08.00 Uhr Just als ich mich aus dem Bett rolle, schrillt das Handtelefon laut los und ich habe die Ehre, mit meinem Bruder sprechen zu dürfen. Georg legt beste Laune an den Tag und beteuert, dass er sich im luxuriösen “Ritz-Carlton Resort” pudelwohl fühlt. Darüber hinaus erhalte ich die Auskunft, dass die Umbauarbeiten im Lowbank Drive gut voranschreiten und voraussichtlich Ende kommender Woche beendet sein werden – wie schön.
08.30 Uhr Nachdem ich herausgebracht habe, dass meine Verwandten den Tag in der hoteleigenen Wohlfühloase verbringen wollen, beende ich das Gespräch und führe auf der Terrasse den Frühsport durch. Wie es sich gehört, lockere ich meine Glieder redlichst und vergesse auch nicht, ein Rad auf der grünen Wiese zu schlagen.
09.00 Uhr Anschliessend entspanne ich mich bei einem prima Wirbelbad und nutze die Gelegenheit, um bei Edelbert anzurufen und ihm einen Stadtbummel schmackhaft zu machen. Mein Bekannter ist hellauf begeistert und regt ausserdem ein gemeinsames Frühstück im “The Cafe” an der 5th Avenue an – das kann mir nur Recht sein.
10.00 Uhr Nach dem Waschvorgang werfe ich mich in Schale und lege dem Vierbeiner das schöne Lederhalsband um. Anschliessend scheuche ich Dixon zum PS-strotzenden Chevrolet und schicke mich an, ruckzuck aus dem Wohngebiet auszufahren. Während der Reise pfeife ich zum aktuellen Eric Church Schlag (unlöblich: Hit) laut mit und lasse mir den Fahrtwind durchs schüttere Haupthaar wehen – was kann es schöneres geben.
Hund Dixon schlabbert gesundes Wasser
10.30 Uhr Alsbald erreiche ich mein Ziel und treffe den Professor kaffeeschlürfend in besagtem Gasthaus an. Weil ich grossen Hunger mitgebracht habe, setze ich mich spornstreichs dazu und ordere bei einem gestriegelten Kellner ein grosses Frühstück mit Kaffee und O-Saft. Um auch meinem tierischen Begleiter etwas Gutes zu tun, stecke ich dem Knecht einen Dollar zu und bitte ihn, eine Schüssel Wasser aufzufahren.
11.00 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, berichte ich meinem Tischnachbarn vom Telefonat mit Georg und merke an, dass der Herr Bauunternehmer viel Geld in der besten Herberge der Stadt lässt. Naserümpfend reibe ich den Zeigefinger am Daumen und rechne ausserdem vor, dass die Renovierungsarbeiten im Ferienhaus bestimmt auch mehrere Zehntausende kosten werden. Edelbert rauft sich die Haare und entgegnet, dass er sich solche Sperenzchen leider nicht leisten kann – dem ist nichts hinzuzufügen.
12.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 12 zugeht, bezahlen wir die Zeche in Bar und ringen uns dazu durch, trotz der grossen Hitze einen Spaziergang durch die Innenstadt zu unternehmen. Unterdessen tratschen wir über die anstehenden Midterm Elections (auf deutsch: Zwischenwahlen) am 6. November und sind uns sicher, dass die republikanische Partei grosse Erfolge feiern wird. Darüber hinaus erinnert Edelbert, dass in Florida ein neuer Gouverneur gewählt werden wird. Ich nicke eifrig und merke an, dass der beliebte Republikaner Ron DeSantis sowie Andrew Gillum von den Demokraten zur Wahl stehen – das wird spannend.
Ein neuer Gouverneur für Florida
12.45 Uhr Nachdem wir die Auslagen in den Schaufenstern begutachtet haben, kehren wir zu meinem frisch aufpolierten SUV zurück und schütteln Hände. Der Professor gähnt in einer Tour und kündigt an, dass er sich nun zur Ruhe betten und etwas schlafen wird – das ist eine hervorragende Idee.
13.30 Uhr Zuhause angekommen, schleppe ich mich mit letzter Kraft in die gute Stube und falle erschöpft aufs Kanapee. Schon bald döse ich ein und träume von einem besinnlichen Weihnachtsfest im Kreise meiner Liebsten.
14.30 Uhr Leider wird mein Müssiggang kurze Zeit später durch sehr aggressives Telefonschellen gestört. Diesmal meldet sich Frau Pontecorvo im Rohr und gibt vor, erst Morgen Abend aus Jacksonville zurück zu kommen. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und antworte, dass ich sie mit einem Abendessen überraschen werde. Im Anschluss verfrachte ich den Hörer auf die Telefongabel und setze mich an den Heimrechner, um die Anschnurseelsorge zu erledigen. Im Posteingang stosse ich nicht nur auf Hilferufe besorgter Eltern, sondern auch auf eine Depesche meiner unterbelichteten Mieterin. Mit grossen Augen lese ich, dass Sandra mit dem Gedanken spielt, ein neues Auto aus dem Hause FORD zu kaufen – das ist mir Wurst.
15.30 Uhr Zu guter Letzt nehme ich die Einträge im Gästebuch in Augenschein und ärgere mich über garstige Jugendliche, die mich auf das Übelste beschimpfen. Bevor mir der Kragen platzt, fahre ich das Betriebssystem herunter und fasse den Entschluss, mit dem Vierbeiner einen Spaziergang zu unternehmen.
16.00 Uhr Mit einer lustigen Melodie auf den Lippen schlendere ich zum “La Playa” Golfplatz und habe das Vergnügen, auf halbem Weg Herrn Booth zu treffen. Mein Nachbar präsentiert eine Tüte mit “Circle K” Aufdruck und sagt, dass er in besagtem Supermarkt eine Sonnenlotion eingekauft hat. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und stelle klar, dass ich mittlerweile abgehärtet bin und auf einen Sonnenschutz getrost verzichten kann.
Ich sorge für ein leckeres Abendessen
16.45 Uhr Völlig verschwitzt treffe ich zu Hause ein und heize den Backofen vor. Danach hole ich eine TOMBSTONE Fertigpizza aus dem Kühlfach und vergesse auch nicht, als Beilage einen bunten Salat zu zaubern.
18.00 Uhr Nach dem Nachtmahl gehe ich zum gemütlichen Teil des langen Tages über und lasse mich neben Hund Dixon auf dem Kanapee nieder. Um auf dem Laufenden zu bleiben, fröne ich den FOX Nachrichten und mache mich über die tagesaktuellen Geschehnisse schlau.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit nehme ich mit dem AMAZON Videoangebot Vorlieb und gebe mich dem abendfüllenden Spielfilm “A Good Marriage” hin. Die Hollywoodproduktion aus dem Jahre 2015 handelt von einer Dame, die seit zwanzig Jahren mit einem landesweit gesuchten Serienmörder verheiratet ist – wie schrecklich.
21.00 Uhr Nach zweistündigem Nervenkitzel schalte ich die Glotze ab und stelle das leere Bierglas in die Spüle. Anschliessend verriegle ich die Haustüre besonders sicher und lege mich ins Bett. Gute Nacht.