23. April 2015 – Löwenbräu und Fujiyama

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08.00 Uhr Auch heute brennt die Sonne unbarmherzig vom Himmel und lässt die Anzeige des Aussenthermometers auf 85°F (29°C) ansteigen. Ich rolle schnaufend auf dem Bett und stelle die Klimaanlage höher. Danach scheuche ich Dixon in den Garten und führe die Morgengymnastik durch – wer rastet, der rostet.
08.30 Uhr Als ich mich bei einem löblichen Wirbelbad entspanne, stösst plötzlich meine Nachbarin die Terrassentüre auf und ruft meinen Namen. Ich melde mich prompt und bitte die Perle, unter keinen Umständen ins Badezimmer zu kommen. Frau Pontecorvo winkt ab und sagt, dass ich gerne zum Frühstück vorbeikommen kann – das lasse ich mir nicht zweimal sagen.
09.30 Uhr Nachdem ich mich angezogen habe, scheuche ich Dixon nach nebenan und treffe Frau Pontecorvo in der Küche an. Ich wische mir mit dem Handrücken über die nasse Stirn und gebe zu Protokoll, dass diese Hitze kaum auszuhalten ist. Meine Tischnachbarin gibt mir Recht und füllt brühfrischen Bohnentrunk in meinen Becher – wie schön.
10.00 Uhr Als ich kraftvoll zubeisse und mich an Kartoffelpuffern (löblich: Potatoe Patties) labe, deutet meine Nachbarin auf die Zeitung und informiert, dass unweit des “Naples Zoo” ein japanisches Spitzenrestaurant namens “Fujiyama” eröffnet hat. Ich lege meine Stirn in Falten und entgegne, dass ich kein Freund von Sushi bin. Die Pontecorvo widerspricht und behauptet, dass man in der Wirtschaft auch Steaks (löblich: Schnitzel) bestellen kann – das soll mir auch Recht sein.
10.30 Uhr Nachdem wir uns gestärkt haben, spähe ich auf meine goldene ROLEX und erwähne, dass ich kaum noch Getränke im Kühlschrank stehen habe. Meine Bekannte reibt sich die Hände und sagt, dass wir zuerst zu “Bob’s Liquor Store” fahren und hinterher im “Fujiyama” das Mittagessen einnehmen könnten – wie unlöblich.
11.00 Uhr Wenig später sitzen wir im PS-strotzenden Chevrolet und krusen radiohörend zum Alkoholgeschäft meines Vertrauens. Bei dieser Gelegenheit melde ich Bedenken an und stelle klar, dass es schlauer wäre, in ein landestypisches Gasthaus einzukehren. Meine Begleiterin lässt aber nicht mit sich reden und sagt, dass es ein Spass wird, die japanische Küche kennen zu lernen – papperlapapp.
11.00 Uhr Endlich erreichen wir unser Ziel und werden vom Ladeninhaber herzlich begrüsst. Herr Bob begleitet uns durch die Gänge und verkündet, dass er in der letzten Woche eine “Löwenbräu” Lieferung hereinbekommen hat. Ich mache grosse Augen und lasse es mir nicht nehmen, eine Kiste des bayerischen Hopfentrunks in den Einkaufswagen zu laden. Darüber hinaus erwerbe ich zwei Sechserpacks Budweiser sowie süffiges Diät Cola.

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Löwenbräu – ein prima Bier

11.30 Uhr Um knapp 70 Scheine ärmer, kehren wir zum Auto zurück und steuern das sechs Meilen entfernte Japangasthaus an. Frau Pontecorvo plappert währenddessen ohne Unterlass und setzt mich darüber in Kenntnis, dass der Fujiyama ein Vulkan in Japan ist. Ich werfe der Alten skeptische Blicke zu und erinnere, dass ich im letzten Jahr fast im Land der aufgehenden Sonne gelandet wäre. Dummerweise hat mich ein Bandscheibenvorfall in letzter Sekunde davon abgehalten, einen Stahlvogel in Richtung Asien zu besteigen – wie schade.

