14. November 2013 – Vorbereitungen für das Erntedank Essen

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07.45 Uhr Auch am 318. Tag des gregorianischen Kalenders schwinge ich mich voller Elan aus dem Bett. Wie es sich für einen rüstigen Rentner gehört, absolviere ich die Morgengymnastik an der frischen Luft und vergesse auch nicht, im Garten ein Rad zu schlagen – wer rastet, der rostet.
08.15 Uhr Danach gönne ich mir ein löbliches Wirbelbad und rufe kurzentschlossen bei meinem Bruder in Toronto an. Georg meldet sich nach dem zweiten Klingelzeichnen und erzählt, dass es in Ontario letzte Nacht geschneit hat. Ich lache laut und entgegne, dass in Südflorida immer noch der Sommer vorherrscht. Mein Verwandter kommt aus dem Nörgeln gar nicht mehr heraus und sagt, dass er eventuell Anfang Dezember nach Naples ausfliegen wird, um Sonne zu tanken und im Golf von Mexiko zu baden – das wäre phantastisch.

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Georg und Maria möchten Sonne tanken

09.15 Uhr Ich beende das Badevergnügen und läute den neuen Tag mit einem prima Frühstück auf der Terrasse ein. Dummerweise kommt bald Frau Pontecorvo daher und lotet aus, ob sie mir Gesellschaft leisten darf. Ich stimme seufzend zu und kredenze der Alten eine Tasse Pfefferminztee. Bei dieser Gelegenheit komme ich auf das Erntedankfest (unlöblich: Thanksgiving) in der übernächsten Woche zu sprechen und stelle klar, dass ich mich in der Küche nützlich machen und einen Truthahn zaubern werde. Meine Bekannte leckt sich die Lippen und sagt, dass wir Edelbert sowie Herrn Wang zum Essen einladen könnten – wie schön.


In der kommenden Woche wird Thanksgiving gefeiert

10.00 Uhr Wenig später schellt das Telefon und Edelbert meldet sich am anderen Ende der Leitung. Der schlaue Mann redet ohne Punkt und Komma auf mich ein und behauptet, dass sein Müllzerkleinerer den Geist aufgegeben hat. Ich wirke beruhigend auf den Professor ein und rate ihm, die Festklemmschraube an der Unterseite des Schredders zu lösen und den Disposer abzuschrauben. Edelbert schimpft jedoch in einer Tour und sagt, dass er handwerklich sehr ungeschickt ist und auf meine Hilfe nicht verzichten kann.
10.30 Uhr Wenig später sitze ich im Chevrolet Suburban und steuere das Auto in die Innenstadt. Hund Dixon geniesst die Ausfahrt sichtlich und macht es sich zur Aufgabe, in regelmässigen Abständen zu bellen.
11.15 Uhr Kurz nach dem Elfuhrläuten parke ich den PS-strotzenden SUV im Innenhof von Edelberts Wohnanlage und betätige die Klingel meines Bekannten. Prof. Kuhn öffnet kurze Zeit später die Pforte und zögert nicht, mir ein eiskaltes Bud Light (löblich: Leicht) zu kredenzen. Ich spüle meinen trockenen Hals mit einem kräftigen Schluck durch und nehme dann den Müllzerkleinerer in Augenschein. Fachmännisch schraube ich das Mahlwerk ab und registriere, dass die Klingen durch einen Pfirsichstein blockiert werden. Mit wenigen Handgriffen beseitige ich den Makel und lasse Edelbert wissen, dass er mich nun zum Essen einladen kann.
12.00 Uhr Pünktlich zur Mittagszeit finden wir uns in “Kelly’s Fish House” (löblich: Kellys Fischhaus) wieder und bestellen alkoholfreie Coladas sowie den “Fang des Tages” (unlöblich: Catch of the Day). Dazu gibt es köstliche Folienkartoffeln sowie herzhaften Krautsalat mit Speckwürfeln – das schmeckt.
12.30 Uhr Als wir kraftvoll zubeissen, lasse ich mein Telefonat mit Georg Revue passieren und berichte, dass in Toronto bereits Schnee gefallen ist. Edelbert macht grosse Augen und meint, dass wir uns glücklich schätzen können, in Florida zu leben. Ich nicke eifrig und halte eine beschürzte Kellnerin an, weitere Coladas aufzutischen.
13.30 Uhr Nach einer Stunde begleichen wir die Rechnung in Bar und unternehmen einen Spaziergang durch das Stadtzentrum. Hund Dixon kommt aus dem Schnüffeln gar nicht mehr heraus und spitzt die Ohren, als plötzlich eine stolze Dobermanndame namens Jenny des Weges kommt. Natürlich kommen wir mit der Hundehalterin (44) ins Gespräch und hören, dass die dreijährige Jenny genauso wie Dixon aus dem Tierasyl stammt – wie schön.

