08.00 Uhr Ich erwache ausgeruht und erfahre beim Blick auf den Wandkalender, dass heute der “Nationale Tag des Gebets” (unlöblich: National Day of Prayer) ansteht. Ich kratze mich zufrieden an der Schläfe und lasse Hund Dixon wissen, dass dieses Fest bereits im 17. Jahrhundert von den ersten Siedlern begangen wurde. Ferner merke ich an, dass der Gebetstag im Jahre 1952 vom damaligen Präsidenten Harry S. Truman zu einem staatlichen Gedenktag ernannt wurde und alle gläubigen Menschen dazu animieren soll, für die Vereinigten Staaten zu beten – wie schön.
Meine praktische Schwarzbeere
08.30 Uhr Nach dem Frühsport nehme ich die Schwarzbeere (unlöblich: Blackberry) zur Hand und lasse es mir nicht nehmen, bei Prof. Kuhn anzurufen. Ich erreiche meinen Bekannten in seiner schicken Stadtwohnung und vernehme, dass seine Magenverstimmung mittlerweile abgeklungen ist. Natürlich gebe ich mich erleichtert und rufe Edelbert auf, mich in Julies Restaurant zu treffen. Ausserdem bringe ich den “National Day of Prayer” zur Sprache und unterbreite, dass es angebracht wäre, ein Gotteshaus aufzusuchen.
09.00 Uhr Nachdem sich der schlaue Mann bereit erklärt hat, mich gegen halb 11 Uhr im Restaurant unseres Vertrauens zu treffen, beende ich das Telefonat und verabschiede mich in die Nasszelle. Wie es sich gehört, nehme ich mit einem erfrischenden Wirbelbad Vorlieb und vergesse auch nicht, mir die Haare zu waschen – wie aufregend.
10.00 Uhr Redlichst erfrischt schlüpfe ich in farbenfrohe Freizeitkleidung und halte den Vierbeiner an, von seinem quietschenden Spielzeug abzulassen und mir zum PS-strotzenden Chevrolet Suburban zu folgen. Dixon gehorcht mir aufs Wort und kommt während der kurzweiligen Reise in den Genuss, stimmungsvolle Radiomusik auf der Frequenz von WCKT CAT COUNTRY (löblich: Katze Land) zu lauschen – das macht Spass.
10.30 Uhr Pünktlich auf die Minute betrete ich die Gaststätte und freue mich, den Professor in bester Laune an unserem angestammten Tisch anzutreffen. Natürlich leiste ich Edelbert sogleich Gesellschaft und ordere ein grosses Frühstück mit Kaffee und O-Saft. Nebenher komme ich auf den “National Day of Prayer” zu sprechen und zeige auf, dass wir nach der Jause eine Kirche ansteuern könnten. Mein Tischnachbar nickt eifrig und berichtet, dass die “Oasis Church” an der 10. Strasse zu den schönsten nicht konfessionsgebundenen Gotteshäusern des ganzen Staates zählt. Ich mache grosse Augen und nippe zufrieden am würzigen Bohnentrunk – das tut gut.
Ich flehe den Herrgott an
11.15 Uhr Kurz nach dem Elfuhrläuten winken wir Bedienung Peggy an den Tisch und bezahlen die Zeche in Bar. Danach kehren wir zu den Autos zurück und schicken uns an, die 9 Meilen entfernte Kirche unweit des örtlichen Zoos anzusteuern. Währenddessen setze ich zu waghalsigen Überholmanövern an und schaffe es am Golden Gate Parkway, Edelberts schneeweissen JEEP zu überholen – das soll mir erst mal einer nachmachen.
11.45 Uhr Alsbald erreichen wir unser Ziel und finden uns in einem lichtdurchflutenden Neubau wieder. Wir staunen Bauklötze und kommen überein, dass der Eigentümer keine Mühen und Kosten gescheut und einen beeindruckenden Treffpunkt für gottesfürchtige Menschen geschaffen hat. Während Dixon im Auto wartet, nehmen wir auf einer Bank platz und zögern nicht, das Glaubensbekenntnis zu sprechen – da kommt Freude auf.
