08.00 Uhr Pünktlich zum Achtuhrläuten schwinge ich mich aus dem Bett und freue mich auf einen sonnigen Tag im Rentnerparadies. Wie es sich für einen rüstigen Rentner gehört, eile ich mit Dixon im Schlepptau an die frische Luft, um meine Gymnastik zu absolvieren. Dummerweise öffnet just in diesem Augenblick Frau Pontecorvo ihr Küchenfenster und begrüsst mich mit einem lauten Juhuu. Ich winke der Dame zu und erfahre, dass sie gleich mit ihrer verrückten Freundin in die Everglades fahren wird – das ist mir Wurst.
08.30 Uhr Im Anschluss lasse ich die Seele bei einem löblichen Wirbelbad baumeln und telefoniere mit meiner Schwägerin. Maria legt beste Laune an den Tag und unterbreitet, dass sie am Abend ein Essen zaubern wird. Ich lecke mir die Lippen und antworte, dass ich sehr gerne vorbeikommen und auch Prof. Kuhn mitbringen werde.
09.30 Uhr Weil es sich nicht ziert, mit leeren Händen zu erscheinen, fasse ich nach dem Badespass den Entschluss, zum PUBLIX zu fahren. Der lustige Rüde ist ganz aus dem Häuschen und rennt ausgelassen zum Chevrolet – da kommt besonders grosse Freude auf.
10.00 Uhr Wenig später betrete ich den Supermarkt meines Vertrauens und mache einer störrischen Seniorin (90) mit hellblauen Haaren einen Einkaufswagen streitig. Obgleich die alte Schachtel den Zeigefinger erhebt und damit droht, den Marktleiter zu rufen, lasse ich mir die gute Laune nicht verderben und laufe entspannt durch die breiten Gänge. Neben Waren des täglichen Bedarfs verfrachte ich auch eine Flasche Schaumwein aus dem Hause Louis Roederer in den Wagen – das wird teuer.
10.45 Uhr Just als ich durch die Blumenabteilung schlendere, werde ich auf ein Werbeschild aufmerksam und lerne, dass morgen der “Valentine’s Day” (löblich: Valentinstag) gefeiert wird. Ich fackle nicht lange und erwerbe zwei Blumensträusse für Maria und meine Nachbarin.
Bild: Janine from Mililani, Hawaii, United States
11.30 Uhr Nach 90 Minuten kann ich das Geschäft verlassen und mit dem Haustier ins benachbarte “Dairy Queen” (löblich: Molkereikönigin) Gasthaus einkehren. Ich ordere an der Essensausgabe zwei hausgemachte Cheeseburger (löblich: Käseburger) und lasse mich dann an einem Fenstertisch mit Ausblick nieder.
12.00 Uhr Als ich kraftvoll zubeisse, schellt die praktische Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) und Edelbert meldet sich in der Leitung. Ich lasse meinen Wocheneinkauf Revue passieren und erinnere, dass morgen der Valentinstag gefeiert wird. Der Professor freut sich und kündigt an, meinem Beispiel zu folgen und ebenfalls Blumen für Maria zu kaufen – wie schön.
12.30 Uhr Nachdem ich den Waschraum aufgesucht habe, laufe ich schnurstracks zum Auto und trete die Heimfahrt an. Nebenher fröne ich dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und vernehme, dass Dolly Parton vor neun Tagen ein neues Studioalbum namens “Blue Smoke” (löblich: Blauer Rauch) herausgebracht hat – das ist phantastisch.
13.15 Uhr Zuhause angekommen, schalte ich den Heimrechner ein und mache es mir zur Aufgabe, sämtliche Lieder auf dem Amazon.com Marktplatz herunterzuladen. Anschliessend stelle ich die Lautsprecher etwas lauter und lausche den prima Klängen.
14.00 Uhr Um am Abend topfit zu sein, lege ich auf dem Kanapee die Beine hoch und döse bald ein. Da Frau Parton die Blue Ridge Mountains besingt, sehe ich mich im Traum prompt auf den Appalachian Trail versetzt – wie schön.
15.00 Uhr Ich erwache ausgeschlafen und nutze die Nachmittagsstunden, um Hilferufe besorgter Heimseitenbesucher zu studieren. Ich staune angesichts der schwerwiegenden Probleme einiger Erziehungsberechtigter nicht schlecht und sehe mich genötigt, mit der jungen Generation hart ins Gericht zu gehen. Unter anderem rate ich Frau E. aus Köln, ihre Tochter Gabriela zur Adoption freizugeben. Immerhin kann es nicht sein, dass die 11jährige ständig Buben mit nach Hause bringt und Zigaretten raucht – wo kämen wir denn da hin.
Zigaretten sind unlöblich
16.00 Uhr Bevor ich meine Verwandten besuche, entspanne ich mich bei einer Dusche. Ausserdem vergesse ich auch nicht, ein frisch gewaschenes T-Hemd anzuziehen und etwas Luxusduft „Lob“ aus dem Hause RP aufzusprühen. Danach scheuche ich Dixon zum Auto und rase in Richtung Lowbank Drive davon.
17.15 Uhr Wenig später parke ich den SUV vor dem Ferienhaus und bemerke, dass Edelbert auch schon da ist. Mein Bruder begrüsst mich herzlich und sagt, dass wir heute gegrillte T-Bone Steaks (löblich: T Knochen Schnitzel) mit Folienkartoffeln und Krautsalat essen werden – wie aufregend.
17.45 Uhr Während Dixon durch den Garten streift, spüle ich meine staubtrockene Kehle mit einem süffigen Bier durch und überreiche Maria den Schaumwein. Die Frau des Hauses strahlt wie ein Honigkuchenpferd und meint, dass wir den Luxustrunk zum Abendessen trinken könnten – das ist eine hervorragende Idee.
18.15 Uhr Endlich tischt Georg die Spezialitäten auf. Ich nehme zungeschnalzend das Besteck zur Hand und lasse meinen Bruder wissen, dass das Fleisch besonders würzig ist. Mein Verwandter schlägt in die gleiche Kerbe und verrät, dass er die Steaks mit A1 Sauce beträufelt und zudem mit Knoblauchbutter eingerieben hat.
http://www.youtube.com/watch?v=lvhelIbUlXc
19.00 Uhr Wir verbringen wunderschöne Stunden und frönen während des Abendessen einer romantischen Carpenters Kompaktscheibe. Bei dieser Gelegenheit tratschen wir angeregt und vereinbaren, dass wir morgen Frau Pontecorvo und Blanche zum Frühstück einladen könnten. Ich zucke mit den Schultern und entgegne, dass ich die verwirrte Frau ganz bestimmt nicht zum Essen ausführen werde.
19.30 Uhr Schlussendlich willige ich doch ein und tippe Frau Pontecorvos Nummer in die Schwarzbeere, um sie über unser Treffen in Kenntnis zu setzen.
20.30 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, nach Hause zu fahren. Ich nehme einen letzten Schluck Schaumwein und bedanke mich für die Einladung. Anschliessend lotse ich Dixon zum Auto und gleite hupend davon.
21.15 Uhr Kurz nach dem Neunuhrläuten bin ich daheim und schlüpfe aus den Kleidern. Da ich aus dem Gähnen gar nicht mehr herauskomme, lösche ich sämtliche Lichter und lege mich erschöpft ins Bett. Gute Nacht.