2. April 2013 – In einer Woche geht’s los – Great Smoky Mountains, wir kommen

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07.30 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und bemerke, dass mir die gestrige Wanderung durch den Botanischen Garten immer noch in den Knochen steckt. Mit leichten Rückenschmerzen rolle ich mich aus dem Bett und erkläre Dixon, dass der anstehende Ausflug in die Great Smoky Mountains bestimmt kein Zuckerschlecken werden wird.
08.00 Uhr Während ich mich bei einem Wirbelbad entspanne, rufe ich Edelbert an und erzähle, dass ich einen Muskelkater habe und mich kaum bewegen kann. Ferner gebe ich zu Protokoll, dass es keine gute Idee ist, in der kommenden Woche einen Teil des Appalachian Trails abzulaufen. Der Professor will nicht hören und entgegnet, dass es kein Zurück gibt. Darüber hinaus mutmasst der schlaue Mann, dass wir uns in der Wildnis bestens zu Recht finden und die 200 Kilometer innerhalb einer Woche stemmen werden – wie unlöblich.
09.00 Uhr Nach dem Badevergnügen lasse ich mich auf der Terrasse nieder und verzehre ein prima Frühstück. Leider wird die Ruhe bald durch lautes Gehupe unterbrochen. Ich renne wildgestikulierend auf die Strasse und werde Zeuge, wie Edelbert aus seinem JEEP hüpft und die komplette Wanderausrüstung in die Villa schleppt. Als ich nach dem Rechten frage, erhebt der gute Mann den Zeigefinger und unterbreitet, dass wir den Zeltaufbau üben sollten – papperlapapp.

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Die Great Smoky Mountains

09.45 Uhr Während der Professor plappert und mit einer Stabtaschenlampe vor meiner Nase herumfuchtelt, fülle ich mein Kaffeehaferl mit Bohnentrunk auf und erfahre, dass wir in sechs Tagen nach Robbinsville, NC krusen werden. Mein Tischnachbar ist bestens informiert und fährt fort, dass wir am Morgen des 10. Aprils die Rucksäcke schultern und zu Fuss die Grenze nach Tennessee überqueren werden. Ich seufze laut und denke daran, wie schön es doch wäre, die Wanderung kurzerhand abzusagen und stattdessen nach Puerto Rico zu fliegen.
10.30 Uhr Im weiteren Verlauf der Unterredung lerne ich, dass wir am übernächsten Sonntag den 2.000 Meter hohen Clingmans Dome besteigen und einen herrlichen Ausblick auf die umliegenden Wälder erhaschen werden – jaja.
11.00 Uhr Just als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf 11 zeigt, kommt Edelbert auf die Übernachtungsmöglichkeiten zu sprechen und meint, dass wir die Nächte in romantisch gelegenen Holzhütten verbringen werden. Edelbert schwärmt in den höchsten Tönen und erörtert, dass wir vitaminreiche Hamburger über dem Lagerfeuer zubereiten und in den wolkenlosen Nachthimmel spähen werden.
11.30 Uhr Nun wird es mir zu bunt. Da mein Magen knurrt und nach einer Brotzeit verlangt, hüpfe ich vom Liegestuhl und mache es mir zur Aufgabe, zwei Tiefkühlpizzas aus dem Hause TOMBSTONE aufzubacken.

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Wir essen Pizza

12.15 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten serviere ich die Jause und kredenze bayerisches Weissbier. Edelbert löscht seinen Durst mit einem kräftigen Schluck und erinnert, dass wir während unserer Wanderung frisches Quellwasser trinken werden – gleich platzt mir der Kragen.
13.00 Uhr Nachdem ich Edelbert verabschiedet habe, breche ich zu einem kleinen Spaziergang auf. Ich schlendere mit dem Vierbeiner an meiner Seite durchs Wohngebiet und pfeife die Melodie von der launischen Forelle.
13.45 Uhr Auf dem Rückweg komme ich am Nachbarhaus vorbei und treffe Herrn Jeffrey Connor, der gerade damit beschäftigt ist, die Zündkerzen seines Motorrads zu wechseln. Der Langhaarige wünscht mir einen schönen Tag und erkundigt sich, warum ich so griesgrämig dreinschaue. Ich klage dem Rocker mein Leid und erwähne, dass ich in der nächsten Wochen der Zivilisation den Rücken kehren werde. Herr Jeffrey ist begeistert und antwortet, dass ich den Ausflug in die Great Smoky Mountains so schnell nicht vergessen werde.
14.15 Uhr Der Heini lotst mich zuvorkommend in die Garage und nimmt sich das Recht heraus, ein kühles Budweiser zu spendieren. Nebenher berichtet Herr Jeffrey von seiner Appalachian Trail Wanderung und macht mich auf den Umstand aufmerksam, dass er entlang des Weges unzählige Freundschaften geknüpft hat.
15.15 Uhr Nach der dritten Hopfenkaltschale lüfte ich meine NY YANKEES Kappe und laufe nach Hause, um mich im Wohnzimmer zur Ruhe zu betten. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von meinem spannenden Mexikourlaub im vergangenen Jahr – das war eine Gaudi.
16.15 Uhr Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und nehme spornstreichs am Heimrechner Platz. Kaffeetrinkend rufe ich Depeschen besorgter Heimseitenbesucher ab und sehe mich genötigt, den Hilferuf einer Rentnerin (79) aus Aschaffenburg zu beantworten. Frau K. schreibt, dass ihr Enkel Wolfgang (18) seit Kurzem mit einer 26jährigen Theaterschauspielerin liiert ist. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen und mache der alten Schachtel klar, dass sie gegen diese Verbindung vorgehen muss. Immerhin ist es kein Geheimnis, dass Schauspieler regelmässig Drogen konsumieren und der freien Liebe frönen.
17.00 Uhr Zu guter Letzt überfliege ich die Einträge im Gästebuch und ärgere mich, weil schon wieder unterbelichtete PISA Absolventen den Weg auf meine löbliche Internetzpräsenz gefunden haben.
17.30 Uhr Nachdem alles abgearbeitet ist, verabschiede ich mich in den wohlverdienten Feierabend. Ich mache mich in der Küche nützlich und richte eine kalte Wurst- und Käseplatte an. Danach beisse ich kraftvoll zu und öle meine ausgetrocknete Kehle mit einem weiteren Bier – das schmeckt.
18.15 Uhr Wenig später klingelt das Telefon und ich habe Frau Pontecorvos am Rohr. Meine Nachbarin begrüsst mich überschwänglich und kündigt an, erst Morgen aus Jacksonville zurück zu kommen. Ich zucke mit den Schultern und rate der Perle, grösste Vorsicht walten zu lassen und die Höchstgeschwindigkeit auf der Interstate 75 zu beachten. Anschliessend lege ich auf und gebe mich den Abendnachrichten auf FOX hin.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf den Bezahlsender HBO und fröne dem Spielfilm “Project X”, der von einer ausufernden Feier jugendlicher Rabauken erzählt. Ich mache grosse Augen und komme zu dem Schluss, dass man der jungen Generation nicht mehr über den Weg trauen kann – wo soll das noch hinführen.
21.00 Uhr Nach 120 Minuten beende ich den Fernsehabend und begleite den Rüden in den Garten hinaus. Im Anschluss reguliere ich die Klimaanlage und gehe zu Bett. Gute Nacht.

Ich schaue mir den Film “Project X” an – wie unlöblich:

http://www.youtube.com/watch?v=356fvRB7kEg