9. Juni 2016 – Treffen mit Kaplan Bertram

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08.00 Uhr Wie es sich für einen sportbegeisterten Rentner gehört, stehe ich pünktlich auf und öffne das Fenster. Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen lockere ich meine Muskeln und erinnere mich, dass jeden Donnerstag in der Innenstadt ein grosser Markt stattfindet. Weil ich morgen eine Abschiedsfeier ausrichten werde, klatsche ich in die Hände und lasse Hund Dixon wissen, dass wir gleich ins Zentrum spazieren und Einkäufe tätigen werden – das wird ein Spass.
08.30 Uhr Bevor ich aufbreche, ziehe ich mich ins Badezimmer zurück und schlüpfe aus dem Schlafanzug. Da Hygiene in der heutigen Zeit sehr wichtig ist, schrubbe ich mich ordentlich ab und vergesse auch nicht, mir mit dem Nassrasieren die Bartstoppeln abzurasieren.

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Ich rasiere mir die Bartstoppeln ab

09.15 Uhr Kurz nach dem Neunuhrläuten schaue ich in der Küche nach dem Rechten und finde eine Notiz auf dem Küchentisch vor. Wissbegierig überfliege ich die Zeilen und lerne, dass Sandra und Frau Bärbel etwas länger arbeiten müssen und erst gegen 20 Uhr nach Hause kommen werden. Ferner bitten mich die Mädchen, die Katzen zu füttern und die Pflanzen auf der Terrasse zu giessen.
10.00 Uhr Nachdem ich Rühreier mit Speck verzehrt und die Fressnäpfe der Stubentiger aufgefüllt habe, greife ich zur Hundeleine und halte den Vierbeiner an, mir in die Stadt zu folgen. Der Rüde flitzt wie der Tarantel gestochen nach draussen und bellt Frau Rudolph an. Ich lüfte spornstreichs meinen Cowboyhut und teile der Dame mit, dass morgen eine Grillfeier steigen wird. Um meiner Nachbarin eine kleine Freude zu bereiten, spreche ich eine Einladung aus und kündige an, dass die Gäste gegen 17 Uhr eintreffen werden.

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Ich füttere die Katzen

10.30 Uhr Als nächstes schlendere ich pfeifend durch den Stadtpark und habe das Vergnügen, Kaplan Bertram zu treffen. Die rechte Hand unseres Gemeindepfarrers freut sich über das Wiedersehen und möchte wissen, wie lange ich mich schon in der alten Heimat aufhalte. Ich senke traurig meinen Blick und gestehe, dass ich seit dem 8. Mai in Bayern verweile und in zwei Tagen bereits wieder abreisen werde. Der fromme Mann seufzt laut und erkundigt sich während unsers Spaziergangs nach meinem Leben in den Vereinigten Staaten. Selbstverständlich stehe ich Herrn Bertram Rede und Antwort und berichte, dass ich mich glücklich schätzen kann, meinen Lebensabend im Sonnenscheinstaat Florida verbringen zu dürfen.

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Mein Zuhause unter Palmen

11.00 Uhr Dreissig Minuten später stehen wir vor dem Pfarramt und schütteln Hände. Ich klopfe dem Kaplan auf die Schulter und verspreche, dass wir uns im kommenden Jahr wiedersehen werden. Anschliessend laufe ich mit Hund Dixon im Schlepptau zum Marktplatz und nehme die feilgebotenen Waren in Augenschein. Um den Gästen etwas Besonderes bieten zu können, investiere ich kurzerhand ein kleines Vermögen in ein Pfund Bergkäse, Radieschen, eine Gurke, sechs Kilo Rinderfilets sowie vierzehn Käsegriller – wo soll das noch hinführen.
11.45 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten schleppe ich meine Einkäufe in den Biergarten des Wilden Esel und setze mich zu Admiral a.D. Bürstenbinder und Frederick von Braustein an den Stammtisch. Völlig verschwitzt winke ich Wirt Willy zu und bitte ihn, einen Schweinebraten sowie ein kühles Weissbier aufzufahren. Der Gastronom nickt eifrig und zögert nicht, ausserdem etwas Schinken für meinen tierischen Begleiter zu servieren.
12.15 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse, komme ich auf die Abschiedsfeier zu sprechen und bitte Friedbert, auch Herrn Töpfer und Franz-Xaver Ollmann Bescheid zu geben. Der ehemalige Seefahrer schnalzt mit der Zunge und verspricht, eine Kiste Bier zur Feier beizusteuern.

