08.00 Uhr Ein neuer Morgen bricht an und die Sonne lacht durchs Fenster. Weil Morgenstund’ bekanntlich Gold im Mund hat, schlage ich die Bettdecke beiseite und erkläre Hund Dixon, dass uns auch heute spannende Abenteuer bevorstehen werden. Weil meine Glieder eingerostet sind, trete ich spornstreichs auf die Terrasse und begrüsse den 323. Tag des Jahres mit der Morgengymnastik – das macht Spass.
Mein braves Haustier
08.30 Uhr Nachdem ich meine Muskeln gestählt und die DeLonghi Kaffeemaschine in Betrieb gesetzt habe, verabschiede ich mich in die Nasszelle. Wie es sich für einen kulivierten Menschen gehört, entspanne ich mich bei einem Wirbelbad und nutze die Ruhe, um bei meiner Familie im Lowbank Drive anzurufen. Bereits nach dem dritten Klingeln meldet sich meine Schwägerin im Rohr und berichtet, dass sie gerade damit beschäftigt ist, Koffer zu packen. Ich mache grosse Augen und bringe auf Anfrage heraus, dass die lieben Menschen übermorgen nach Kanada ausfliegen und dort drei Wochen verweilen werden. Maria beruhigt mich sofort und verspricht, dass wir uns am 14. Dezember wiedersehen und das Weihnachtsfest in Florida feiern werden.
09.30 Uhr Missmutig steige ich aus der Wanne und nehme am Küchentisch Platz, um unter den bettelnden Blicken meines Haustieres das Frühstück einzunehmen. Leider wird mein Müssiggang alsbald durch Frau Pontecorvo gestört. Die Perle von nebenan hämmert an die Terrassentüre und lotet aus, ob sie mir bei der wichtigsten Mahlzeit des Tages Gesellschaft leisten darf. Ich nicke zustimmend und zögere nicht, ein weiteres Gedeck aus dem Küchenschrank zu holen. Darüber hinaus versorge ich die kleine Frau mit einem Heissgetränk und erzähle, dass ich den anstehenden Thanksgiving Day (löblich: Erntedank Tag) alleine feiern werden. Mit hängendem Kopf komme ich auf das Telefonat mit Maria zu sprechen und unterbreite, dass es meine Verwandten vorziehen, das Familienfest bei den Kindern in Kanada zu verbringen. Meine Nachbarin seufzt laut und ermutigt mich, trotzdem eine kleine Feier auszurichten und Prof. Kuhn einzuladen – das werden wir erst noch sehen.
Bald wird Erntedank gefeiert
10.30 Uhr Nachdem sich Frau Pontecorvo verabschiedet hat, räume ich das Geschirr in die Spülmaschine und hole das alte Kochbuch meiner Oma hervor. Während Dixon in den Garten läuft, um mit Nachbarshund Joey zu spielen, lasse ich prüfende Blicke über die dicht beschriebenen Seiten schweifen und komme zu dem Schluss, dass meine Grossmutter eine Meisterköchin war. Weil es viel zu viel Mühe bereitet, Senffleisch an gedünsteten Runkelrüben zuzubereiten, entschliesse ich mich, den Gästen zum Feiertag einen saftigen Schweinebraten mit Knödel vorzusetzen – schon jetzt läuft mir das Wasser im Munde zusammen.
11.00 Uhr Schlussendlich notiere ich mir die Zutaten auf einem Zettel und schicke mich an, mit Hund Dixon zur Satreales Metzgerei zu krusen. Unterdessen fröne ich dem Radioprogramm von WCKT CAT COUNTY (löblich: Katze Land) und freue mich, ein nagelneues Lied aus Josh Turners Feder zu hören – da kommt Freude auf.
11.45 Uhr Kurz vor dem Mittagsläuten betrete ich die italienische Fleischerei im Herzen Naples und lasse die übergewichtige Thekenkraft wissen, dass ich vier Pfund Schweinenacken benötige. Die Dame fackelt nicht lange und präsentiert ein besonders fettes Stück – wie aufregend.
