14. Mai 2013 – Kein Strom im Willoughby Drive

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07.45 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und stelle mit grosser Sorge fest, dass der Strom ausgefallen ist. Weil weder der Radiowecker, noch die Zentralklimaanlage läuft, renne ich in die Garage und mache es mir zur Aufgabe, den Schaltschrank zu öffnen. Schnell werde ich auf den sogenannten RCCB Breaker (auf deutsch: Fehlerschutzschalter) aufmerksam und bemerke, dass der Automat herausgesprungen ist.

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08.30 Uhr Nachdem ich den Schalter in die “ON” Stellung gebracht habe, kehre ich ins Haus zurück und atme tief durch. Anschliessend lasse ich mir ein Wirbelbad einlaufen und studiere die Morgenzeitung. Unter anderem lese ich im Lokalteil, dass die 47jährige Denise H. aus Naples, FL vermisst wird. Die Dame war in der Innenstadt von Fort Myers unterwegs und wurde zuletzt am 27. April 2013 am Steuer ihres Chrysler Sebring gesehen – wie eigenartig.
09.30 Uhr Obgleich ich keine sachdienlichen Hinweise geben kann, lasse ich es mir nach dem Badespass nicht nehmen, im Scherriffbüro anzurufen und mich mit Herrn Bradfort verbinden zu lassen. Der Scherriff des Collier County freut sich und bestätigt, dass die Dame höchstwahrscheinlich ermordet wurde. Ferner rückt der gute Mann mit weiteren Infos heraus und mutmasst, dass ihr Lebensgefährte hinter dem Verschwinden stecken könnte – wo soll das noch hinführen.
10.15 Uhr Kurz nach dem Zehnuhrläuten statte ich meiner Nachbarin einen Besuch ab und leiste ihr bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages Gesellschaft. Ich labe mich an Pfannkuchen mit CLOVER CREST Bienenhonig und berichte, dass Scherriff Bradfort derzeit einen Mordfall bearbeiten muss. Um Frau Pontecorvo einen genaueren Einblick zu ermöglichen, präsentiere ich die heutige “Naples Daily News” (löblich: Naples Daily News) Ausgabe und erörtere, dass Frau Denise H. von ihrem Lebensgefährten heimtückisch ermordet wurde. Meine Tischnachbarin macht grosse Augen und entgegnet, dass sie beim Frühstück nicht über einen Mordfall sprechen möchte.
11.15 Uhr Just als der Minutenzeiger meiner ROLEX auf Viertel nach 11 deutet, machen wir es uns auf der Terrasse bequem. Während wir plaudern, bringe ich das Oktoberfest ins Spiel und äussere die Idee, meiner Heimat einen Besuch abzustatten. Frau Pontecorvo wird sogleich hellhörig und sagt, dass sie mich gerne begleiten würde. Ich nehme der kleinen Frau schnell den Wind aus den Segeln und stelle klar, dass im Waldweg 11 kein Platz ist.

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12.15 Uhr Nachdem ich Kaffee getrunken und Erdbeerkuchen gegessen habe, lüfte ich meine NY YANKEES Kappe und verabschiede mich nach Nebenan. Hund Dixon folgt mir brav und bettet sich auf seiner neuen Decke zur Ruhe. Ich nehme unterdessen den Heimrechner in Betrieb und suche auf EXPEDIA nach einem geeigneten Flug.
12.45 Uhr Nach wenigen Mausbewegungen werde ich auf eine AIR BERLIN Verbindung aufmerksam und erfahre, dass die Fluggesellschaft täglich den Düsseldorfer Flughafen anfliegt. Ich lege meinen Kopf schief und lasse den Vierbeiner wissen, dass ich ganz bestimmt nicht in Düsseldorf umsteigen werde.
13.30 Uhr Völlig entnervt beende ich die Anschnursitzung und kontaktiere Edelbert, um ihm mitzuteilen, dass aus unserem Oktoberfestbesuch nichts wird. Ich schimpfe wie ein Rohrspatz und gebe vor, dass es keine Möglichkeit gibt, im September direkt nach München zu gelangen. Edelbert seufzt laut und verspricht, dass er sich der Sache annehmen wird – das soll mir auch Recht sein.
14.00 Uhr Nachdem ich einen Whiskey getrunken habe, falle ich aufs Kanapee und schliesse die Augen. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von meiner spannenden Appalachian Trail Wanderung.

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15.00 Uhr Leider wird mein Müssiggang zeitnah durch das ohrenbetäubende Schellen des Festnetztelefons unterbrochen. Zu allem Überfluss meldet sich der Professor und schlägt vor, dass wir am 17. September nach New York ausfliegen könnten, um dort einige Tage der Kultur zu frönen. Darüber hinaus regt Edelbert einen Direktflug nach München an und meint, dass es ein leichtes wäre, am 21. September mit Lufthansa nach Bayern zu fliegen. Mein Bekannter schwärmt in den höchsten Tönen und sagt, dass wir im Ritz Carlton Hotel am Zentral Park (unlöblich: Central Park) logieren und uns einige Broadway-Shows anschauen könnten. Ich nicke eifrig und erwidere, dass wir morgen Nägel mit Köpfen machen sollten.
16.00 Uhr Im Anschluss komme ich meinen Pflichten als staatlich anerkannter Anschnurseelsorger nach und helfe geplagten Erziehungsberechtigten bei schier ausweglosen Problemen. Frau Tamara B. aus dem schönen Wien schildert mir ihre Sorgen und schreibt, dass ihr Sohn Patrick (19) den Wunsch geäussert hat, im Sommer nach Australien auszufliegen. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen und rate der Dame, dem Rüpel diese Flausen auszureden. Immerhin sind Langstreckenflüge massgeblich für die Klimaerwärmung verantwortlich.
17.00 Uhr Nach der schweisstreibenden Arbeit eile ich in die Küche und schiebe eine TOMBSTONE Tiefkühlpizza ins Rohr. Hund Dixon weicht nicht von meiner Seite und fordert ebenfalls eine Mahlzeit heraus. Ich streichle dem Racker über den Kopf und serviere ihm eine Portion ROYAL CANIN Trockenfutter.
18.00 Uhr Ein langer Tag neigt sich seinem Ende zu. Ich setze mich schnaufend ins Wohnzimmer und folge den Abendnachrichten auf FOX. Neben den üblichen Schreckensmeldungen lerne ich ausserdem, dass heute vor 85 Jahren der aus Argentinien stammende Massenmörder Che Guevara das Licht der Welt erblickt hat – wie unlöblich.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit schalte ich auf HBO um und gebe mich der Westerkomödie “City Slickers” hin. Ich amüsiere mich köstlich und werde Zeuge, wie sich ein frustrierter Angestellter aus der Grosstadt als Kuhjunge (unlöblich: Cowboy) im Mittleren Westen versucht – diesen Unsinn muss man gesehen haben.
21.00 Uhr Nach zweistündiger Spitzenunterhaltung beende ich den Fernsehabend und gehe ins Bett. Gute Nacht.