23. Juli 2014 – Hershey’s oder Nutella?

pfaffenbergkl

08.30 Uhr Ich schwinge mich aus dem Wasserbett und bemerke, dass der Radiowecker nicht angesprungen ist. Nörgelnd öffne ich die Terrassentüre und erkläre dem Vierbeiner, dass ich nach dem Badevergnügen zum Einkaufen fahren muss. Der Rüde wedelt mit der Rute und entschliesst sich, bis dahin im Garten zu spielen.

radiowecker
Mein praktischer Radiowecker

09.00 Uhr Während ich die Seele bei einem löblichen Wirbelbad baumeln lasse, telefoniere ich mit Edelbert und erzähle ihm, dass mich jemand in den Supermarkt meines Vertrauens begleiten muss. Der Professor windet sich jedoch aus der Verantwortung und behauptet, dass er um 10 Uhr bei Familie Satesh eingeladen ist.
10.00 Uhr Nachdem ich mit meinem Bruder gesprochen und in Erfahrung gebracht habe, dass er mit den Kindern ans Meer fahren wird, beende ich die Morgenwäsche.
10.30 Uhr Als ich mir die Haare aufsteile, rufe ich mir Dr. Rognatellis Worte in den Sinn und komme zu dem Schluss, dass ich unmöglich die schweren Einkaufstüten schleppen kann. Seufzend sprühe ich RP LOB auf meine Haut und eile dann zum Nachbarhaus, um Frau Pontecorvo zum Schoppingvergnügen einzuladen. Die Dame winkt mich lächelnd herein und beteuert, dass sie natürlich mitkommen und mir helfen wird – wie schön.
11.00 Uhr Erleichtert kehre ich in die kleine Villa zurück und freue mich, Frau Gomez in der guten Stube anzutreffen. Die Reinigungsfachfrau begrüsst mich herzlich und erkundigt sich, wie mein Japanurlaub war. Ich blicke traurig drein und verrate, dass ich die Reise kurzfristig absagen musste. Bei dieser Gelegenheit komme ich auf meine schwere Bandscheibenoperation zu sprechen und lege anschaulich dar, dass ich dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen bin. Als Frau Gomez grosse Augen bekommt, mache ich kehrt und nehme in der Küche ein kleines Frühstück ein – schmeckt nicht schlecht.

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Bandscheibenvorfall

11.30 Uhr Wenig später schellt Frau Pontecorvo an der Haustüre und wir können endlich zum PUBLIX Supermarkt aufbrechen. Ruckzuck scheuche ich Dixon zum Chevrolet und schicke mich an, mit durchdrehenden Pneus vom Grundstück zu brettern. Nebenbei klage ich über Rückenschmerzen und lasse meine Begleiterin wissen, dass ich nicht einmal ein Pfund Mehl heben kann.
12.00 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, machen wir einer unterbelichteten Rentnerin (92) einen Einkaufswagen streitig. Danach laufen wir plaudernd durch die breiten Gänge und laden allerhand Produkte des täglichen Bedarfs ein. Weil Frau Pontecorvo günstige Lebensmittel bevorzugt, erhebe ich den Zeigefinger und belehre, das ich auf Qualität grössten Wert lege. Um meinen Aussagen Nachdruck zu verleihen, stelle ich den “Hershey’s” Schokoladenbrotaufstich ins Regal zurück und wähle stattdessen ein Glas Nutella.

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Nutella ist sehr gesund
Bild: Rainer Zenz at de.wikipedia / CC-BY-SA-3.0-de

13.00 Uhr Im Anschluss schlendern wir zur Kasse und sehen uns genötigt, knapp 70 Dollars bezahlen zu müssen. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen und gebe meiner Bekannten zu verstehen, dass ich bald im Schuldenturm landen werde. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und händige der übergewichtigen Kassiererin meine praktische Meisterkarte (unlöblich: Master Card) aus.
13.30 Uhr Nach einer nervenaufreibenden Hochgeschwindigkeitsfahrt treffe ich im Willoughby Drive ein und beauftrage Frau Pontecorvo, die Tüten ins Haus zu schleppen. Unterdessen genehmige ich mir ein süffiges Bier aus dem Eiskasten und animiere meine Zugehfrau, die verstaubten Teppiche im Garten auszuklopfen.
14.30 Uhr Nachdem die Frauenzimmer das Weite gesucht haben, verzehre ich ein Wurstbrot und falle dann völlig erschöpft aufs Kanapee. Ich schlafe prompt ein und sehe mich im Traum nach Disney World versetzt – wie schön.
15.30 Uhr Leider wird mein Nickerchen bald durch aggressives Schellen unterbrochen. Ich schleppe mich gähnend zur Haustüre und bin überrascht, meine Verwandten anzutreffen. Natürlich winke ich die lieben Leute herein und mache es mir zur Aufgabe, die DeLonghi Kaffeemaschine einzustellen. Nebenher plaudere ich mit Georg und höre, dass der “Barefoot Beach” (löblich: Barfussstrand) von Touristen überlaufen war – das ist wieder typisch.
16.15 Uhr Während wir es uns im Wohnzimmer bequem machen, erzählt Maria vom gestrigen Lichtspielhausbesuch und legt mir nahe, ebenfalls den neuen Michael Douglas Film “And So It Goes” anzuschauen. Ich schüttle den Kopf und erkläre meiner Schwägerin, dass ich einen Beamer besitze und auf eine stattliche Filmsammlung zurückgreifen kann. Georg nickt eifrig und schlägt vor, dass wir uns am Abend einen Spielfilm anschauen könnten – das ist gar keine schlechte Idee.

17.00 Uhr Just als ich mit James eine geeignete Hollywoodproduktion aussuche, machen sich die Frauen in der Küche nützlich. Die Damen kochen vitaminreiche Langnudeln und plappern, dass wir gegen 18 Uhr essen können. Ich reibe mir den Bauch und unterbreite, dass es eine Gaudi wäre, einen Krimi zu sehen. Mein Neffe winkt jedoch ab und vertritt die Meinung, dass “Der Pate” nicht für seinen 8jährigen Sohn geeignet ist – papperlapapp.
17.30 Uhr Schlussendlich verfrachten wir die Komödie “Ruby Sparks” in den Beamer und nehmen uns das Recht heraus, den Terrassentisch mit dem besten Geschirr einzudecken. Maria lässt nicht lange auf sich warten und serviert italienische Teigwaren mit Fleischbällchen – wie das duftet.


Auch für die junge Generation geeignet: Ruby Sparks

18.30 Uhr Nachdem wir uns gestärkt haben, beginnt der Filmabend. Ich betätige den “ON” (löblich: AN) Knopf und werfe bewegte Bilder auf die Leinwand. Anschliessend nehme ich David auf meinen Schoss und werde Zeuge, wie ein gefeierter Literat in eine Lebenskrise gerät und sich seine Sorgen von der Seele schreibt – wie langweilig.
20.30 Uhr Nach zweistündiger Eintönigkeit flimmert der Abspann über die Plastikwand. Ich wecke David auf und fülle Georgs Glas mit süffigem Sprudelsekt auf. Mein Bruder prostet mir redlichst zu und bringt für morgen einen Strandspaziergang ins Gespräch.
21.00 Uhr Zum Abschluss des Tages begleite ich meine Verwandten zum Auto und kann es kaum noch erwarten, endlich ins Bett zu gehen. Ich rufe Dixon ins Haus und lösche sämtliche Lichter. Gute Nacht.