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Wir schlendern durch Naples Innenstadt

14.15 Uhr Nun wird es aber langsam Zeit, nach Hause zu fahren. Ich wünsche Edelbert einen ruhigen Nachmittag und ziehe es vor, ins Auto zu hüpfen und ohne Umwege in den Willoughby Drive zurückzukrusen. Nebenher lausche ich dem Qualitätsprogramm von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) und singe zu den angesagten Hitparadenerfolgen namhafter Künstler mit.
15.00 Uhr Zuhause angekommen, schlüpfe ich aus den Kuhjungenstiefeln und bette mich auf dem Kanapee zur Ruhe. Bereits nach wenigen Augenblicken döse ich ein und träume von meiner letzten Kulturreise in den grossen Apfel (unlöblich: Big Apple) – das war ein Vergnügen.
16.00 Uhr Nach der wohlverdienten Pause setze ich mich an den Schreibtisch und mache mich daran, Hilferufe besorgter Heimseitenbesucher zu studieren. Unter anderem werde ich auf die Depesche einer 57jähriger Mutter aus Düren aufmerksam, deren unterbelichtete Tochter Claudia (13) unzählige Hipf Hüpf Kompaktscheiben in ihrem Kinderzimmer hortet. Ich setze augenblicklich ein gepfeffertes Antwortschreiben auf und informiere darüber, dass Rep Musik unweigerlich zum Gehirnbrand führt.
17.00 Uhr Zu guter Letzt überprüfe ich den Warenbestand im Andenkenladen und freue mich, auch heute etliche T-Hemden mit meinem Konterfrei verkauft zu haben. Anschliessend beende ich die Anschnursitzung und bereite ein nahrhaftes Abendessen vor. Um nicht stundenlang am heissen Herd stehen zu müssen, koche ich Nudeln auf und verfeinere die Teigwaren mit Pesto aus dem Glas – wie gut das duftet.

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Ein Kassenschlager: Das Reinhard Pfaffenberg T-Hemd

18.00 Uhr Um endlich zur Ruhe zu kommen, nehme ich die Geschirrspülmaschine in Betrieb und setze mich dann ins Wohnzimmer. Während Dixon im Garten spielt, fröne ich den FOX NEWS (löblich: Fuchs Nachrichten) und mache mich über die Geschehnisse in der Welt schlau.

19.00 Uhr Nachdem ich den Rüden hereingerufen habe, flimmert der Vorspann zur sehenswerten Serie “The Following” (löblich: Die Anhänger) über die Mattscheibe. Ich lehne mich zurück und werde Zeuge, wie ein wahnsinniger Mörder aus einem Hochsicherheitsgefängnis flüchtet und nach neuen Opfern Ausschau hält – wie aufregend.
21.00 Uhr Nach der zweiten Folge schalte ich die Glotze aus und unternehme sicherheitshalber einen Rundgang durch die Villa. Nachdem ich sichergestellt habe, dass sich kein Psychopath hinter den Vorhängen versteckt, lösche ich das Licht und lege mich schlafen. Gute Nacht.