23. August 2018 – Triefende Nase

08.00 Uhr Auch heute springt der Radiowecker pünktlich um 8 Uhr an und verwöhnt mich mit stimmungsvoller Landmusik (unlöblich: Country Music). Ich gähne wie ein Löwe und komme zu dem Schluss, dass meine Verwandten gegen 10 Uhr zum Frühstück vorbeikommen werden. Da es viel zu tun gibt, hüpfe ich spornstreichs aus dem warmen Bett und absolviere an der frischen Luft die Morgengymnastik – wer rastet, der rostet.


Der Radiowecker springt an

08.30 Uhr Während mein Haustier im Garten bleibt, verabschiede ich mich in die Nasszelle und lasse die Seele bei einem erfrischenden Wirbelbad baumeln. Unterdessen rufe ich bei meiner Familie im Lowbank Drive an und erfahre, dass die lieben Menschen etwas später kommen werden. Georg ist ganz aufgeregt und erzählt, dass sich David einen Schnupfen eingefangen hat und nicht mit kommen wird – wie schade.
09.30 Uhr Nach dem Badevergnügen mache ich mich in der Küche nützlich und richte eine leckere Käseplatte an. Darüber hinaus hole ich das Weissbrot aus dem Schrank und spiele mit der Idee, während der Nachmittagsstunden den Hausputz zu erledigen – mir bleibt wirklich gar nichts erspart.
10.00 Uhr Wenig später trifft Edelbert in der kleinen Villa ein und präsentiert eine Tüte mit leckeren Backwaren aus der “Biscotti Farrugia” Bäckerei. Mein Bekannter schnalzt mit der Zunge und sagt, dass er nicht nur italienische Napoleons, sondern auch mit Frischkäse und Erdbeeren gefüllte Cannolis mitgebracht hat – wie schön.


Ich beisse kraftvoll zu

10.30 Uhr Eine halbe Stunde später treffen auch Georg, Maria und Amanda in meinem kultivierten Zuhause ein. Meine Schwägerin gibt sich betrübt und sagt, dass James kurzerhand bei David im Lowbank Drive geblieben ist. Amanda nicht eifrig und beteuert, dass sich ihr Sohn mit einer triefenden Nase und Husten herumschlagen muss. Natürlich erhebe ich spornstreichs den Zeigefinger und merke an, dass es nicht ratsam ist, täglich das menschenüberlaufene “Sun-N-Fun Lagoon” Spassbad an der Livingston Road zu besuchen. Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und fahre neben brühfrischem Bohnentrunk auch italienische Schmankerl, erlesenen Käse sowie vitaminreiche Wurstwaren auf – wie gut das duftet.
11.15 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, kommt Amanda auf die in einer Woche anstehende Abreise zu sprechen und sagt, dass David bald wieder zur Schule gehen muss. Ferner erkundigt sich das Mädchen, ob ich zu Weihnachten nach Kanada reisen werde. Ich seufze laut und entgegne, dass ich die “staade Zeit” in diesem Jahr womöglich im kalten Bayern erleben werde. Edelbert schlägt in die gleiche Kerbe und meint, dass langsam die Zeit gekommen ist, um Freunde sowie Kameraden in der alten Heimat mit einem Besuch zu beglücken – wie wahr.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit gesellt sich Frau Pontecorvo zu uns. Meine Nachbarin wischt sich mit dem Handrücken über die nasse Stirn und berichtet, dass sie im Garten geschuftet hat und nun ein Schlückchen Schaumwein vertragen könnte. Ich stimme prompt zu und lasse es mir nicht nehmen, eine Flasche Veuve Clicquot aus dem Eiskasten zu holen.


Wie das perlt …

12.30 Uhr Im weiteren Verlauf des Frühstücks erfahren wir von Amanda interessante Details über James Arbeit am neuen Studioalbum und vernehmen, dass mein löblicher Neffe mittlerweile fünf Kompositionen geschrieben hat. Die Maid strahlt über das ganze Gesicht und kündigt an, dass ihr Ehemann bereits im Herbst mit Herrn Sam Dietz und anderen befreundeten Musikern ins Studio gehen wird – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.
13.00 Uhr Nachdem die Gäste das Weite gesucht haben, rufe ich Hund Dixon ins Haus und setze ihm gesundes Trockenfutter vor. Ferner räume ich das Geschirr in die Spülmaschine und mache es mir zur Aufgabe, zu prima WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) Radiomusik den Küchenboden zu wischen. Nebenher schimpfe ich wie ein Rohrspatz und ärgere mich, weil meine Zugehfrau bis zum Monatsende im Urlaub ist – wie unlöblich.
14.00 Uhr Als die Küche blitzt, schlendere ich ins Wohnzimmer und schüttle die Sofakissen auf. Ausserdem schleppe ich den schweren Läufer nach draussen und schwinge gekonnt den Teppichklopfer. Wie nicht anders zu erwarten, kommt bald Herr Booth daher und ermutigt mich, endlich Frau Pontecorvo zu heiraten. Der gute Mann schenkt mir ein Lächeln und meint, dass man es mit einer Ehefrau an der Seite viel leichter hat – papperlapapp.
15.00 Uhr Endlich habe ich mein Werk vollbracht und kann auf dem Kanapee die Beine ausstrecken. Während es sich Dixon neben der Klimaanlage bequem macht, schliesse ich die Augen und döse schnell ein.
16.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und nehme am Schreibtisch Platz, um meinen Pflichten als staatlich anerkannter Anschnurseelsorger nachzukommen. Wie es sich gehört, studiere ich Depeschen verzweifelter Eltern und rate, mit der verlotterten Jugend nicht zu zimperlich umzugehen – wo kämen wir denn da hin.


Meine wertvolle ROLEX

17.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner goldenen ROLEX auf 5 zugeht, fahre ich das Betriebssystem mausdrückend herunter und sorge für ein nahrhaftes Abendessen. Um nicht stundenlang am heissen Herd stehen zu müssen, stelle ich einen Topf aufs Cerankochfeld und zaubere in Minutenschnelle Gnocchis mit einer leckeren Pesto Sauce aus dem Glas – das schmeckt prima und geht schnell.
18.00 Uhr Zum Abschluss des nervenaufreibenden Tages reguliere ich die Klimaanlage und fröne den Abendnachrichten auf FOX. Unter anderem lerne ich, dass pünktlich zum Wochenende eine Kaltfront über Florida ziehen und für angenehmere Temperaturen sorgen wird – das hört man gerne.

19.00 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, nehme ich mit dem NETFLIX Angebot Vorlieb und gebe mich dem nagelneuen Serienspiel “I am a Killer” (löblich: Ich bin ein Mörder) hin. Die Eigenproduktion lässt zum Tode verurteilte Mörder zu Wort kommen, die von ihren schrecklichen Schandtaten erzählen – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zwei spannenden Stunden beende ich den Fernsehabend. Zu guter Letzt kippe ich mir einen Bourbon hinter die Binde und lege mich schlafen. Gute Nacht.