08.00 Uhr Ich schrecke hoch und ärgere mich, weil ich gestern Abend versehentlich einen “Classic Rock” (löblich: klassische Felsenmusik) Radiosender eingestellt habe. Da ich ohrenbetäubende Hottentottenmusik nicht ausstehen kann, drehe ich am Frequenzknopf und fröne wunderschönen WCKT CAT COUNTRY Klängen.
WCKT CAT COUNTRY – ein prima Sender
08.15 Uhr Während der Texaner Wade Bowen die stimmungsvolle Ballade “Turn On The Lights” (löblich: Mach die Lichter an) trällert, stähle ich meine Muskeln und erinnere mich, dass sich Edelbert zum Frühstück eingeladen hat. Ich rudere mit den Armen und lasse Dixon wissen, dass wir nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages in den Lowbank Drive fahren und Georg beim Fliesenlegen helfen müssen.
http://www.youtube.com/watch?v=fW7Gk9oF1VY
08.45 Uhr Nachdem ich die DeLonghi Kaffeemaschine in Betrieb genommen habe, entspanne ich mich bei einem löblichen Wirbelbad. Bei dieser Gelegenheit rufe ich im Ferienhaus an und erfahre von James, dass sein Vater gerade zum “Home Depot” Markt gefahren ist, um Baumaterialien einzukaufen – wie aufregend.
09.45 Uhr Kurz vor dem Zehnuhrläuten werfe ich mich in Schale und werde beim Blick aus dem Schlafzimmerfenster Zeuge, wie Frau Gomez verrosteter Kleinwagen vor der kleinen Villa zum Halten kommt. Als Kavalier der alten Schule halte ich der Putzperle die Haustüre auf und freue mich, auch Edelbert begrüssen zu können. Ich winke den Professor aufgeregt herein und gebe vor, dass wir in 76 Stunden einen Stahlvogel besteigen und nach Tokio ausfliegen werden.
10.15 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen und brühfrischen Bohnentrunk geniessen, hält mir Edelbert plötzlich seine Notizen unter die Nase und informiert, dass uns am Samstag ein 17stündiger Langstreckenflug erwartet. Ich seufze in einer Tour und entgegne, dass es eine Gaudi wird, Admiral a.D. Bürstenbinder am Samstagabend im Tokioter “Park Hotel” zu treffen. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und sagt, dass wir am Sonntag das japanische Nationalmuseum besichtigen werden – das kann ja heiter werden.
11.00 Uhr Nach der Mahlzeit tippe ich auf meine goldene Armbanduhr und gebe Prof. Kuhn zu verstehen, dass ich jetzt meinen Verwandten einen Besuch abstatten muss. Natürlich komme ich auf die herausgebrochenen Schwimmbeckenfliesen zu sprechen und zeige auf, dass ich Georg zur Hand gehen muss. Mein Tischnachbar reibt sich die Hände und sagt, dass er mich kurzerhand begleiten wird – das soll mir Recht sein.
11.30 Uhr Nachdem wir das Geschirr achtlos in die Spüle gestellt und der Putzfrau einen erfolgreichen Tag gewünscht haben, scheuchen wir den Vierbeiner zum Chevrolet. Wie es sich für einen Tierfreund gehört, helfe ich Dixon auf die Ladefläche und erkläre Edelbert, dass er mir gerne im JEEP folgen kann. Der Professor lässt sich nicht zweimal bitten und setzt auf der Livingston Road zu einem waghalsigen Überholmanöver an.
David möchte reiten
12.00 Uhr Pünktlich zum Mittagsläuten treffen wir im Lowbank Drive ein und werden von Georg und Maria herzlich begrüsst. Ich schleppe meine 197teilige Werkzeugkiste ins Ferienhaus und höre, dass James und Amanda ausgeflogen sind, um mit David den “Rockin’ N Stables” Pferdehof vor den Toren der Stadt zu besuchen.
