2. Januar 2013 – Readers Digest und ein Ausflug in die Stadt

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07.30 Uhr Der Wecker geht an und reisst mich aus einem schönen Traum. Obwohl ich mich wie gerädert fühle, stehe ich auf und lasse Dixon in den Garten hinaus. Anschliessend nehme ich eine Aspirin Tablette ein und führe auf der Terrasse die Morgengymnastik durch – wer rastet, der rostet.
08.45 Uhr Nach einem löblichen Wirbelbad schlüpfe ich in farbenfrohe Freizeitkleidung und stelle erschrocken fest, dass der Vierbeiner im Teich geplanscht hat. Weil der Rüde den Küchenboden verschmutzt hat, hole ich einen Eimer aus der Abstellkammer und sorge für Sauberkeit und Ordnung. Danach stelle ich den futuristischen DeLonghi Vollautomaten ein und lasse mir die wichtigste Mahlzeit des Tages im weihnachtlich geschmückten Wohnzimmer munden – das schmeckt.
09.30 Uhr Da Frau Pontecorvo morgen aus Jacksonville zurückkommen wird, eile ich nach nebenan und giesse die vertrockneten Pflanzen. Darüber hinaus leere ich den Briefkasten und bemerke, dass meine Nachbarin den “Readers Digest” abonniert hat. Um etwas Abwechslung zu bekommen, nehme ich das Magazin mit nach Hause und studiere cocacolatrinkend die aufschlussreichen Berichte.
10.15 Uhr Just als ich einen Aufsatz über die Erstbesiedelung Grönlands überfliege, schellt das Telefon. Ich plaudere mit Georg und höre, dass meine Verwandten einen Schoppingausflug planen. Ferner fordert mich mein Bruder auf, in die Gänge zu kommen und zum Tin City (löblich: Zinn Stadt) Einkaufsparadies zu krusen. Da ich nichts besseres zu tun habe, sage ich zu und verspreche, in einer dreiviertel Stunde vor Ort zu sein.
11.00 Uhr Pünktlich auf die Minute fahre ich auf den Parkplatz und freue mich, meine Liebsten vor dem Haupteingang anzutreffen. Während David (7) auf und ab hüpft, rutsche ich elegant vom Fahrersitz und lasse es mir nicht nehmen, den Dreikäsehoch in die Wange zu kneifen. Im Anschluss laufen wir an den einladenden Geschäften vorbei und tratschen über meinen anstehenden Geburtstag. Meine Schwägerin schnalzt mit der Zunge und kündigt an, dass sie morgen einen bayerischen Zwiebelrostbraten mit Spätzle zubereiten wird. Ausserdem meint die gute Seele, dass auch Frau Pontecorvo zum Abendessen eingeladen ist.
12.00 Uhr Nachdem James seiner Ehefrau ein modisches T-Hemd sowie fesche Turnschuhe gekauft hat, kehren wir ins gutbesuchte “Pinchers Crab Shack” Fischgasthaus ein und ordern feine Nudelgerichte. Während wir kraftvoll zubeissen, löchere ich meine Tischnachbarn mit Fragen und erkundige mich, ob ich kostspielige Geschenke erwarten kann. Amanda straft mich mit skeptischen Blicken und erinnert, dass ich erst am heiligen Abend einen Gutschein für eine Luxusreise nach Puerto Rico erhalten habe – das ist wieder typisch.
12.45 Uhr Zum Abschluss des Mittagessens kredenzt der Kellner Eisbecher mit Früchten und Sahne. Ich lecke mir die Lippen und stibitze David in einem unbeobachteten Augenblick eine Kirsche – da kommt Freude auf.
13.30 Uhr Nach dem Bezahlvorgang schlendern wir am Hafen entlang und passieren unter anderem eine Weinhandlung. Georg ist kaum zu bändigen und rennt wie von Sinnen in die “Naples Winery”, um sündteure Rebensäfte in Augenschein zu nehmen. Unterdessen wende ich mich James zu und bringe in Erfahrung, dass die Kinder am Sonntag nach Toronto zurückfliegen müssen. Mein löblicher Neffe deutet in Richtung seines Stammhalters und unterbreitet, dass David Tags darauf wieder zur Schule gehen muss – wie schade.
14.15 Uhr Trotz der schlechten Nachrichten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und helfe Georg, eine Kiste kalifornischen Rotwein zum JEEP zu schleppen. HEUREKA – diesen Stress hält nicht einmal der stärkste Rentner aus.
14.45 Uhr Nachdem ich mich verabschiedet habe, helfe ich Dixon auf die Ladefläche des Broncos und trete zu stimmungsvollen WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Radioklängen die Heimfahrt an.
15.30 Uhr Zuhause angekommen, stelle ich die Kuhjungenstiefel zur Seite und falle völlig erschöpft aufs Wohnzimmerkanapee. Bereits nach wenigen Sekunden schlummere ich ein und sehe mich im Traum in die italienische Hauptstadt Rom versetzt – das waren noch Zeiten.
16.30 Uhr Um mich nicht zu langweilen, nehme ich am Schreibtisch platz und schalte den Heimrechner ein. Neben der Anschnurseelsorge kümmere ich mich um meine persönliche Korrespondenz und finde im Posteingang eine Grussbotschaft meines Cousins Robert (70) vor. Der gute Mann sendet mir die besten Grüsse aus Boerne, TX und schreibt, dass er mich im März gerne besuchen möchte. Ich mache grosse Augen und zögere nicht, in meinem Antwortschreiben klarzustellen, dass er jederzeit herzlich Willkommen ist.
17.15 Uhr Nachdem ich die Gästebucheinträge überflogen habe, gehe ich von der Leine und rufe im Ferienhaus an. Als sich mein Bruder endlich meldet, teile ich ihm die frohe Botschaft mit. Georg ist begeistert und verspricht, mit unserem Grosscousin in Verbindung zu treten und alles weitere zu besprechen – wie aufregend.
18.00 Uhr Während sich die Nacht über Naples legt, richte ich eine Wurstplatte an und geniesse das Abendessen im klimatisierten Wohnzimmer. Nebenher schiebe ich eine DVD ins Abspielgerät und lasse die Seele bei der bayerischen Fernsehserie “Florian 3” baumeln. HEUREKA – diesen Unsinn muss man gesehen haben.
19.00 Uhr Um nicht völlig zu verblöden, schalte ich auf den Bezahlsender FX um und fröne der Kriminalserie “Justified”, die von einem Polizeibeamten in einer Kleinstadt erzählt. Ich amüsiere mich köstlich und spüle meine staubtrockene Kehle mit süffigem Weisswein durch – das schmeckt.
21.00 Uhr Ein schöner Fernsehabend geht zu Ende und ich begleite Dixon in den Garten. Anschliessend reguliere ich die Klimaanlage und lege mich schlafen. Gute Nacht.

Reinhard Pfaffenberg trinkt gesundes Coca Cola – das schmeckt:

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