19. Januar 2017 – Von Myrtle Beach nach Savannah

08.00 Uhr Ich rolle mich ausgeruht aus dem Bett und freue mich, endlich in wärmeren Gefilden zu sein. Als ich jedoch die Türe öffne und nach draussen spähe, stelle ich mit grosser Sorge fest, dass es während der Nacht einen Temperatursturz gegeben hat. Schnell werfe ich die Pforte ins Schloss und eile ins Bad, um mich für die anstehende Reise nach Savannah frisch zu machen – da kommt Freude auf.
08.45 Uhr Kurz vor dem Neunuhrläuten klopft Edelbert an die Pforte und ruft mich auf, in die Gänge zu kommen. ich beschwichtige den schlauen Mann und erwidere, dass wir alle Zeit der Welt haben. Der Professor will jedoch nicht hören und erinnert daran, dass wir heute 200 Meilen zurücklegen müssen. Als ich meine Habseligkeiten in den Koffer werfe, schnappt sich Sandra die Hundeleine und meint, dass sie nun mit Dixon Gassi gehen wird.
09.30 Uhr Wenig später verstaue ich das Reisegepäck im WINNEBAGO und mache es mir zur Aufgabe, die Schlüsselkarte zur Rezeption des “Hampton Inn Motels” zu bringen. Danach eile ich fröstelnd zum Wohnmobil und lasse meine Reisebegleiter wissen, dass ich grossen Hunger habe und bei “Denny’s” die wichtigste Mahlzeit des Tages einnehmen möchte. Sandra hüpft freudig auf und ab und kündigt an, ein grosses vegetarisches Frühstück bestellen zu wollen – wie schön.


Wir geniessen das Frühstück in vollen Zügen

10.00 Uhr Hungrig kehren wir in die besagte Gaststätte am Kings Highway im Herzen der 27.000 Einwohner zählenden Gemeinde Myrtle Beach ein und ordern schmackhafte Gerichte. Nebenher loben wir Myrtle Beach über den Schellenkönig und sind einstimmig der Meinung, dass es sich hier zu Leben lohnt. Edelbert schnalzt mit der Zunge und setzt mich darüber in Kenntnis, dass sich die Stadt rühmt, die Golf-Metropole des Planeten zu sein. Mein Tischnachbar ist bestens informiert und rechnet vor, dass im Stadtzentrum nicht nur das weltgrösste Golfgeschäft, sondern auch im Umkreis von einer Autostunde 150 Golfplätze zu finden sind – das ist ja allerhand.
11.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, die Rechnung zu begleichen und das Weite zu suchen. Als ich etliche Dollarscheine aus meiner Hosentasche krame, winkt Sandra demonstrativ ab und sagt, dass sie für das Frühstück bezahlen wird. Danach scheuchen wir den Vierbeiner zum TRAVATO und schicken uns an, mit durchdrehenden Reifen gen Süden zu preschen. Während Edelbert hupend aus der Stadt fährt, mache ich es mir auf einer Liege im hinteren Teil des PS-strotzenden Gefährts bequem und schaue aus dem Fenster. Sandra plappert währenddessen ohne Unterlass und meint, dass uns die heutige Etappe durch den 40 km² grossen “Brookgreen Gardens Wildpark”, den weltbekannten “Francis Marion Nationalforst” sowie an Hilton Head Island vorbeibringen wird.
12.00 Uhr Zur Mittagszeit schnappe ich mir die letzte Dose Dr. Pepper aus dem Eiskasten und bemerke, dass weder Sandwiches (löblich: Belegte Brote) noch Kartoffelchips vorrätig sind. Als ich den Missstand anspreche, beruhigt mich der Professor und schlägt vor, dass wir bei Charleston eine Paus einlegen könnten.


