30. Juli 2014 – Meine Aquarelle im Müll – wie furchtbar

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08.00 Uhr Ich werde durch ohrenbetäubendes Schellen aus einem schönen Traum gerissen und bemerke, dass Frau Gomez bereits mit dem Hausputz begonnen hat. Gähnend stehe ich auf und eile badebemäntelt in die Küche. Die kleinwüchsige Mexikanerin wünscht mir einen schönen Morgen und sagt, dass ich ihr beim Teppichausklopfen helfen muss. Selbstverständlich erhebe ich sogleich den Zeigefinger und entgegne, dass ich noch immer starke Rückenschmerzen habe. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, verschwinde ich in der Nasszelle und lasse die Wirbelbadewanne mit Wasser volllaufen – da kommt Freude auf.

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Meine praktische Schwarzbeere

08.30 Uhr Während meine Glieder vom Sprudelwasser massiert werden, tippe ich Georgs Handtelefonnummer in die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry). Mein Bruder meldet sich nach dem zweiten Tuten und erzählt, dass er mit Maria und den Kindern gerade durch die Everglades krust. Der erfolgreiche Bauunternehmer versorgt mich mit Infos und plappert, dass er die jungen Leute in einer Stunde am Flughafen abliefern und dann mit seiner Frau in der “Dolphin Mall” abschoppen wird – das soll mir Recht sein.
09.30 Uhr Nach einer Stunde beende ich den Badespass und kehre in die Küche zurück. Als ich die futuristische Kaffeemaschine in Betrieb nehme, fällt mir auf, dass die beiden Aquarelle nicht mehr auf der Fensterbank liegen. Ich stelle meine Zugehfrau zur Rede und erfahre, dass sie die Meisterwerke zerrissen und in den Müll geworfen hat. Ich raufe mir die Haare und gebe zu Protokoll, dass ich Tagelang an den Bildern gearbeitet habe. Frau Gomez zuckt mit den Schultern und sagt, dass sie nun das Bett beziehen und die Fenster putzen wird – gleich platzt mir der Kragen.

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Die Aquarelle sind weg – wie unlöblich

10.15 Uhr Just als ich die wichtigste Mahlzeit des Tages verzehre und aus dem Schimpfen gar nicht mehr herauskomme, pocht Edelbert an die Terrassentüre. Der schlaue Mann setzt sich zu mir und sagt, dass er vorbeigekommen ist, um mich beim Einkaufen zu unterstützen. Ich stimme zu und flunkere, dass mein Rücken schmerzt und ich mich ausser Stande sehe, die Einkaufstüten zu schleppen. Edelbert schenkt sich Kaffee ein und erkundigt sich, wie es mit der Kunst vorangeht. Ich seufze laut und antworte, dass meine unterbelichtete Putzfrau die beiden Aquarelle in den Mülleimer gesteckt hat.
11.00 Uhr Als der Stundezeiger meiner ROLEX auf 11 zugeht, scheuchen wir Dixon zum schneeweissen JEEP und entschliessen uns, zum “Riverchase Center” zu rasen. Während der Ausfahrt mache ich meinem Ärger Luft und stelle klar, dass ich mir Frau Gomez Frechheiten nicht länger bieten lassen und sie fristlos kündigen werde. Prof. Kuhn schüttelt den Kopf und behauptet, dass es in der heutigen Zeit nicht einfach ist, verlässliches Personal zu finden – wie wahr.
11.30 Uhr Während wir durch die breiten Gänge des Marktes schlendern, komme ich auf das Wochenende zu sprechen und erzähle, dass der Wetterheini im Fernsehen Rekordtemperaturen von bis zu 110°F (43°C) voraussagt. Edelbert wischt sich über die Stirn und entgegnet, dass er bei dieser Affenhitze nicht aus dem Haus gehen wird.
12.15 Uhr Nachdem wir uns an Kasse Nummer 7 die Beine in den Bauch stehen mussten, schleppen wir die Einkaufstüten zum Geländewagen und verabreden, das Mittagessen in der “New York Pizza & Pasta” Gaststätte am Tamiami Trail einzunehmen. Der Professor freut sich und verspricht, für Speis und Trank zu bezahlen – wie schön.
13.00 Uhr Nach einer kurzweiligen Hochgeschwindigkeitsfahrt kommen wir vor der Wirtschaft zum halten. Ich schäle mich hungrig aus dem Beifahrersitz und laufe mit Dixon im Schlepptau ins Innere. Ein Knecht mit gegelten Haaren heisst uns Willkommen und nimmt prompt die Bestellung auf. Ich nehme die Angebote auf der Tageskarte in Augenschein und ordere eine Portion Langnudeln mit Fleischbällchen.

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Langnudeln mit Fleischeinlage – das schmeckt

13.45 Uhr Als es ans Bezahlen geht, zückt Edelbert seine praktische Geldbörse mit Klettverschluss und händigt dem Kellner eine Banknote mit dem Konterfei des 18. amerikanischen Präsidenten Ulysses S. Grant aus. Danach verlasse ich das Restaurant und lasse mich von Edelbert sicher in den Willoughby Drive zurückbringen.
14.30 Uhr Zuhause angekommen, beauftrage ich Frau Gomez, die Lebensmittel in den Eiskasten einzuräumen. Anschliessend stelle ich die Klimaanlage hoher und lege im Wohnzimmer die Beine hoch – das tut gut.
15.30 Uhr Ich öffne die Augen und registriere, dass die Putzfrau die Arbeit in der Zwischenzeit beendet hat. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, komme ich in die Gänge und fröne der Kunst. Radiohörend schwinge ich den Pinsel über den Malkarton und bringe ein Portrait meines braven Haustieres aufs Papier – das macht Spass.

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Hund Dixon Aquarell

16.30 Uhr Nachdem ich das Bild auf die Fensterbank gelegt habe, wasche ich mir die Hände und telefoniere mit Georg. Mein Bruder gibt sich gestresst und berichtet, dass seine Ehefrau dem Konsumwahn verfallen ist und mittlerweile 2.000 Dollars für Anziehsachen und anderen Tand aus dem Fenster geworfen hat – wie unlöblich.
17.00 Uhr Da mein Magen eigenartige Knurrlaute von sich gibt, mache ich mich in der Küche nützlich und richte eine Wurstplatte mit luftgetrockneter Salami, Gewürzgurken und vitaminreichem Capocollo an – wie das duftet.
18.00 Uhr Zum Abschluss des anstrengenden Tages mache ich es mir in der Wohnstube bequem und schaue fern. Ich folge interessiert den FOX Nachrichten und lerne, dass der amerikanische Erfinder und Autobauer Henry Ford just heute vor 151 Jahren in Michigan das Licht der Welt erblickt hat – wie uninteressant.

19.00 Uhr Zur besten Sendezeit schalte ich auf ABC um und lasse beim abendfüllenden Spielfilm “In A World” (auf deutsch: In einer Welt) die Seele baumeln. Der Streifen handelt von einer jungen Sprachlehrerin, die in Hollywood zu einer gefeierten Sprecherin aufsteigt – da bleibt kein Auge trocken.
21.00 Uhr Der Abspann flimmert über die Mattscheibe und ich betätige beherzt den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung. Im Anschluss rufe ich Dixon ins Haus und ziehe mich ins Schlafzimmer zurück. Gute Nacht.