08.30 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und bin erleichtert, die lange Reise zum Lake Simcoe endlich hinter mich gebracht zu haben. Weil Morgenstund’ sprichwörtlich Gold im Mund hat, hüpfe ich ausgelassen aus den Federn und bemerke, dass Edelbert auch schon auf den Beinen ist. Voller Vorfreude stosse ich die Gästezimmertüre auf und eile juchzend an die frische Luft, um den Professor sowie den Vierbeiner zu begrüssen. Mein Bekannter späht neugierig in Richtung des Ostufers und setzt mich darüber in Kenntnis, dass er seit einer halben Stunde nach dem Igopogo Saurier Ausschau hält. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und weise auf die Tatsache hin, dass ich dieser lächerlichen Sage keinen Glauben schenke.
Ich blicke auf den Lake Simcoe
09.15 Uhr Nachdem ich mich abgeduscht habe, statte ich an Edelberts Seite dem Haupthaus einen Besuch ab und finde Amanda, James und den plappernden David in der Küche vor. Wie es sich gehört, wünsche ich meinen Verwandten einen guten Morgen und bringe heraus, dass Georg und Maria nach Gilford gekrust sind, um Lebensmittel einzukaufen. Ich zucke mit den Schultern und nehme mir das Recht heraus, den jungen Leuten bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages Gesellschaft zu leisten. Unterdessen tratsche ich angeregt mit meinem Grossneffen und erfahre, dass er stolzer Besitzer eines ferngesteuerten Quadrocopter ist und es sich heute zur Aufgabe machen wird, die Drohne über dem See kreisen zu lassen – wie aufregend.
10.00 Uhr Just als ich David nach draussen folge, kommt der nachtschwarze JEEP meines Bruders vor dem Ferienhaus zum halten. Natürlich lüfte ich meine NY YANKEES Kappe und frage meine Schwägerin, ob sie auch süffiges Labatt Blau Bier mitgebracht hat. Maria schenkt mir ein Lächeln und bestätigt, dass sie neben Bier auch eine Flasche Whiskey sowie etliche Flaschen Rotwein im Feinkostladen besorgt hat – wie schön.
Labatt Blau schmeckt prima
10.30 Uhr Um Maria eine kleine Freude zu bereiten, schleppe ich die schweren Einkaufstüten ins Haus und merke an, dass ich den Vormittag mit David verbringen werde. Edelbert stibitzt sich einen vitaminreichen Reese’s Schokoladenriegel aus einer Tasche und meint, dass er währenddessen mit Georg und James eine Partie Boccia auf der Einfahrt spielen wird – das soll mir auch Recht sein.
11.00 Uhr Pünktlich zum Elfuhrläuten schnappe ich mir eine Hopfenkaltschale aus dem Eiskasten und geselle mich zu David. Der Bube legt fachmännisch etliche Batterien in seine Drohne ein und präsentiert zudem eine futuristische Fernsteuerung. Ausserdem setzt mich der Bube darüber in Kenntnis, dass sein Quadrocopter mit vier Rotoren sowie einer Kamera ausgestattet ist. Als ich grosse Auge mache, betätige der Knabe etliche Knöpfe auf der Steuereinheit und bringt die Drohne im Handumdrehen in luftige Höhen – das ist ja allerhand.
11.45 Uhr Wenig später ruft uns Maria ins Haus und serviert Schinkennudeln mit Käse. Ich lade mir eine stattliche Portion auf einen Teller und lasse Amanda wissen, dass ihr Sohn ein begabter Drohnenpilot ist. James Ehefrau nickt eifrig und erzählt, dass David vor Kurzem den Wunsch geäussert hat, eine Karriere bei der “Royal Canadian Air Force” (löblich: Königlichen Kanadischen Luftwaffe) anzustreben – wie aufregend.
