlang des Golfs kündigt Georg grossspurig an, über das Wochenende zum “Gatorland” Reptilienpark fahren zu wollen. Als mich der gute Mann einlädt, winke ich prompt ab und entgegne, dass ich keine grosse Lust habe, gefrässige Krokodile aus nächster Nähe zu beäugen. Auch Edelbert schlägt die Einladung aus und sagt, dass er für den Freitag einen Zahnarzttermin vereinbart hat.
Ich sage Nein zu Alligatoren
13.45 Uhr Weil Dixon aus dem Hecheln gar nicht mehr herauskommt, kehren wir kurzerhand ins “Vanderbilt Beach Resort” ein und ordern an der Strandbar einen Krug Budweiser. Nebenher komme ich auf unsere anstehende Forschungsreise in den goldenen Westen zu sprechen und lasse Edelbert wissen, dass es sich anbieten würde, die Schauplätze der Zodiac Morde rund um San Franzisko zu besuchen. Maria rümpft angewidert die Nase und erinnert, dass der besagte Massenmörder die Menschen in Kalifornien Ende der 1960er Jahre zu Tode erschreckt hat. Ich winke demonstrativ ab und fahre fort, dass wir ausserdem Oakland besichtigen und über die Golden Gate Brücke fahren werden – darauf freue ich mich jetzt schon.
Phantombild des Zodiac Mörders
14.45 Uhr Nach einer Stunde spüle ich meinen Hals mit einem letzten Schluck Bier durch und merke an, dass wir langsam unsere Zelte abbrechen sollten. Meine Schwägerin gibt mir Recht und sagt, dass sie noch zum Supermarkt rasen und Lebensmittel für die anstehende Ausfahrt nach Orlando besorgen muss – das soll mir auch Recht sein.
15.30 Uhr Nachdem wir Hände geschüttelt haben, bringe ich Edelbert sicher in die Stadt zurück und wünsche ihm einen ruhigen Abend. Anschliessend drücke ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und freue mich auf ruhige Stunden in meinem kultivierten Zuhause.
16.15 Uhr Zurück in der kleinen Villa, stelle ich wohlwollend fest, dass während meiner Abwesenheit die Putzfrau vor Ort war. Ich atme tief durch und falle gähnend aufs Kanapee. Im Handumdrehen döse ich ein und sehe mich im Traum nach San Franzisko versetzt.
17.15 Uhr Nach dem Päuschen mache ich mich in der Küche nützlich und koche Tortellini auf. Zudem schütte ich eine fertige Tomatensauce aus dem Glas in einen Topf und verfeinere die Pampe mit Petersilie aus eigenem Anbau.
Die Petersilie wächst …
18.00 Uhr Nach dem Essen stelle ich die Geschirrspülmaschine ein und lasse den langen Tag vor der Glotze ausklingen. Unter anderem schaue ich mir die FOX Nachrichten an und lerne, dass just heute in Los Angeles der “Star Wars Day” (löblich: Krieg der Sterne Tag) gefeiert wird. Ich kratze mich nachdenklich an der Schläfe und erkläre dem schnurrenden Vierbeiner, dass ich mit der lächerlichen Filmreihe gar nichts anfangen kann.
19.00 Uhr Zur Prime Time (löblich: besten Sendezeit) schalte ich auf AMC um und gebe mich dem Spielfilm “King of Devil’s Island” hin. Das krude Machwerk des norwegischen Filmemachers Marius Holst erzählt von der Gefängnisinsel Bastoy, die unter dem strengen Regime des Anstandsleiters Hakon steht – so ein Schmarrn.
21.00 Uhr Nach 90minütiger Langeweile unternehme ich mit Hund Dixon einen letzten Rundgang durch den Garten und stelle den Rasensprenger ein. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.