08.00 Uhr Ein neuer Tag beginnt und ich höre Geräusche in der Küche. Um auf Nummer sicher zu gehen, hole ich meinen Revolver hervor und schleiche nach nebenan. Anstatt einen Einbrecher zu stellen, sehe ich mich mit Sandra konfrontiert. Ich lasse das Schiesseisen spornstreichs in meine Bademanteltasche gleiten und erkundige mich nach dem Rechten. Mein Gast gähnt in einer Tour und plappert davon, dass das gestrige Konzert in Fort Myers prima war. Ferner merkt das Kind an, dass das sonnige Wetter zu einem Schoppingausflug einlädt.
Ich eile mit der Glock im Anschlag in die Küche
08.30 Uhr Nach der Morgengymnastik leiste ich Sandra beim Frühstück Gesellschaft und gebe zu Protokoll, dass wir zum Miromar Outlet Store (löblich: Miromar Auslassgeschäft) krusen könnten. Wie nicht anders zu erwarten, ist die Maid einverstanden und drängt zur sofortigen Abreise.
09.00 Uhr Weil ich nicht ungewaschen das Haus verlassen möchte, ziehe ich mich nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages ins Bad zurück. Mit einem lustigen Lied auf den Lippen lasse ich lauwarmes Badewasser in die Wirbelwanne laufen und vergesse auch nicht, etwas Rosenöl dazuzugeben.
10.00 Uhr Nach dem Badevergnügen schlüpfe ich in farbenfrohe Freizeitkleidung und animiere Sandra sowie Hund Dixon, mir zum Chevrolet zu folgen. Frl. Corte legt besonders gute Laune an den Tag und meint, dass sie vor der Abfahrt noch eine Zigarette rauchen will. Ich strafe die Maid mit bösen Blicken und belehre, dass Nikotin Gehirnbrand auslösen kann. Anstatt sich meine Warnung zu Herzen zu nehmen, zückt Sandra eine MORLEYS Schachtel und bietet mir einen Glimmstängel an – wie unlöblich.
Bitte nicht rauchen
10.15 Uhr Endlich können wir losfahren und uns durch den zäh fliessenden Stadtverkehr quälen. Um schneller voranzukommen, fahre ich bald auf die Interstate 75 und beschleunige den PS-strotzenden SUV auf schwindelerregende 50 Meilen pro Stunde. Sandra macht sich währenddessen am Radio zu schaffen und meint, dass sie die eintönige Countrymusik nicht mehr hören kann – wie unlöblich.
11.00 Uhr Nach fünfundvierzig Minuten erreichen wir die Nachbargemeinde und können die Schnellstrasse verlassen. Unter Dixons stetigem Bellen folge ich der Corkscrew Road gen Norden und erzähle, dass das Miromar Einkaufszentrum eines der grössten Kaufhäuser im Südwesten der Vereinigten Staaten ist.
11.30 Uhr Nachdem wir das Auto vor dem Haupteingang geparkt haben, nehmen wir den Vierbeiner an die Leine und schlendern gutgelaunt in die Mall. Sandra staunt Bauklötze und rennt wie eine Irre in eine “Adidas” Filiale, um neumodische Turnschuhe anzuprobieren. Unterdessen nehme ich die feilgebotenen Jacken in Augenschein und komme zu dem Schluss, dass ich unter keinen Umständen 150 Dollars für solche Fetzen aus Fernost ausgeben würde.
12.15 Uhr Als nächstes finden wir uns bei “Bloomingdale’s” wieder und wenden uns modischen Sommerkleidern zu. Sandra macht grosse Augen und nimmt sich das Recht heraus, ein Exemplar vom Kleiderständer zu nehmen und in einer Umkleidekabine zu verschwinden.
