07.30 Uhr Der 30. Tag des Eismonats Januar beginnt und ich habe mit Kopfschmerzen zu kämpfen. Weil immer noch ein beissender Geruch in der Luft liegt, stehe ich auf und öffne sämtliche Fenster und Türen.
08.00 Uhr Während ich die Wirbelbadewanne mit Wasser vollaufen lasse, poltert Frau Gomez zur Türe herein und schimpft wie ein Rohrspatz. Selbstverständlich frage ich sogleich nach dem Rechten und bringe in Erfahrung, dass es in der Küche wie in einem Chemielabor riecht. Ich nicke eifrig und gebe zu Protokoll, dass gestern ein Kammerjäger vor Ort war. Die Putzfrau schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und kündigt an, den Fussboden zu wischen und in den Schränken für Sauberkeit zu sorgen – das soll mir Recht sein.
09.00 Uhr Nach dem Badespass setze ich die NY YANKEES Mütze auf und statte Frau Pontecorvo einen Besuch ab. Meine Nachbarin begrüsst mich herzlich und zögert nicht, mich zum Frühstück einzuladen. Ich fackle nicht lange und giesse etwas Bohnentrunk in eine Tasse. Bei dieser Gelegenheit komme ich meine Kanadareise zu sprechen und erwähne, dass ich morgen gegen 9 Uhr in Miami sein muss. Meine Tischnachbarin überlegt nicht lange und bietet an, als Schoffeur zu fungieren – das ist phantastisch.
10.00 Uhr Weil die Sonne vom Himmel lacht, setzen wir uns auf die Terrasse und ölen unsere ausgetrockneten Kehlen mit köstlichem Schaumwein. Frau Pontecorvo löchert mich mit Fragen und erkundigt sich, ob ich Ausflüge geplant habe. Ich nicke und unterbreite, dass wir einen Abstecher ins “Casino Rama” nach Orillia machen werden. Meine Bekannte ist begeistert und sagt, dass ich mich glücklich schätzen kann, Verwandte im hohen Norden zu haben.
11.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen ROLEX auf 11 deutet, leere ich das Sektglas und bedanke mich für die rechhaltige Mahlzeit. Danach kehre ich in die kleine Villa zurück und helfe meiner Haushälterin, das Bett zu überziehen. Nebenbei informiere ich auch Frau Gomez über meinen Auslandsaufenthalt und bitte sie, erst wieder ab Mitte Februar im Willoughby Drive nach dem Rechten zu sehen.
11.45 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten rufe ich in Edelberts Stadtwohnung an und frage den schlauen Mann, ob er mich in ein Restaurant begleiten möchte. Der Professor lehnt jedoch ab und sagt, dass er vor wenigen Minuten damit begonnen hat, seine Reisetasche zu packen. Trotz aller Ausflüchte lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und entschliesse mich, zum 2 Meilen entfernten “New York Pizza & Pasta” Italiengasthaus zu krusen.
12.30 Uhr Wenig später betrete ich mit Hund Dixon im Schlepptau das gutbesuchte Restaurant. Eine Bedienung lotst mich an einen Tisch und empfiehlt, “Grilled Calamari with Spinach” (löblich: gegrillte Tintenfische mit Spinat) zu bestellen. Dazu ordere ich ein kühles Bier sowie etwas Speck für meinen tierischen Begleiter – das schmeckt.
13.15 Uhr Nach einem vitaminreichen Cannoli und einem Espresso beschere ich der Kellnerin ein stattliches Trinkgeld und trete die Heimreise an. Ich fröne dem Radioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und kann es kaum erwarten, Morgen meine Familie wiederzusehen.
14.00 Uhr Daheim angekommen, schlüpfe ich aus den Stiefeln und bette mich im Wohnzimmer zur Ruhe. Schon bald schlummere ich ein und träume von meinem letzten Aufenthalt im “Casino Rama” – das waren noch Zeiten.
15.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und kümmere mich um die Anschnurarbeit. Während Gary Allan von einer verflossenen Liebe singt, schalte ich den Heimrechner ein und rate Frau Margarethe E. aus Gifhorn, ihrem Sohn Laurenz (15) kein strahlendes Handtelefon zum Geburtstag zu schenken. Ferner erkläre ich einer unterbelichteten Arbeitslosen aus Köln, dass das Arbeitsamt weder ein 13. Monatsgehalt, noch Urlaubsgeld ausbezahlt. HEUREKA – was muss ich denn noch alles ertragen.
16.00 Uhr Nachdem alles abgearbeitet ist, gehe ich von der Leine und mache mich daran, meinen Rollkoffer mit moderner Kleidung, Schuhen und Hygieneartikeln zu befüllen. Ausserdem telefoniere ich abermals mit Edelbert und lasse ihn wissen, dass sich Frau Pontecorvo bereiterklärt hat, uns morgen nach Miami zu kutschieren. Der Professor freut sich und verspricht, zeitig vorbeizukommen und seinen JEEP auf meiner Einfahrt zu parken.
17.00 Uhr Ich stelle das Gepäckstück neben der Haustüre ab und richte mir dann eine nahrhafte Wurst- und Käseplatte an. Zudem fülle ich Dixons Napf mit Trockenfutter auf und mache ihn auf den Umstand aufmerksam, dass er erst wieder Morgen Nachmittag etwas zu Essen bekommen wird.
18.00 Uhr Ein nervenaufreibender Tag neigt sich seinem Ende zu und ich falle erschöpft aufs Sofa. Während sich der Vierbeiner genüsslich ausstreckt, gebe ich mich den Abendnachrichten auf FOX hin und lerne, dass der afrikanische Staat Mali zu einem Rückzugsgebiet islamischer Terroristen geworden ist – wie unlöblich.
19.00 Uhr Um auf andere Gedanken zu kommen, schalte ich auf HBO um und lasse die Seele bei der Dokumentation “Man on Wire” (auf deutsch: Mann auf dem Draht) baumeln. Das oscarprämierte Meisterwerk erzählt vom französischen Extremsportler Philippe Petit, der im Jahre 1974 auf einem Drahtseil zwischen den Türmen des New Yorker World Trade Centers balanciert ist – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach 120 spannenden Minuten schalte ich ab und unternehme einen Rundgang durch den Garten. Danach reguliere ich die Klimaanlage und gehe zu Bett. Gute Nacht.
Das World Trade Center – ein eindrucksvolles Gebäude: