30. Mai 2017 – 4.500 Euros für eine Horde Asylanten

08.00 Uhr Ich öffne die Augen und stelle fest, dass bald Pfingsten gefeiert wird. Um meinen lieben Verwandten etwas Gutes zu tun, fasse ich den Entschluss, am Sonntag ein lustiges Barbecue im Willoughby Drive auszurichten. Voller Vorfreude schwinge ich mich aus dem Bett und lasse es mir nicht nehmen, Georg, Maria und Edelbert telefonisch zum Frühstück einzuladen – was kann es schöneres geben.
09.00 Uhr Im Anschluss verschwinde ich in der Nasszelle und lasse die Seele bei einem löblichen Wirbelbad baumeln. Just als ich mir eigene Gedanken bezüglich des Grillvergnügens mache, schellt die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) besonders aggressiv. Zu allem Überfluss meldet sich Sandra und setzt mich darüber in Kenntnis, dass ihre Eltern am Wochenende zu Besuch kommen werden. Das unterbelichtete Kind jammert ohne Unterlass und sagt, dass es eigentlich über Pfingsten nach Florida ausfliegen und mich besuchen wollte. Ich atme tief durch und rate der Maid, zuhause in Bayern zu bleiben und ihre Eltern zu erquickenden Ausflügen an die bayerischen Seen und/oder in die Landeshauptstadt zu begleiten.


Sandras Eltern kommen nach Bayern

10.00 Uhr Ich beende das Badevergnügen und mache es mir zur Aufgabe, Bohnentrunk aufzukochen und gesunde Wurstwaren auf einem Porzellanteller anzurichten. Kurze Zeit später treffen die Gäste in der kleinen Villa ein und überraschen mich mit Semmeln und schmackhaften Cannolis aus der Biscotti Farrugia Bäckerei – wie schön.
10.30 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen, berichte ich den Anwesenden von Sandras Anruf und stelle klar, dass das Mädchen am Wochenende ihre Eltern im Waldweg begrüssen wird. Edelbert wird sogleich hellhörig und meint, dass es angebracht wäre, im Sommer ebenfalls nach Bayern zu reisen, um alte Kameraden wiederzutreffen. Darüber hinaus kommt der schlaue Mann auf seine Immobilie im Haselnussweg zu sprechen und erinnert daran, dass in seinem ehemaligen Zuhause seit dem letzten Sommer eine Asylantenfamilie wohnt. Ich nicke eifrig und unke, dass das Einfamilienhaus längst verrottet ist. Edelbert schüttelt jedoch den Kopf und vertellt, dass die Flüchtlinge von Mitarbeitern des hiesigen Landratsamtes sowie diversen Helfern der Aktionsgruppe “Pro Asyl” umsorgt werden. Ferner erfahren wir, dass mein Bekannter pro Monat knapp 4.500 Euros an Miete einstreicht – das ist phantastisch.


Edelberts Baracke im Haselnussweg

11.00 Uhr Im weiteren Verlauf des Frühstücks diskutieren wir angeregt über die Folgen des Flüchtlingszustroms und sind uns sicher, dass Europa bald vor schwerwiegenden Problemen stehen wird. Mein Bruder lässt in diesem Zusammenhang kein gutes Haar an Bundeskanzlerin Angela Merkel und meint, dass die 62jährige die EU-Mitgliedsstaaten in den Ruin treiben wird – wie wahr.
11.30 Uhr Zur Mittagszeit verlagern wir unsere Konferenz auf die schattige Terrasse und stossen mit eiskaltem Schaumwein aus dem Hause Louis Roederer an. Maria nippt zufrieden am Sprudelsekt und freut sich, Europa längst den Rücken gekehrt und in Kanada eine neue Heimat gefunden zu haben. Ich schlage in die gleiche Kerbe und gebe zu Protokoll, dass man in Amerika wenigstens noch in Ruhe leben kann.
12.30 Uhr Weil Georg und Maria in der Stadt bummeln wollen, begleite ich die lieben Menschen zur Türe und gebe vor, dass ich morgen zum Frühstück vorbei kommen werde. Anschliessend schenke ich Edelbert einen Schluck Champagner nach und merke an, dass wir eventuell zur Oktoberfestzeit über den grossen Teich fliegen sollten. Der Professor reibt sich die Hände und verspricht, im Internetz nach preiswerten Flügen Ausschau zu halten.


Wir stossen redlichst an

13.30 Uhr Nachdem auch Edelbert das Weite gesucht hat, kehre ich in die gute Stube zurück und fülle Dixons Napf mit Futter auf. Ausserdem lasse ich mir ein Wurstbrot schmecken und trinke dazu ein Budweiser – das tut gut.
14.00 Uhr Als die Geschirrspülmaschine läuft, rufe ich Dixon ins Haus und falle fix und foxi aufs Kanapee. Bereits nach wenigen Sekunden döse ich ein und sehe mich im Traum auf die Münchner Theresienwiese versetzt.
15.00 Uhr Da es sich nicht gehört, den ganzen Nachmittag zu verschlafen, rapple ich mich auf und komme meinen Pflichten als Anschnurseelsorger nach. Mit flinken Fingern navigiere ich durchs weltweite Internetz und studiere Hilferufe besorgter Heimseitenbesucher. Natürlich gebe ich auch heute Ratschläge und animiere leidgeprüfte Eltern, mit der jungen Generation nicht zu zimperlich umzugehen – wo kämen wir denn da hin.
16.00 Uhr Nach der nervenaufreibenden Arbeit greife ich zur Hundeleine und animiere Dixon, mir an die frische Luft zu folgen. Der lustige Rüde folgt mir aufs Wort und flitzt ausgelassen zum künstlich angelegten Teich, um seine Pfoten im kühlen Nass zu baden. Währenddessen halte ich ein Schwätzchen mit Frau Pontecorvo und bringe heraus, dass am Abend ihr Lieblingsfilm auf ABC gezeigt wird. Weil die Alte aus dem Schwärmen gar nicht mehr herauskommt, lade ich sie kurzerhand zum gemeinsamen Fernsehvergnügen ein.


Hund Dixon darf Gassi gehen

17.00 Uhr Wieder zurück in der kleinen Villa, mache ich mich in der Küche nützlich und brate ein vitaminreiches Schnitzel in heissem Butterschmalz heraus. Dazu gibt es grüne Bohnen aus der Dose sowie eine Portion Kartoffelbrei – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Pünktlich zum Sechsuhrläuten stattet mir Frau Pontecorvo einen Besuch ab und hält mir eine Schüssel mit Knabbereien unter die Nase. Ich winke die Frau herein und zögere nicht, eine Flasche Rotwein zu entkorken. Anschliessend frönen wir den Nachrichten auf FOX und machen uns über die aktuellen Geschehnisse schlau.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechseln wir auf ABC und ich habe das Vergnügen, die von Stanley Donen im Jahre 1963 gekonnt in Szene gesetzte Kriminalkomödie “Charade” zu sehen. Ich lehne mich entspannt zurück und tauche in das Leben der hübschen Reggie ein, die sich unsterblich in den zwielichtigen Herrn Peter verliebt.
21.00 Uhr Nach zwei spannenden Stunden schalte ich das Farbfernsehgerät aus und bringe meine Nachbarin zur Türe. Zu guter Letzt hauche ich der Pontecorvo ein Bussi auf die Wange und wünsche ihr angenehme Träume. Danach ziehe ich mich gähnend ins Schlafzimmer zurück und falle erschöpft ins Bett. Gute Nacht.