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Das Weissbier fliesst in Strömen

13.00 Uhr Wenig später trifft auch Edelbert in der Gaststätte ein. Der schlaue Mann legt beste Laune an den Tag und erzählt, dass er die Vermietung seines Eigenheims endlich in trockene Tücher gebracht hat. Als ich die zweite Hopfenkaltschale bestelle, präsentiert der Professor ein Schriftstück und vertellt, dass in 22 Tagen eine Familie aus Afghanistan im Haselnussweg einziehen wird – wie aufregend.
14.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, den Heimweg anzutreten. Edelbert gibt sich spendabel und lädt mich zu Speis und Trank ein. Danach wünschen wir unseren Freunden einen schönen Tag und verabschieden uns winkend.
14.45 Uhr Plaudernd laufen wir durch den Stadtpark und kommen überein, dass wir am Samstag um 5 Uhr Morgens zum Flughafen fahren sollten. Mein Begleiter legt seine Stirn in Falten und weist mich auf die Tatsache hin, dass unsere Abreise für 6.20 Uhr geplant ist.
15.30 Uhr Endlich bin ich wieder zu Hause und kann die Einkäufe im Eiskasten verstauen. Anschliessend falle ich gähnend aufs Kanapee und döse sofort ein.

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Die Schwarzbeere surrt

16.15 Uhr Ich werde durch lautes Telefonschellen geweckt. Missmutig halte ich mir die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) ans Ohr und freue mich, Frau Pontecorvos Stimme zu hören. Die gute Seele redet ohne Unterlass auf mich ein und verdeutlicht, dass es in Naples erst 10 Uhr geschlagen hat. Ich gebe der Dame Recht und erinnere, dass wir uns am kommenden Samstag wiedersehen werden. Bei dieser Gelegenheit komme ich auf die Ankunft zu sprechen und bitte meine Nachbarin, uns gegen 15.00 Uhr vom Flughafen abzuholen.
17.00 Uhr Eine dreiviertel Stunde später beende ich das Gespräch und erkläre dem Vierbeiner, dass mein Ohr vom stetigen Geplappere schmerzt. Ich mache ein langes Gesicht und eile in die Küche, um mir ein Weissbier einzuschenken. Darüber hinaus richte ich eine nahrhafte Wurstplatte an und lasse mir das Abendessen auf der schattigen Terrasse munden – schmeckt gar nicht schlecht.
18.00 Uhr Nachdem ich die Hausarbeit hinter mich gebracht habe, lege ich im Wohnzimmer die Beine hoch und schaue mir auf dem Programmplatz des BR die Nachrichten an. Lachend folge ich den Lügen und komme zu dem Schluss, dass das Wort “Lügenpresse” nicht von ungefähr kommt.
18.30 Uhr Um nicht ganz zu verblöden, wechsle ich den Sender und gebe mich auf NETFLIX der Eigenproduktion “Special Correspondents” hin. Der Spielfilm erzählt die Geschichten eines Radioreporters, dem sein Tschob als Kriegsberichterstatter viel zu gefährlich ist. Deswegen entschliesst sich der Heini, einen Bericht aus Südamerika bequem vom Sofa seiner Luxuswohnung aus im grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) zu senden.

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Ich schaue mir einen Film aus dem grossen Apfel an

20.15 Uhr Just als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, kommen Sandra und Frau Bärbel nach Hause. Ich begrüssen die Mädchen herzlich und ziehe es vor, mich aufs Gästezimmer zu verabschieden und noch etwas zu lesen. Dixon folgt mir nach oben und hüpft ausgelassen ins Bett, um sich den Rücken kraulen zu lassen.
21.00 Uhr Nachdem ich mit dem AMAZON KINDLE Lesegerät die ersten Seiten eines belanglosen Dean Koontz Romans überflogen habe, lösche ich das Licht und wünsche dem Vierbeiner angenehme Träume. Gute Nacht.