07.30 Uhr Der Wecker klingelt und ich stehe schnell auf. Während Dixon aufgeregt mit der Rute wedelt, trete ich ans Fenster und informiere, dass wir morgen nach Florida ausfliegen werden – das kann ja heiter werden.
Morgen bin ich wieder in Naples, FL
08.00 Uhr Nachdem ich den DELSEY Rollkoffer aufs Bett gelegt habe, entspanne ich mich bei einem Vollbad mit Schaum. Währenddessen telefoniere ich mit Frau Pontecorvo und lasse sie wissen, dass wir am Samstag kurz vor 20 Uhr vom Flughafen in Miami abgeholt werden müssen. Meine Nachbarin macht sich Notizen und verspricht, zur angegebenen Zeit vor Ort zu sein – das ist phantastisch.
09.00 Uhr Pünktlich zum Neunuhrläuten geselle ich mich zu meinen Verwandten, um mir das vorletzte kanadische Frühstück schmecken zu lassen. Bei dieser Gelegenheit komme ich auf die Abreise zu sprechen und erinnere daran, dass der AIR CANADA Flug um 12.45 Uhr starten wird. Georg nippt genüsslich an der Kaffeetasse und meint, dass er uns zeitig zum Flughafen kutschieren wird – wie schön.
10.00 Uhr Während Maria in der Küche schuftet, folge ich Georg in die Bibliothek und spreche ihn bezüglich der geplanten Abschiedsfeier an. Mein Bruder spendiert Edelbert eine Zigarre und entgegnet, dass James, Amanda und David gegen 17 Uhr vorbeikommen werden. Ich reibe mir die Hände und erfahre weiter, dass Georgs Ehefrau ihre Kochkünste unter Beweis stellen und uns mit einem Rehbraten verwöhnen wird – wie aufregend.
Mein braves Haustier möchte Gassigehen
10.45 Uhr Weil Dixon unruhig wird, entschliesse ich mich, in die Winterjacke zu schlüpfen und mit dem Tier einen Spaziergang zu unternehmen. Mit einem lustigen Lied auf den Lippen schlendere ich zur zwei Kilometer entfernten Centerpoint Mall und nutze die Gelegenheit, um bei meiner Mieterin anzurufen. Ich treffe Sandra an der U-Bahn Haltestelle “Poccistrasse” an und höre, dass sie vor einer halben Stunde die Arbeit im Kreisverwaltungsreferat beendet hat. Ich tratsche angeregt mit der Maid und gebe vor, dass mein Kanadaurlaub morgen zu Ende gehen wird. Sandra seufzt laut und antwortet, dass sie sich leider keine Fernreisen leisten kann.
11.30 Uhr Am Ziel angekommen, eile ich mit Dixon in die Centerpoint Mall und nehme mir das Recht heraus, ins “Dolce Camerata” Kaffeehaus einzukehren und ein Heissgetränk zu bestellen. Danach lasse ich mich an einem Tisch an der Glasfassade nieder und beobachte die hochnäsigen Damen, die sich im gegenüberliegenden Kosmetikstudio aufsteilen lassen.
12.15 Uhr Kurz nach dem Mittagsläuten setze ich meinen Bummel fort und nehme im “Trendi 4 Men” Geschäft die aktuelle Herrenmode in Augenschein. Ein gestriegelter Verkäufer heftet sich prompt an meine Fersen und setzt mich darüber in Kenntnis, dass auch Männer Schuhe mit Keilabsatz tragen können. Obgleich ich stets mit der Mode gehe, tippe ich mir mit dem Zeigefinger an die Stirn und erwidere, dass ich ganz bestimmt keine Schuhe mit Absätzen kaufen werde – wo kämen wir denn da hin.
