08.00 Uhr Ich öffne die Augen und stelle beim Blick aus dem Fenster fest, dass ein Wolkenbruch niedergeht und den gepflegten Vorgarten in eine Sumpflandschaft verwandelt. Auch Hund Dixon steht mit grossen Augen vor der Terrassentüre und weigert sich standhaft, nach draussen zu laufen – das ist ja allerhand.
Dixon bleibt in der trockenen Stube
08.30 Uhr Nachdem ich die Morgengymnastik in der trocknen Stube absolviert habe, lasse ich die Seele bei einem lustigen Wirbelbad baumeln. Darüber hinaus telefoniere ich mit Prof. Kuhn und bringe heraus, dass mein Bekannter ebenfalls keinen Fuss vor die Türe setzen wird. Edelbert schimpft wie ein Rohrspatz und kündigt an, sich während der kommenden Stunden aufschlussreichen Dokumentationen auf NETFLIX hingeben zu wollen. Unter anderem lerne ich, dass sich Edelbert das Fernsehspiel “Food, Inc.” ansehen möchte, welches sich mit der Monopolisierung der Lebensmittelindustrie auseinandersetzt – das hört sich langweilig an.
09.30 Uhr Sechzig Minuten später beende ich die Morgenwäsche und ziehe es vor, mich modisch zu kleiden und trotz des Regens meiner Nachbarin einen Überraschungsbesuch abzustatten. Frau Pontecorvo öffnet badebemäntelt die Pforte und beteuert, dass sie etwas länger geschlafen hat. Ich winke demonstrativ ab und entgegne, dass ich grossen Hunger mitgebracht habe. Meine Nachbarin winkt mich gähnend herein und macht es sich zur Aufgabe, Kaffee aufzubrühen und mich mit einer stattlichen Portion Rühreier zu verwöhnen. Wie es sich gehört, greife ich spornstreichs zur Gabel und merke an, dass das Frühstück prima schmeckt. Meine Tischnachbarin nippt zufrieden am Kaffeehaferl und sagt, dass das regnerische Wetter dazu einlädt, sich aufs Kanapee zu legen und ein Buch zu lesen – jaja.
Meine Terrasse
10.15 Uhr Um Frau Pontecorvo nicht weiter zu stören, wünsche ich ihr einen schönen Nachmittag und fasse den Entschluss, nach Hause zu gehen. Ruckzuck kehre ich zur kleinen Villa und erkenne, dass der Vierbeiner in den Garten gelaufen ist, um ein Eichhörnchen zu jagen. Fluchend rufe ich nach Dixon und drohe, ihn noch heute ins Tierheim zu bringen – gleich platzt mir der Kragen.
10.45 Uhr Nachdem ich Dixons Fell trocken gerieben habe, schnappe ich mir ein Bier aus dem Eiskasten und mache es mir vor der Glotze bequem. Missmutig quäle ich mich durch die zahlreichen Programme, um nach kurzer Suche auf einem lokalen Sender hängen zu bleiben. Ein schlechtgekleideter Neger namens Phil plappert Unsinn und möchte von einer übergewichtigen Blondine wissen, ob sie mittlerweile alle Weihnachtsgeschenke eingekauft hat. Ich rolle entnervt mit den Augen und wechsle auf NETFLIX, um nach der von Edelbert empfohlenen Dokumentation zu suchen. Alsbald werde ich fündig und habe das Vergnügen, einen Einblick in die Lebensmittelindustrie zu bekommen. Ich staune nicht schlecht und lerne, dass es in den Vereinigten Staaten nur noch etwa 30 Schlachthöfe gibt, die für die amerikanische Fleischproduktion verantwortlich sind – wie schrecklich.
12.15 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten flimmert der Abspann über die Mattscheibe und ich atme tief durch. Weil mir der Appetit vergangen ist, verzichte ich auf ein reichhaltiges Mittagessen und nehme mit einem Apfel Vorlieb. Darüber hinaus fresse ich einen Joghurt und schaue wehmütig in den Garten, um Hund Dixon wissen zu lassen, dass an einen Spaziergang nicht zu denken ist – wie schade.
12.45 Uhr Trotz aller Widrigkeiten lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und bette mich auf dem Sofa zur Ruhe. Schon bald döse ich ein und träume vom anstehenden Wiedersehen mit meiner Familie – das wird ein Spass.
13.45 Uhr Leider wird mein Müssiggang bald durch das fiepende Haustier gestört. Ich rolle mich vom Kanapee und stelle wohlwollend fest, dass der Regen mittlerweile nachgelassen hat. Um dem Rüden etwas Auslauf zu bescheren, öffne ich die Terrassentüre und scheuche ihn an die frische Luft.
14.15 Uhr Anschliessend nehme ich am Schreibtisch Platz und kümmere mich um Hilferufe besorgter Heimseitenbesucher. Wie fast jeden Tag schufte ich auch heute hart und rate verzweifelten Eltern, mit den unflätigen Jugend hart ins Gericht zu gehen – alles darf man sich auch nicht gefallen lassen.
15.15 Uhr Zum Abschluss der Anschnursitzung studiere ich die Einträge im Gästebuch und ärgere mich, weil schon wieder unterbelichtete Dreikäsehochs beleidigende Einträge hinterlassen haben – wie unlöblich.
15.30 Uhr Weil Dixon noch immer nicht zurück ist, fahre ich das WINDOWS (löblich: Fenster) Betriebssystem mausdrückend herunter und eile nach draussen, um den Namen meines Haustieres zu rufen. Bereits nach wenigen Sekunden flitzt Dixon kläffend über das satte Grün und animiert mich, die Hundeleine zu schnappen und mit ihm Gassi zu gehen – das ist doch eine Selbstverständlichkeit.
16.30 Uhr Nachdem wir durchs Wohngebiet spaziert sind, stosse ich die Haustüre auf und kümmere mich um das Abendessen. Ich schwenke gesundes Butterschmalz in einer Pfanne und zaubere im Handumdrehen ein asiatisches Fertiggericht mit Reis, Gemüse und Hühnerfleisch – wie gut das duftet.
Ich informiere mich aus erster Hand
17.30 Uhr Nach der Hausarbeit nehme ich im Ohrensessel platz und freue mich auf einen gepflegten Fernsehabend. Als erstes fröne ich den Nachrichten auf FOX und lerne, dass es während der kommenden Tage schwülwarm und sehr sonnig werden wird – das hört man gerne.
18.30 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, schalte ich auf den HBO um und gebe mich dem Lichtspielerfolg “Interstellar” hin. Der preisgekrönte Zukunftsfilm handelt von einer Raumschiffmannschaft, die mit der Aufgabe betraut wird, jenseits dieser Galaxie nach Lebensräumen für die Menschheit zu suchen – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach zweieinhalbstündiger Spitzenunterhaltung schalte ich die Glotze aus und begleite Dixon noch einmal in den Garten. Danach lösche ich das Licht und lege mich ins Bett. Gute Nacht.