08.00 Uhr Weil mich meine Verwandten um 10 Uhr in Julies Restaurant zum Frühstück erwarten, hüpfe ich zeitig aus dem Bett. Obgleich ich unter enormen Zeitdruck stehe, nehme ich mir das Recht heraus, vor dem Waschvergnügen auf die schattige Terrasse zu treten und meine Glieder zu lockern. Ausserdem tratsche ich mit Herrn Booth und lasse ihn wissen, dass Prof. Kuhn in der kommenden Woche Geburtstag feiern wird. Mein Nachbar freut sich und legt mir nahe, meinem Bekannten ein schönes Buch zu überreichen. Der hochdekorierte Kriegsveteran kommt aus dem Plappern gar nicht mehr heraus und sagt, dass die im Mai erschienene John McCain Autobiografie “The Restless Wave: Good Times, Just Causes, Great Fights, and Other Appreciations” (auf deutsch: Die ruhelose Welle: Gute Zeiten, gerechte Ursachen, grosse Kämpfe und andere Wertschätzungen) sehr lesenswert ist.
John McCains Autobiografie
08.30 Uhr Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, ziehe ich mich in die Nasszelle zurück und erfrische mich bei einem lustigen Wirbelbad. Nebenher segle ich mit dem praktischen iPad durch das Internetz und lerne, dass sich John McCains Niederschrift mit seinen letzten Jahren im Senat sowie seiner Präsidentschaftskandidatur beschäftigt. Da besagtes Buch von den Kritikern einhellig positiv bewertet wurde, fasse ich den Entschluss, noch heute eine Barnes & Noble Filiale aufzusuchen und ein Exemplar zu kaufen.
09.30 Uhr Wenig später sitze ich im PS-strotzenden Chevrolet Suburban und kruse zufrieden in Richtung Stadtzentrum davon. Nebenher lausche ich dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und habe das Vergnügen, den aktuellen Luke Bryan Schlag (unlöblich: Hit) “Sunrise, Sunburn, Sunset” (löblich: Sonnenaufgang, Sonnenbrand, Sonnenuntergang) zu lauschen – da kommt besonders grosse Freude auf.
10.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 10 Uhr zugeht, betrete ich die Gaststätte und treffe Edelbert an unserem anstammten Tisch am Fenster an. Natürlich setze ich mich sogleich dazu und mutmasse, dass Georg und Maria in wenigen Minuten zu uns stossen werden. Der Professor schlägt in die gleiche Kerbe und meint, dass wir schon jetzt grosse Frühstücke sowie eine Kanne Kaffee ordern sollten – wie wahr.
10.30 Uhr Während wir uns die wichtigste Mahlzeit des Tages munden lassen, kommt mein Tischnachbar auf seinen Ehrentag zu sprechen und kündigt grossspurig an, dass er uns am Dienstag zum Abendessen ausführen wird. Der schlaue Mann schenkt mir ein Lächeln und sagt, dass er sich im Internetz über die besten Restaurants schlau gemacht und einen Tisch für vier Personen im “Sails Restaurant” reserviert hat. Ich werde augenblicklich hellhörig und vernehme, dass in diesem Gasthaus italienische Köstlichkeiten der absoluten Spitzenklasse kredenzt werden – wie aufregend.
Meine Schwarzbeere
11.00 Uhr Da meine Verwandten noch immer auf sich warten lassen, zücke ich die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und tippe kurzerhand Georgs Nummer ein. Nach dem zweiten Tuten meldet sich mein Bruder endlich im Rohr und erzählt, dass sein JEEP einen Motorschaden hatte. Während ich grosse Augen mache, fährt der gute Mann fort, dass er bereits einen Abschleppwagen bestellt und das Auto gleich zur Werkstatt bringen wird.
11.30 Uhr Um keine Wurzeln zu schlagen, bezahlen wir die Rechnung in Bar und schicken uns an, Hund Dixon etwas Auslauf zu verschaffen. Unterdessen plaudere ich weiter mit dem Professor und berichte, dass ich gestern Abend eine spannende Dokumentation über den englischen Musiker Paul McCartney gesehen habe.
12.15 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten treffen wir bei den Autos ein und verabschieden uns per Handschlag. Danach rase ich mit quietschenden Pneus von dannen und steuere zielsicher das “Waterside” Einkaufsareal am Tamiami Trail an, um die John McCain Autobiografie zu besorgen. Ausserdem vertrete ich mir die Beine und erwerbe in einem Kleidermarkt PUMA Socken im 10er Pack.
13.30 Uhr Zuhause angekommen, falle ich erschöpft aufs Kanapee und strecke die Beine aus. Bereits nach wenigen Sekunden döse ich ein und sehe mich im Traum auf die verstaubten Pfade des Appalachian Trails versetzt.
14.30 Uhr Ich erwache ausgeruht und nutze die Nachmittagsstunden, um Anschnur zu gehen. Als erstes rufe ich Depeschen besorgter Heimseitenbesucher ab und registriere, dass es die Jugend derzeit besonders bunt treibt.
15.30 Uhr Nachdem ich gut ein Dutzend Antwortschreiben verfasst habe, gehe ich von der Leine und sehe im Garten nach dem Rechten. Nach kurzer Suche treffe ich Dixon im Nachbarsgarten an und werde Zeuge, wie er sich mit Joey um einen Tennisball streitet – das macht Spass.
Die Hunde spielen im Garten
16.30 Uhr Nach einem Schwätzchen mit Frau Pontecorvo, mache ich mich im Garten nützlich und bewässere die Pflanzen. Ferner jäte ich Unkraut und vergesse auch nicht, die hochgewachsene Petersilie abzuernten und in praktische Tupperdosen zu verfrachten.
17.00 Uhr Zum Abschluss des Tages schwinge ich den Kochlöffel und bereite unter den fordernden Blicken meines Haustieres vitaminreiche Langnudeln mit Pesto zu. Darüber hinaus telefoniere ich erneut mit Georg und höre, dass sein nachtschwarzer JEEP mittlerweile wieder fahrtüchtig ist. Ich gebe mich erleichtert und informiere, dass ich Morgen früh in den Lowbank Drive kommen werde.
18.00 Uhr Nach dem Nachtmahl lege ich vor der Glotze die Beine hoch und schaue fern. Unter anderem gebe ich mich den FOX Abendnachrichten sowie einer aufschlussreichen Call-In (löblich: Ruf herein) Sendung hin.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit wechsle ich auf AMC und fröne dem preisgekrönten Drama “Paterson” aus dem Jahre 2016. Die Erfolgsproduktion des amerikanischen Filmschaffenden Jim Jarmusch handelt von einem Busfahrer, der seine Liebe zum Schreiben entdeckt.
21.00 Uhr Als nach zwei Stunden der Abspann über die Mattscheibe flimmert, betätige ich den AUS Knopf auf der neumodernen Fernbedienung. Zu guter Letzt reguliere ich die Klimaanlage und falle gähnend ins Bett. Gute Nacht.