12.30 Uhr Fünfundvierzig Minuten später sitze ich wieder im Auto und fahre eine McDonalds Schnellgaststätte an, um am Drive Thru (löblich: Fahr Hindurch) Schalter zwei Quarter Pounder (löblich: Viertelpfünder), eine grosse Portion Kartoffelstäbe sowie einen Becher Diät Cola zu bestellen. Im Anschluss gleite ich zungeschnalzend in Richtung Willoughby Drive davon und freue mich auf einen ruhigen und besinnlichen Nachmittag.
13.00 Uhr Zuhause angekommen, fülle ich Dixons Napf mit ROYAL CANIN Trockenfutter auf. Darüber hinaus kippe ich mir ein Budweiser hinter die Binde und entschliesse mich, auf der schattigen Terrasse eine kleine Pause einzulegen. Ich döse schnell ein und träume von meinem letzten Aufenthalt in Toronto – das war ein Spass.
Ich tschille auf der Terrasse
14.00 Uhr Als der Stundenzeiger meiner wertvollen Rolex auf zwei deutet, öffne ich die Augen und verspüre grosse Lust auf etwas Süsses. Ruckzuck schnappe ich mir ein Eis aus dem Kühlschrank und lasse mir das Schmankerl an der frischen Luft schmecken. Nebenher beobachte ich Hund Dixon, wie er am künstlich angelegten Teich spielt und die handzahme Echse Billy ärgert – diese Idylle muss man erlebt haben.
15.00 Uhr Um nicht den ganzen Nachmittag untätig herumzusitzen, nehme ich am Schreibtisch Platz und beginne mit der Anschnurseelsorge. Auch heute finde ich zahlreiche Hilferufe im elektronischen Posteingang vor und sehe mich genötigt, verzweifelten Erziehungsberechtigten Ratschläge zum Umgang mit frechen Jugendlichen zu geben.
16.00 Uhr Nachdem alles abgearbeitet ist, gehe ich von der Leine und genehmige mir eine weitere Hopfenkaltschale. Zudem tratsche ich mit Frau Pontecorvo und bringe heraus, dass meine Nachbarin morgen nach Fort Myers krusen und im “Miromar Outlet Store” (löblich: Miromar Auslassgeschäft) abschoppen wird – das soll mir auch Recht sein.
Ich beisse kraftvoll zu
17.00 Uhr Um keinen Hitzeschlag zu riskieren, kehre ich in die kleine Villa zurück und bereite zu den Klängen der aktuellen Ashley McBryde Kompaktscheibe “Girl Going Nowhere” das Nachtmahl vor. Ich stelle eine Pfanne auf den Herd und brate ein lustiges Minutenschnitzel heraus. Dazu gibt es Bratkartoffeln mit Spiegeleier – wie gut das duftet.
18.00 Uhr Nach der Mahlzeit rufe ich den Hund ins Haus und freue mich auf einen rentnergerechten Fernsehabend. Um auf den neuesten Stand zu kommen, gebe ich mich den FOX Nachrichten hin und fröne ausserdem einer aufschlussreichen Call In Show (löblich: Ruf herein Sendung).
19.00 Uhr Zur besten Sendezeit wechsle ich auf FX und erfreue mich an der preisgekrönten Eigenproduktion “American Crime Story”, die vom Strafprozess gegen den ehemaligen Footballspieler und Schauspieler O.J. Simpson erzählt. Ich amüsiere mich köstlich und lerne, dass dem dunkelhäutigen Heini vorgeworfen wurde, seine Exfrau sowie deren Bekannten brutal ermordet zu haben – das ist ja kaum zu glauben.
21.00 Uhr Nach drei nervenaufreibenden Episoden schalte ich die Glotze ab und drehe mit Dixon eine letzte Runde durch den Garten. Anschliessend verschliesse ich die Haustüre und lege mich schlafen. Gute Nacht.