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Mein Bandscheibenvorfall im Juli 2014

12.15 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit kommen wir mit quietschenden Bremsen vor dem Fresstempel zum Halten und werden von einem Heini angewiesen, den SUV hinter dem Gebäude zu parken. Danach laufen wir mit Hund Dixon im Schlepptau in das Restaurant und setzen uns an einen Tisch mit Ausblick auf den Tamiami Trail. Nach wenigen Augenblicken kommt eine kleinwüchsige Japanerin daher und überreicht uns die Speisekarten. Ich fackle nicht lange und ordere kurzerhand etwas Schinken für den Vierbeiner, sowie ein “Sesame Chicken Teriyaki” (löblich: gegrilltes Huhn mit Sesam). Frau Pontecorvo folgt meinem Beispiel und bittet die Bedienung, zwei Miller Lite (löblich: Miller Leicht) aufzutischen.
12.45 Uhr Nach dreissig Minuten werden die Mahlzeiten endlich serviert. Ich greife spornstreichs zum Besteck und bemerke, dass auf den Tellern nicht nur Fleisch und Gemüse, sondern auch gekochte Eier zu finden sind. Trotzdem kommen wir aus dem Zungeschnalzen kaum noch heraus und stellen mit grosser Freude fest, dass der Scheffkoch ein Artist des Kochlöffels ist.
13.30 Uhr Nachdem wir die Mahlzeit mit Eisbechern und Tee abgerundet haben, zücke ich meine Geldbörse und verlange die Rechnung. Die Kellnerin verbeugt sich artig und knöpft mir knapp 80 Dollars ab – das ist ja allerhand.
14.15 Uhr Endlich bin ich wieder zu Hause und habe das zweifelhafte Vergnügen, den schweren Bierkasten in die kleine Villa schleppen zu müssen.
14.45 Uhr Im Anschluss falle ich fix und foxi aufs Kanapee und schliesse die Augen. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von der anstehenden Appalachian Trail Wanderung.

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Bald bin ich zurück auf dem Appalachian Trail

15.45 Uhr Um nicht bis zum Abend auf der faulen Haut zu liegen, rapple ich mich auf und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Während die wunderschöne Darius Rucker Kompaktscheibe (Southern Style) läuft, schufte ich hart und spende leidgeprüften Erziehungsberechtigten Trost.
16.45 Uhr Zum Abschluss der heutigen Anschnursitzung überprüfe ich die Einträge im Gästebuch und nehme ausserdem den Warenbestand im beliebten Andenkenladen in Augenschein.
17.15 Uhr Während das Haustier im Garten spielt, mache ich mich in der Küche nützlich und bereite eine Portion Kartoffelstäbe mit vitaminreichen Fischstäben zu. Dazu gibt es einen farbenfrohen Beilagensalat sowie ein perfekt eingeschenktes Vollbier aus Bayern – das tut gut.

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Schmeckt lecker: Fischstäbe mit Kartoffelstäbe

18.00 Uhr Nach dem Abendessen genehmige ich mir eine zweite Halbe und fröne den Nachrichten auf FOX. Unter anderem lerne ich, dass Morgen der “Arbor Day” ansteht – wie aufregend.
19.00 Uhr Zur Prime Time (löblich: beste Sendezeit) wechsle ich auf den Filmkanal AMC und erfreue mich an der seichten Komödie “Fading Gigolo” (auf deutsch: Plötzlich Gigolo). Ich amüsiere mich köstlich und werde Zeuge, wie sich ein einsamer Junggeselle als Gigolo versucht und die Herzen der Frauen am laufenden Band bricht.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung betätige ich den AUS Knopf auf der Fernbedienung und rufe Dixon ins Haus. Im Anschluss lösche ich das Licht und ziehe mich gähnend ins Schlafzimmer zurück. Gute Nacht.