08.00 Uhr Schon zur frühen Stunde bimmelt das Telefon und ich habe das Vergnügen, mit Maria plaudern zu können. Meine Schwägerin wünscht mir einen schönen Morgen und setzt mich darüber in Kenntnis, dass wir uns gegen 10 Uhr in “Julies Restaurant” zum Frühstück treffen werden. Ich juchze laut und verspreche, pünktlich zu sein und grossen Hunger mitzubringen – da kommt besonders grosse Freude auf.
08.30 Uhr Nach dem Frühsport stecke ich Dixon einen Kauknochen ins Maul und gebe vor, dass ich mich nun bei einem lustigen Wirbelbad entspannen werde. Der Rüde flitzt wie von Sinnen ins Wohnzimmer und nimmt das Recht heraus, das Büffelhautschmankerl auf dem Kanapee zu verzehren – das ist ja allerhand.
Dixon bekommt einen Kauknochen
09.30 Uhr Sechzig Minuten später präsentiere ich mich in legerer Freizeitkleidung und fordere das Haustier auf, sein Nickerchen zu beenden und mir zum Chevrolet zu folgen. Dixon gehorcht mir aufs Wort und hüpft im hohen Bogen auf die Ladefläche des PS-strotzenden SUVs. Anschliessend gleite ich hupend vom Grundstück und kann es kaum noch erwarten, eine reichhaltige Mahlzeit im Kreise meiner Liebsten einzunehmen – das wird ein Spass.
10.00 Uhr Pünktlich auf die Minute erreiche ich mein Ziel und treffe Georg und Maria, sowie Robert und Jessica Pfaffenberg an unserem Stammtisch an. Wie es sich gehört, begrüsse ich die Herren per Handschlag und lote aus, wer für das Frühstück bezahlen wird. Mein Grosscousin meldet sich prompt zu Wort und beteuert, dass er heute die Spendierhosen angezogen hat und für Speis und Trank einstehen wird. Ich fackle nicht lange und bitte Frau Julie, neben einer Kanne Kaffee ausserdem ein grosses Frühstück sowie etwas Speck für Dixon aufzutischen.
Ich sage NEIN zu Handtelefonen
10.30 Uhr Meine Tischnachbarn folgen dem Beispiel und tratschen angeregt über ihren gestrigen Theaterbesuch. Unter anderem bringe ich heraus, dass das Stück “Maple & Vine” von einem frustrierten Ehepaar handelt, das sich einer Sekte anschliesst und sich fortan von Handtelefonen und anderem neumodernen Schnickschnack lossagt. Als ich mich Robert zuwende, schüttelt er den Kopf und unterbreitet, dass er von der ordinären Sprache der Protagonisten ganz und gar nicht angetan war – das ist wieder typisch.
11.15 Uhr Schlussendlich bringt Wirtin Julie eine ellenlange Rechnung an den Tisch und knöpft Robert 80 Dollars ab. Der Texaner macht grosse Augen und meint, dass er in der Kleinstadt Boerne für 80 Dollars eine ganze Footballmannschaft verköstigen könnte. Ich klopfe mir schmunzelnd auf die Schenkel und weise auf die Tatsache hin, dass Naples ein teures Pflaster ist. Trotz der Nackenschläge lassen wir uns die Laune nicht verderben und brechen mit Hund Dixon zu einem kleinen Spaziergang entlang der Vanderbilt Beach Road auf. Bei angenehmen Temperaturen passieren wir die angrenzenden Reinigungsfirmen und ich verrate Jessica, dass im Collier County viele Einwanderer aus Indonesien leben. Um meinen Aussagen Nachdruck zu verleihen, deute ich in Richtung von “Joo Cleaning” und merke an, dass ein Grossteil der Asiaten in der Reinigungsbranche beschäftigt sind.
12.00 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, stehen wir wieder vor “Julies Restaurant”. Robert wischt sich mit dem Handrücken über die nasse Stirn und kündigt an, dass er Morgen mit seiner Ehefrau nach Coconut Grove krusen wird, um seine Tochter Kimberly zu besuchen. Ich wünsche Robert viel Vergnügen und vernehme, dass die Texaner erst am kommenden Mittwoch zurück sein werden – wie schade.
Mein Zuhause im Willoughby Drive
13.00 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive, versorge ich Dixon mit Trockenfutter und rufe dann bei Prof. Kuhn an, um ihn über meine Aktivitäten in Kenntnis zu setzen. Der schlaue Mann freu sich und entgegnet, dass er den Vormittag im “Coastland Center” verbracht und Socken eingekauft hat – das hört man gerne.
13.30 Uhr Nach dem Telefonat schlüpfe ich aus den Kuhjungenstiefeln und falle erschöpft aufs Kanapee. Bereits nach wenigen Sekunden döse ich ein und träume vom bevorstehenden Weihnachtsfest.
14.30 Uhr Da es sich nicht gehört, den ganzen Nachmittag zu verschlafen, rapple ich mich auf und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Mit flinken Fingern navigiere ich durchs Internetz und studiere Hilferufe besorgter Heimseitenbesucher. Natürlich gebe ich auch Ratschläge ab und animiere die Erziehungsberechtigten, mit der jungen Generation nicht zu zimperlich umzugehen.
15.30 Uhr Zum Abschluss der Beratungsstunde schalte ich noch die neuen Einträge im Gästebuch frei und nehme meine persönliche Korrespondenz in Augenschein. Im Anschluss sehe ich mich im Garten um und spiele mit Dixon etwas Ball – was kann es schöneres geben.
Hund Dixon spielt Ball
16.30 Uhr Wegen der Hitze ziehe ich mich bald in die klimatisierte Stube zurück und richte mir eine kalte Wurstplatte mit hauchdünn aufgeschnittenem Capocollo an. Ferner giesse ich mir ein Bier ein und studiere während des Abendessens lesenswerte Berichte in der “Naples Daily News” (löblich: Naples aktuelle Neuigkeiten).
17.30 Uhr Bevor ich mich in den Feierabend verabschiede, schalte ich die leistungsstarke Geschirrspülmaschine ein und vergesse auch nicht, den Küchenboden zu wischen – Sauberkeit ist mir nämlich besonders wichtig.
18.15 Uhr Völlig erschöpft schleppe ich mich ins Wohnzimmer und lege die Beine hoch. Nebenher folge ich den FOX Nachrichten und lerne, das Donald Trump erneut die amerikanischen Medien gescholten und ihnen vorgeworfen hat, sogenannte “Fake News” (löblich: Falschmeldungen) zu verbreiten.
19.00 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, wechsle ich auf den Filmsender HBO, um mir den abendfüllenden Spielfilm “Cafe Society” anzuschauen. Die amerikanische Komödie ist in den 1930er Jahren angesiedelt und erzählt aus dem Leben eines jungen New Yorkers, der sein Glück in Hollywood sucht – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Fernsehabend und rufe Dixon ins Haus. Im Anschluss lösche ich sämtliche Lichter und gehe ins Bett. Gute Nacht.