Lustige Socken
13.00 Uhr Nachdem ich 4 kanadische Dollars in ein Paar Socken investiert habe, verlasse ich die Mall und wandere bei einsetzendem Schneefall zum Stadthaus zurück. Unterdessen schimpfe ich auf die Eiseskälte und kann es gar nicht mehr erwarten, morgen endlich wieder im sonnigen Rentnerparadies zu sein.
13.45 Uhr Zuhause angekommen, treffe ich Edelbert und Georg in eine Rauchwolke eingehüllt in der Bibliothek an. Um nicht krank zu werden, werfe ich die Türe ins Schloss und geselle mich kurzerhand zu Maria. Meine Schwägerin kredenzt ein Wurstbrot und sagt, dass ihr Ehemann heute schon die dritte Zigarre raucht. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und ermutige die gute Frau, hart durchzugreifen und die kubanischen Sargnägel in den Mülleimer zu werfen.
14.30 Uhr Da die Abschiedsfeier noch auf sich warten lässt, verfrachte ich eine Carpenters Kompaktscheibe in die Musikanlage und bette mich dann auf dem Wohnzimmerkanapee zur Ruhe. Während Caren und Richard Carpenter “Top of the World” (löblich: Dach der Welt) trällern, döse ich ein und träume von meiner kleinen Villa in Naples.
15.30 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und mache es mir zur Aufgabe, ins Gästezimmer zu gehen und den Koffer mit meinen Habseligkeiten zu befüllen. Darüber hinaus lege ich auch das “Casino Rama” Werbeprospekt ins Gepäckstück und spiele mit dem Gedanken, im Sommer erneut nach Ontario zu reisen und unbeschwerte Tage im Indianercasino zu verbringen – das wäre ein Spass.
16.15 Uhr Zu guter Letzt stelle ich den Koffer weg und ziehe es vor, Edelbert und Georg Gesellschaft zu leisten. Die beiden stossen mit den Whiskeygläsern an und plaudern über die Erfolge, die der FC Bayern München im vergangenem Jahr eingefahren hat – wie langweilig.
17.00 Uhr Als ich Maria in der Küche zur Hand gehe, klingelt es plötzlich an der Haustüre. Ich öffne schwungvoll die Pforte und freue mich, die jungen Leute anzutreffen. James begrüsst mich herzlich und verkündet, dass er grossen Hunger mitgebracht hat. Ich nicke eifrig und winke die Kinder in die warme Stube herein.
17.30 Uhr Nachdem wir Hände geschüttelt haben, nehmen wir am Esstisch Platz und führen uns eine würzige Kartoffelsuppe zu Gemüte. David ist von der Vorspeise jedoch gar nicht angetan und sagt, dass er viel lieber zu McDonalds gehen würde – wie unlöblich.
18.00 Uhr Während wir kraftvoll zubeissen, lässt Edelbert unseren Aufenthalt Revue passieren und sagt, dass die Tage am Lake Simcoe trotz der grossen Kälte sehr schön waren. Ich schlage in die gleiche Kerbe und lobe auch das Wochenende im Casino Rama. Georg kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und sagt, dass er fast 300 Dollars an den Spieltischen verloren hat – wo soll das noch hinführen.
Eis und Schnee am Lake Simcoe
20.00 Uhr Wir verbringen einen wunderschönen Abend und vereinbaren, dass unser nächstes Wiedersehen nicht lange auf sich warten lassen darf. Georg zwinkert mir redlichst zu und meint, dass er womöglich schon im Februar nach Florida ausfliegen wird, um einige Wochen im Ferienhaus zu verbringen – das wäre schön.
21.00 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, den Kindern Lebewohl zu sagen. Ich kneife David in die Wange und fordere ihn auf, stets brav zu sein und auch in der Schule gut aufzupassen. Danach begleite ich die jungen Leute zum Auto und sichere ihnen zu, dass ich mich bald aus Florida melden werde.
21.30 Uhr Nachdem wir einen letzten Whiskey am Kamin getrunken haben, verabschiede ich mich nach oben und falle fix und fertig ins Bett. Gute Nacht.