08.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und greife als erstes zum Telefon, um bei meiner unterbelichteten Mieterin anzurufen. Als sich das Kind nach dem fünfzehnten Tuten endlich meldet, löchere ich es mit Fragen und bringe heraus, dass in München wegen des Oktoberfests unzählige Touristen unterwegs sind. Ferner vernehme ich, dass auch das Pensionszimmer mit einem österreichischen Besucher belegt ist. Ich gebe mich erleichtert und erinnere daran, dass 50% der Einnahmen mir zustehen – immerhin bin ich auf jeden Zent angewiesen.
Das Pensionszimmer im Waldweg 11
08.30 Uhr Nachdem ich Dixon einen Kauknochen ins Maul gesteckt habe, verabschiede ich mich in die Nasszelle und läute den Morgen mit einem Wirbelbad ein. Unterdessen mache ich mir eigene Gedanken und erinnere mich, dass Prof. Kuhn Morgen seinen Geburtstag feiern wird. Obgleich ich bereits ein Buch gekauft habe, ringe ich mich dazu durch, erneut meine Geldbörse zu öffnen und meinem Bekannten eine Flasche Bourbon zu überreichen.
09.30 Uhr Bevor ich zu “Bob’s Liquor Store” kruse, nehme ich am Küchentisch Platz und labe mich an einem Frühstück. Darüber hinaus verwöhne ich mein treues Haustier mit einer Scheibe Käse und gebe zu Protokoll, dass uns Edelbert anlässlich seines Ehrentages zu einem Abendessen ausführen wird – das wird ein Spass.
10.00 Uhr Just als ich das Haus verlasse und in den Chevrolet Suburban springen möchte, kommt Frau Pontecorvo daher und erkundigt sich, wohin ich fahren möchte. Natürlich stehe ich meiner Nachbarin spornstreichs Rede und Antwort und merke an, dass ich zum Alkoholgeschäft meines Vertrauens rasen werde. Die Perle von nebenan nickt eifrig und entgegnet, dass sie sich der Ausfahrt kurzerhand anschliessen wird – wie unlöblich.
Ein Bourbon für Edelbert
10.30 Uhr Nach sieben zurückgelegten Meilen erreichen wir unser Ziel und schicken uns an, Herrn Bob herzlich zu begrüssen. Der Ladeninhaber reicht uns die Hand und möchte wissen, ob ich wieder bayerisches Bier benötige. Ich stimme prompt zu und gebe dem Alkoholfachverkäufer zu verstehen, dass ich ausserdem eine edle Flasche Bourbon kaufen möchte. Herr Bob fackelt nicht lange und legt mir nahe, zu einer Flasche “Black Saddle” zu greifen. Mein Gegenüber versorgt mich mit Fakten und erörtert, dass dieser Trunk vor 4 Jahren anlässlich der “San Francisco World Spirit Competition” (löblich: San Franzisko Welt Schnaps Wettbewerb) mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde – das hört man gerne.
11.15 Uhr Nach kurzem Zögern verlade ich eine Flasche in den Einkaufswagen und fasse den Entschluss, zwei Sechserpacks Budweiser, mehrere Humpen Weisswein sowie eine Kiste Löwenbräu Helles zur Kasse zu schleppen. Herr Bob ist begeistert und rechnet vor, dass ich ihm nun 177 Dollars schulde – wie schrecklich.
11.45 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten gleite ich vom Parkplatz und erkläre meiner Begleiterin, dass mich die hohen Lebenshaltungskosten bald ins Armenhaus bringen werden. Frau Pontecorvo zeigt Verständnis und ermutigt mich, Rabattmarken zu sammeln und mich bei der örtlichen “Food Bank” (löblich: Lebensmittel Tafel) anzumelden.
Ich beisse kraftvoll zu
12.15 Uhr Um nicht stundenlang am heissen Herd stehen zu müssen, fahre ich die “Bob Evans” Gaststätte am Northbrooke Plaza Drive an und lasse mich von meiner Nachbarin zu einem feinen Mittagessen einladen. Während meine Bekannte mit einem Salat Vorlieb nimmt, ordere ich einen vitaminreichen Bacon Cheeseburger (löblich: Schinken Käseburger) mit Fritten. Dazu gibt es durstlöschende Cola sowie als Krönung ein grosses Stück Käsekuchen mit Schlagobers – das schmeckt.
13.00 Uhr Während ich kraftvoll zubeisse, kommt meine Tischnachbarin auf das Oktoberfest zu sprechen und berichtet, dass auf FOX am eine aufschlussreiche Reportage über das weltgrösste Volksfest gezeigt wurde. Ich rolle demonstrativ mit den Augen und gebe vor, dass ich mich glücklich schätzen kann, nicht mehr in Bayern zu leben. Um meinen Aussagen Nachdruck zu verleihen, komme ich auf die vielen Betrunkenen zu sprechen und lege anschaulich dar, dass mir die Wiesn gestohlen bleiben kann.
Mein Zuhause unter Palmen
14.00 Uhr Nachdem Frau Pontecorvo die Rechung beglichen hat, treten wir die Heimreise in den Willoughby Drive an. Ruckzuck beschleunige ich das Gefährt auf schwindelerregende 30 Meilen pro Stunde und freue mich auf einen friedlichen und ruhigen Nachmittag im beschaulichen Eigenheim – was kann es schöneres geben.
14.45 Uhr Endlich bin ich dahoam und kann in der geschmackvoll eingerichteten Stube die Beine hochlegen. Ich schlummere schnell ein und träume von meiner spannenden Forschungsreise ins kalifornische Berkeley.
Ich träume von Berkeley
15.45 Uhr Ich öffne die Augen und verspüre wegen der grossen Hitze wenig Lust, die Anschnurseelsorge zu erledigen. Stattdessen hole ich mir eine Flasche Löwenbräu Helles aus dem Eiskasten und mache mich über das grosse Kreuzworträtsel in der Tageszeitung her.
16.30 Uhr Nachdem ich auf das Lösungswort “PNBKTBF” gekommen bin, schlendere ich in die Küche und erwärme ein tiefgefrorenes italienisches Nudelschichtgericht (unlöblich: Lasagne) im Kleinwellenofen (unlöblich: Mikrowelle). Ferner bereite ich einen farbenfrohen Beilagensalat mit Tomaten, Paprika und perfekt aufgeschnittenen Zwiebelringen zu – da kommt besonders grosse Freude auf.
18.00 Uhr Mit vollem Magen schalte ich die Spülmaschine ein und gehe zum gemütlichen Teil des Tages über. Wie es sich gehört, lasse ich mich vor dem neumodischen Farbfernsehgerät nieder und gebe mich den Abendnachrichten auf FOX hin.
19.00 Uhr Um etwas Abwechslung zu bekommen, wechsle ich alsbald auf NETFLIX und schaue mir den abendfüllenden Spielfilm “The Land Of Steady Habits” (auf deutsch: Das Land der festen Gewohnheiten) an. Die Eigenproduktion handelt von einem stattlichen Herren, der seine Familie verlässt, um auf Reisen die Leichtigkeit früherer Jahre wiederzufinden – wie aufregend.
20.30 Uhr Nach eineinhalbstündiger Spitzenunterhaltung schalte ich die Glotze aus und lösche sämtliche Lichter. Anschliessend streichle ich Dixon über den Kopf und falle übermüdet ins Bett. Gute Nacht.