25. Juni 2018 – Fleisch ist sehr gesund

08.00 Uhr Eine neue Woche bricht an und ich schwinge mich sportlich aus dem Wasserbett. Weil ich über alles informiert sein muss, nehme ich die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) zur Hand und lese die über Nacht eingegangenen WhatsApp Depeschen. Unter anderem bringe ich heraus, dass sich Georg und Maria auf dem Hall & Oates Konzert in Sunrise, FL köstlich amüsiert haben – das soll mir auch Recht sein.


Meine praktische Schwarzbeere

08.30 Uhr Nachdem ich erfahren habe, dass die lieben Menschen morgen in Naples zurück sein werden, absolviere ich die Morgengymnastik und verabschiede mich dann ins Bad. Wie es sich gehört, wasche ich mich ordentlich heraus und vergesse auch nicht, mir die Bartstoppeln abzurasieren – gutes Aussehen ist heutzutage sehr wichtig.
09.30 Uhr Gegen halb 10 setze ich mich an den Frühstückstisch und lausche während der wichtigsten Mahlzeit des Tages dem Programm vom WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land). Natürlich komme ich währenddessen in den Genuss, neben aktuellen Top-Hits (unlöblich: Hochschlägen), auch Gassenhauer weltbekannter Künstler wie Waylon Jennings oder Alan Jackson zu hören – was kann es schöneres geben.

10.15 Uhr Nach der reichhaltigen Mahlzeit telefoniere ich mit Edelbert und vernehme, dass der gute Mann den Vormittag in der Buchhandlung seines Vertrauens verbringen wird. Ich zucke mit den Schultern und entgegne, dass ich keine grosse Lust habe, in langweiligen Romanen und/oder Biografien zu blättern. Stattdessen kündige ich an, zum Supermarkt zu krusen und Lebensmittel zu besorgen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf Sandra und mutmasse, dass mir das Kind die letzten Haare vom Kopf fressen wird – wie schrecklich.
10.45 Uhr Nachdenklich scheuche ich den Vierbeiner zum PS-strotzenden SUV und entschliesse mich, nicht den PUBLIX Supermarkt am Naples Plaza, sondern die WINN DIXIE Markthalle am Golden Gate Parkway anzusteuern. Ruckzuck lasse ich den Wählhebel der Automatikschaltung in der D-Stellung einrasten und gleite zu stimmungsvoller Radiountermalung gen Süden davon.
11.15 Uhr Dreissig Minuten später betrete ich den klimatisierten Flachbau und mache es mir zur Aufgabe, nach Schnäppchen Ausschau zu halten. Da Sandra viel trinkt, lasse ich die teure “Mountain Dew” (löblich: Bergtau) Limonade links liegen und werfe einen 3 Gallonen Kanister FRESCA Saft in den Einkaufswagen. Darüber hinaus investiere ich meine hartverdienten Moneten in frisches Obst, Kaffee, Süssigkeiten und vegetarische Tofuprodukte.


Fleisch ist sehr gesund

12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit werde ich an der Kassevorstellig und sehe mich mit einer besonders skeptisch dreinblickenden Marktmitarbeiterin konfrontiert. Während die übergewichtige Dame (55) die ausgewählten vegetarische Produkte über das elektronische Preislesegerät schiebt, gebe ich mit erhobenem Zeigefinger vor, dass ich die Waren für eine Bekannte besorge. Ferner gebe ich zu Protokoll, dass Sandra den Verstand verloren hat und seit vielen Jahren auf gesunde Fleischwaren verzichtet. Die Kassenkraft kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus und sagt, dass man der Jugend von heute nicht mehr über den Weg trauen kann.
12.30 Uhr Zurück am Auto, hieve ich die Tüten auf die Ladefläche und rufe Dixon auf, mich in die benachbarte “Burger King” Schnellgaststätte zu begleiten. Weil mein Magen knurrt, fackle ich nicht lange und ordere zwei “Bacon Kings” (löblich: Schinken Könige) sowie eine Portion “Chrispy Pretzels” (löblich: Knusprige Brezen). Dazu gibt es durstlöschende Frozen Fanta Lemonade (löblich: gefrorene Fanta Limonade) – schmeckt gar nicht schlecht.
13.15 Uhr Nach der Stärkung hüpfe ich ins Auto und trete die Heimreise an. Um schneller voran zu kommen, betätige ich die Hupe und setze ausserdem zu waghalsigen Überholmanövern an – immerhin habe ich meine Zeit nicht gestohlen.
14.00 Uhr Zuhause angekommen, sortiere ich die Einkäufe in den Eiskasten und bette mich dann im klimatisierten Wohnzimmer zur Ruhe. Ich döse schnell ein und träume von meiner aufschlussreichen Forschungsreise nach Puerto Rico im Januar 2013 – das waren noch Zeiten.


Ich träume von Puerto Rico

15.00 Uhr Nach der wohlverdienten Pause sehe ich im Gästezimmer nach dem Rechten und komme zu dem Schluss, dass meine Zugehfrau am Mittwoch nicht nur das Bett beziehen und Staubsaugen, sondern auch die Fenster auf Hochglanz bringen muss – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
15.30 Uhr Im Anschluss setze ich mich an den Schreibtisch und rufe Hilferufe besorgter Heimseitenbesucher ab. Ich schufte hart und bemerke, dass es die verlotterten Jugendlichen derzeit besonders bunt treiben. Um weiteres Unheil abzuwenden, rate ich den verzweifelten Erziehungsberechtigten, mit den Heranwachsenden hart ins Gericht zu gehen und sich nichts gefallen zu lassen – wo kämen wir denn da hin.
16.30 Uhr Nach einer Stunde fahre ich das Betriebssystem mausdrückend herunter und genehmige mir eine kühle Hopfenkaltschale. Ausserdem erkenne ich mit geschultem Auge, dass der Schaumweinvorrat langsam aber sicher zur Neige geht – das hat gerade noch gefehlt.


Der Schaumweinvorrat geht zur Neige

17.00 Uhr Da das kulinarische Wohl nicht zu kurz kommen darf, ziehe ich mich in die Küche zurück und richte mir eine vitaminreiche Wurstplatte an. Dazu gibt es gesundes Weissbrot sowie eine braune Brause aus dem Hause Coca Cola – das tut gut.
18.00 Uhr Nachdem ich vier Wurstbrote verdrückt habe, gehe ich zum gemütlichen Teil des Tages über. Ich lege im Wohnzimmer die Beine hoch und mache mich über die tagesaktuellen Geschehnisse in der Welt schlau.
19.00 Uhr Zur Hauptfernsehzeit öle ich meine ausgetrocknete Kehle mit echtem Cristal Schaumwein und fröne dem lustigen Fernsehspiel “Dietland” , das von übergewichtigen Feministinnen erzählt, die über Leichen gehen.
21.00 Uhr Als nach vier Episoden der Abspann über die Mattscheibe flimmert, beende ich den Fernsehabend und lege mich schlafen. Gute Nacht.