19. Dezember 2018 – Weihnachtsschopping

08.00 Uhr Ich werde durch das ohrenbetäubende Bellen meines Haustieres geweckt. Während der Rüde aufgeregt um das Bett schleicht, werfe ich die Zudecke beiseite und erkläre Dixon, dass ich viel Ruhe benötige. Um keinen Gehörsturz zu riskieren, öffne ich die Terrassentüre und animiere den Vierbeiner, nach draussen zu laufen und im Garten der Nachbarn eine Grube auszubuddeln. Währenddessen absolviere ich bei schwülwarmen Temperaturen die Morgengymnastik und vergesse auch nicht, ein Rad zu schlagen – wer rastet, der rostet.


Dixon ist frech

08.30 Uhr Als ich die DeLonghi Kaffeemaschine in Betrieb setze, bimmelt das Telefon besonders laut. Ich nehme das Gespräch augenblicklich an und freue mich, mit Prof. Kuhn plaudern zu können. Edelbert verweist auf Weihnachten und sagt, dass er letzte Geschenke für meine Verwandten besorgen möchte. Ich nicke eifrig und entgegne, dass ich ebenfalls noch Kleinigkeiten benötige. Mein Freund kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und kündigt an, dass er nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages zum WAL MART rasen wird – jaja.
09.00 Uhr Nach der Plauderei ziehe ich mich ins Bad zurück und navigiere während der Morgenwäsche mit dem iPad durch das Internetz. Ich informiere mich über die feigebotenen Schnäppchen und lerne, dass in der letzten Zeit einige interessante Musikneuerscheinungen auf den Markt gekommen sind. Da nicht nur Amanda, sondern auch James grosse Anhänger des aus New Jersey stammenden Sängers Bruce Springstein sind, fasse ich den Entschluss, den beiden die erst kürzlich veröffentlichte “Springsteen On Broadway” Kompaktscheibe zu schenken. Ferner bringe ich heraus, dass der knapp 70jährige Künstler in den letzten 15 Monaten am New Yorker Broadway aufgetreten ist, um Geschichten und Lieder aus seiner 50jährigen Karriere zu präsentieren – das ist ja allerhand.


Krawall am Broadway

10.00 Uhr Nach dem Badevergnügen rufe ich den Hund in die gute Stube und nehme das Frühstück ein. Nebenher blättere ich in der “Naples Daily News” (löblich: Naples tägliche Neuigkeiten) und erfahre, dass viele Gotteshäuser am kommenden Montag zu festlichen Weihnachtsmessen einladen. Ich lege die Stirn in Falten und komme zu dem Schluss, dass ein Kirchenbesuch an Weihnachten nicht fehlen darf – wie aufregend.
10.45 Uhr Ich beende das Frühstück und stelle beim Blick aus dem Fenster fest, dass Herr Booth seinen Rasenmäher in den Garten geschoben hat. Um mich nicht stundenlang dem Höllenlärm aussetzen zu müssen, verlasse ich fluchtartig die kleine Villa und schicke mich an, Edelberts Beispiel zu folgen und bei WAL MART abzuschoppen. Ruckzuck helfe ich dem Haustier auf die Ladefläche des PS-strotzenden SUVs und gleite zufrieden in Richtung WAL MART Supercenter am Juliet Boulevard davon – was kann es schöneres geben.


Wir schoppen ordentlich ab

11.30 Uhr Kurz vor der Mittagsläuten betrete ich die WAL MART Filiale und verfasse eine WhatsApp Depesche an Edelbert. Mein Bekannter meldet sich prompt und legt mir nahe, in die gutsortierte Musik- und DVD Abteilung zu kommen. Ich lasse mich nicht zweimal bitten und treffe Edelbert am Regal mit der klassischer Musik an. Da mir Mozart, Beethoven und Heinrich Heine gestohlen bleiben können, lotse ich den schlauen Mann spornstreichs zur Rock- und Popabteilung und nehme ein Exemplar des Bruce Springstein Silberlings an mich.
12.15 Uhr Schlussendlich schlendern wir zur Kasse und Edelbert weiss zu berichten, dass er gestern ein Paket für seinen Sohn geschnürt und es auf grosse Reise geschickt hat. Ich werde sogleich hellhörig und bringe auf Anfrage heraus, dass der Professor seinem Sohn nicht nur einen Theatergutschein, sondern auch einen Bildband über die in Florida heimischen Indianer schenken wird – das hört sich interessant an.
13.00 Uhr Nachdem wir die Einkäufe in die Autos verladen haben, kehren wir in die benachbarte “Bob Evans” Gaststätte ein und gönnen uns zwei Leichtbiere (unlöblich: Light Beers). Weil das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, ordern wir ausserdem vitaminreiche “Thuna Sandwiches” (löblich: belegte Thunfischbrote) mit Kartoffelstäben und Salat – das schmeckt.
13.30 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse und meine staubtrockne Kehle spüle, erzähle ich von der Ankunft der Kinder am kommenden Samstag und gebe zu Protokoll, dass Georg und Maria eine grosse Willkommensfeier planen. Edelbert reibt sich die Hände und sagt, dass er grossen Hunger mitbringen und sich natürlich auch betrinken wird – das ist die beste Nachricht des ganzen Tages.


Bald steht das Christkind vor der Türe

14.15 Uhr Um keine Wurzeln zu schlagen, streben wir nach der Mahlzeit zu den Autos zurück und verabschieden uns händeschüttelnd. Danach lasse ich den Motor aufheulen und trete radiohörend die Heimreise an.
15.00 Uhr Zurück in der kleinen Villa, fülle ich den Hundenapf mit ROYAL CANIN Trockenfutter auf und strecke dann auf dem Wohnzimmersofa die Beine aus – das tut gut.
16.00 Uhr Nach der Pause setze ich mich an den Schreibtisch und rufe Depeschen besorgter Heimseitenbesucher ab. Wie es sich für einen staatlich anerkannten Anschnurseelsorger gehört, arbeite ich hart und rate verzweifelten Eltern, sich von der heutigen Jugend nicht alles gefallen zu lassen – wo kämen wir denn da hin.
17.00 Uhr Als meine geschmackvolle Wanduhr fünfmal schlägt, flitze ich in die Küche und bereite das Abendessen vor. Dummerweise wird die Ruhe bald durch das nervende Surren der Schwarzbeere gestört. Zu allem Überfluss meldet sich Georg im Rohr und erkundigt sich, ob ich mit ins Lichtspielhaus kommen möchte. Da ich keine Interesse habe, huste ich laut und merke an, dass mich wohl eine Grippe heimsucht.
18.00 Uhr Nach dem Nachtmahl verabschiede ich mich in den Feierabend und schaue mir die Nachrichten auf FOX an. Ausserdem öffne ich eine Packung LAY’S Kartoffelchips und trinke dazu ein kühles Budweiser.

19.00 Uhr Zur besten Sendezeit nehme ich mit dem Amazon Videoangebot Vorlieb und fröne der preisgekrönten Serie “Homecoming”, die sich mit dem Leben einer Sozialarbeiterin beschäftigt. Frau Bergman schreibt es sich in diesem zehnteiligen Serienspiel auf die Fahnen, deprimierten Soldaten zu helfen, die grosse Probleme damit haben, ins zivile Leben zurückzukehren – wie traurig.
21.00 Uhr Nach zwei Stunden schalte ich die Glotze nachdenklich ab und reguliere die Klimaanlage. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichten und lege mich schlafen. Gute Nacht.