Die Boone Hall Plantage

12.30 Uhr Nachdem wir das Hinweisschild zur weltbekannten “Boone Hall Plantage” passiert haben, verlassen wir die Staatsstrasse 17 und kommen mit quietschenden Pneus vor einem einladenden “Jimmy John’s” Wirtshaus zum Halten. Mit letzter Kraft schleppe ich mich in die Wirtsstube und bestelle zwei “Big John Sandwichs” mit Jalapenos Chips. Meine Begleiter folgen meinem Beispiel und laben sich ebenfalls an vitaminreichen Gerichten. Bei dieser Gelegenheit plaudern wir angeregt und registrieren, dass wir in zwei Stunden in Savannah ankommen werden. Ich atme tief durch und weise auf die Tatsache hin, dass wir langsam aber sicher den Winter hinter uns lassen.
13.30 Uhr Wir beschliessen das Päuschen mit einem Spaziergang und krusen dann vom Parkplatz. Während stimmungsvolle Musik aus den Lautsprechern dröhnt, trete ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und bringe Charleston schnell hinter mich – das macht Spass.
14.00 Uhr Während ich Meile für Meile zurücklege, frage ich Sandra bezüglich ihrer Abreise aus und erfahre, dass das Kind am 4. Februar nach Bayern zurück fliegen wird. Die Maid gibt sich deprimiert und meint, dass sie lieber in Florida bleiben würde. Ich winke ab und entgegne, dass man im Leben nicht alles haben kann.


Wir krusen auf der I-95 gen Süden

15.00 Uhr Endlich kann ich auf die Interstate 95 auffahren. Edelbert knipst ein Photo und vertellt, dass sich diese Schnellstrasse entlang der Ostküste von Maine bis nach Florida schlängelt. Ich nicke eifrig und nehme mir das Recht heraus, das Auto auf 65 Meilen pro Stunde zu beschleunigen.
16.00 Uhr Nach 217 Meilen erreichen wir unser Ziel. Ich wische mir über die Stirn und erkläre meinen Bekannten, dass Savannah auch “Garden City” (löblich: Gartenstadt) genannt wird. Edelbert gibt mir Recht und unterbreitet, dass viele Touristen die Stadt besuchen, um die restaurierten Häuser im Zentrum zu betrachten.
17.00 Uhr Nachdem wir durch den Stadtkern gekrust sind und uns den Sehenswürdigkeiten hingegeben haben, steuern wir das “Thunderbird Inn” an der West Oglethorpe Avenue an. Sandra ist ganz aufgeregt und berichtet, dass diese Herberge in der Liste der 10 besten Retro-Motels des Landes aufgeführt ist. Obgleich ich mich skeptisch gebe, treffen wir vor einem schicken Motel ein, das den Charme eines 1950er Jahre Hotels versprüht. Ich deute fasziniert zur altertümlichen Leuchtreklame und bringe heraus, dass das Haus auch “Pet friendly” (löblich: Tierfreundlich) ist – das ist phantastisch.

17.30 Uhr Gutgelaunt schleppen wir unser Gepäck auf die modern eingerichteten Zimmer und sind überrascht, frisches Popcorn vorzufinden. Natürlich schiebe ich mir eine Handvoll Knallmais in den Mund und gebe dem Vierbeiner zu verstehen, dass er die Nacht im stattlichen King Size Bett verbringen darf – das wird eine Gaudi.
18.30 Uhr Frisch geduscht poche ich an Sandras Zimmertüre und gebe zu Protokoll, dass mein knurrender Magen nach einer warmen Mahlzeit verlangt. Das Mädchen hält mir sein strahlendes Handtelefon unter die Nase und sagt, dass es mittlerweile im Internetz recherchiert und ein schönes Restaurant in unmittelbarer Nähe gefunden hat. Ich zucke den mit den Schultern und vergesse auch nicht, Edelbert zum Abendessen einzuladen.
19.00 Uhr Bei angenehmen 59°F (15°C) vertreten wir uns die Beine und stehen bald vor dem “Alligator Soul Dinner”. Neugierig betreten wir die Spelunke und lesen auf der Menükarte, dass der Scheffkoch ausschliesslich frisches Gemüse und Biofleisch verarbeitet. Ich fackle nicht lange und ordere eine Portion “Blue Ribbon Chicken Gumbo”. Dazu gibt es einen leckeren Beilagensalat sowie eine Merlot aus dem Napa Valley – schmeckt nicht schlecht.


Wir schlürfen Rotwein

20.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 8 zugeht, stehen wir wieder auf der Strasse und machen uns auf den Heimweg. Der Professor lobt das Restaurant und sagt, dass die panierten Prinz Edward Muscheln hervorragend geschmeckt haben. Auch Sandra ist begeistert und meint, dass der hausgemachte Käsekuchen ein wahrer Gaumenschmaus war – wie wahr.
20.30 Uhr Zurück im Motel, fülle ich Dixons Trinknapf mit frischem Wasser auf. Im Anschluss schlüpfe ich aus den Kleidern und bette mich völlig übermüdet zur Ruhe. Gute Nacht.