08.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und stelle mit Schrecken fest, dass es wie aus Kübeln schüttet. Angesichts des Starkregens ziehe ich mir die Bettdecke über den Kopf und versuche noch etwas zu schlafen.
08.15 Uhr Leider pocht bald Edelbert an die Türe und behauptet, dass das Gästebadezimmer unter Wasser steht. Ich rolle mich schwungvoll von der Matratze und nehme mir das Recht heraus, dem Professor in die Nasszelle zu folgen. Prompt erblicke ich unter dem Waschbecken eine Wasserlache und komme zu dem Schluss, dass der Ablauf verstopft ist. Weil ich handwerklich sehr geschickt bin, eile ich badebemäntelt ins Haupthaus und lasse meinen Bruder wissen, dass ich eine Wasserpumpenzange, einen Kübel sowie einen Lappen benötige. Georg kommt augenblicklich in die Gänge und lässt es sich nicht nehmen, mir ins Nebengebäude zu folgen.
Ich bin handwerklich sehr geschickt
09.00 Uhr Nachdem ich das Wasser aufgewischt habe, löse ich unter Edelberts und Georgs skeptischen Blicken das Drehgewinde des Siphons und bemerke, dass sich Haare im Ablauf festgesetzt haben. Mein Bruder legt seine Stirn in Falten und meint, dass es wohl schlauer wäre, einen Klempner zu verständigen. Ich nicke eifrig und mache es mir zur Aufgabe, den Siphon zuzuschrauben und mit dem Kulturbeutel zum Haupthaus zu stapfen.
10.00 Uhr Nach einer heissen Dusche im Badezimmer meiner Familie, lasse ich mich am Küchentisch nieder und bringe heraus, dass Georg mittlerweile mit einem Fachmann telefoniert hat. Der gute Mann gibt sich erleichtert und vertellt, dass zur Mittagszeit ein Wasserinstallateur anrücken und den Schaden beseitigen wird. Ich zucke mit den Schultern und gebe zu Protokoll, dass man bei diesem Sauwetter nicht aus dem Haus gehen kann. James und Amanda schlagen in die gleiche Kerbe und kündigen an, dass sie gleich nach Barrie fahren werden, um viel Geld in der “Georgian Mall” zu lassen. Ich gebe mich interessiert und lerne, dass besagtes Kaufhaus drei Dutzend Fachhändler unter einem Dach vereint – das ist phantastisch.
10.45 Uhr Während sich Hund Dixon und Edelbert zu David und Maria ins Wohnzimmer gesellen, folge ich den Kindern zum JEEP und gebe vor, dass ich mich der Ausfahrt anschliessen werde. Mein löblicher Neffe freut sich und unterbreitet, dass ich beim Besuch des “Feta & Olives” Feinkostladens bestimmt grosse Augen bekommen werde. Amanda kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und meint, dass ihr Ehemann in besagtem Lebensmittelgeschäft jedes Mal ein kleines Vermögen lässt – wie unlöblich.
11.15 Uhr Als wir auf der Staatsstrasse 400 gen Norden rasen, kommt James auf das Konzert seiner Bande “FROG” zu sprechen und behauptet, dass der Auftritt am vergangenen Freitag ein voller Erfolg war. Zudem vernehme ich, dass der Bube die Wintermonate zum Anlass nehmen wird, um neue Lieder für das nächste “Northstar” Studioalbum zu komponieren – wie aufregend.
12.00 Uhr Nach 35 Kilometern parken wir den Geländewagen auf einem Besucherparkplatz und laufen bei strömendem Regen ins Kaufhaus. James lotst mich in sein Lieblingslebensmittelgeschäft und plappert davon, dass er Schafskäse kaufen wird. Währenddessen nehme ich die feilgebotenen Olivenöle in Augenschein und komme zu dem Schluss, dass ich mir kaum einen Liter Öl für 60 Dollars leisten kann. Trotz der kaum erschwinglichen Preise schoppen die jungen Leute ungeniert ab und ordern am Verkaufstresen zudem einen Laib Brot sowie eine Schale mit eingelegtem Moussaka. Weil ich das Gericht nicht kenne, stelle ich Amanda zur Rede und erfahre, dass es sich hierbei um Auberginen handelt, die mit Tomaten und Tintenfische in Öl eingelegt wurden – pfui Teufel.