12.45 Uhr Nach der feinen Jause begleite ich David erneut nach draussen und versuche mich selbst als Drohnenpilot. Obgleich ich mir die Ratschläge meines Grossneffens zu Herzen nehme, stürzt das Fluggerät bereits beim ersten Startversuch ab. Ich reiche die Fernsteuerung deprimiert an den Dreikäsehoch weiter und unterbreite, dass ich besser den Zuschauer mimen werde.
13.30 Uhr Als nach einer Flugstunde die Akkus schlapp machen, sehe ich vor dem Haupthaus nach dem Rechten und stelle fest, dass Georg, James und Edelbert noch immer mit Bocciakugeln um sich werfen. James legt besonders gute Laune an den Tag und behauptet, dass er sechs Spiele in Folge gewinnen konnte. Ich werfe meinem Bruder skeptische Blicke zu und erkundige mich, wo Dixon abgeblieben ist. Georg deutet in Richtung des angrenzenden Waldes und meint, dass der Rüde eigenmächtig Gassi gegangen ist – wie unlöblich.
Hund Dixon geht Gassi
14.00 Uhr Weil Dixon auf Rufe nicht reagiert, schlüpfe ich spornstreichs in die Wanderschuhe und zögere nicht, einem Trampelpfad ins Dickicht zu folgen. Missmutig kämpfe ich gegen hochgewachsene Brennesseln an und treffe den Rüden alsbald auf einer Lichtung an. Während das Haustier knurrend einen moosbewachsenen Baum umrundet, richte ich meinen Blick nach oben und registriere, dass sich ein ausgewachsener Skunk (löblich: Stinktier) in die Baumkrone geflüchtet hat. Um von dem Raubtier nicht angegriffen zu werden, nehme ich Dixon an die Leine und kehre mit schnellen Schritten zum Ferienhaus zurück – gleich platzt mir der Kragen.
15.00 Uhr Völlig erschöpft mache ich es mir auf der Veranda bequem und lasse mir von Maria eine Tasse Kaffee sowie ein Stück Käsekuchen mit Schlagobers bringen – schmeckt gar nicht schlecht.
16.00 Uhr Just als ich verträumt auf den stillen See schaue, poltern Georg und James daher und geben zu Protokoll, dass wir nun Holzkohle in den Grill füllen und Steaks (löblich: Schnitzel) zubereiten sollten – wie schön.
Zum Abendessen gibt es Schnitzel vom Grill
16.30 Uhr Natürlich gehe ich meinen Gastgebern bei den Grillvorbereitungen zur Hand und vernehme, dass wir Morgen mit dem Motorboot in See stechen und Fische fangen werden. Georg reibt sich die Hände und schlägt vor, dass wir auch nach Keswick übersetzen und uns eine Halbe im örtlichen Yachthafen gönnen könnten.
17.15 Uhr Bei angenehmen Temperaturen machen wir es uns auf der Terrasse bequem und lauschen während des Essens einer Kompaktscheibe mit den grössten Frankie Valli Hits. Ferner kommt Georg auf das Wochenende zu sprechen und beteuert, dass in der Nachbargemeinde Barrie am Samstag das “Kempenfest” stattfinden wird. Ich werde sogleich hellhörig und lerne, dass das Festival den Besuchern viele Ausstellungen und Konzerte bietet.
18.30 Uhr Ein schöner Abend neigt sich langsam seinem Ende zu. Da uns die Mücken die gute Laune verderben, kehren wir ins klimatisierte Haus zurück und schauen fern.
19.00 Uhr Nachdem sich David nach den Nachrichten gähnend in sein Zimmer verabschiedet hat, schalten wir auf HBO um und erfreuen uns an der preisgekrönten Serie “The Night Of”. Das achtteilige Fernsehspiel erzählt die traurige Geschichte eines jungen Pakistani, dem vorgeworfen wird, im Drogenrausch eine 22jährige ermordet zu haben – da kommt Spannung auf.
21.15 Nach der zweiten Episode leere ich mein Bierglas und ziehe es vor, den anderen eine ruhige Nacht zu wünschen. Anschliessend trotte ich übermüdet zum Nebengebäude und falle fix und foxi ins Bett. Gute Nacht.