08.00 Uhr Ich öffne die Augen und läute den jungen Morgen mit stimmungsvoller “Carpenters” Musik ein. Als Richard und Karen Carpenter “Please Mr. Postman” (löblich: Bitte Herr Postbote) trällern, absolviere ich auf der Terrasse die Morgengymnastik. Nebenher mache ich mir meine eigenen Gedanken und fasse den Entschluss, heute meinen Heimaturlaub in trockne Tücher zu bringen.
08.30 Uhr Gutgelaunt stelle ich die DeLonghi Kaffeemaschine ein und mache es mir zur Aufgabe, nicht nur Edelbert, sondern auch meine Verwandten für 10 Uhr zum Frühstück einzuladen. Natürlich sagen die lieben Leute prompt zu und versprechen, mir pünktlich einen Besuch abzustatten – wie schön.
09.00 Uhr Während sich ein betörender Kaffeeduft in der kleinen Villa ausbreitet, ziehe ich mich ins Badezimmer zurück und entspanne mich bei einem Wirbelbad. Unterdessen navigiere ich mit dem iPad durchs Internetz und komme zu dem Ergebnis, dass es angebracht wäre, mindestens drei Wochen in der alten Heimat zu bleiben.
09.45 Uhr Um meine Gäste nicht vor dem Haus warten zu lassen, hüpfe ich aus der Wirbelbadewanne und kleide mich ordentlich an. Danach lasse ich den fiependen Vierbeiner in den Garten hinaus und vergesse auch nicht, den Esstisch mit dem teuren Porzellangeschirr einzudecken.
10.15 Uhr Mit kurzer Verspätung treffen die freundlichen Menschen endlich ein und folgen mir plappernd in die gute Stube. Als perfekter Gastgeber fülle ich die Tassen meiner Tischnachbarn mit Bohnentrunk auf und versorge sie mit Rühreiern. Edelbert hat eine Tüte mit Croissants (löblich: französische Hörnchen) mitgebracht und beteuert, dass man die besten Backwaren der Stadt in der Biscotti Farrugia einkaufen kann. Georg schlägt in die gleiche Kerbe und sagt, dass die hausgemachten Cannolis besonders schmackhaft sind – wie wahr.
Cannolis sind sehr schmackhaft
11.00 Uhr Als ich eine Kanne mit frischer Muh auftische und mir eine zweite Portion KELLOGGS Flocken munden lasse, kommt Edelbert auf unseren geplanten Bayernurlaub zu sprechen und meint, dass wir zeitnah buchen sollten. Ich melde mich augenblicklich zu Wort und erkläre dem schlauen Mann, dass ich mich bereits am Morgen auf Expedia informiert und ein preiswertes Schnäppchen entdeckt habe. Bevor der Professor antworten kann, hole ich das iPad hervor und zeige anschaulich auf, dass AIR BERLIN von Fort Myers über Düsseldorf nach München fliegt. Edelbert macht grosse Augen und gibt mit erhobenem Zeigefinger zu Protokoll, dass er ganz bestimmt nicht in Düsseldorf zwischenlanden wird. Ich seufze laut und antworte, dass wir unter diesen Umständen mit UNITED AIRLINES reisen und einen zweistündigen Aufenthalt in Newark, NJ auf uns nehmen müssten.
Bald bin ich in Bayern
12.00 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten stösst Frau Pontecorvo zu uns und nimmt ebenfalls mit einer Tasse Kaffee Vorlieb. Währenddessen streiche ich mit dem Zeigefinger über den Bildschirm und gebe Edelbert zu verstehen, dass wir am 7. Mai abfliegen und drei Wochen in Bayern bleiben könnten. Mein Bekannter schnalzt mit der Zunge und bittet mich, zwei UNITED Flüge für je 650 EUROS zu reservieren – das lasse ich mir nicht zweimal sagen.
13.00 Uhr Nach der Buchung setzen wir uns auf die schattige Terrasse und köpfen eine Flasche Cristal. Nebenbei rufe ich kurzerhand bei Sandra an und erkläre der Maid, dass sie das Pensionszimmer zwischen dem 7. und 28. Mai unter keinen Umständen vermieten darf. Das Kind notiert sich die Daten ganz genau und freut sich schon darauf, mich für drei lange Wochen im Waldweg beherbergen zu dürfen – das ist phantastisch.
Meine Villa im Waldweg
14.15 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, nach Dixon zu schauen. Während meine Gäste tratschen und Wurstbrote verzehren, schlendere ich zum Anwesen von Familie Crane und werde Zeuge, wie mein Haustier mit Nachbarsrüde Joey spielt. Bei dieser Gelegenheit halte ich Kleingespräche (unlöblich: Smalltalk) mit der ehemaligen Hochleistungssportlerin und erwähne, dass ich im kommenden Jahr nach Deutschland ausfliegen werde. Frau Crane ist begeistert und bietet an, dass sie gerne auf Dixon aufpassen kann. Ich winke demonstrativ ab und stelle klar, dass mich das Tier selbstverständlich begleiten wird.
15.00 Uhr Wieder zurück in der kleinen Villa, lasse ich mich neben Frau Pontecorvo in der Hollywoodschaukel nieder und spüle meine staubtrockne Kehle mit perlendem Schaumwein durch. Ausserdem erfahre ich von Georg, dass er seine Ehefrau am Abend ins Lichtspielhaus ausführen wird. Meine Nachbarin wird sofort hellhörig und meint, dass wir kurzerhand mitkommen könnten – papperlapapp.
15.30 Uhr Wie nicht anders zu erwarten, macht Edelbert der kleinen Frau schöne Augen und nimmt sich das Recht heraus, Frau Pontecorvo ins Kino einzuladen. Ich zuckt entnervt mit den Schultern und begleite die Gäste nach dem kleinen Umtrunk zu den Autos.
16.00 Uhr Nachdem endlich Ruhe eingekehrt ist, schlüpfe ich aus den Flip Flops und räume das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine. Danach falle ich gähnend auf das Kanapee und döse bald ein.
17.00 Uhr Ich werde durch das Knurren meines Magens geweckt und ziehe es vor, mich in der Küche nützlich zu machen. Ruckzuck verfrachte ich ein tiefgefrorenes Nudelschichtgericht (unlöblich: Lasagne) in den Kleinwellenofen (unlöblich: Mikrowelle) und zaubere ausserdem einen farbenfrohen Beilagensalat.
18.00 Uhr Nachdem ich mir den Mund an einer Serviette abgewischt und die Geschirrspülmaschine eingestellt habe, gehe ich zum gemütlichen Teil des Tages über. Ich rufe Dixon ins Haus und fröne den Abendnachrichten auf FOX.
19.00 Uhr Im Anschluss schalte ich auf AMC um und gebe mich dem sehenswerten Fernsehspiel “Halt and Catch Fire” hin, das von schlauen Heimrechnerpionieren in den frühen 1980er Jahren erzählt – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach drei spannenden Folgen schalte ich die Glotze aus und begleite Dixon noch einmal in den Garten. Anschliessend reguliere ich die Klimaanlage und lege mich schlafen. Gute Nacht.