13.00 Uhr Sechzig Minuten später verlassen wir das Geschäft und ich sehe mich genötigt, die Kinder in einen Kleidermarkt begleiten zu müssen. Während Amanda zu einem Raubtier mutiert und mit einem ganzen Berg Klamotten in einer Umkleidekabine verschwindet, wende ich mich James zu und informiere, dass ich mich glücklich schätzen kann, kein Weibsbild an meiner Seite zu haben. Der Bube seufzt laut und unkt, dass wir uns nun für Stunden die Beine in den Bauch stehen werden – das kann ja heiter werden.
Mein goldener Chronograph
14.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner ROLEX auf halb Zwei zugeht, rennt Amanda mit gezückter Kreditkarte zur Kasse und investiert 200 Dollars in eine neue Tschiens sowie diverse T Hemden. Ich komme aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus und fasse den Entschluss, die jungen Leute zu einer Brotzeit im SUBWAY Gasthaus einzuladen. Unterdessen planen wir die kommenden Tage und vereinbaren, dass wir zum CASINO RAMA krusen und dort einen Wellness (löblich: Wohlfühl) Tag einlegen könnten – das hört sich verlockend an.
14.45 Uhr Mit vollen Mägen schlendern wir zum Auto und treten die Heimreise an. Während moderne Rockmusik aus den Lautsprechern des JEEPS dröhnt, beschleunigt James den PS-strotzenden Geländewagen auf schwindelerregende 50 Stundenkilometer und schlägt vor, dass wir uns den Abend mit der neuen NETFLIX Serie “Ozark” vertreiben könnten. Amanda kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus und wirft ein, dass das mehrteilige Fernsehspiel sogar “Breaking Bad” in den Schatten stellt.
15.45 Uhr Endlich erreichen wir unser Ziel und werden von Hund Dixon und David herzlich begrüsst. Während der Rüde auf und ab hüpft, schleppe ich mich gähnend in die gute Stube und bette mich auf dem Kanapee zur Ruhe.
16.45 Uhr Ich öffne die Augen und registriere, dass sich ein betörender Duft im Ferienhaus breitgemacht hat. Selbstverständlich hüpfe ich sogleich vom Sofa und freue mich, einen perfekt eingedeckten Esstisch vorzufinden. Maria füllt selbst zubereitete Zitronenlimonade in die Gläser und sagt, dass sie heute schmackhafte Käsespätzle auftischen wird. Ich reibe mir die Wampe und stibitze mir ein kühles Bier aus dem Eiskasten.
Labatt Blau – das tut gut
17.30 Uhr Als wir das Nachtmahl in vollen Zügen geniessen, bringt mein Bruder den Klempnerbesuch ins Spiel und rechnet vor, dass er dem Knecht knapp 300 Dollars geben musste. Darüber hinaus höre ich, dass der Handwerker mit einer Spule das Abflussrohr gereinigt hat – das ist ja allerhand.
18.30 Uhr Um endlich zur Ruhe zu kommen, machen wir es uns im Wohnzimmer bequem und geben uns dem NETFLIX Programm hin. James navigiert gekonnt durch das reichhaltige Angebot und setzt uns darüber in Kenntnis, dass die Kriminalserie “Ozark” die Geschichte eines Finanzberaters erzählt, der mit seiner Familie von Chicago ins ländliche Missouri zieht und dort mit dem organisierten Verbrechen in Kontakt kommt – wie aufregend.
21.30 Uhr Als der Abspann der dritten Episode über den Bildschirm flimmert, macht mir Georg die Fernbedienung streitig und vertritt die Meinung, dass wir uns die restlichen Folgen morgen zu Gemüte führen sollten. Ich stimme zu und ziehe es vor, mich zum Abschluss des langen Tages abzuduschen und dann ins Bett zu gehen. Gute Nacht.