27. Februar 2018 – Geburtstagsgeschenk für Georg

08.00 Uhr Redlichst ausgeschlafen schwinge ich mich aus dem Wasserbett und kann es kaum noch erwarten, in vier Tagen nach Kanada auszufliegen. Um im verschneiten Nachbarstaat eine gute Figur abzugeben, eile ich mit schnellen Schritten auf die schattige Terrasse, um meine müden Glieder zu stählen. Ausserdem werfe ich Hund Dixon einen Tennisball zu und fordere ihn mit Nachdruck auf, der handzahmen Echse Billy nicht zu nah zu komme.


In vier Tagen ist es endlich so weit

08.45 Uhr Nachdem ich mit Frau Pontecorvo geplaudert habe, ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und läute den Dienstag mit einem erfrischenden Wirbelbad ein. Ferner mache ich mir Gedanken bezüglich Georgs anstehenden Geburtstag und komme zu dem Schluss, dass ich heute zum WAL MART krusen und nach einem geeigneten Geschenk suchen sollte. Um nicht alleine zur Markthalle am Tamiami Trail rasen zu müssen, rufe ich kurzentschlossen beim Professor an und frage nach, ob er mich begleiten möchte. Edelbert willigt nach kurzem Zögern ein und versichert, dass er gegen 11 Uhr vor Ort sein wird – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.
09.45 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten nehme ich seufzend am Frühstückstisch platz und nehme in Gesellschaft meines Haustieres die wichtigste Mahlzeit des Tages ein. Während ich mir KELLOGGS Zerealien mit frischer Muh schmecken lasse, blättere ich in der Tageszeitung und lerne, dass der aus Salinias in Kalifornien stammende Schriftsteller John Steinbeck just heute seinen 116. Geburtstag feiern würde. Ich lege meine Stirn in Falten und erinnere mich, dass dem Autor nicht nur ein Pulitzer-Preis, sondern auch der Nobelpreis überreicht wurde.


John Steinbeck feiert Geburtstag

10.30 Uhr Um zur Verabredung nicht zu spät zu kommen, beende ich die Mahlzeit und nehme mir das Recht heraus, dem Haustier das schöne Lederhalsband umzulegen. Danach scheuche ich Dixon zum Auto und schicke mich an, ruckzuck zum 4 Meilen entfernten Kaufhaus zu fahren. Unterdessen stelle ich den Radio etwas lauter und singe zum aktuellen LANco Schlag “Hallelujah Nights” (löblich: Halleluja Nächte) laut mit – was kann es schöneres geben.
11.00 Uhr Zur verabredeten Zeit treffe ich am Ziel ein und ärgere mich, weil von Edelbert weit und breit keine Spur ist. Erst nach wenigen Minuten rollt der schneeweisse JEEP meines Bekannten vor und ich bringe auf Anfrage heraus, dass er sich in einer der umliegenden Schnellessrestaurants ein zweites Frühstück gegönnt hat – wie unlöblich.
11.15 Uhr Missmutig stapfe ich in die WAL MART Filiale und lasse meinen Begleiter wissen, dass sich Georg womöglich über eine elektrische Zahnbürste freuen würde. Edelbert schüttelt jedoch den Kopf und beteuert, dass er sein Erspartes bestimmt nicht für so einen Tand ausgeben wird. Ich zucke mit den Schultern und strebe entnervt in die Sportabteilung, wo ich alsbald vor einer Hantelbank inne halte. Edelbert gibt sich skeptisch und unterbreitet, dass Georg unsportlich ist und dieses Gerät ganz bestimmt niemals nutzen würde. Ich nicke eifrig und lotse den Professor in die Musikabteilung, wo wir uns den aktuellen Neuerscheinungen hingeben.


The Kinks in Mono

11.45 Uhr Unter anderem fällt uns eine 10 Kompaktscheibe umfassende “The Kinks” Musiksammlung ins Auge. Ich reibe mir mit dem Zeigefinger die Nase und erkläre Edelbert, dass mein Bruder seit seiner Jugend ein Freund dieser aus England stammenden Radaukombo ist. Obgleich die sogenannte “Mono Box” mit 209,99 Dollars nicht gerade billig ist, greifen wir spornstreichs zu und kommen überein, dass Georg begeistert sein wird.
12.30 Uhr Nach dem Bezahlvorgang verlassen wir den Supermarkt und kehren in das “Firehouse Subs” (löblich: Feuerhaus Wurstsemmel) Gasthaus ein. Hungrig und durstig werden wir an der Essensausgabe vorstellig und ordern vitaminreiche Tuna Sandwiches (löblich: Thunfischbrote) mit Kartoffelchips – wie schön.
13.15 Uhr Nach der Brotzeit laufen wir zu den Autos zurück und wünschen einander ruhige Nachmittage. Im Anschluss helfe ich Dixon auf die Ladefläche und gleite zufrieden in Richtung Willoughby Drive zurück.


Mein Zuhause unter Palmen

14.00 Uhr Zuhause angekommen, falle ich erschöpft aufs Kanapee und strecke die Beine aus. Nach wenigen Sekunden schlummere ich ein und träume von meiner schönen Villa im Waldweg 11.
15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag auf der faulen Haut zu liegen, komme ich in die Gänge und rufe Depeschen besorgter Erziehungsberechtigter ab. Ich ärgere mich masslos und erfahre von Herr Gabriel M. (76) aus Landau, dass sein unterbelichteter Sohn Lukas den Wunsch geäussert hat, als Entwicklungshelfer in Afrika zu arbeiten. Ich winke lachend ab ermutige den Rentner, seinen Sohn mit sofortiger Wirkung zu enterben.
16.00 Uhr Nachdem ich die neuen Einträge im Gästebuch überflogen habe, gehe ich von der Leine und breche mit dem Vierbeiner zu einem kleinen Spaziergang auf. Mit einem schönen Lied auf den Lippen laufe ich durch das Wohngebiet und werfe dem Rüden Stöckchen zu – da kommt Freude auf.


Mein braves Haustier

17.00 Uhr Nachdem ich Frau Crane erzählt habe, dass ich am kommenden Wochenende verreisen werde, sperre ich die Haustüre auf und mache mich daran, das Abendessen vorzubereiten. Weil ausgewogene Ernährung sehr wichtig ist, erwärme ich lustiges Gemüse in einem Topf und brate dazu ein T Knochen Schnitzel (unlöblich: T Bone Steak) in vitaminreichem Butterschmalz heraus – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nach der reichhaltigen Jause lege ich die Beine vor der Glotze hoch und folge interessiert den FOX Nachrichten. Da keine brechenden Neuigkeiten (unlöblich: Breaking News) vorliegen, schalte ich bald auf den Landmusikkanal um und erfreue mich an aktuellen Videos weltbekannter Interpreten.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich erneut den Sender und fröne auf HBO dem haarsträubenden Gruselfilm “Haunting House”. Das Schauermärchen handelt von einigen jungen Menschen, die in einem Spuckhaus wohnen und sich mit einem garstigen Geist herumschlagen müssen – diesen groben Unsinn muss man gesehen haben.
21.00 Uhr Als nach zwei Stunden der Abspann über die Mattscheibe flimmert, betätige ich kopfschüttelnd den AUS Knopf auf der Fernbedienung und lege mich schlafen. Gute Nacht.