12.45 Uhr Völlig entnervt verlasse ich die Filiale und erkläre Sandra, dass mein knurrender Magen nach einer Brotzeit verlangt. Weil ich die Spendierhosen angezogen habe, lotse ich meine Begleiterin ins benachbarte “Auntie Anne’s Pretzel” Backhaus und ordere zwei “Garlic & Parmesan Prezels” (löblich: Knoblauch und Parmesan Brezen) mit Sauce. Während wir kraftvoll zubeissen, kommt Sandra auf ihren Abflug am Samstag zu sprechen und meint, dass sie womöglich ihren Urlaub um eine Woche verlängern wird – das ist ja allerhand.
13.30 Uhr Weil ich keine Lust habe, mir weiterhin die Füsse in Luxusboutiquen in den Bauch zu stehen, führe ich die Maid in ein “Columbia Sportswear” Geschäft und halte nach preiswerten Hemden Ausschau. Schon bald werde ich fündig und entschliesse mich, zwei Polohemden zu je 19 Dollars einzukaufen.
14.00 Uhr Zu guter Letzt besuchen wir ein Elektronikgeschäft und beäugen die neuesten DVD- und BluRay Veröffentlichungen. Sandra schnappt sich einen Film vom Regal und sagt, dass wir uns den Abend mit dem spannenden Krimi “Gone Girl” vertreiben könnten – das soll mir auch Recht sein.
14.30 Uhr Anschliessend laufen wir zum Auto und rasen in Richtung Naples davon. Sandra versorgt mich während der Reise mit Infos und berichtet, dass sie “Gone Girl” bereits im Lichtspielhaus gesehen hat. Ich setze zu einem waghalsigen Überholmanöver an und entgegne, dass ich ein grosser Freund spannender Kriminalfilme bin.
15.30 Uhr Zurück in der kleinen Villa, schlüpfe ich aus den Kuhjungenstiefeln und gönne mir im klimatisierten Wohnzimmer eine kleine Pause. Sandra folgt meinem Beispiel und lässt die Seele auf der Terrasse baumeln.
16.30 Uhr Ich erwache ausgeruht und nehme am Schreibtisch Platz, um meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nachzukommen. Während Sandra im Garten mit Hund Dixon spielt, schufte ich hart und stehe verzweifelten Erziehungsberechtigten in schier ausweglosen Situationen zur Seite.
17.30 Uhr Endlich ist alles abgearbeitet und ich kann die Arbeit für heute beenden. Im Anschluss heize ich das Backrohr vor und verfrachte zwei vitaminreiche Tiefkühlpizzas in den Ofen. Darüber hinaus schneide ich vier Tomaten auf und zaubere im Handumdrehen einen leckeren Beilagensalat.
Pizza ist sehr vitaminreich
18.30 Uhr Nach dem Abendessen rücke ich zwei Liegestühle vor die Grossbildleinwand und schlage vor, dass wir uns den Krimi an der frischen Luft anschauen könnten. Sandra reibt sich die Hände und flitzt wie von der Tarantel gestochen nach nebenan, um Frau Pontecorvo zum Filmabend einzuladen.
19.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 7 deutet, nehme ich den Projektor in Betrieb und lehne mich entspannt zurück. Bei angenehmen 77°F (25°C) folge ich den Geschehnissen und tauche in das Leben von Nick und Amy ein, die eine perfekte Ehe führen. Doch als Herr Nick seine Angetraute am fünften Hochzeitstag als vermisst meldet, gerät der Jungspund schnell in den Fokus der Ermittlungen – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zwei Stunden geht die preisgekrönte Hollywoodproduktion zu Ende und ich atme tief durch. Frau Pontecorvo geniesst einen letzten Schluck Wein und beteuert, dass sie selten einen spannenderen Film gesehen hat. Ich schlage in die gleiche Kerbe und ziehe es vor, den Projektor auszuschalten und den Vierbeiner ins Haus zu rufen. Danach verabschiede ich mich von den Frauen und lege mich schlafen. Gute Nacht.