12.45 Uhr Bevor wir mit unserem Werk beginnen, bietet uns Maria in der guten Stube Plätze an. Ich lasse mich schnaufend aufs Kanapee fallen und lösche meinen Durst mit einem Glas Eistee. Unterdessen redet Georg ohne Unterlass auf mich ein und erzählt, dass er letzte Nacht das Wasser aus dem Schwimmbecken abgelassen hat. Ich winke demonstrativ ab und erkläre, dass die Arbeit in einer Stunde erledigt sein wird.
13.45 Uhr Nach der Stärkung eilen wir voller Tatendrang nach draussen und begutachten den Fliesenkleber. Georg versorgt uns mit Infos und bestätigt, dass er einen frost- und wasserbeständigen Mörtel ausgesucht hat. Ich lache laut und gebe zu Protokoll, dass wir in Südflorida sehr selten Frost haben.
Wir schuften hart
14.30 Uhr Während ich mit der Flex hantiere und die zerbrochenen Fliesen herausschneide, rührt Georg den Kleber an und berichtet, dass es kein leichtes Unterfangen war, die richtigen Fliesen im Baumarkt zu finden. Danach bringen wir die Bodenplatten mit dem Winkelschleifer ins rechte Mass und tragen mit einer Zahnspachtel den Mörtel auf den Untergrund auf – da kommt Freude auf.
15.30 Uhr Just als ich die Fuge mit dem Fliesenkleber verschliessen möchte, rutsche ich am Beckenrand aus und plumpse kopfüber ins zwei Meter tiefe Becken. Während ich laut aufschreie, zückt Edelbert sein strahlendes Handtelefon und knipst unter höhnischem Gelächter Photos – wie unlöblich.
16.30 Uhr Mit schmerzverzerrtem Gesicht humple ich ins Haus und lege auf dem Sofa eine kleine Pause ein. Maria macht sich die grössten Sorgen und sagt, dass ich froh sein kann, mir nicht den Rücken gebrochen zu haben.
17.00 Uhr Dreissig Minuten später kommen die Kinder von ihrem Ausflug zurück. Ich kneife David in die Wange und erkundige mich, ob er spannende Abenteuer auf dem Pferdehof erlebt hat. Der 8jährige nickt eifrig und sagt, dass er sogar auf einem lustigen Pony reiten durfte – wie schön.
Mir ist der Appetit vergangen
17.45 Uhr Nachdem Edelbert und Georg die Arbeiten am Schwimmbecken beendet haben, ruft uns Maria zum Abendessen. Ich leiste meinen Verwandten Gesellschaft und bemerke, dass mir der Appetit völlig abhanden gekommen ist. Als mir Amanda Langnudeln mit Thunfischsauce serviert, lehne ich dankend ab und unterbreite, dass die Rückenschmerzen kaum auszuhalten sind. Georg erzählt den jungen Leuten, dass ich ins Schwimmbecken gefallen bin und wie eine auf dem Rücken liegende Schildkröte gestrampelt habe – gleich platzt mir der Kragen.
18.30 Uhr Letztendlich verzehre ich doch eine kleine Portion und entschliesse mich, den lieben Leuten einen schönen Abend zu wünschen. Nörgelnd lotse ich Dixon zum Auto und trete die Heimreise an.
19.15 Uhr Ich lasse den schwülen Abend im Wohnzimmer ausklingen und schaue mir die FOX NEWS (löblich: Fuchs Nachrichten) an. Um auf Nummer sicher zu gehen, nehme ich drei Aspirin Tabletten ein und vergesse auch nicht, meinen Rücken mit einer schmerzstillenden Salbe einzukremen.
20.00 Uhr Zur besten Sendezeit lege ich die Füsse hoch und fröne auf dem Bezahlsender AMC dem Gefängnisfilm “The Green Mile” (auf deutsch: Die grüne Meile). Obgleich ich weitere Tabletten einnehme und ein kühles Bier trinke, klingen die Schmerzen kaum ab. Aus diesem Grund schalte ich die Glotze bald aus und gehe zu Bett. Gute Nacht.