12.30 Uhr Nachdem ich etwas Mortadella eingekauft und zwei lustige Schnitzelsemmeln für unterwegs in Auftrag gegeben habe, verlasse ich den Laden und unternehme mit dem Vierbeiner einen kleinen Spaziergang. Unterdessen beisse ich kraftvoll in die belegten Semmeln und bin mir sicher, dass Edelbert und Frau Pontecorvo am Donnerstag aus dem Zungeschnalzen kaum mehr herauskommen werden.
13.30 Uhr Da die Sonne vom Himmel brennt und das Fleisch schleunigst gekühlt werden muss, kehre ich zum SUV zurück und trete die Heimreise an. Um schneller voran zu kommen, hupe ich stetig und schrecke auch nicht davor zurück, eine rote Ampel zu überfahren – immerhin kann ich mich nicht um alles kümmern.
14.00 Uhr Zurück im Willoughby Drive, treffe ich Frau Pontecorvo auf der Einfahrt an und höre, dass die Perle am Abend ins Lichtspielhaus gehen wird. Um gebe mich skeptisch und rate, zuhause zu bleiben und sich bei der Ratesendung “Jeopardy” zu amüsieren. Leider will meine Nachbarin nicht hören und entgegnet, dass sie mit Freundinnen verabredet ist und anschliessend eine Eisdiele im Stadtzentrum aufsuchen wird – wie unlöblich.
14.30 Uhr Krachend werfe ich die Pforte ins Schloss und serviere meinem Haustier gesundes Trockenfutter. Danach falle ich gähnend aufs Wohnzimmersofa und entspanne mich von den Strapazen des Tages.
15.30 Uhr Ich öffne die Augen und erkenne, dass es für das Abendessen noch zu früh ist. Um die Zeit sinnvoll zu überbrücken, nehme ich am Schreibtisch Platz und widme mich der Anschnurseelsorge. Darüber hinaus segle ich durchs Internetz und lerne auf der Heimseite des “Münchner Merkurs”, dass der aus Bad Reichenhall stammende Musiker Hans Söllner vor wenigen Tagen sein 25. Studioalbum herausgebracht hat. In diesem Zusammenhang studiere ich auch eine Zwischenschau (unlöblich: Interview) mit Herrn Söllner und lese, dass er den bayerischen Ministerpräsident Markus Söder als “primitiv denkender Mensch” bezeichnet hat – dem ist nichts hinzuzufügen.
16.00 Uhr Weil Hans Söllners aktuelles Werk mit dem Titel “Genug” auf Amazon verfügbar ist, lausche ich den Kompositionen und registriere, dass ich mit vielen von Herrn Söllner getätigten Aussagen zustimmen kann.
17.00 Uhr Um nicht Hunger leiden zu müssen, nehme ich mit belegten Käsebroten Vorlieb und trinke dazu ein Weissbier. Danach wische ich den Esstisch mit einem nassen Lappen ab und freue mich auf den Feierabend.
18.00 Uhr Als die Geschirrspülmaschine endlich läuft, gehe ich zum gemütlichen Teil des langen Tages über. Ich mache es mir kartoffelchipsknabbernd vor dem Flachbildschirm bequem und folge den FOX Nachrichten.
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf NETFLIX und erfreue mich an der seichten Komödie “The Ballade Of Buster Scruggs”. Ich klopfe mir erheitert auf die Schenkel und tauche in das Leben des Revolverhelden Buster ein, der eine Kleinstadt von Gaunern und Verbrechern säubern möchte – da kommt Spannung auf.
21.00 Uhr Als der Abspann über die Mattscheibe flimmert, betätige ich gähnend den “OFF” (löblich: AUS) Knopf auf der Fernbedienung und rufe Dixon ins Haus. Zu guter Letzt lösche ich sämtliche Lichter und lege mich schlafen. Gute Nacht.