08.00 Uhr Der Wecker bimmelt und läutet den vorletzten Oktobertag ein. Ich rolle mich aus dem Wasserbett und beginne den Morgen mit dem Frühsport. Unterdessen lausche ich dem Qualitätsradioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und bringe in Erfahrung, dass am Freitag Halloween gefeiert wird – wie aufregend.
Halloween – Nein Danke
08.30 Uhr Als der Minutenzeiger meiner ROLEX auf halb 9 deutet, verabschiede ich mich ins Badezimmer und lasse die Seele bei einem lustigen Wirbelbad baumeln. Da gutes Aussehen heutzutage besonders wichtig ist, wasche ich mir die Haare und vergesse auch nicht, mir die Bartstoppeln abzurasieren – da kommt Freude auf.
09.30 Uhr Wenig später beende ich das Badevergnügen und entschliesse mich, das Frühstück in Frau Pontecorvos Gesellschaft einzunehmen. Mit dem Vierbeiner im Schlepptau laufe ich nach nebenan und wünsche meiner Nachbarin einen schönen Tag. Die kleine Frau freut sich über den Besuch und lotst mich prompt in die Küche.
10.00 Uhr Während wir gemütlich zusammensitzen und brühfrischen Bohnentrunk geniessen, komme ich auf Morgen zu Sprechen und kündige an, dass ich eine Schüssel mit Bonbons neben die Haustüre stellen werde. Frau Pontecorvo schenkt mir ein Lächeln und sagt, dass die Kinder von Familie Connor schon ganz aufgeregt sind und es kaum noch erwarten können, sich zu verkleiden – das wird ein Spass.
10.30 Uhr Ich nehme einen letzten Schluck Kaffee und gebe meiner Bekannten zu verstehen, dass wir nun ans Meer krusen und Dixon etwas Auslauf verschaffen könnten. Frau Pontecorvo ist hellauf begeistert und macht es sich zur Aufgabe, in ihre Sandalen zu schlüpfen und einen Hut aufzusetzen. Danach laufen wir zum Auto und preschen zu stimmungsvollen Radioklängen aus dem Wohngebiet.
Am Clam Pass Beach, Naples, FL
11.00 Uhr Endlich sind wir am Ziel und können den PS-strotzenden SUV direkt vor dem Haupteingang des “Clam Parks” abstellen. Auf Schusters Rappen laufen wir zum azurblauen Ozean und zögern nicht, unsere Füsse im kühlen Nass zu baden – was kann es schöneres geben.
11.30 Uhr Während der Wanderung entlang des Golfs, plaudere ich mit meiner Nachbarin über das Weihnachtsfest und gebe ihr zu verstehen, dass ich die “staade Zeit” bei meiner Familie in Toronto erleben werde. Frau Pontecorvo bietet mir einen HUBBA BUBBA Kaugummi an und entgegnet, dass sie über Weihnachten ihrer bekloppten Freundin Blanche in Jacksonville einen Besuch abstatten möchte – das soll mir auch Recht sein.
12.15 Uhr Weil das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, schlendern wir in eine Strandgaststätte und ordern vitaminreiche Baconburger (löblich: Schinkenburger) mit Kartoffelstäben und Salat. Ferner bestellen wir den “Drink of the Day” (löblich: Getränk des Tages) und staunen nicht schlecht, als der Barmann plötzlich ein Gesöff namens “Fall Punch” (löblich: Herbstpunsch) auffährt. Da ich Neuem stets offen gegenübertrete, nippe ich spornstreichs am Glas und registriere, dass das Langgetränk gar nicht schlecht schmeckt.
Ich fresse einen Burger
13.00 Uhr Wegen der grossen Hitze beenden wir die Mahlzeit und kehren ruckzuck zum Auto zurück. Ich bringe meine Begleiterin sicher in den Willoughby Drive zurück und wünsche ihr einen ruhigen Nachmittag.
13.45 Uhr Bevor ich mich aufs Ohr lege, telefoniere ich mit Edelbert und erfahre, dass der schlaue Mann den Nachmittag in der Bibliothek verbringen wird. Als ich genauer nachfrage, verweist Edelbert auf den zweiten Präsident der Vereinigten Staaten und erzählt, dass John Adams heute seinen 279. Geburtstag feiern würde. Darüber hinaus höre ich, dass sich Edelbert näher mit dem Politiker beschäftigen will – wie langweilig.
14.00 Uhr Nachdem ich den Hörer auf die Basisstation gelegt habe, bette ich mich auf dem Kanapee zur Ruhe und döse schnell ein. Unter anderem träume ich von meiner Appalachian Trail Wanderung und sehe mich im Traum auf den Clingman’s Dome versetzt.
Der Clingman Dome
15.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und nehme zufrieden am Schreibtisch Platz. Auch heute kümmere ich mich aufopferungsvoll um die Anschnurseelsorge und lerne, dass die schulpflichtigen Jugendlichen in Bayern derzeit Ferien haben. Frau Emilia H. aus Rosenheim schreibt, dass ihr 13jähriger Sohn Felix die Herbstferien ausnutzt, um dem Heckentauchen zu frönen. Ich verweise auf den diesbezüglichen Anschnurbericht und rate der verzweifelten Erziehungsberechtigten, dem Frechdachs mit Stubenarrest zu begegnen.
16.00 Uhr Nachdem alles abgearbeitet ist, lege ich dem Vierbeiner die Leine um und breche zu einem Gassigang auf. Dummerweise gerate ich bald ins Visier der vorlauten Nachbarskinder Emily und Francis und sehe mich genötigt, mit den Dreikäsehochs tratschen zu müssen. Ich streichle Francis über den Kopf und gebe zu Protokoll, dass er morgen Abend gerne an der kleinen Villa klingeln und sich Süssigkeiten abholen kann.
17.00 Uhr Zuhause angekommen, fülle ich Dixons Napf mit Trockenfutter auf und bereite in der Küche das Abendessen für mich vor – dieser Stress treibt mich noch ins Grab.
18.00 Uhr Nach der Mahlzeit mache ich es mir im Wohnzimmer bequem und strecke völlig erschöpft die Beine aus. Wie es sich gehört, schaue ich mir die Nachrichten an und mache mich über die Geschehnisse in der Welt schlau.
19.00 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, wechsle ich bald den Kanal und schalte auf AMC um, wo gerade der Vorspann zum amerikanischen Drama “Joe” anläuft. Ich lehne mich entspannt zurück und tauche in das Leben des Försters Joe ein, der Freundschaft mit dem erst 15jährigen Gary schliesst. Bald bemerkt der Wandarbeiter, dass Gary von seinem Vater verprügelt und vernachlässigt wird – das ist ja allerhand.
21.00 Uhr Als nach 120 Minuten der Film zu Ende geht, schalte ich den Flachbildschirm aus und rufe Dixon ins Haus. Anschliessend reguliere ich die Klimaanlage und lege mich nachdenklich ins Bett. Gute Nacht.