08.00 Uhr Während Radiomoderator die aktuelle Landmusikhitparade vorliest, springe ich aus dem Bett und öffne schwungvoll die Terrassentüre. Hund Dixon flitzt kläffend in den Garten und macht es sich zur Aufgabe, kreischende Ajajas zu verscheuchen, die auf dem satten Grün nach Würmern Ausschau halten. Ich komme aus dem Schmunzeln gar nicht mehr heraus und läute den Morgen mit dem Frühsport ein – was kann es schöneres geben.
Meine schöne Terrasse
08.30 Uhr Nachdem ich den Napf meines Haustieres mit Wasser aufgefüllt habe, werfe ich einen Blick auf das neue Aquarell und bemerke, dass die Farben mittlerweile getrocknet sind. Um dem Meisterwerk den letzten Schliff zu verleihen, hole ich eine Dose Fixiersprüh aus dem Küchenschrank und stäube das Bild vorsichtig ein. Anschliessend lege ich das Gemälde auf die Fensterbank und lasse den Vierbeiner wissen, dass ich das Bild morgen in eine Versandtasche stecken und Herrn Erich L. (91) zuschicken werde – wie aufregend.
09.00 Uhr Weil mein knurrender Magen nach einem Frühstück verlangt, nehme ich den DeLonghi Vollautomaten in Betrieb und verabschiede mich in die Nasszelle. Gutgelaunt lasse ich die Wanne volllaufen und vergesse auch nicht, duftendes Rosenöl ins Badewanne zu geben.
10.00 Uhr Nach einer Stunde beende ich den Badespass und nehme in der Küche platz, um französische Hörnchen (unlöblich: Croissants), Rühreier und einen Apfel zu fressen. Bei dieser Gelegenheit überfliege ich die Schlagzeilen in der Zeitung und erfahre, dass fast alle Geschäfte entlang der 5th Avenue Rabatte bei Barzahlung gewähren.
10.30 Uhr Da ich noch Weihnachtsgeschenke für Sandra und Frau Pontecorvo benötige, zücke ich die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und rufe bei Edelbert an. Der gute Mann meldet sich nach dem zweiten Tuten und erinnert, dass wir heute eigentlich in Julies Restaurant verabredet waren. Ich mache grosse Augen und antworte, dass mir der Termin leider entfallen ist. Trotzdem komme ich auf einen Stadtbummel zu sprechen und informiere, dass ich in einer Stunde im Zentrum sein werde. Mein Bekannter nickt eifrig und meint, dass wir uns vor dem “Chops City Grill” treffen könnten – das soll mir Recht sein.
Meine praktische Schwarzbeere
11.00 Uhr Wenig später eile ich mit einer EVIAN Wasserflasche bewaffnet zum Chevrolet und helfe Dixon auf den Rücksitz. Anschliessend mache ich es mir auf dem Fahrersitz bequem und kruse zufrieden in die Stadt.
11.30 Uhr Pünktlich auf die Minute komme ich vor der Wirtschaft zum Stehen und begrüsse Prof. Kuhn herzlich. Edelbert mustert mich skeptisch und wirft ein, dass es ihm keinen Spass gemacht hat, das Frühstück alleine einzunehmen. Ich seufze laut und entgegne, dass ich meine Auftragsarbeit zu Ende bringen musste. Um weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen, verspreche ich, nach dem Stadtbummel ein Mittagessen zu spendieren.
12.00 Uhr Als erstes laufen wir in die CAPE MADRAS Boutique und schauen uns nach preiswerten Schnäppchen um. Ich nehme farbenfrohe Bermudahosen ins Visier und erkläre dem Professor, dass besagte Beinkleider bei Frauen sehr angesagt sind. Weil Sandra stets mit der Mode geht, nehme ich ein Modell vom Regal und entschliesse mich, 39 Dollars springen zu lassen.
12.45 Uhr Im Anschluss schlendern wir in die “Toucan’s” Kunstgalerie und werden auf Wandteppiche aufmerksam, die von fleissigen Negern in Simbabwe gewebt wurden. Ich schnalze anerkennend mit der Zunge und erkläre, dass sich meine Nachbarin über diese Handwerkskunst bestimmt freuen wird. Bevor Edelbert Widerworte findet, krame ich meine GOLDEN HEAD Geldbörse aus der Hosentasche und zähle dem Verkäufer 80 Dollars auf die Hand.
13.30 Uhr Endlich können wir ins “Yabba Island Grill” Familienrestaurant einkehren und uns an einem Zweiertisch niederlassen. Ein gestriegelter Ober lässt nicht lange auf sich warten und legt uns nahe, köstliche “Shrimp Nachos” mit Käsesauce zu wählen. Wir nehmen das Angebot spornstreichs an und bestellen dazu Sunset Salads (löblich: Sonneuntergangsalate) und frisch gepressten Orangensaft – da kommt Freude auf.
George Armstrong Custer war ein stolzer Mann
14.30 Uhr Nach der Stärkung verschaffen wir Hund Dixon etwas Auslauf und plaudern über dies und das. Edelbert steckt sich eine Zigarre an und sagt, dass morgen Abend auf PBS eine spannende Dokumentation über General Custer gezeigt wird. Ich reibe mir die Hände und antworte, dass der Mann noch heute als Volksheld verehrt wird.
15.00 Uhr Zum Abschied klopfe ich dem Professor auf die Schulter und rege an, dass wir uns morgen am Strand vergnügen könnten. Danach klemme ich mich hinters Lenkrad und rase zügig in Richtung Willoughby Drive davon.
15.30 Uhr Zurück in der kleinen Villa, entledige ich mich der Kuhjungenstiefel und falle völlig erschöpft aufs Kanapee. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und sehe mich im Traum nach Toronto versetzt.
16.30 Uhr Weil es für das Abendessen noch zu früh ist, schalte ich den Heimrechner ein. Während die Kerzen am Christbaum brennen, rufe ich Hilferufe besorgter Eltern ab und registriere, dass es die Jugend in der Vorweihnachtszeit besonders bunt treibt – wo soll das noch hinführen.
17.15 Uhr Zu guter Letzt schalte ich die neuen Einträge im Gästebuch frei und gehe dann von der Leine, um mich in der Küche nützlich zu machen. Fachmännisch koche ich italienische Langnudeln (unlöblich: Spaghetti) auf und bereite nebenbei eine köstliche Panna Cotta Sauce zu. Um dem Gericht eine besondere Note zu verleihen, verfeinere ich die Teigwaren mit einem Schuss Olivenöl – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nachdem ich mich gestärkt habe, gehe ich zum gemütlichen Teil des Tages über. Ich strecke in der guten Stube die Beine aus und schalte die Glotze ein, um die Nachrichten auf FOX zu sehen.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wähle ich das Qualitätsprogramm von SHOWTIME aus und erfreue mich an der Serie “Californication”, die von einem heruntergekommenen Schriftsteller erzählt. Ich amüsiere mich köstlich und werde Zeuge, wie Hank Moody von einer rassigen Mexikanerin verführt wird – wie unlöblich.
21.00 Uhr Nach zwei Stunden schalte ich den überdimensionalen Flachbildschirm aus und begleite Dixon noch einmal in den Garten. Danach lösche ich sämtliche Lichter und gehe ins Bett. Gute Nacht.