31. Oktober 2012 – Trick or Tread

08.00 Uhr Ich öffne die Augen und fühle mich schlapp. Trotzdem rolle ich mich aus dem Wasserbett und läute den schwülwarmen Morgen mit dem Frühsport ein. Während ich meine Muskeln stähle, fällt mir auf, dass Sandra schon wieder wie ein Schlot geraucht und die Kippen achtlos in einen Blumenkübel gesteckt hat – wie unlöblich.
09.30 Uhr Nach einem schönen Wirbelbad eile ich badebemäntelt in die gute Stube und bemerke, dass sich mein Gast bereits in Schale geworfen hat. Sandra präsentiert sich in einer hautengen Batgirl (löblich: Fledermaus Mädchen) Maskerade und kündigt an, nun einen Kuchen zu backen. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und ziehe es vor, mein Polizistenkostüm anzuziehen und mir die wichtigste Mahlzeit des Tages munden zu lassen. Unterdessen beobachte ich das Kind und werde Zeuge, wie es Eier aufschlägt und einen Zitronenkuchen zaubert. Selbstverständlich versorge ich Sandra mit Infos und rate ihr, nicht zu sparsam mit der Butter umzugehen.
10.45 Uhr Während sich das Backwerk im Ofenlicht sonnt, schreitet die Maid weiter zur Tat und kippt zwei Liter Wasser in einen Kochtopf. Natürlich stelle ich das Mädchen zur Rede und bringe heraus, dass es eine alkoholfreie Früchtebowle zubereitet. Die junge Frau ist hellauf begeistert und unterbreitet, dass am Abend viele Kinder klingeln und sich über eine Erfrischung freuen werden – papperlapapp.
11.30 Uhr Um mich nicht ärgern zu müssen, führe ich Hund Dixon zum Chevrolet und unternehme eine lustige Ausfahrt zum azurblauen Ozean. Während ich der Immokalee Road gen Westen folge, lausche ich dem Qualitätsradioprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und registriere, dass sich die Lage im grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) nach dem Wirbelsturm Sandy langsam beruhigt. Trotzdem sind immer noch viele Menschen ohne Strom und müssen wohl noch Wochen an den Folgen des Hurrikans leiden – wie schrecklich.
12.30 Uhr Als die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, steuere ich einen McDonalds Fahr Hindurch (unlöblich: Drive-Thru) Schalter an und ordere bei einer maskierten Mitarbeiterin zwei vitaminreiche “Premium Grilled Chicken Sandwiches” (löblich: Prämierte gegrillte Hühnerbrote) für Dixon und mich – das schmeckt.
13.30 Uhr Just als ich den “Raport Bay” Golfplatz passiere, schellt das NOKIA Handtelefon. Zu meiner Freude meldet sich Edelbert und sagt, dass er mir am Abend Gesellschaft leisten wird. Ich gebe mich erleichtert und lasse den schlauen Mann wissen, dass Sandra mein Eigenheim mit Teufelsmasken geschmückt hat. Der Professor wundert sich sehr und entgegnet, dass man sich nicht alles gefallen lassen sollte – wie wahr.
14.15 Uhr Wieder zurück im Willoughby Drive treffe ich Sandra und Frau Pontecorvo sektschlürfend auf der Terrasse an. Meine Nachbarin zwinkert mir zu und bittet mich, Platz zu nehmen und ein Gläschen mitzutrinken. Ich setze meine modische RAY BAN Sonnenbrille ab und antworte, dass ich wichtigeres zu tun habe und mich um die Anschnurseelsorge kümmern muss.
15.30 Uhr Nachdem ich meinen Pflichten als staatlich anerkannter Internetzfachmann nachgekommen bin, gehe ich von der Leine und falle erschöpft aufs bequeme Wohnzimmerkanapee.
16.30 Uhr Leider wird mein Nickerchen bald durch aggressives Dauerklingeln gestört. Zu allem Überfluss stehen verkleidete Kinder vor der Villa und plärren aus vollen Hälsen “Trick or Treat” (löblich: Streich oder Süssigkeiten). Um nicht verprügelt zu werden, überreiche ich den Zwergen Bonbons und werfe dann die Haustüre ins Schloss.
18.00 Uhr Als die Sonne hinter einem Palmenhain verschwindet, wird die himmlische Ruhe abermals durch lautes Schellen unterbrochen. Diesmal steht Edelbert vor dem Haus und überrascht mich mit einer DOMINO’S Familienpizza – das ist phantastisch. Da mein Magen knurrt, führe ich meinen Bekannten auf die Terrasse und decke den Tisch mit dem besten Geschirr ein. Im Anschluss beissen wir kraftvoll zu und werden immer wieder durch ohrenbetäubendes Klingeln gestört. Sandra kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und behauptet, dass Halloween in Amerika echt lustig ist – wie unlöblich.
20.00 Uhr Nachdem wir die letzten Schnapspralinen verteilt haben, verabschiedet sich Frau Pontecorvo und sagt, dass sie uns morgen zum Frühstück erwartet. Ich nehme die Einladung an und verspreche, grossen Hunger mitzubringen. Danach schalte ich die Glotze ein und fröne auf HBO einigen Episoden des preisgekrönten Serienerfolgs “Boardwalk Empire”. Sandra und Edelbert folgen den Geschehnissen auf dem Flachbildschirm mit Interesse und vertreten die Meinung, dass das von Terence Winter und Martin Scorsese geschaffene Fernsehspiel zu den herausragendsten Produktionen der vergangenen Jahre zählt – wie wahr.
22.00 Uhr Nach zwei Folgen drücke ich auf den “OFF” (löblich: AUS) Knopf und wünsche Edelbert eine gute Nacht. Zum Abschluss des anstrengenden Tages helfe ich Sandra beim Abwasch und falle dann ins Bett, um noch etwas Radio zu hören. Gute Nacht.

Bild: A Jack o’ Lantern made for the Holywell Manor Halloween
celebrations in 2003. Photograph by Toby Ord on 31 Oct 2003.